Entscheidungsdatum
18.02.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I414 2142792-1/18E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian EGGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Irak, vertreten durch RA Mag. Manuel Dietrich, In der Wirke 3/13, 6971 Hard, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.11.2016, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.12.2018, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer reiste mit seiner Familie - bestehend aus der Mutter, zwei Schwestern, dem Bruder, dem Neffen sowie der Nichte - illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 20.08.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Die unten angeführten Familienmitglieder des Beschwerdeführers stellten ebenfalls nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 20.08.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Die Beschwerdeverfahren seiner Familienangehörigen sind unter nachfolgenden Verfahrenszahlen beim Bundesverwaltungsgericht anhängig:
Schwester: XXXX, geb. XXXX, Zl. I414 2142791-1;
Schwester: XXXX, geb. XXXX, Zl. I414 2142775-1;
Bruder: XXXX, geb. XXXX, Zl. I414 2142777-1;
Nichte: XXXX, geb. XXXX, Zl. I414 2142776-1;
Neffe: XXXX, geb. XXXX, Zl. I414 2142774-1;
Die Mutter des Beschwerdeführers XXXX, geb. XXXX ist am 02.08.2017 in Österreich verstorben. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 08.08.2017, Zl. W268 2142793-1/7E wurde das Beschwerdeverfahren eingestellt.
Bei der Erstbefragung am 20.08.2015 gab der Beschwerdeführer an, dass er vor ca. 25 Tagen mit seiner Familie aus Basra/Irak legal mit dem Flugzeug nach Instanbul/Türkei gereist sei. Den Entschluss zur Ausreise aus dem Irak habe er vor ca. 8 Monaten gefasst. Befragt nach seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer an, dass die Familie aufgrund seiner Religionszugehörigkeit von den Milizen verfolgt worden sei. Die Milizen hätten die Familie zur Zusammenarbeit mit ihnen gezwungen. Der Ehemann seiner Schwester XXXX sei von den Milizen entführt worden, deshalb sei die Familie aus Angst vor diesen aus dem Irak geflohen. Bei einer Rückkehr in seine Heimat hätte er Angst vor den Milizen, zudem gäbe es im Irak keine Sicherheit.
Am 07.11.2016 wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Befragt nach seinen Fluchtgründen gab er zusammenfassend an, dass er wegen den politischen Parteien ausgereist sei. In Irak würden keine liberalen Meinungen akzeptiert werden. Aus diesen Gründen sei er mit seiner Familie von den Milizen bedroht worden. Er selbst sei in den Jahren 2013 und 2014 aufgrund seiner Einstellung zum Islam von schiitischen und sunnitischen Milizen bedroht worden. Sein Vater und sein Bruder seien aus ihren Geschäften vertrieben worden. Ende 2014 sei seine Nichte (XXXX) entführt worden. Aufgrund der täglichen Berichte über Entführungen und Tötungen habe er sich mit seiner Familie entschlossen den Irak zu verlassen. Befragt danach, warum er den Irak nicht schon im Jahr 2013 verlassen habe, gab er an, dass er manchmal Geld bezahlt habe und den Gruppierungen versprochen habe sich ihnen anzuschließen. Befragt nach seinen Rückkehrbefürchtungen gab der Beschwerdeführer an, dass die Lage im Irak sehr unsicher sei.
Mit gegenständlich bekämpftem Bescheid vom 30.11.2016, Zl. XXXX, wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 20.08.2015 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Dem Beschwerdeführer wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen ihn wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung in den Irak zulässig ist (Spruchpunkt III.). Ferner wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt IV.).
Mit Verfahrensanordnung gemäß § 63 Abs. 2 AVG vom 30.11.2016 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG der Verein Menschenrechte Österreich als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.
Mit Schriftsatz vom 15.12.2016 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Dabei wurde zusammenfassend ausgeführt, dass der Bescheid in seinem gesamten Inhalt wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten werde.
Mit der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 20.10.2017 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung W268 abgenommen und der Gerichtsabteilung L513 neu zugewiesen.
Mit der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 07.08.2018 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung L513 abgenommen und der Gerichtsabteilung I414 neu zugewiesen.
Am 13.09.2018 stellte der Beschwerdeführer, vertreten durch RA Mag. Manuel Dietrich, einen Fristsetzungsantrag an den Verwaltungsgerichtshof.
Mit verfahrensleitender Anordnung des Verwaltungsgerichtshofes vom 25.09.2018, Zl. Fr 2018/01/0027-2, wurde dem Bundesverwaltungsgericht gemäß § 38 Abs. 4 VwGG aufgetragen, binnen drei Monaten eine Entscheidung zu erlassen und eine Ausfertigung, Abschrift oder Kopie derselben sowie eine Kopie des Nachweises über die Zustellung der Entscheidung an die antragstellende Partei dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt.
Am 20.11.2018 wurde die Vollmacht seitens des Vereines Menschenrechte Österreich zurückgelegt.
