Entscheidungsdatum
19.02.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I412 1438360-2/16E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gabriele ACHLEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. NIGERIA, vertreten durch: RA Dr. Farhad PAYA gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Kärnten vom 30.11.2015, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I. - V. als unbegründet abgewiesen.
II. Der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides wird insofern stattgegen, dass die Dauer des befristeten Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 und Z 2 FPG auf 7 Jahre herabgesetzt wird.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Am 23.04.2010 stellte der Beschwerdeführer seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, wobei er angab, den Namen
XXXX zu führen. aus Nigeria zu stammen und am XXXX geboren zu sein
Am 23.04.2010 erfolgte durch die Exekutive der Polizeiinspektion T. Erstaufnahmestelle Ost, eine Erstbefragung und begründete der Beschwerdeführer seinen Antrag auf internationalen Schutz damit, dass seine Mutter gestorben wäre, als er drei Jahre alt gewesen sei, sein Vater wäre letztes Jahr verstarben. Er habe niemandem mehr in Nigeria und hätte sehr gelitten. Aus diesem Grund sei er aus Nigeria geflüchtet.
Aufgrund der Angaben zum Reiseweg und zum Aufenthalt in Griechenland ergab sich die Zuständigkeit von Griechenland.
Da Zweifel an der Minderjährigkeit des Beschwerdeführers aufgetreten sind, wurde ein gerichtsmedizinisches Gutachten erstellt und schließlich die Geburtsdaten auf XXXX korrigiert.
Vom 04.06.2010 bis 25.06.2010 befand sich der Beschwerdeführer in Schubhaft. Vom 02.07.2010 - 02.08.2010 verbüßte er eine Haftstrafe.
2. Sein Antrag auf internationalen Schutz in Österreich wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes am 17.07.2010 gemäß § 5 AsylG 2005 zurückgewiesen. Gleichzeitig wurde er gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 nach Griechenland ausgewiesen, der Bescheid erwuchs in Rechtskraft
Am 12.07.2010 erfolgte im fremdenpolizeilichen Verfahren von der Bundespolizeidirektion Wien zum Zwecke der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes/Rückkehrverbotes und der Verhängung der Schubhaft nach der Haftentlassung des Beschwerdeführers eine niederschriftliche Befragung.
Vom Landesgericht für Strafsachen in W. wurde er zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt. Er wurde schuldig gesprochen, er habe Beamte mit Gewalt an einer Amtshandlung, nämlich der Durchführung einer Identitätsfeststellung, zu hindern versucht.
Vom 07.09.2010 - 06.05.2011 verbüßte der Beschwerdeführer eine Haftstrafe.
Am 16.09.2010 erfolgte im fremdenpolizeilichen Verfahren vor der Bundespolizeidirektion W. eine niederschriftliche Befragung zum Zwecke der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes/Rückkehrverbotes und der Verhängung der Schubhaft.
Am 09.10.2010 wurde gegen den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot auf die Dauer von 10 Jahren befristet erlassen.
Am 27.01.2011 langte bei der Erstaufnahmestelle Ost im Zuge entsprechender Dublin-Konsultationen mit Griechenland die Zustimmung für die Dublinüberstellung nach Griechenland, längstens bis zum 01.01.2012, ein
Nach Entlassung aus der Strafhaft wurde der Beschwerdeführer mit Bescheid der Bundespolizeidirektion L., Fremdenpolizei, vom 05.05.2011 in Schubhaft genommen und in das Polizeianhaltezentrum L. eingeliefert
Am 10.05.2011 wurde der Beschwerdeführer aus der Schubhaft entlassen.
Vom Landesgericht für Strafsachen in W. wurde er zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt. Er wurde schuldig gesprochen, dass er in Wien vorschriftswidrig Suchtgift gewerbsmäßig anderen überlassen habe, indem er zwei Kugeln Kokain verkauft habe.
Vom 17.06.2011 - 18.06.2012 verbüßte er eine Haftstrafe.
Am 30.06.2011 erfolgte im fremdenpolizeilichen Verfahren von der Bundespolizeidirektion W. zum Zwecke der Erlassung eines neuerlichen Aufenthaltsverbotes/Rückkehrverbotes und der Verhängung der Schubhaft nach seiner Haftentlassung eine niederschriftliche Befragung.
Am 16.03.2012 erfolgte im fremdenpolizeilichen Verfahren von der Bezirkshauptmannschaft R., zum Zwecke der Identitäts- und Sachverhaltsfeststellung sowie der Verhängung der Schubhaft im Anschluss an die Strafhaft und der Abschiebung nach seiner Haftentlassung eine niederschriftliche Befragung.
Der Beschwerdeführer wurde am 01.06.2012 im Stand der Strafhaft einer Identitätsprüfung durch die nigerianische Botschaftsdelegation unterzogen.
Nach Entlassung aus der Strafhaft wurde der Beschwerdeführer in Schubhaft genommen.
Am 29.05.2012 wurde er von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes zwecks Ausstellung eines Heimreisezertifikates in die nigerianische Botschaft in W. gebracht. Die geplante begleitete Abschiebung am 09.07.2012 vereitelte der Beschwerdeführer durch Widerstandshandlungen.
