TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/22 W238 2196248-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.02.2019
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Entscheidungsdatum

22.02.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §42
BBG §43
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W238 2196248-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Claudia MARIK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Julia JERABEK sowie den fachkundigen Laienrichter Dr. Ludwig RHOMBERG als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch den Kriegsopfer- und Behindertenverband für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Lange Gasse 53, 1080 Wien, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 18.01.2018, OB XXXX , nach Beschwerdevorentscheidung vom 04.05.2018, betreffend Einziehung des Behindertenpasses zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG sowie gemäß §§ 40 Abs. 1 und 2, 41 Abs. 1, 42 Abs. 1 und 2, 45 Abs. 1 und 2 BBG stattgegeben und die Beschwerdevorentscheidung dahingehend abgeändert, dass es zu lauten hat:

"Mit einem festgestellten Grad der Behinderung von sechzig von Hundert (60 v.H.) erfüllt XXXX weiterhin die Voraussetzungen für den Besitz eines Behindertenpasses."

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der nunmehrigen Beschwerdeführerin wurde am 02.07.2015 ein unbefristeter Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50 v. H. ausgestellt.

2. Am 14.02.2017 brachte die Beschwerdeführerin unter Vorlage medizinischer Beweismittel beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (im Folgenden als belangte Behörde bezeichnet), Anträge auf Neufestsetzung des Grades ihrer Behinderung im Behindertenpass, auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" im Behindertenpass und auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO ein.

3. Seitens der belangten Behörde wurde in der Folge ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Orthopädie eingeholt. In dem - auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 04.10.2017 erstatteten - Gutachten vom 11.10.2017 wurden als Ergebnis der durchgeführten Begutachtung die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

GdB%

1

Knietotalendoprothese beidseits Wahl dieser Position, da rechts Zustand nach mehrmaligen Revisionen und Patellaentfernung mit geringgradiger Instabilität und mäßiger Streck-und Beugehemmung, links geringgradige funktionelle Einschränkungen.

02.05.21

40

2

Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule Oberer Rahmensatz, da rezidivierende Beschwerden und anhaltender Therapiebedarf bei mäßig eingeschränkter Beweglichkeit.

02.01.01

20

3

Bluthochdruck

05.01.02

20

4

Zustand nach Magenbypassoperation, geringgradige Gastritis Unterer Rahmensatz, da geringgradige Gastritis nachgewiesen.

07.04.01

10

5

Restless legs Syndrom Unterer Rahmensatz, da gutes Ansprechen auf medikamentöse Behandlung.

04.11.01

10

zugeordnet und nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H. festgestellt. Begründend wurde ausgeführt, dass Leiden 1 durch die weiteren Leiden mangels maßgeblichen ungünstigen Zusammenwirkens nicht erhöht werde. Der Zustand nach periprothetischer Fraktur des rechten Unterschenkels, mit Platten versorgt, erreiche nicht das Ausmaß eines behinderungsrelevanten Leidens, da der Bruch in achsengerechter Stellung geheilt sei. Im Vergleich zum Vorgutachten (Anm.: vom 24.11.2014) werde das vormalige Leiden 2 (depressives Syndrom mit Somatisierung) keiner Einstufung mehr unterzogen, da keine durchgehende fachärztliche Behandlungsdokumentation vorgelegt worden sei. Leiden 4 (Zustand nach Magenbypassoperation, Gastritis) werde um eine Stufe herabgesetzt, da nur eine leichtgradige Gastritis dokumentiert sei. Die übrigen Leiden seien unverändert. Es handle sich um einen Dauerzustand.

Das Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass wurde im Gutachten mit näherer Begründung verneint.

Dieses Gutachten wurde dem Parteiengehör unterzogen.

4. Mit Schreiben vom 03.11.2017 zog die Beschwerdeführerin den Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung zurück.

5. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 18.01.2018 wurde gemäß §§ 41, 43 und 45 BBG ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 40 v.H. nicht mehr erfüllt. Begründend stützte sich die Behörde auf die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens. In rechtlicher Hinsicht zog die belangte Behörde § 43 Abs. 1 BBG heran, wonach der Behindertenpass bei Wegfall der Voraussetzungen einzuziehen ist. Als Beilage zum Bescheid wurde der Beschwerdeführerin das Sachverständigengutachten vom 11.10.2017 übermittelt.