Das Bundesverwaltungsgericht führte am 14.12.2018 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die arabische Sprache, des Beschwerdeführers und seiner Rechtsvertretung, eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Dabei wurde der Beschwerdeführer über die Gründe für seine Ausreise aus dem Herkunftsstaat und über seine privaten persönlichen Verhältnisse einvernommen.
Am selben Tag - 14.12.2018 - führte das Bundesverwaltungsgericht betreffend seinen Familienangehörigen, XXXX zu Zl. I414 2142791-1, XXXX zu Zl. I414 2142775-1, XXXX zu Zl. I414 2142777-1, XXXX zu Zl. I414 2142776-1 und XXXX zu Zl. I414 2142774-1, eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.
Am 17.12.2018 ersuchte das Bundesverwaltungsgericht den Verwaltungsgerichtshof um Verlängerung der Entscheidungspflicht um weitere drei Monate.
Mit verfahrensleitender Anordnung des Verwaltungsgerichtshofes vom 23.01.2019, Zl. Fr 2018/01/0027-5, wurde dem Antrag des Bundesverwaltungsgerichtes stattgegeben und die Frist zur Erlassung der Entscheidung um drei Monate verlängert.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Der im Verfahrensgang dargestellte Sachverhalt wird als erwiesen festgestellt. Zudem werden nachfolgende weitere Feststellungen getroffen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers
Der volljährige Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos und Staatsangehöriger des Irak, er bekannt sich zum muslimischsunnitischen Glauben und gehört der Volksgruppe der Araber an.
Die Identität des Beschwerdeführers steht fest.
Der Beschwerdeführer stammt aus der Provinz Basra, in der Stadt Zubair ist er geboren und aufgewachsen.
Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.
Der Beschwerdeführer hat im Irak eine allgemein bildende höhere Schule absolviert und anschließend Wirtschaftsverwaltung studiert. Im Irak hat der Beschwerdeführer als Selbständiger ein Bekleidungsgeschäft geführt.
Der Beschwerdeführer verließ den Irak gemeinsam mit weiteren Familienangehörigen - Großmutter, Geschwister, Neffe und Nichte - legal mit dem Flugzeug in die Türkei und gelangte in weiterer Folge schlepperunterstützt auf dem Seeweg nach Griechenland. Im Anschluss wurde der Beschwerdeführer nach Österreich verbracht, wo er gemeinsam mit seinen Familienangehörigen am 20.08.2015 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Die Mutter des Beschwerdeführers verstarb am 02.08.2017 in Österreich. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.08.2017, Zl. W268 2142793-1/7E wurde das Beschwerdeverfahren eingestellt.
Die Beschwerdeverfahren der weiteren Familienangehörigen sind derzeit bei Bundesverwaltungsgericht anhängig (XXXX zu Zl. I414 2142775-1, XXXX zu Zl. I414 2142791-1, XXXX zu Zl. I414 2142777-1, XXXX zu Zl. I414 2142776-1 und XXXX zu Zl. 2142792-1).
Die Erkenntnisse der anhängigen Beschwerdeverfahren betreffend die oben angeführten Familienangehörigen werden am gleichen Tag wie das gegenständliche Beschwerdeverfahren erlassen. Diesbezüglich sind die Familienangehörigen wie auch der Beschwerdeführer von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme betroffen.
Der Beschwerdeführer hält sich spätestens seit dem 20.08.2015 in Österreich auf. Er reiste rechtswidrig in Österreich ein, ist seither Asylwerber und verfügt über keinen Aufenthaltstitel.
Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten.
Der Beschwerdeführer bezieht seit der Antragstellung bis dato Leistungen der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber und ist derzeit in der Gemeinde XXXX in Vorarlberg mit seinen Familienangehörigen untergebracht. Er ist nicht legal erwerbstätig.
Die Schwestern, der Bruder, der Neffe und die Nichte des Beschwerdeführers leben als Asylwerber in Österreich. Des Weiteren pflegt er normale soziale Kontakte zu ÖsterreicherInnen. Darüber hinaus engagiert sich der Beschwerdeführer in der Marktgemeinde XXXX sowie in der Pfarre. So hat er im Bauhof als auch in den Sport- und Freizeitanlagen der Gemeinde seit Juni 2016 verschiedenste Tätigkeiten ausgeübt. Ebenfalls hat er ehrenamtlich beim Pfarrflohmarkt 2018 mitgewirkt.
Der Beschwerdeführer besuchte einen Deutschkurs A 1.1, er hat jedoch keine Prüfung abgelegt. Er verfügt über nur rudimentäre Kenntnisse der deutschen Sprache.