3. Am 14.07.2012 stellte der Beschwerdeführer einen weiteren Antrag auf internationalem Schutz. Bei der am 16.07.2012 durchgeführten niederschriftlichen Einvernahme gab er zu den Fluchtgründen befragt an, dass er gezwungen worden sei, Mitglied der Gruppierung "Blood Movement of Africa" zu werden. Diese Gruppierung würde Leute ermorden, die gegen die Regierung seien. Sie hätten auch einen Mann, einen "Chairman" töten wollen. Der Beschwerdeführer habe diesen Mann gekannt und habe ihm mitgeteilt, was diese Leute vorhätten. Wegen dieser Aussage seien vier Personen der Gruppierung von der Polizei festgenommen worden. Sie hätten herausgefunden. dass es der Beschwerdeführer gewesen sie und seien zu ihm nach Hause gekommen und hätten seinen Vater erschossen. Seitdem sei er auf der Flucht.
Am 27.07.2012 wurde der Beschwerdeführer aufgrund der Zulassung seines Antrags auf internationalen Schutz aus der Schubhaft entlassen und am 27.07.2012 niederschriftlich vor dem Bundesasylamt einvernommen.
4. Mit Bescheid vom 07.08.2012 wurde der Bescheid des Bundesasylamtes vom 17.07.2010 von Amts wegen gemäß § 68 Abs. 2 AVG 1991 behoben.
Am 29.10.2012 wurde der Beschwerdeführer neuerlich vor dem Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen.
Vom 15.12.2012 bis zum 13.06 2014 verbüßte der Beschwerdeführer erneut eine Haftstrafe
Am 16.06.2013 wurde der Beschwerdeführer vom Ergebnis der Beweisaufnahme durch Übermittlung der Länderfeststellungen Nigerias und Recherche des Vertrauensanwaltes in Abuja informiert und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Am 08.03.2013 langte eine diesbezügliche Stellungnahme ein.
5. Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 24.09.2013 den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ab und erkannte den Status der Asylberechtigten nicht zu. Weiters wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG nicht zuerkannt und wurde dieser gemäß § 10 Abs. 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht am 11.10.2013 das Rechtmittel der Beschwerde.
6. Mit Beschluss vom 24.11.2014, GZ W161 1438360-1/9E, wurde der Bescheid vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 (2. Satz) VwGVG idG aufgehoben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
Am 21.10.2015 wurden der Beschwerdeführer erneut von einem Organwalter des Bundesamtes für Fremdenwesen und einvernommen.
7. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.11.2015 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 23.04.2010 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen (Spruchpunkte I. und II.) Dem Beschwerdeführer wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 und 55 AsylG erteilt und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Weiters wurde festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.). Es wurde ausgesprochen, dass keine Frist für eine freiwillige Ausreise besteht (§ 55 Abs. 1a FPG) , der Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG aberkannt (Spruchpunkte IV. und V.). Mit Spruchpunkt VI. erlies die belangte Behörde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot.
Der Bescheid wurde dem vertretenen Beschwerdeführer am 07.12.2015 zugestellt.
8. Gegen diesen Bescheid wurde mit bei der belangten Behörde am 06.01.2016 einlangendem Schreiben vom 04.01.2016 Beschwerde erhoben und diese mit inhaltlich falscher Entscheidung und mangelnder Verfahrensführung begründet. Zudem wurde ausgeführt, die Rechtsmittelbelehrung sei verfassungswidrig.
9. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 11.01.2016 wies die belangte Behörde die Beschwerde gemäß § 16 Abs. 1 BFA-VG als verspätet zurück.
Dagegen wurde am 22.01.2016 ein (ebenfalls als Beschwerde bezeichneter) Vorlageantrag eingebracht und von der belangten Behörde mit Schreiben des gleichen Tages dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Mit Schreiben vom 04.02.2016 wurden weitere Aktenteile betreffend einen am 17.02.2016 gestellten Folgeantrag des Beschwerdeführers als Beschwerdeergänzung vorgelegt.
10. Am 05.12.2018 wurde die Rechtssache in Folge Annexität der Rechtssachen zu den Verfahren der ebenfalls beim Bundesverwaltungsgericht anhängigen Kinder und der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers der Gerichtsabteilung I412 neu zugeteilt.
Am 30.01.2018 fand eine mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nigeria und volljährig. Er gehört der Volksgruppe der Hausa an und ist Christ.
Der Beschwerdeführer reiste illegal am 23.04.2010 in Österreich ein und hält sich zumindest seit 03.10.2012 nach illegalen Aufenthalten in Italien und der Schweiz wieder in Österreich auf.
Er lebt seit Dezember 2014 in gemeinsamen Haushalt mit seiner Lebensgefährtin XXXX, eine Eheschließung ist geplant bzw. erfolgte bereits nach traditionellen Gebräuchen in Nigeria, bei der der Beschwerdeführer und seine Lebensgefährtin nicht anwesend waren.