Am Ende des Bescheides wurde angemerkt, dass unbeschadet der Zurückziehung des Antrags auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung mit Eingabe vom 03.11.2017 in Folge Leidensbesserung ein amtswegiges Verfahren eingeleitet werden musste.

6. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde. Darin wurde ausgeführt, dass das Verfahren in Folge Zurückziehung des Antrags auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung formlos eingestellt hätte werden müssen. Der angefochtene Bescheid hätte nicht erlassen werden dürfen. Zur Anmerkung der belangten Behörde betreffend die Einleitung eines amtswegigen Verfahrens hielt die Beschwerdeführerin fest, dass eine amtswegige Nachuntersuchung nie stattgefunden habe. Das im Verfahren zur Neufestsetzung des Grades der Behinderung eingeholte Sachverständigengutachten hätte im amtswegigen Verfahren nicht herangezogen werden dürfen. In der Sache wurde vorgebracht, dass Leiden 1 zu gering eingeschätzt worden sei, zumal es als Funktionseinschränkung schweren Grades beidseits unter der Positionsnummer 02.05.03 einzustufen gewesen wäre. Die Beschwerdeführerin habe nach zahlreichen Operationen chronische Schmerzen, welche zu Depressionen, suizidalen Gedanken und einer Alkoholerkrankung geführt hätten. Zudem leide sie unter Harninkontinenz, Omarthralgie links und Restless legs Syndrom. Diese Funktionseinschränkungen seien bisher nicht eingeschätzt worden seien. Ebenso wenig sei die wechselseitige Beeinflussung der Leiden bzw. die Gesamtbeeinträchtigung berücksichtigt worden.

Die Beschwerdeführerin begehrte die Einholung von Gutachten aus den Fachbereichen Innere Medizin und Urologie sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Abschließend wurde beantragt, der Beschwerde Folge zu geben und den Bescheid ersatzlos zu beheben, in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses weiterhin vorliegen, in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen.

7. Seitens der belangten Behörde wurde daraufhin ein weiteres Gutachten eingeholt. In dem - auf Basis der Aktenlage erstatteten - Gutachten der bereits befassten Fachärztin für Orthopädie vom 03.04.2018 wurden die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

GdB%

1

Knietotalendoprothese beidseits Wahl dieser Position, da rechts Zustand nach mehrmaligen Revisionen und Patellaentfernung mit geringgradiger Instabilität und mäßiger Streck-und Beugehemmung, links geringgradige funktionelle Einschränkungen.

02.05.21

40

2

Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule Oberer Rahmensatz, da rezidivierende Beschwerden und anhaltender Therapiebedarf bei mäßig eingeschränkter Beweglichkeit.

02.01.01

20

3

Depressives Syndrom mit Somatisierung Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da stabil und sozial integriert, fortführende nervenfachärztliche Weiterbetreuung beim niedergelassenen Facharzt nach stationärer Behandlung 2016 nicht dokumentiert.

03.06.01

20

4

Bluthochdruck

05.01.02

20

5

Zustand nach Magenbypassoperation, geringgradige Gastritis Unterer Rahmensatz, da geringgradige Gastritis nachgewiesen.

07.04.01

10

6

Restless legs Syndrom Unterer Rahmensatz, da gutes Ansprechen auf medikamentöse Behandlung.

04.11.01

10

zugeordnet und

nach der Einschätzungsverordnung erneut ein Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H. festgestellt. Begründend wurde im Gutachten ausgeführt, dass Leiden 1 - entgegen dem Beschwerdevorbringen - durch die weiteren Leiden nicht erhöht werde, da kein maßgebliches ungünstiges Zusammenwirken bestehe. Leiden 3 sei neu aufgenommen worden, bedinge jedoch keine Änderung der Gesamteinschätzung. Mit näherer Begründung wurde seitens der Sachverständigen dargelegt, aus welchen Erwägungen weder eine höhere Einschätzung der bereits festgestellten Leiden noch eine Einschätzung zusätzlicher Leiden erfolgen könne. Es handle sich um einen Dauerzustand.

Auch dieses Gutachten wurde dem Parteiengehör unterzogen.

8. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 04.05.2018 wurde eine Beschwerdevorentscheidung erlassen, mit der die Beschwerde gegen den Bescheid vom 18.01.2018 gemäß §§ 41, 43 und 46 BBG iVm § 14 VwGVG abgewiesen wurde. Ausgesprochen wurde, dass die Beschwerdeführerin mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 40 v.H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht mehr erfüllt. Der Behindertenpass wurde eingezogen. Begründend stützte sich die belangte Behörde auf die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens. Aufgrund der im Rahmen der Beschwerde erhobenen Einwände sei eine abermalige Überprüfung durch die ärztliche Sachverständige durchgeführt und festgestellt worden, dass der Grad der Behinderung 40 v.H. betrage. Der Beschwerdeführerin sei Gelegenheit gegeben worden, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen. Eine Stellungnahme sei nicht eingelangt, weshalb vom Ermittlungsergebnis nicht abgegangen werden könne.

Als Beilagen zur Beschwerdevorentscheidung wurden der Beschwerdeführerin die Sachverständigengutachten vom 11.10.2017 und vom 03.04.2018 übermittelt.

9. Am 16.05.2018 langte bei der Behörde ein Vorlageantrag der Beschwerdeführerin ein, in dem die Ausführungen in der Beschwerde wiederholt bzw. präzisiert wurden.

10. Die Beschwerde, der Vorlageantrag und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 24.05.2018 vorgelegt.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes wurden neuerliche Begutachtungen der Beschwerdeführerin durch eine Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie sowie durch einen Arzt für Allgemeinmedizin veranlasst.

11.1. In dem auf Basis einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin erstatteten Gutachten einer Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie vom 24.07.2018 wurde auszugsweise Folgendes ausgeführt (Wiedergabe ergänzt um die zugehörigen Fragestellungen des Bundesverwaltungsgerichtes):

"Neurologischer Status:

Im Kopf- und im Hirnnervenbereich keine Auffälligkeiten. Keine Halbseitenzeichen. Seitengleiche Verhältnisse bezüglich Tonus, Kraft, Sensibilität und Reflexe an den oberen Extremitäten. Aber an den unteren [Extremitäten] seitengleiche Reflexe, Schwäche für Beinheben,

Schwäche im Quadriceps beidseits. Sensibilität unauffällig. Keine pathologischen Reflexe. Sämtliche Koordinationsversuche regelrecht. Romberg sehr unsicher. Unterberger nicht durchführbar. Zehen- und Fersenstand kaum durchführbar. Unsicher und ungerichtete Sturzneigung. Der Versuch, auf ein ca. 20 cm hohes Stockerl zu steigen, scheitert. Auch mit Anhalten nicht möglich. Kann nicht sicher auf einem Bein stehen. Auch nicht mit Anhalten.

Gangbild unsicher. Auch anamnestisch Sturzneigung.

Psychischer Status:

Bewusstseinsklar und allseits orientiert. Keine Denkstörungen. Keine psychotische Symptomatik. Konzentration, Aufmerksamkeit und Merkfähigkeit herabgesetzt. Gedankenductus inhaltlich nicht auffällig, aber formal etwas verlangsamt. Fokussiert auf die Krankheiten und Schmerzen. Befindlichkeit schlecht, deprimiert, resigniert, verzweifelt und eher hoffnungslos, dass der körperliche Zustand nach so vielen Operationen sich noch je verbessern könnte, aber trotzdem kooperativ. Vermindert affizierbar und mitschwingend. Instabil. Schlafgestört. Keine Suizidalität.

...

Beantwortung der gestellten Fragen:

1. Gesonderte Einschätzung des Grades der Behinderung für jede festgestellte Gesundheitsschädigung:

Diagnosen, aus nervenfachärztlicher Sicht:

1) Rezidivierende Depressionen, derzeit mittelgradige Episode Pos. 03.06.01 30 %

2 Stufen über unterem Rahmensatz, da soziale Rückzugstendenz, aber noch ambulant behandelbar.

2) Schmerzsyndrom Pos. 04.11.02 30 %

Unterer Rahmensatz, da nur mit Opiaten und zusätzlichen anderen Schmerzmitteln einigermaßen Schmerzcoupierung erreichbar.