1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers
Der Beschwerdeführer wird in seinem Herkunftsstaat weder aus Gründen seiner politischen oder religiösen Einstellung, noch wegen seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rasse oder sozialen Gruppe verfolgt.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer vor seiner Ausreise aus seinem Herkunftsstaat einer individuellen Gefährdung oder psychischer und/ oder physischer Gewalt durch staatliche Organe oder durch Dritte ausgesetzt war oder dass er im Falle einer Rückkehr in seinem Herkunftsstaat einer solchen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt wäre. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat vor der Ausreise Drohungen durch schiitische oder sunnitische Milizen oder eines ihrer Mitglieder ausgesetzt war oder einer Zwangsrekrutierung durch diese Milizen unterlag beziehungsweise der Gefahr einer Zwangsrekrutierung im Falle einer Rückkehr in seinem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt wäre.
Aus den Länderinformationen ergibt sich nichts, was eine Rückkehr eines Fremden in der Lage des Beschwerdeführers automatisch im Widerspruch zu Art. 2 oder Art. 3 EMRK erscheinen lässt. Eine in den Irak zurückkehrende Person, bei der keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.
1.3. Zu den Feststellungen zur Lage im Irak
Politische Lage
Die politische Landschaft des Irak hat sich seit dem Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003 enorm verändert (KAS 2.5.2018). Gemäß der Verfassung ist der Irak ein demokratischer, föderaler und parlamentarisch-republikanischer Staat (AA 12.2.2018), der aus 18 Provinzen (muhafazät) besteht (Fanack 27.9.2018). Artikel 47 der Verfassung sieht eine Gewaltenteilung zwischen Exekutive, Legislative und Judikative vor (RoI 15.10.2005). Die Autonome Region Kurdistan ist Teil der Bundesrepublik Irak und besteht aus den drei nördlichen Provinzen Dohuk, Erbil und Sulaymaniya. Sie wird von einer Regionalverwaltung, der kurdischen Regionalregierung, verwaltet und verfügt über eigene Streitkräfte (Fanack 27.9.2018).
An der Spitze der Exekutive steht der irakische Präsident, der auch das Staatsoberhaupt ist. Der Präsident wird mit einer Zweidrittelmehrheit des irakischen Parlaments (majlis al-nuwwab, engl.: Council of Representatives, dt.: Repräsentantenrat), für eine Amtszeit von vier Jahren gewählt und genehmigt Gesetze, die vom Parlament verabschiedet werden. Der Präsident wird von zwei Vizepräsidenten unterstützt. Zusammen bilden sie den Präsidialrat (Fanack 27.9.2018).
Teil der Exekutive ist auch der Ministerrat, der sich aus dem Premierminister und anderen Ministern der jeweiligen Bundesregierung zusammensetzt (Fanack 27.9.2018; vgl. RoI 15.10.2005). Der Premierminister wird vom Präsidenten designiert und vom Parlament bestätigt (RoI 15.10.2005).
Am 2.10.2018 wählte das neu zusammengetretene irakische Parlament den moderaten kurdischen Politiker Barham Salih zum Präsidenten des Irak (DW 2.10.2018). Dieser wiederum ernannte den schiitischen Politik-Veteranen Adel Abd al-Mahdi zum Premierminister und beauftragte ihn mit der Regierungsbildung (BBC 3.10.2018). Abd al-Mahdi ist seit 2005 der erste Premier, der nicht die Linie der schiitischen Da'wa-Partei vertritt, die seit dem Ende des Krieges eine zentrale Rolle in der Geschichte Landes übernommen hat. Er unterhält gute Beziehungen zu den USA. Der Iran hat sich seiner Ernennung nicht entgegengestellt (Guardian 3.10.2018).
Der Premierminister führt den Vorsitz im Ministerrat und leitet damit die tägliche Politik (Fanack 27.9.2018).
Im Gegensatz zum Präsidenten, dessen Rolle weitgehend zeremoniell ist, liegt beim Premierminister damit die eigentliche Exekutivgewalt (Guardian 3.10.2018).
Die gesetzgebende Gewalt, die Legislative, wird vom irakischen Repräsentantenrat (Parlament) ausgeübt (Fanack 27.9.2018). Er besteht aus 329 Abgeordneten (CIA 17.10.2018; vgl. IRIS 11.5.2018).
Die konfessionell/ethnische Verteilung der politischen Spitzenposten ist nicht in der irakischen Verfassung festgeschrieben, aber seit 2005 üblich (Standard 3.10.2018). So ist der Parlamentspräsident gewöhnlich ein Sunnite, der Premierminister ist ein Schiite und der Präsident der Republik ein Kurde (Al Jazeera 15.9.2018).
In weiten Teilen der irakischen Bevölkerung herrscht erhebliche Desillusion gegenüber der politischen Führung (LSE 7.2018; vgl. IRIS 11.5.2018). Politikverdrossenheit ist weit verbreitet (Standard 13.5.2018). Dies hat sich auch in der niedrigen Wahlbeteiligung bei den Parlamentswahlen im Mai 2018 gezeigt (WZ 12.5.2018). Der Konfessionalismus und die sogennante "Muhassasa", das komplizierte Proporzsystem, nach dem bisher Macht und Geld unter den Religionsgruppen, Ethnien und wichtigsten Stämmen im Irak verteilt wurden, gelten als Grund für Bereicherung, überbordende Korruption und einen Staat, der seinen Bürgern kaum Dienstleistungen wie Strom- und Wasserversorgung, ein Gesundheitswesen oder ein Bildungssystem bereitstellt (TA 12.5.2018).