Ebenfalls in gemeinsamen Haushalt leben die beiden minderjährigen Kinder des Beschwerdeführers und seiner Lebensgefährtin, XXXX (geb. am XXXX) und XXXX (geb. am XXXX)
Der Antrag der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz wurde bereits rechtskräftig abgewiesen. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom heutigen Tag, GZ I412 2100659-1/18E wurde die von der belangten Behörde getroffene Rückkehrentscheidung für diese bestätigt.
Die Anträge auf internationalen Schutz betreffend die in Österreich geborenen Kinder des Beschwerdeführers wurden abgewiesen und die Bescheide der belangten Behörde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnissen des heutigen Tages, GZen I412 2173881-1/10E und 2121565-1/14E im Beschwerdeverfahren bestätigt.
Die Verfahren wurden gemäß § 34 AsylG als Familienverfahren geführt und eine gemeinsame mündliche Beschwerdeverhandlung durchgeführt.
Es ist dem Beschwerdeführer möglich, gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin und den beiden gemeinsamen Kindern nach Nigeria zurückzukehren.
Ein weiterer (minderjähriger) Sohn des Beschwerdeführers lebt bei dessen Mutter, einer angolanischen Staatsbürgerin in Italien. Zu ihm besteht nur sporadischer Kontakt über einen ebenfalls in Italien lebenden Onkel des Beschwerdeführers. Eine finanzielle Unterstützung durch den Beschwerdeführer erfolgt nicht.
Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.
Er verfügt über Arbeitserfahrung als Friseur und hat in Nigeria einige Jahre in diesem Beruf gearbeitet.
Es leben noch Familienangehörige (zumindest Onkel und Tante) des Beschwerdeführers in Nigeria, zu denen auch noch Kontakt besteht.
Der Beschwerdeführer verfügt über geringe Deutschkenntnisse und hat die Prüfung "ÖSD Zertifikat A2" bestanden.
Der Beschwerdeführer weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich mehrfach vorbestraft und verbüßte diverse Haftstrafen:
1) LG XXXXvom 22.07.2010. RK 22.07.2010
§§ 27 Abs. 1 /1 (8. FALL) 27/3 SMG, Datum der (letzten) Tat 02.07.2010
Freiheitsstrafe 7 Monate, davon 6 Monate bedingt.
Probezeit 3 Jahre
Junge(r)Erwachsene(r)
Vollzugsdatum 13.06.2014
Der Beschwerdeführer wurde schuldig gesprochen, in Wien gewerbsmäßig vorschriftswidrig Suchtgift anderen durch Verkauf überlassen zu haben und zwar zwei Kugeln Kokain und zwei Kugeln Heroin.
2) zu LG XXXX vom 04.11.2010, RK 04.11.2010
§§ 15 269/1 (1. FALL) §§ 83/1 84 Abs 2/4 StGB Freiheitsstrafe 10 Monate
Junger Erwachsener
Vollzugsdatum 18.06.2012
Der Beschwerdeführer wurde schuldig gesprochen, dass er Beamte mit Gewalt einer Amtshandlung. nämlich der Durchführung einer Identitätsfeststellung zu hindern versuchte, indem er Polizeibeamte zur Seite stieß und vorsätzlich am Körper verletzte. Mildernd wurde bewertet der teilweise Versuch beim Widerstand und das Alter unter 21, als erschwerend wurde bewertet, das Zusammentreffen mehrerer Vergehen und die einschlägige Vorstrafe und der rasche Rückfall.
03) LG XXXX vom 20.07.2011, RK 20.07.2011
§§ 27 Abs 1/1 (8. FALL) 27/3 SMG,
Freiheitsstrafe 10 Monate
Junge(r) Erwachsene(r)
VoIlzugsdatum 17.04.2012
Der Beschwerdeführer wurden schuldig gesprochen, dass er in Wien vorschriftswidrig Suchtgift gewerbsmäßig anderen überlassen hat, indem er zwei Kugeln Kokain verkaufte.
04) LG XXXX vom 10.01.2013 RK 12.03.2013
§ 27 Abs. 1 Z 12. Fall (2) SMG § 27 Z 1 8. Fall SMG
Datum der (letzten) Tat 15.12.2012 Freiheitsstrafe 12 Monate
Vollzugsdatum 15.12.2013
Er wurde schuldig gesprochen. dass in Wien vorschriftswidrig Suchtgift
1.) gewerbsmäßig anderen überlassen, indem er eine Kugel Kokain und eine Kugel Heroin verkauft und
2.) besessen hat und zwar Marihuana für den Eigenkonsum.
Nach dem derzeitigen Stand der Strafregistereintragungen wird die Tilgung voraussichtlich mit 13.06.2029 eintreten.
1.2. Zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:
Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers konnte nicht festgestellt werden, dass dieser in seinem Herkunftsland einer Verfolgung durch staatliche Behörden oder Privatpersonen ausgesetzt ist. Insbesondere konnte nicht festgestellt werden, dass er in seinem Herkunftsland der unmittelbaren Gefahr einer Verfolgung durch einen Kult namens "Black Movement of Africa" ausgesetzt ist.
Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.