3) Restless legs Syndrom Pos.gz 04.09.01 20 %

Unterer Rahmensatz, da mit Medikation einigermaßen erträglich.

4) Alkoholabhängigkeit Pos.03.08.01 10 %

Unterer Rahmensatz, da zwar Abhängigkeit vorhanden und auch nachgewiesene Entzugstherapie, aber weiterhin milder ständiger Alkoholkonsum.

2. Stellungnahme, ab wann der Grad der Behinderung anzunehmen ist:

Der Grad der Behinderung ist ab Antragstellung anzunehmen.

3. Fachspezifische Stellungnahme zu den im Verfahren vorgelegten

Unterlagen und Befunden:

Befund Otto-Wagner-Spital vom 14.10.2016: Aufnahme am 3.10.2016 bis 4.10.2016 in einer Notsituation, alkoholisiert, nach Konsum von Schnaps und 7 gespritzten Weinen, mit Suizidgedanken. Entlassung mit der Vorstellung im Suchtzentrum und der Empfehlung, sich in tagesklinische Weiterbetreuung zu begeben.

Diagnosen: Alkoholabhängigkeit, Anpassungsstörung etc.

4. Fachspezifische Stellungnahme zu den Einwendungen in der Beschwerde:

...

Aus nervenfachärztlicher Sicht wird dem Rechnung getragen. Es ist nicht nachvollziehbar, warum im Gutachten von 2014, welches im Akt nicht vorliegt, die Depressionen mit 30 % eingestuft sind, 2017 überhaupt nicht mehr eingestuft wurden und 2018 dann zwar schon wieder eine Position bekommen, aber nur mehr 20 %. Als Begründung dafür, dass keine nervenfachärztlichen Befunde vorliegend sind. Dies verkennt die Realität der Kassenmedizin. Wenn Patienten einmal auf Psychopharmaka eingestellt sind und damit einigermaßen zurechtkommen, dann genügt es in den meisten Fällen, dass sie die Medikamente vom Hausarzt bekommen, der diese dann meist nicht ohne ein klärendes Gespräch verschreibt. Bei Wartezeiten von mehreren Monaten ist es für viele Patienten, gerade für depressive, schwer zumutbar, solche Wartezeiten in Kauf zu nehmen. Allein die Medikamentenliste beweist die Schwere der Depression.

...

6. Begründung zu einer allfälligen zum angefochtenen Sachverständigengutachten vom 11.10.2017 in der Fassung des Aktengutachtens vom 03.04.2018 abweichenden Beurteilung:

Im Gutachten vom 11.10.2017 fehlt die Position ‚Depression', obwohl in der Medikamentenliste etliche Antidepressiva aufgelistet wurden. Es fehlt auch eine eigene Position ‚Schmerzsyndrom', obwohl Opiate eingenommen werden; die Position ‚restless legs' wurde unter Schmerzsyndrom eingestuft, was ich als nicht korrekt ansehe, da restless legs besser unter Parkinsonerkrankungen eingestuft werden, da sie ja mit entsprechenden Parkinsonmedikamenten behandelt werden. Trotzdem auch 2017 bereits die Alkoholkrankheit bekannt war, wurde dann 2018 zwar die Depression wieder eingestuft, allerdings nur mit 20 % und nicht mit 30 %, was auch nicht verständlich ist, da sich ja die Depression nicht gebessert hat. Die Medikation ist nicht weniger geworden. Es ist die Alkoholkrankheit hinzugekommen, was zeigt, dass die psychische Stabilität nicht besser, sondern schlechter geworden ist. Das Argument, dass keine fachärztlichen Befunde vorliegend sind, habe ich unter 4 zu entkräften versucht.

6. Stellungnahme ob bzw. wann eine Nachuntersuchung erforderlich ist:

Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich."