Viele sunnitische Iraker stehen der schiitischen Dominanz im politischen System kritisch gegenüber. Die Machtverteilungsarrangements zwischen Sunniten und Schiiten sowie Kurden festigen den Einfluss ethnisch-religiöser Identitäten und verhindern die Herausbildung eines politischen Prozesses, der auf die Bewältigung politischer Sachfragen abzielt (AA 12.2.2018).
Die Zeit des Wahlkampfs im Frühjahr 2018 war nichtsdestotrotz von einem Moment des verhaltenen Optimismus gekennzeichnet, nach dem Sieg über den sogenannten Islamischen Staat (IS) im Dezember 2017 (ICG 9.5.2018). Am 9.12.2017 hatte Haider al-Abadi, der damalige irakische Premierminister, das Ende des Krieges gegen den IS ausgerufen (BBC 9.12.2017). Irakische Sicherheitskräfte hatten zuvor die letzten IS-Hochburgen in den Provinzen Anbar, Salah al-Din und Ninewa unter ihre Kontrolle gebracht. (UNSC 17.1.2018).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (12.2.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1437719/4598_1531143225_deutschlandauswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf.
Zugriff 12.10.2018
-
Al Jazeera (15.9.2018): Deadlock broken as Iraqi parliament elects speaker,
https://www.aljazeera.com/news/2018/09/deadlock-broken-iraqi-parliament-elects-speaker-180915115434675.html, Zugriff 19.10.2018
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BBC - British Broadcasting Corporation (9.12.2017): Iraq declares war with Islamic State is over, http://www.bbc.com/news/world-middle-east-42291985. Zugriff 18.10.2018
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BBC - British Broadcasting Corporation (3.10.2018): New Iraq President Barham Saleh names Adel Abdul Mahdi as PM, https://www.bbc.com/news/world-middle-east-45722528. Zugriff 18.10.2018
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CIA - Central Intelligence Agency (17.10.2018): The World Factbook
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Iraq,
https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/iz.html. Zugriff 19.10.2018
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DW - Deutsche Welle (2.10.2018): Iraqi parliament elects Kurdish moderate Barham Salih as new president, https://www.dw.com/en/iraqi-parliament-elects-kurdish-moderate-barham-salihas-new-president/a-45733912, Zugriff 18.10.2018
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Fanack (27.9.2018): Governance & Politics of Iraq, https://fanack.com/iraq/governance-and- politics-of-iraq/. Zugriff 17.10.2018
-
The Guardian (3.10.2018): Iraqi president names Adel Abdul-Mahdi as next prime minister,
https://www.theguardian.com/world/2018/oct/03/iraqi-president-names-adel-abdul-mahdi-asnext-prime-minister, Zugriff 18.10.2018
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ICG - International Crisis Group (9.5.2018): Iraq's Pre-election Optimism Includes a New Partnership with Saudi Arabia, https://www.crisisgroup.org/middle-east-north-africa/gulf-andarabian-peninsula/iraq/iraqs-pre-election-optimism-includes-new-partnership-saudi-arabia. Zugriff 18.10.2018
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KAS - Konrad Adenauer Stiftung (2.5.2018): Mapping the Major Political Organizations and Actors in Iraq since 2003, http://www. kas.de/wf/doc/kas_52295-1522-1-30. pdf?180501131459, Zugriff 17.10.2018
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LSE - London School of Economics and Political Science (7.2018):
The 2018 Iraqi Federal Elections: A Population in Transition?. http://eprints.lse.ac.uk/89698/7/MEC Iraqi-elections Report 2018.pdf. Zugriff 18.10.2018
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Reuters (15.9.2018): Iraq parliament elects Sunni lawmaker al-Halbousi as speaker, breaking deadlock, https://www.reuters.com/article/us-iraq-politics/iraq-parliament-elects-sunni-lawmaker-al-halbousi-as-speaker-breaking-deadlock-idUSKCN1LV0BH.