1.3. Zur aktuellen Lage im Herkunftsland:
Das politische System Nigerias orientiert sich stark am System der Vereinigten Staaten; in der Verfassungswirklichkeit dominieren der Präsident und die ebenfalls direkt gewählten Gouverneure. Die lange regierende People¿s Democratic Party (PDP) musste nach den Wahlen 2015 erstmals seit 1999 in die Opposition; seither ist die All Progressives¿ Congress (APC) unter Präsident Muhammadu Buhari an der Macht.
In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation, allerdings sind der Nordosten, der Middle Belt und das Nigerdelta von Unruhen und Spannungen geprägt. Für einzelne Teile Nigerias besteht eine Reisewarnung, insbesondere aufgrund des hohen Entführungsrisikos.
Im Norden und Nordosten Nigerias hat sich die Sicherheitslage verbessert; in den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es aber weiterhin zu Anschlägen der Boko Haram. Es gelang den Sicherheitskräften zwar, Boko Haram aus den meisten ihrer Stellungen zu vertreiben, doch war es kaum möglich, die Gebiete vor weiteren Angriffen durch die Islamisten zu schützen. Der nigerianischen Armee wird vorgeworfen, im Kampf gegen Boko Haram zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben; die von Präsident Buhari versprochene Untersuchung blieb bisher aber folgenlos.
Das Nigerdelta (Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River) ist seit Jahren von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Spannungen rund um die Verteilung der Einnahmen aus den Öl- und Gasreserven geprägt. Von 2000 bis 2010 agierten in der Region militante Gruppen, die durch ein im Jahr 2009 ins Leben gerufene Amnestieprogramm zunächst beruhigt wurden. Nach dem Auslaufen des Programmes Ende 2015 brachen wieder Unruhen aus, so dass eine weitere Verlängerung beschlossen wurde. Die Lage hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, doch bleibt sie volatil. Insbesondere haben Angriffe auf die Ölinfrastrukturen in den letzten zwei Jahren wieder zugenommen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind teils auch heute noch unter der Kontrolle separatistischer und krimineller Gruppen.
In Zentralnigeria (Middle Belt bzw. Jos Plateau) kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten zwischen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen. Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Der Ursprung dieser Auseinandersetzungen, etwa zwischen (überwiegend muslimischen nomadischen) Hirten und (überwiegend christlichen) Bauern, liegt oft nicht in religiösen Konflikten, entwickelt sich aber häufig dazu.
Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgung ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme benachteiligt. Das Institut der Pflichtverteidigung gibt es erst in einigen Bundesstaaten. In insgesamt zwölf nördlichen Bundesstaaten wird die Scharia angewendet, Christen steht es aber frei, sich einem staatlichen Gerichtsverfahren zu unterwerfen. Der Polizei, die durch geringe Besoldung und schlechte Ausrüstung eingeschränkt ist, wird oftmals die Armee zur Seite gestellt. Insgesamt ist trotz der zweifelsohne vorhandenen Probleme im Allgemeinen davon auszugehen, dass die nigerianischen Behörden gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Problematisch ist aber insbesondere, dass Gefangene häufig Folterung und Misshandlung ausgesetzt sind. Disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Folgen hat dies kaum. Die Bedingungen in den Haftanstalten sind hart und lebensbedrohlich. Nigeria hält an der Todesstrafe fest, diese ist seit 2006 de facto ausgesetzt, wobei es in den Jahren 2013 und 2016 in Edo State aber zu einzelnen Hinrichtungen gekommen war. Die Regierung Buharis hat der Korruption den Kampf erklärt, doch mangelt es ihr an effektiven Mechanismen.
Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert, wird aber gelegentlich durch das Eingreifen von Sicherheitsorganen bei politisch unliebsamen Versammlungen eingeschränkt. Die politische Opposition kann sich aber grundsätzlich frei betätigen; es gibt auch keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung. Gelegentlich gibt es aber, vor allem bei Gruppen mit sezessionistischen Zielen, Eingriffe seitens der Staatsgewalt. Dabei ist insbesondere die Bewegung im Süden und Südosten Nigerias zu nennen, die einen unabhängigen Staat Biafra fordert. Dafür treten sowohl das Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB) und die Indigenous People of Biafra (IPOB) ein. Seit der Verhaftung des Leiters des inzwischen verbotenen Radiosenders "Radio Biafra" im Oktober 2015 kommt es vermehrt zu Demonstrationen von Biafra-Anhänger, gegen die laut verschiedenen Berichten, unter anderem von Amnesty International, von den nigerianischen Sicherheitskräften mit Gewalt vorgegangen worden sein soll.