11.2. In dem ebenfalls auf Basis einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin erstatteten Gutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 11.09.2018, in dem der Gesamtgrad der Behinderung einmal mit und einmal ohne Berücksichtigung der nach Beschwerdevorlage übermittelten Befunde eingeschätzt wurde, wurde im Einzelnen Folgendes ausgeführt (Wiedergabe ergänzt um die zugehörigen Fragestellungen des Bundesverwaltungsgerichtes):

"Status Präsens:

Allgemeinzustand: gut, Ernährungszustand: sehr gut, Größe: 165 cm,

Gewicht: 80 kg, Aus- und Ankleiden erfolgt selbstständig, Aufstehen und Lagewechsel selbständig möglich

Caput/Hals: unauffällig, keine Lippenzyanose, keine Halsvenenstauung, Schilddrüse schluckverschieblich

Cor: reine Herztöne, rhythmische Herzaktion, Blutdruck: 125/75

Pulmo: V.A., sonorer KS, Basen atemversch., keine Sprechdyspnoe, keine Kurzatmigkeit bei Bewegungsprüfung im Untersuchungszimmer

Abdomen: weich, keine Druckpunkte, keine path. Resistenzen palp., Leber am Ribo palp., Milz n.p., Darmgeräusche normal und unauffällig, blande Narben, Nierenlager bds. frei

HWS: Kopfdrehung und -seitneigung: nach rechts und links endlagig eingeschränkt, Inkl. und Rekl. endlagig eingeschränkt

BWS: gerade, LWS: Rumpfdrehung und -seitneigung endlagig eingeschränkt, blande Narbe im Bereich der Lendenwirbelsäule

Extremitäten:

OE:

Schultergelenk rechts: Armseitheben endlagig eingeschränkt und Armvorheben frei

Schultergelenk links: Armseitheben endlagig eingeschränkt und Armvorheben frei, Nacken- und Schürzengriff beidseits durchführbar,

Ellenbogengelenke: frei

Handgelenk rechts: Z.n. Fraktur mit operativer Versorgung, Beweglichkeit insgesamt frei, laut BF liegendes Osteosynthesematerial, Handgelenk links frei beweglich, Fingergelenke bds. frei, Daumengelenke bds. frei

Faustschluss bds. komplett durchführbar, Zangengriff bds. durchführbar, Greif- und Haltefunktion beidseits unauffällig

UE:

Hüftgelenk rechts: Flexion 90°, Abd. endlagig schmerzeingeschränkt bei Kniegelenksbeschwerden und Add. altersentsprechend frei

Hüftgelenk links: Flexion 90°, Abduktion und Adduktion frei

Kniegelenk rechts: blande Narben im Bereich des Kniegelenks sowie über den gesamten rechten Unterschenkel an der Vorderseite ziehend, deutlich verdicktes rechtes Kniegelenk, etwas überwärmt im Vergleich zum linken Kniegelenk, Untersuchung wird äußerst vorsichtig durchgeführt, Beugung 90 °, Streckdefizit von 10°

Kniegelenk links: Beugung und Streckung frei, bandstabil, blande Narbe am linken Kniegelenk, Sprunggelenke bds. frei, Zehen beidseits unauffällig, hämatomverfärbte 2. Zehe rechts (der BF fiel gestern eine Flasche auf die Zehe), Zehen sonst unauffällig, Zehenbeweglichkeit unauffällig

Fußheben und -senken bds. durchführbar, beide UE können von der Unterlage abgehoben werden, rechts geringer, Hocke mit Anhalten durchführbar - die Hände erreichen Kniegelenkshöhe

Bein- und Fußpulse bds. palp.

Venen: verstärkte Venenzeichnung beidseits, Ödeme: keine Knöchelödeme

Stuhl: unauffällig

Harnanamnese: imperative Harninkontinenz, benötigt 3-4 Einlagen pro Tag

Gang: rechts hinkendes, ohne Hilfsmittelverwendung flüssiges und sicheres und etwas verlangsamtes Gangbild, Aufstehen aus sitzender und liegender Körperhaltung selbstständig möglich, freies Stehen unauffällig möglich, Konfektionsstöckelschuhe.

Beantwortung der gestellten Fragen:

1. Gesonderte Einschätzung des Grades der Behinderung für jede festgestellte Gesundheitsschädigung:

1) Zustand nach Kniegelenksersatz beidseits 02.05.21 40 %

Wahl dieser Position, da Zustand nach mehrfachem operativem Vorgehen beidseits bei mäßiggradigem Funktionsdefizit rechts und geringem Funktionsdefizit links.