Zugriff 18.10.2018
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Rol - Republic of Iraq (15.10.2005): Constitution of the Republic of Iraq, http://www.refworld.org/docid/454f50804.html, Zugriff 18.10.2018
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Der Standard (13.5.2018): Wahlen im Irak: Al-Abadi laut Kreisen in Führung,
https://derstandard.at/2000079629773/Irakische-Parlamentswahl-ohne-groessere-Zder. Zugriff 2.11.2018
-
Der Standard (3.10.2018): Neue alte Gesichter für Iraks Topjobs, https://derstandard.at/2000088607743/Neue-alte-Gesichter-fuer-Iraks-Topiobs. Zugriff 19.10.2018
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TA - Tagesanzeiger (12.5.2018): Im Bann des Misstrauens, https://www.tagesanzeiger.ch/ausland/naher-osten-und-afrika/im-bann-des-misstrauens/storv/29434606, Zugriff 18.10.2018
-
UNSC - United Nations Security Council (17.1.2018): Report of the Secretary-General pursuant to resolution 2367 (2017), https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/N1800449.pdf, Zugriff 19.10.2018
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WZ - Wiener Zeitung (12.5.2018): Erste Wahl im Irak nach Sieg gegen IS stößt auf wenig Interesse, https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/welt/weltpolitik/964399_Erste-Wahl-im-Irak-nach-Sieg-gegen-IS-stoesst-auf-wenig-Interesse.html, Zugriff 23.10.2018
Sicherheitslage
Im Dezember 2017 erklärte die irakische Regierung den militärischen Sieg über den Islamischen Staat (IS). Die Sicherheitslage hat sich. seitdem die territoriale Kontrolle des IS gebrochen wurde. verbessert (CRS 4.10.2018; vgl. MIGRI 6.2.2018). IS-Kämpfer sind jedoch weiterhin in manchen Gebieten aktiv. die Sicherheitslage ist veränderlich (CRS 4.10.2018).
Derzeit ist es staatlichen Stellen nicht möglich. das Gewaltmonopol des Staates sicherzustellen. Insbesondere schiitische Milizen. aber auch sunnitische Stammesmilizen handeln eigenmächtig. Die im Kampf gegen den IS mobilisierten. zum Teil vom Iran unterstützten Milizen sind nur eingeschränkt durch die Regierung kontrollierbar und stellen eine potenziell erhebliche Bedrohung für die Bevölkerung dar. Durch die teilweise Einbindung der Milizen in staatliche Strukturen (zumindest formaler Oberbefehl des Ministerpräsidenten. Besoldung aus dem Staatshaushalt) verschwimmt die Unterscheidung zwischen staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren (AA 12.2.2018).
In der Wirtschaftsmetropole Basra im Süden des Landes können sich die staatlichen Ordnungskräfte häufig nicht gegen mächtige Stammesmilizen mit Verbindungen zur Organisierten Kriminalität durchsetzen. Auch in anderen Landesteilen ist eine Vielzahl von Gewalttaten mit rein kriminellem Hintergrund zu beobachten (AA 12.2.2018). Insbesondere in Bagdad kommt es zu Entführungen durch kriminelle Gruppen. die Lösegeld für die Freilassung ihrer Opfer fordern (MIGRI 6.2.2018).
Quellen:
-
AA - Auswärtiges Amt (12.2.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak.
https://www.ecoi.net/en/file/local/1437719/4598_1531143225_deutschlandauswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irakstand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 19.7.2018
-
CRS - Congressional Research Service (4.10.2018): Iraq: Issues in the 115th Congress. https://fas.org/sgp/crs/mideast/R45096.pdf. Zugriff 29.10.2018
-
MIGRI - Finnische Immigrationsbehörde (6.2.2018): Finnish Immigration Service report: Security in Iraq variable but improving. https://yle.fi/uutiset/osasto/news/finnish_immigration_service_report_security_in_iraq_variable but improving/10061710. Zugriff 30.10.2018
Islamischer Staat (IS)
Seitdem der IS Ende 2017 das letzte Stück irakischen Territoriums verlor. hat er drei Phasen durchlaufen: Zunächst kam es für einige Monate zu einer Phase remanenter Gewalt; dann gab es einen klaren taktischen Wandel, weg von der üblichen Kombination aus Bombenanschlägen und Schießereien, zu einem Fokus auf die ländlichen Gebiete im Zentrum des Landes. Die Kämpfer formierten sich neu und im Zuge dessen kam es zu einem starken Rückgang an Angriffen. Jetzt versucht der IS, die Kontrolle über die ländlichen Gebiete im Zentrum des Landes und über Grenzgebiete zurückzuerlangen. Gleichzeitig verstärkt er die direkte Konfrontation mit den Sicherheitskräften (Joel Wing 3.7.2018). Im September 2018 fanden die IS-Angriffe wieder vermehrt in Bagdad statt und es ist eine Rückkehr zu Selbstmordanschlägen und Autobomben feststellbar (Joel Wing 6.10.2018).
Mit Stand Oktober 2018 waren Einsätze der irakischen Sicherheitskräfte gegen IS-Kämpfer in den Provinzen Anbar, Ninewa, Diyala und Salah al-Din im Gang. Ziel war es, den IS daran zu hindern sich wieder zu etablieren und ihn von Bevölkerungszentren fernzuhalten. Irakische Beamte warnen vor Bemühungen des IS, Rückzugsorte in Syrien für die Infiltration des Irak zu nutzen. Presseberichte und Berichte der US-Regierung sprechen von anhaltenden IS-Angriffen, insbesondere in ländlichen Gebieten von Provinzen, die vormals vom IS kontrolliert wurden (CRS 4.10.2018; vgl. ISW 2.10.2018, Atlantic 31.8.2018, Jamestown 28.7.2018, Niqash 12.7.2018).