Im Vielvölkerstaat Nigeria ist Religionsfreiheit einer der Grundpfeiler des Staatswesens. Etwa 50% der Bevölkerung sind Muslime, 40 bis 45% Christen und der Rest Anhänger von Naturreligionen. Im Norden dominieren Muslime, im Süden Christen. Religiöse Diskriminierung ist verboten. In der Praxis bevorzugen die Bundesstaaten aber in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Insbesondere in den Scharia-Staaten ist die Situation für Christen sehr schwierig. Die Toleranz zwischen den Glaubensgemeinschaften ist nur unzureichend ausgeprägt, mit Ausnahme der Yoruba im Südwesten Nigerias, unter denen auch Ehen zwischen Christen und Muslimen verbreitet sind. Speziell in Zentralnigeria kommt es zu lokalen religiösen Auseinandersetzungen, die auch zahlreiche Todesopfer gefordert haben. In Nigeria gibt es auch noch Anhänger von Naturreligionen ("Juju"); eine Verweigerung der Übernahme einer Rolle als Priester kann schwierig sein, doch wird dies nicht als Affront gegen den Schrein empfunden und sind auch keine Fälle bekannt, in denen dies zu einer Bedrohung geführt hätte.
Der Begriff "Kult" ist in Nigeria sehr weitgreifend und kann für jede organisierte Gruppe von Menschen verwendet werden, um welche sich Geheimnisse ranken. Der Begriff umfasst auch eine religiöse Dimension (UKHO 12.2013; vgl. DACH 2.2013, EASO 6.2017), die generell auf die Verwendung von Juju abzielt. Die Spannweite reicht von den berühmten Ogboni über eth-nische Vigilantengruppen bis zu Bruderschaften an Universitäten. Kulte und Geheimgesell-schaften sind vor allem im Süden von Nigeria verbreitet, nur in geringem Maße im Norden. Die geheimen Bruderschaften operieren bis hinauf in die gesellschaftliche Elite des Landes (UK-HO 12.2013; vgl. DACH 2.2013; vgl. EASO 6.2017). Mitglieder dieser Kulte sind auch hoch-rangige Nigerianer, Beamte, Unternehmer, Politiker und sogar Sicherheitskräfte (DT 18.6.2016). Es wird in Nigeria weithin angenommen, dass Personen an der Macht geheime Netzwerke bilden, bei welchen der Missbrauch okkulter Kräfte zur Routine gehört (UKHO 12.2013; vgl. DACH 2.2013). Viele treten Kulten bei, da diese mit Macht, Reichtum und Ansehen in der Gesellschaft verbunden werden. Es gibt auch eigene Kulte für Frauen (DT 18.6.2016; vgl. EASO 6.2017).
Gewalt, die von Kulten ausgeht, ist ein fester Bestandteil des sozialpolitischen Umfelds im Bundesstaat Rivers. Insbesondere in diesem Bundesstaat dienen Kulte als Gateway für diver-se Arten von Kriminalität, Gewalt und Militanz. Solche Gruppen haben einen weitreichenden geographischen Wirkungskreis und sind sehr gut bewaffnet. Im Bundesstaat Rivers sowie in anderen Bundesstaaten überschneiden sich Kulte häufig mit Straßenbanden, kriminellen Syndikaten, Jugendverbänden und Milizen (FFP 11.2015).
Bewaffnete Jugendliche terrorisieren die Bevölkerung. Kulte sind de facto Banden, deren Mitglieder anonym bleiben und durch einen Schwur gebunden sind. Früher standen die Kulte für den Schutz und die Emanzipierung der Menschen im Nigerdelta. Heute sind sie eines der am meisten gefürchteten Elemente der Gesellschaft. Eine Mitgliedschaft bei einer (studentischen) Bruderschaft zurückzulegen ist schwierig. Es wurden auch schon Mitglieder getötet, die dies versucht hatten. Die einst geachteten Bruderschaften sind zu Kult-Banden verkommen, die Studenten und Professoren gleichermaßen terrorisieren (FFP 10.12.2012; vgl. EASO 6.2017). Die Aktivitäten der Studentenkulte sind üblicherweise auf die betroffene Universität beschränkt, manche unterhalten aber Zweigstellen an mehreren Universitäten. Nach ex-Mitgliedern wird selten gesucht und wenn doch, dann wird eine erfolglose Suche nach zwei oder drei Monaten abgebrochen (VA1 16.11.2015). Auch religiösen Kulten kann man sich durch Flucht entziehen, sie sind nicht in der Lage, eine Person in ganz Nigeria zu verfolgen (VA2 16.11.2015).
‚Mafiöse Kulte' prägen - trotz Verboten - das Leben auf den Universitäts-Campussen, etwa mit Morden und Serienvergewaltigungen in Studentenheimen. Diese Kulte schrecken auch vor Menschenopfern nicht zurück, was zu häufigen Meldungen über den Fund von Körperteilen bei ‚Ritualists' führt (ÖBA 9.2016).
Kulte greifen generell niemanden an, der nicht selbst in Kult-Aktivitäten involviert ist (VA1 16.11.2015; vgl. IRB 3.12.2012). Angriffe auf Anti-Kult-Aktivisten können vorkommen (IRB 3.12.2012). Die Bundesregierung hat die Rektoren angewiesen, gegen die Kult-Gewalt an den Universitäten Maßnahmen zu setzen, darunter z. B. Sanktionen gegen Kult-Mitglieder und Sensibilisierungskampagnen (IRB 3.12.2012; vgl. EASO 6.2017). Das "Secret Cult and Simi-lar Activities Prohibition" Gesetz aus dem Jahr 2004 listet offiziell ca. 100 Kult-Gruppen auf, die verboten worden sind. Diese Kulte umfassen kriminelle Banden; spirituell und politisch motivierte Gruppen auf der Suche nach Macht und Kontrolle; sowie Banden, die Wasserwege, Durchfahrtswege oder Ölreserven kontrollieren (UKHO 1.2013; vgl. EASO 6.2017).