2) Rezidivierende Depressionen, derzeit mittelgradige Episode 03.06.01 30 %

Zwei Stufen über dem unteren Rahmensatz, da soziale Rückzugstendenz, aber noch ambulant behandelbar.

3) Schmerzsyndrom 04.11.02 30 %

Unterer Rahmensatz, da nur mit Opiaten und zusätzlichen anderen Schmerzmitteln einigermaßen Schmerzcoupierung erreichbar.

4) Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule 02.01.01 20 %

Wahl dieser Position mit dem oberen Rahmensatz, da geringgradige funktionelle Einschränkungen objektivierbar.

5) Arterielle Hypertonie 05.01.02 20 %

Fixer Rahmensatz

6) Restless legs Syndrom g.z. 04.09.01 20 %

Unterer Rahmensatz, da mit Medikation einigermaßen erträglich

7) Dumping-Syndrom bei Zustand nach Magenbypass-Operation, Gastritis g. Z. 07.04.04 20 %

Wahl dieser Position mit dem oberen Rahmensatz, da rezidivierende Beschwerdesymptomatik bei Vorliegen eines guten Ernährungszustandes

8) Varikosis beidseits 05.08.01 20 %

Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da eine venöse Insuffizienz beschrieben ist, ein postthrombotisches Syndrom jedoch nicht vorliegt.

9) Alkoholabhängigkeit 03.08.01 10 %

Unterer Rahmensatz, da zwar Abhängigkeit vorhanden und auch nachgewiesene Entzugstherapie, aber weiterhin milder ständiger Alkoholkonsum.

10) Harninkontinenz 08.01.06 10 %

Unterer Rahmensatz dieser Position, da fehlender Hinweis auf Pathologien der Harnwege.

11) Funktionseinschränkungen beider Schultergelenke g.z. 02.02.01 10

%

Wahl dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da geringgradige funktionelle Einschränkungen deutlich über der Horizontalebene objektivierbar.

12) Schilddrüsenunterfunktion 09.01.01 10 %

Unterer Rahmensatz, da medikamentös kompensierbar.

2. Einschätzung und Begründung des Gesamtgrades der Behinderung, wobei auch die Einschätzung im psychiatrischen Erstgutachten vom 24.07.2018 berücksichtigt und auch auf eine allfällige Erhöhung durch wechselseitige Leidensbeeinflussung eingegangen werden möge:

Gesamtgrad der Behinderung: 50 v.H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Die Leiden 2 und 3 stellen maßgebliche zusätzliche Leiden dar und erhöhen das führende Leiden 1 gemeinsam um eine weitere Stufe. Leiden 4 wirkt mit dem führenden Leiden 1 nicht auf maßgebliche Weise wechselseitig negativ zusammen und erhöht nicht weiter. Die Leiden 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11 und 12 wirken mit dem führenden Leiden 1 nicht maßgeblich funktionell negativ zusammen und erhöhen nicht weiter.

Nachsatz: Eine Steatosis Hepatitis erreicht bei Vorliegen unauffälliger Leberfunktionsparameter sowie fehlendem Hinweis auf Leberfunktionsstörungen keinen Behinderungsgrad. Bei dokumentierter Keratose ist ein bösartiges Hauttumorleiden befundmäßig nicht dokumentiert und erreicht keinen Behinderungsgrad.

3. Stellungnahme, ab wann der Gesamtgrad der Behinderung anzunehmen ist

Der Gesamtgrad der Behinderung ist ab Antragstellung am 14. Februar 2017 anzunehmen.

4. Fachspezifische Stellungnahme zu den im Verfahren vorgelegten Unterlagen und Befunden:

...

5. Fachspezifische Stellungnahme zu den Einwendungen in der Beschwerde:

...