In diesen Gebieten oder in Gebieten, in denen irakische Sicherheitskräfte abwesend sind, kommt es zu Drohungen, Einschüchterungen und Tötungen durch IS-Kämpfer, vor allem nachts (CRS 4.10.2018).
Es gibt immer häufiger Berichte über Menschen, die aus Dörfern in ländlichen Gebieten, wie dem Bezirk Khanaqin im Nordosten Diyalas, fliehen. Ortschaften werden angegriffen und Steuern vom IS erhoben. Es gibt Gebiete, die in der Nacht No-go-Areas für die Sicherheitskräfte sind und IS-Kämpfer, die sich tagsüber offen zeigen. Dies geschieht trotz ständiger Razzien durch die Sicherheitskräfte, die jedoch weitgehend wirkungslos sind (Joel Wing 6.10.2018).
Die Extremisten richten auch falsche Checkpoints ein, an denen sie sich als Soldaten ausgeben, Autos anhalten und deren Insassen entführen, töten oder berauben (Niqash 12.7.2018; vgl. WP 17.7.2018).
Das Hauptproblem besteht darin, dass es in vielen dieser ländlichen Gebiete wenig staatliche Präsenz gibt und die Bevölkerung eingeschüchtert wird (Joel Wing 6.10.2018). Sie kooperiert aus Angst nicht mit den Sicherheitskräften. Im vergangenen Jahr hat sich der IS verteilt und in der Zivilbevölkerung verborgen. Kämpfer verstecken sich an den unzugänglichsten Orten: in Höhlen, Bergen und Flussdeltas. Der IS ist auch zu jenen Taktiken zurückgekehrt, die ihn 2012 und 2013 zu einer Kraft gemacht haben: Angriffe, Attentate und Einschüchterungen, besonders nachts. In den überwiegend sunnitischen Provinzen, in denen der IS einst dominant war (Diyala, Salah al-Din und Anbar), führt die Gruppe nun wieder Angriffe von großer Wirkung durch (Atlantic 31.8.2018).
Quellen:
-
Atlantic (31.8.2018): ISIS Never Went Away in Iraq, https://www.theatlantic.com/international/archive/2018/08/iraq-isis/569047/. Zugriff 30.10.2018
-
CRS - Congressional Research Service (4.10.2018): Iraq: Issues in the 115th Congress, https://fas.org/sgp/crs/mideast/R45096.pdf. Zugriff 29.10.2018
-
ISW - Institute for the Study of War (2.10.2018): ISIS's Second Resurgence,
https://iswresearch.blogspot.com/2018/10/isiss-second-resurgence.html. Zugriff 30.10.2018
-
Jamestown Foundation (28.7.2018): Is Islamic State Making Plans for a Comeback in Iraq?,
https://iamestown.org/program/is-islamic-state-making-plans-for-a-comeback-in-iraq/. Zugriff 30.10.2018
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Joel Wing - Musings on Iraq (3.7.2018): June 2018 Islamic State Rebuilding In Rural Areas Of Central Iraq, https://musingsoniraq.blogspot.com/2018/07/june-2018-islamic-state-rebuildingin.html, Zugriff 30.10.2018
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Joel Wing - Musings on Iraq (6.10.2018): Islamic State Returns To Baghdad While Overall Security In Iraq Remains Steady, https://musingsoniraq.blogspot.com/2018/10/islamic-statereturns-to-baghdad-while.html, Zugriff 30.10.2018
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Niqash (12.7.2018): Extremists Intimidate, Harass, Dislocate Locals In Salahaddin, Then Take Over, http://www.niqash.org/en/articles/security/5951/, Zugriff 30.10.2018
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WP - Washington Post (17.7.2018): ISIS is making a comeback in Iraq just months after Baghdad declared victory, https://www.washingtonpost.com/world/isis-is-making-a-comebackin-iraq-less-than-a-year-after-baghdad-declared-victory/2018/07/17/9aac54a6-892c-11e8-9d59-dccc2c0cabcf story.html?noredirect=on&utm term=.8ebfcea17e9f, Zugriff 30.10.2018
Sicherheitsrelevante Vorfälle, Opferzahlen
Der Irak verzeichnet derzeit die niedrigste Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen seit dem Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003 (Joel Wing 5.4.2018). Die Sicherheitslage ist in verschiedenen Teilen des Landes sehr unterschiedlich, insgesamt hat sich die Lage jedoch verbessert.
So wurden beispielsweise im September 2018 vom Irak-Experten Joel Wing 210 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 195 Todesopfern im Irak verzeichnet. Dem standen im September des Jahres 2017 noch 306 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 728 Todesopfern gegenüber. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen im September 2018 waren Bagdad mit 65 Vorfällen, Diyala mit 36, Kirkuk mit 31, Salah al-Din mit 21, Ninewa mit 18 und Anbar mit 17 Vorfällen (Joel Wing 6.10.2018).