Personen, die sich vor einer Schlechtbehandlung/Misshandlung durch derartige Gruppierun-gen fürchten, können entweder Schutz erhalten oder aber eine innerstaatliche Relokations-möglichkeit in Anspruch nehmen, um der befürchteten Misshandlung zu entgehen (UKHO 12.2013).
Insgesamt gibt es (je nach Zählweise) mehr als 250 oder 500 Ethnien in Nigeria. Die wichtigsten sind die Hausa/Fulani im Norden, die Yoruba im Südwesten und die Igbo im Südosten. Generell herrscht in Nigeria Bewegungsfreiheit und ist Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie verboten. Allerdings diskriminieren Gesetze jene ethnischen Gruppen, die am jeweiligen Wohnort nicht eigentlich indigen sind. So werden etwa Angehörige der Volksgruppe Hausa/Fulani im Bundesstaat Plateau diskriminiert.
Generell besteht aufgrund des fehlenden Meldewesens in vielen Fällen die Möglichkeit, Verfolgung durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann aber mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn man sich an einen Ort begibt, in dem keinerlei Verwandtschaft oder Bindung zur Dorfgemeinschaft besteht.
Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, der Großteil der Bevölkerung ist aber in der Landwirtschaft beschäftigt. Abgesehen vom Norden gibt es keine Lebensmittelknappheit. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut. Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, allerdings gehen verschiedene Studien von einer Arbeitslosigkeit von 80% aus. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige.
Die medizinische Versorgung ist mit jener in Europa nicht vergleichbar, sie ist vor allem im ländlichen Bereich problematisch. Leistungen der Krankenversicherung kommen nur etwa 10 % der Bevölkerung zugute. In den Großstädten ist eine medizinische Grundversorgung zu finden, doch sind die Behandlungskosten selbst zu tragen. Medikamente sind verfügbar, können aber teuer sein.
Besondere Probleme für abgeschobene Asylwerber nach ihrer Rückkehr nach Nigeria sind nicht bekannt. Das "Decree 33", das eine Doppelbestrafung wegen im Ausland begangener Drogendelikte theoretisch ermöglichen würde, wird nach aktueller Berichtslage nicht angewandt.
Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Sachverhalt:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) sowie der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt. Darüber hinaus wurde am 30.01.2019 im Beisein des Beschwerdeführers vor dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Innsbruck, eine mündliche Verhandlung durchgeführt.
2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen hinsichtlich der Staatsangehörigkeit, der Herkunft sowie der Volksgruppenzugehörigkeit, Gesundheitszustand und Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers gründen sich auf dessen diesbezüglich glaubhafte Angaben vor der belangten Behörde sowie dem Bundesverwaltungsgericht.
Die Feststellung über die strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 28.01.2019.
Die Feststellungen zu seinem gegenwärtigen Wohnsitz und seinem Bezug der Grundversorgung ergeben sich aus dem dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden, am 28.01.2019 abgefragten Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem.
Da der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen konnte, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest.
Die Feststellungen zur Kernfamilie des Beschwerdeführers, seiner Lebensgefährtin und den beiden minderjährigen Kindern ergeben sich aus den ebenfalls beim Bundesverwaltungsgericht anhängigen Verfahren zu den GZen I412 2121565, 2173881 und 2100659.
Die Feststellungen zur geplanten, (bzw. nach traditionellen Gebräuchen bereits erfolgten) Eheschließung ergeben sich aus den übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers und deren Lebensgefährtin in der mündlichen Beschwerdeverhandlung, zudem wurde eine Heiratserklärung der nigerianischen Botschaft vom 03.12.2018 sowie von der belangten Behörde Ermittlungen zur Ehefähigkeit des Standesamtes Klagenfurt vorgelegt.
Es haben sich insgesamt keine Anhaltspunkte ergeben, weshalb es dem Beschwerdeführer nicht möglich sein sollte, gemeinsam mit seiner Verlobten und ihren Kindern nach Nigeria zurückzukehren und wurde auch kein diesbezügliches Vorbringen erstattet.
Glaubhaft waren auch die Aussagen des Beschwerdeführers zu seinem in Italien lebenden Sohn bzw. zu den familiären Beziehungen in Nigeria.
Die Feststellungen zum gegenwärtigen Wohnsitz und dem Bezug der Grundversorgung ergeben sich aus dem dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden, am 28.01.2019 abgefragten Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem.
Die Feststellungen zur nichtvorhandenen sprachlichen, sozialen und integrativen Verfestigung ergibt sich aus seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung am 30.01.2019.