Im Rahmen der orthopädisch-unfallchirurgischen Begutachtung am 4. Oktober 2017 ließen sich im Bereich des rechten Kniegelenks mäßiggradige funktionelle Einschränkungen bei mäßiger Instabilität und geringgradige funktionelle Einschränkungen des linken Kniegelenks objektivieren. Im Rahmen der nunmehr durchgeführten klinischen Untersuchung ließ sich im Bereich des rechten Kniegelenks eine mäßiggradige Einschränkung der Beugung und Streckung bei geringgradigen funktionellen Einschränkungen des linken Kniegelenks objektivieren. Unter Berücksichtigung der zahlreichen operativen Eingriffe an den Kniegelenken (insbesondere rechts) erfolgte die Einschätzung des Kniegelenksleidens entsprechend den objektivierbaren funktionellen Einschränkungen unter Position 02.05.21. Der Behinderungsgrad hinsichtlich Leiden 1 ist somit nachvollziehbar gewählt. Das Gangbild stellte sich im Rahmen der nunmehr durchgeführten klinischen Untersuchung ohne Hilfsmittelverwendung rechts hinkend, etwas verlangsamt, jedoch bei Verwendung von Konfektionsstöckelschuhen sicher und flüssig dar. Eine massive Gangunsicherheit, wie im Beschwerdeschreiben angeführt, ließ sich nicht objektivieren und liegt nicht vor. Unter Berücksichtigung des vorliegenden nervenärztlichen Sachverständigengutachtens werden die Depressionen, das Schmerzsyndrom, die Alkoholerkrankung und das Restless legs Syndrom berücksichtigt und in die Einschätzung aufgenommen. Aus allgemeinärztlicher Sicht wird bei laufender medikamentöser Therapie eine Harninkontinenz nunmehr in die Einschätzung aufgenommen. Auch werden die nunmehr objektivierbaren Funktionseinschränkungen beider Schultergelenke unter Position 11 berücksichtigt.

6. Fachspezifische Stellungnahme zu den Einwendungen im Vorlageantrag:

...

Die Einschätzung des Kniegelenksleidens beidseits erfolgte auf Basis der objektivierbaren funktionellen Einschränkungen. Eine schwergradige Einschränkung der Funktion des rechten Kniegelenks, ebenso wie des linken Kniegelenks, liegt nicht vor. Eine erhebliche Gangunsicherheit ließ sich im Rahmen der klinischen Untersuchung nicht objektivieren. Die psychischen Leiden, ebenso wie ein Schmerzsyndrom, werden nunmehr von nervenärztlicher Seite berücksichtigt.

7. Begründung zu einer allfälligen zum angefochtenen Sachverständigengutachten vom 11.10.2017 in der Fassung des Aktengutachtens vom 03.04.2018 abweichende Beurteilung:

Im Vergleich zum unfallchirurgisch-orthopädischen

Sachverständigengutachten nach persönlicher Untersuchung ... am 4.

Oktober 2017 sowie zum aktenmäßig erstellten

Sachverständigengutachten ... vom 3. April 2018 ergeben sich keine

Änderungen hinsichtlich Position Nummer 1, 4 und 5. Unter Berücksichtigung des nervenärztlichen Sachverständigengutachtens Anhebung des Behinderungsgrades von Leiden Nummer 2 sowie Neuaufnahme von Leiden Nummer 3. Weiters Anhebung des Behinderungsgrades von Leiden Nummer 6. Neuaufnahme von Leiden Nummer 8, 10, 11 und 12. Änderung der Leidensbezeichnung sowie Änderung der Rahmensatzposition und Anhebung des Behinderungsgrades von Leiden 7 unter Berücksichtigung des neu vorliegenden Befundes mit Diagnose eines Dumping-Syndroms nach Magenbypass-Operation. Infolge Anhebung des Behinderungsgrades von Leiden Nummer 2 sowie Neuaufnahme von Leiden Nummer 3 erfolgt auch eine Anhebung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zu den Vorgutachten um eine Stufe.

Diese Einschätzung erfolgt unter Berücksichtigung der geltenden Neuerungsbeschränkung, wonach allfällige neue Funktionseinschränkungen, die erst nach dem 24. Mai 2018 entstanden sind, nicht berücksichtigt wurden."

"...

Nunmehr werden allfällige neue Funktionseinschränkungen, die erst nach dem 24. Mai 2018 entstanden sind, getrennt ausgewiesen und eingeschätzt.