Die folgende Grafik von ACCORD zeigt, im linken Bild, die Anzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle mit mindestens einem Todesopfer im zweiten Quartal 2018, nach Provinzen aufgeschlüsselt. Auf der rechten Karte ist die Zahl der Todesopfer im Irak, im zweiten Quartal 2018, nach Provinzen aufgeschlüsselt, dargestellt (ACCORD 5.9.2018).
Laut Angaben von UNAMI. der Unterstützungsmission der Vereinten Nationen im Irak. wurden im September 2018 im Irak insgesamt 75 irakische Zivilisten durch Terroranschläge. Gewalt und bewaffnete Konflikte getötet und weitere 179 verletzt (UNAMI 1.10.2018). Insgesamt verzeichnete UNAMI im Jahr 2017 3.298 getötete und 4.781 verwundete Zivilisten. Nicht mit einbezogen in diesen Zahlen waren zivile Opfer aus der Provinz Anbar im November und Dezember 2017. für die keine Angaben verfügbar sind. Laut UNAMI handelt es sich bei den Zahlen um absolute Mindestangaben. da die Unterstützungsmission bei der Überprüfung von Opferzahlen in bestimmten Gebieten eingeschränkt ist (UNAMI 2.1.2018). Im Jahr 2016 betrug die Zahl getöteter Zivilisten laut UNAMI noch 6.878 bzw. die verwundeter Zivilisten 12.388. Auch diese Zahlen beinhalten keine zivilen Opfer aus Anbar für die Monate Mai. Juli. August und Dezember (UNAMI 3.1.2017)
Die folgenden Grafiken von Iraq Body Count (IBC) stellen die von IBC im Irak dokumentierten zivilen Todesopfer dar. Seit Februar 2017 sind nur vorläufige Zahlen (in grau) verfügbar. Das erste Diagramm stellt die von IBC dokumentierten zivilen Todesopfer im Irak seit 2003 dar (pro Monat jeweils ein Balken). Die zweite Tabelle gibt die Zahlen selbst an. Laut Tabelle. dokumentierte IBC im September 2018 241 zivile Todesopfer im Irak. Im September 2017 betrug die Zahl von IBC dokumentierter ziviler Todesopfer im Irak 490; im September 2016
935. Insgesamt dokumentierte IBC von Januar bis September 2018 2.699 getötete Zivilisten im Irak. Im Jahr 2017 dokumentierte IBC 13.178 zivile Todesopfer im Irak; im Jahr 2016 betrug diese Zahl 16.393 (IBC 9.2018).
Quellen:
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ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (5.9.2018): Irak, 2. Quartal 2018: Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project
(ACLED),
https://www.ecoi.net/en/file/local/1442566/1930_1536217374_2018q2iraq-de.pdf. Zugriff 29.10.2018
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IBC - Iraq Body Count (9.2018): Database - Documented civilian deaths from violence, https://www.iraqbodycount.org/database/. Zugriff 31.10.2018
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Joel Wing - Musings on Iraq (5.4.2018): Iraq Witnessing Fewest Security Incidents Since 2003,
http://musingsoniraq.blogspot.com/2018/04/iraq-witnessing-fewest-security.html. Zugriff 2.11.2018
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Joel Wing - Musings on Iraq (6.10.2018): Islamic State Returns To Baghdad While Overall Security In Iraq Remains Steady, https://musingsoniraq.blogspot.com/2018/10/islamic-statereturns-to-baghdad-while.html. Zugriff 30.10.2018
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MIGRI - Finnische Immigrationsbehörde (6.2.2018): Finnish Immigration Service report: Security in Iraq variable but improving, https://yle.fi/uutiset/osasto/news/finnish immigration service report security in iraq variable_but_improving/10061710, Zugriff 30.10.2018
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UNAMI - United Nations Assistance Mission in Iraq (3.1.2017): UN Casualties Figures for Iraq for the Month of December 2016, http://www.uniraq.org/index.php?option=com_k2&view=item&id=6611:un-casualties-figures-for-iraq-for-the-month-of-december-2016&Itemid=633&lang=en, Zugriff 31.10.2018
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UNAMI - United Nations Assistance Mission in Iraq (2.1.2018): UN Casualty Figures for Iraq for the Month of December 2017, http://www.uniraq.org/index.php?option=com_k2&view=item&id=8427:un-casualty-figures-for-iraq-for-the-month-of-december-2017&Itemid=633&lang=en Zugriff 31.10.2018
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UNAMI - United Nations Assistance Mission in Iraq (1.10.2018): UN Casualty Figures for Iraq for the Month of September 2018, http://www.uniraq.org/index.php?option=com_k2&view=item&id=9687:un-casualty-figures-for-iraq-for-the-month-of-september-2018&Itemid=633&lang=en, Zugriff 31.10.2018
Sicherheitslage Bagdad
Die Provinz Bagdad ist die kleinste und am dichtesten bevölkerte Provinz des Irak, mit einer Bevölkerung von mehr als sieben Millionen Menschen. Die Mehrheit der Einwohner Bagdads sind Schiiten. In der Vergangenheit umfasste die Hauptstadt viele gemischte schiitische, sunnitische und christliche Viertel, der Bürgerkrieg von 2006-2007 veränderte jedoch die demografische Verteilung in der Stadt und führte zu einer Verringerung der sozialen Durchmischung sowie zum Entstehen von zunehmend homogenen Vierteln. Viele Sunniten flohen aus der Stadt, um der Bedrohung durch schiitische Milizen zu entkommen. Die Sicherheit der Provinz wird sowohl vom "Baghdad Operations Command" kontrolliert, der seine Mitglieder aus der Armee, der Polizei und dem Geheimdienst zieht, als auch von den schiitischen Milizen, die als stärker werdend beschrieben werden (OFPRA 10.11.2017).