Der Beschwerdeführer bemüht sich zwar in Österreich um Arbeit und ist Mitglied einer Kirchengemeinde, dies kann jedoch eine maßgebliche integrative Verfestigung nicht belegen. Von den nur sehr geringen Deutschkenntnissen des Beschwerdeführers, der trotz eines rund achtjährigen Aufenthaltes in Österreich nur wenige Worte auf Deutsch sprechen konnte, konnte sich die erkennende Richterin im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung überzeugen.
Dass der Beschwerdeführer in Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in keine existenzbedrohende Situation geraten wird, ergibt sich auch daraus, dass dieser in der mündlichen Beschwerdeverhandlung selbst angab, sein Vater habe zwei Häuser besessen, wovon sein Onkel eines in seinem Auftrag verkauft habe, da er das Geld in Österreich habe brauchen können. Es ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer zumindest über eine Unterkunft in seinem Herkunftsland verfügt.
2.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers
Der Beschwerdeführer hat nach Stellung seines ersten Asylantrages am 23.04.2010 im Administrativverfahren zunächst vorgebracht, Nigeria verlassen zu haben, da er dort nach dem Tod seiner Eltern niemand mehr hatte und dieses Vorbringen auch in mehreren niederschriftliche Einvernahmen vor der belangten Behörde am 29.04.2010, 04.06.2010, 16.07.2010 aufrechterhalten. Auch einer im Akt aufliegenden Vernehmung der Bundespolizeidirektion W. ist die Angabe des Beschwerdeführers zu entnehmen, er habe über die in seinem Asylantrag hinaus gemachten Angaben keine Probleme in seiner Heimat.
Zum ersten Mal gab der Beschwerdeführer am 16.07.2012, somit mehr als zwei Jahre nach Stellung seines Asylantrages, an, er sei gezwungen worden, Mitglied der Gruppierung "Blood Movement of Africa" zu werden. Diese Gruppierung wollte einen Chairman, den er gekannt habe töten, der Beschwerdeführer habe ihm dies mitgeteilt und deshalb seien vier Personen von der Gruppierung von der Polizei festgenommen worden. Sie hätten herausgefunden, dass er es war und seien zu ihm nach Hause gekommen und hätten seinen Vater erschossen, seitdem sei er auf der Flucht. Er befürchte bei einer Rückkehr in seine Heimat, dass ihn diese Leute finden und umbringen werden.
Die belangte Behörde hat sich im bekämpften Bescheid ausführlich beweiswürdigend damit auseinandergesetzt, warum sie dem Vorbringen des Beschwerdeführers keinen Glauben schenkt und kam zum Schluss, dass nicht festgestellt werden könne, dass der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsland Nigeria eine asylrelevante Verfolgung zu befürchten hätte.
Von einem Antragsteller ist ein Verfolgungsschicksal glaubhaft darzulegen. Einem Asylwerber obliegt es, bei den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde bzw. das Gericht muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert.
Der belangten Behörde ist zuzustimmen, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers diesen Anforderungen nicht entsprach und somit nicht glaubhaft ist.
Der Beschwerdeführer war in keiner Weise in der Lage, ein fundiertes, detailliertes bzw. stichhaltiges Vorbringen - welches in wesentlichen Punkten widerspruchsfrei ist - zu seinen Fluchtgründen darzulegen.
So ist zunächst schon nicht nachvollziehbar, wieso der Beschwerdeführer erst mehr als zwei Jahre nach Stellung seines ersten Asylantrages eine derartige Verfolgung durch einen Kult vorbringen sollte und konnte er dies auch in der mündlichen Beschwerdeverhandlung nicht überzeugend erklären.
An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Beschwerdeführer im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt. In Anwendung dieser Grundsätze ist die erkennende Richterin unter Berücksichtigung aller Umstände zum Ergebnis gelangt, dass der vom Beschwerdeführer vorgetragene Sachverhalt unglaubhafte Steigerungen enthält.
Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass ein spätes, gesteigertes Vorbringen als unglaubwürdig qualifiziert werden kann. Denn kein Asylwerber würde wohl eine sich bietende Gelegenheit, zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, ungenützt vorübergehen lassen (VwGH 07.06.2000, 2000/01/0250). Unter Berücksichtigung der umseits erwähnten Ausführungen ist davon auszugehen, dass seinem Fluchtvorbringen, welches im Laufe des Verfahrens in verschiedenen Punkten widersprüchlich dargestellt wurde, keine Glaubwürdigkeit beigemessen werden kann.
Auch der Beschwerde ist kein substantiiertes Vorbringen hinsichtlich der von der belangten Behörde vorgenommenen Beweiswürdigung zu entnehmen, das Beschwerdevorbringen erschöpft sich im Wesentlichen in nicht nachvollziehbaren Anschuldigungen betreffend die Verfahrensführung der belangten Behörde.
Aus Sicht der erkennenden Richterin ist die Beweiswürdigung der belangten Behörde, in der die zahlreichen Widersprüche in den Angaben des Beschwerdeführers ausführlich dargelegt wurden, schlüssig und nachvollziehbar und boten auch die Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Beschwerdeverhandlung keine Veranlassung, davon abzuweichen.
An dieser Stelle ist auch darauf hinzuweisen, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen gesunden, mobilen und arbeitsfähigen jungen Mann handelt, und ihm - selbst wenn seine Erzählungen der Wahrheit entsprächen - eine innerstaatliche Fluchtalternative offen stünde, wie auch aus den Länderberichten hervorgeht. Es ist nicht nachvollziehbar, warum der Beschwerdeführer sich der behaupteten Verfolgung nicht innerhalb Nigerias entziehen hätte können. Dies lässt stark vermuten, dass der Beschwerdeführer Nigeria eher aus wirtschaftlichen Erwägungen verlassen hat (worauf auch seine ersten Angaben im Asylverfahren hindeuten), als aus der Angst vor einer Verfolgung. Auf die Frage der erkennenden Richterin, wieso es ihm nicht möglich sein sollte, in einem anderen Teil Nigerias unterzukommen, erwiderte er lediglich, dass es diese Organisation überall in Afrika geben würde und es ihm hier in Österreich gefallen würde.
Wenn in der Beschwerde angedeutet wird, dass die belangte Behörde ihrer Pflicht zur amtswegigen Erforschung des Sachverhaltes nicht nachgekommen sei, ist diesem Vorbringen dahingehend entgegenzutreten, dass es grundsätzlich dem Asylwerber zukommt, die Gründe seiner Furcht vor Verfolgung konkret und substantiiert vorzubringen (VwGH 21.11.1996, Zahl 95/20/0334). Dem Beschwerdeführer wurde im vorliegenden Fall im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahmen und auch bei der mündlichen Beschwerdeverhandlung ausreichend Gelegenheit eingeräumt, alle für die Entscheidung wesentlichen Umstände anzuführen, wobei zusammengefasst festzuhalten ist, dass sein Schildern der angeführten Gründe äußerst widersprüchlich, vage und oberflächlich blieb.
Auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung ist es dem Beschwerdeführer somit nicht gelungen, eine asylrelevante Verfolgung glaubhaft zu machen.
2.4. Zum Herkunftsstaat:
Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Nigeria vom 07.08.2017 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.
Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Nigeria ergeben sich insbesondere aus den folgenden Meldungen und Berichten:
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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria
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AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Nigeria - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Innenpolitik_node.html, Zugriff 6.7.2017
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AA - Auswärtiges Amt (4.2017c): Nigeria - Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Wirtschaft_node.html, Zugriff 26.7.2017
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AA - Auswärtiges Amt (24.7.2017): Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/NigeriaSicherheit.html, Zugriff 24.7.2017
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AI - Amnesty International (6.2017): Submission To The United Nations Committee On The Elimination Of Discrimination Against Women,
https://www.ecoi.net/file_upload/1930_1500389874_int-cedaw-ngo-nga-27623-e.pdf, Zugriff 28.7.2017
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AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/319680/458848_de.html, Zugriff 28.7.2017
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AI - Amnesty International (24.11.2016): Sicherheitskräfte töten mindestens 150 friedliche Demonstrierende, https://www.amnesty.de/2016/11/22/nigeria-sicherheitskraefte-toeten-mindestens-150-friedliche-demonstrierende, Zugriff 13.6.2017
-
BMEIA - Außenministerium (24.7.2017): Reiseinformationen - Nigeria,
http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/nigeria-de.html, Zugriff 24.7.2017
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BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Nigeria Country Report,
https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Nigeria.pdf, Zugriff 6.7.2017
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EASO - European Asylum Support Office (6.2017): EASO Country of Origin Information Report Nigeria Country Focus, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1496729214_easo-country-focus-nigeria-june2017.pdf, Zugriff 21.6.2017
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FFP - Fund for Peace (10.12.2012): Beyond Terror and Militants:
Assessing Conflict in Nigeria,
http://www.fundforpeace.org/global/library/cungr1215-unlocknigeria-12e.pdf, Zugriff 21.6.2017
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FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Nigeria, https://www.ecoi.net/local_link/341818/485138_de.html, Zugriff 26.7.2017
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FH - Freedom House (2.6.2017): Freedom in the World 2017 - Nigeria, http://www.refworld.org/docid/5936a4663.html, Zugriff 12.6.2017
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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (7.2017a): Nigeria - Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/nigeria/geschichte-staat.html, Zugriff 2.8.2017
-
GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2017b): Nigeria - Ge-sellschaft, http://liportal.giz.de/nigeria/gesellschaft.html, Zugriff 13.6.2017
-
IOM - International Organization for Migration (8.2014): Nigeria - Country Fact Sheet,
https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/8628861/17247436/17297905/Nigeria_-_Country_Fact_Sheet_2014%2C_deutsch.pdf?nodeid=17298000&vernum=-2, Zugriff 21.6.2017
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ÖBA - Österreichische Botschaft Abuja (9.2016): Asylländerbericht Nigeria
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OD - Open Doors (2017): Nigeria, https://www.opendoors.de/christenverfolgung/weltverfolgungsindex/laenderprofile/2017/nigeria, Zugriff 14.6.2017
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SBM - SBM Intel (7.1.2017): A Look at Nigeria's Security Situation,
http://sbmintel.com/wp-content/uploads/2016/03/201701_Security-report.pdf, Zugriff 24.7.2017