Im Jahr 2016 verzeichnete die Provinz Bagdad noch immer die höchste Zahl an Opfern im gesamten Land. Die Sicherheitslage verbesserte sich jedoch in Bagdad als die Schlacht um Mosul begann. Während Joel Wing im Januar 2016 in Bagdad noch durchschnittlich 11,6 Angriffe pro Tag verzeichnete, sank diese Zahl zwischen April und September 2017 auf durchschnittlich 3 Angriffe pro Tag (OFPRA 10.11.2017; vgl. Joel Wing 8.7.2017, Joel Wing 4.10.2017). Seit 2016 ist das Ausmaß der Gewalt in Bagdad allmählich zurückgegangen. Es gab einen Rückgang an IS- Aktivität, nach den Vorstößen der irakischen Truppen im Nordirak, obwohl der IS weiterhin regelmäßig Angriffe gegen militärische und zivile Ziele durchführt, insbesondere, aber nicht ausschließlich, in schiitischen Stadtvierteln. Darüber hinaus sind sunnitische Bewohner der Gefahr von Übergriffen durch schiitische Milizen ausgesetzt, einschließlich Entführungen und außergerichtlichen Hinrichtungen (OFPRA 10.11.2017).
Terroristische und politisch motivierte Gewalt setzte sich das ganze Jahr 2017 über fort. Bagdad war besonders betroffen. UNAMI berichtete, dass es von Januar bis Oktober 2017 in Bagdad fast täglich zu Angriffen mit improvisierten Sprengkörpern kam. Laut UNAMI zielten einige Angriffe auf Regierungsgebäude oder Checkpoints ab, die von Sicherheitskräften besetzt waren, während viele andere Angriffe auf Zivilisten gerichtet waren. Der IS führte Angriffe gegen die Zivilbevölkerung durch, einschließlich Autobomben- und Selbstmordattentate (USDOS 20.4.2018).
Laut Joel Wing kam es im Januar 2018 noch zu durchschnittlich 3,3 sicherheitsrelevanten Vorfällen in Bagdad pro Tag, eine Zahl die bis Juni 2018 auf durchschnittlich 1,1 Vorfälle pro Tag sank (Joel Wing 3.7.2018). Seit Juni 2018 ist die Zahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle in Bagdad langsam wieder auf 1,5 Vorfälle pro Tag im Juli, 1,8 Vorfälle pro Tag im August und 2,1 Vorfälle pro Tag im September gestiegen. Diese Angriffe bleiben Routine, wie Schießereien und improvisierte Sprengkörper und konzentrieren sich hauptsächlich auf die äußeren südlichen und nördlichen Gebiete der Provinz (Joel Wing 6.10.2018).
Insgesamt kam es im September 2018 in der Provinz Bagdad zu 65 sicherheitsrelevanten Vorfällen. Damit verzeichnete Bagdad die höchste Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen im ganzen Land (Joel Wing 6.10.2018). Auch in der ersten und dritten Oktoberwoche 2018 führte Bagdad das Land in Bezug auf die Anzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle an. Wenn man jedoch die Größe der Stadt bedenkt, sind Angriffe immer noch selten (Joel Wing 9.10.2018 und Joel Wing 30.10.2018).
In Bezug auf die Opferzahlen war Bagdad von Januar bis März 2018, im Mai 2018, sowie von Juli bis September 2018 die am schwersten betroffene Provinz im Land (UNAMI 1.2.2018; UNAMI 2.3.2018; UNAMI 4.4.2018; UNAMI 31.5.2018; UNAMI 1.8.2018; UNAMI 3.9.2018; UNAMI 1.10.2018).
Im September 2018 verzeichnete UNAMI beispielsweise 101 zivile Opfer in Bagdad (31 Tote, 70 Verletzte) (UNAMI 1.10.2018).
Quellen:
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Joel Wing - Musings on Iraq (8.7.2017): 3,230 Dead, 1,128 Woun