Im Rahmen der am 11. September 2018 erfolgten klinischen Untersuchung zur Gutachtenerstellung wurde ein Befund des orthopädischen Spital Speising/Allgemeine Ambulanz vom 7. Juni 2018 vorgelegt. In dem Schreiben nach Ambulanzbesuch ist eine nun seit einigen Wochen bestehende zunehmende schmerzhafte, gerötete und geschwollene Stelle im Bereich des oberen Unterschenkeldrittels lateral beschrieben. Auch im Ultraschall ist eine Flüssigkeitsansammlung beschrieben. Aufgrund dieser entzündlichen Veränderung wurde eine medikamentöse Therapie mittels Antibiotika verordnet. Eine bakteriologische Untersuchung wurde nach Punktion durchgeführt. Im Rahmen der nunmehr durchgeführten klinischen Untersuchung lassen sich im Bereich des rechten Kniegelenks und des rechten Unterschenkels Hinweise auf eine Entzündung erheben. Bei objektivierbarer Erhöhung der Hauttemperatur im Gelenksbereich werden engmaschige orthopädische Kontrollen durchgeführt. Auch ist die antibiotische Therapie mit 3 verschiedenen Substanzen bereits seit 3 Monaten etabliert. Der vorliegende Befund vom 7. Juni 2018 beschreibt somit Komplikationen bei Zustand nach multiplen Kniegelenksoperationen rechts.

Es ergeben sich daher Änderungen der Einschätzung im Vergleich zum Sachverständigengutachten, welches die Neuerungsbeschränkung berücksichtigt

1. Gesonderte Einschätzung des Grades der Behinderung für jede festgestellte Gesundheitsschädigung (bei Berücksichtigung des orthopädischen Befundes vom 7. Juni 2018):

1) Zustand nach Kniegelenksersatz beidseits g.Z. 02.05.23 50 %

Heranziehung dieser Position, da bei Zustand nach mehrfacher operativer Intervention beidseits eine Komplikation im Sinne einer behandlungsbedürftigen Entzündung des rechten Kniegelenks dokumentiert ist bei mäßiggradigem Funktionsdefizit rechts und geringem Funktionsdefizit links.

2) Rezidivierende Depressionen, derzeit mittelgradige Episode 03.06.01 30 %

Zwei Stufen über dem unteren Rahmensatz, da soziale Rückzugstendenz, aber noch ambulant behandelbar.

3) Schmerzsyndrom 04.11.02 30 %

Unterer Rahmensatz, da nur mit Opiaten und zusätzlichen anderen Schmerzmitteln einigermaßen Schmerzcoupierung erreichbar.

4) Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule 02.01.01 20 %

Wahl dieser Position mit dem oberen Rahmensatz, da geringgradige funktionelle Einschränkungen objektivierbar.

5) Arterielle Hypertonie 05.01.02 20%

Fixer Rahmensatz

6) Restless legs Syndrom g.Z. 04.09.01 20 %

Unterer Rahmensatz, da mit Medikation einigermaßen erträglich

7) Dumping-Syndrom bei Zustand nach Magenbypass- Operation, Gastritis g.Z. 07.04.04 20 %

Wahl dieser Position mit dem oberen Rahmensatz, da rezidivierende Beschwerdesymptomatik bei Vorliegen eines guten Ernährungszustandes.

8) Varikosis beidseits 05.08.01 20 %

Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da eine venöse Insuffizienz beschrieben ist, ein postthrombotisches Syndrom jedoch nicht vorliegt.

9) Alkoholabhängigkeit 03.08.01 10 %

Unterer Rahmensatz, da zwar Abhängigkeit vorhanden und auch nachgewiesene Entzugstherapie, aber weiterhin milder ständiger Alkoholkonsum.

10) Harninkontinenz 08.01.06 10 %

Unterer Rahmensatz dieser Position, da fehlender Hinweis auf Pathologien der Harnwege.

11) Funktionseinschränkungen beider Schultergelenke g.Z. 02.02.01 10

%

Wahl dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da geringgradige funktionelle Einschränkungen deutlich über der Horizontalebene objektivierbar.

12) Schilddrüsenunterfunktion 09.01.01 10 %

Unterer Rahmensatz, da medikamentös kompensierbar.

2. Einschätzung und Begründung des Gesamtgrades der Behinderung, wobei auch die Einschätzung im psychiatrischen Erstgutachten vom 24.07.2018 berücksichtigt und auch auf eine allfällige Erhöhung durch wechselseitige Leidensbeeinflussung eingegangen werden möge:

Gesamtgrad der Behinderung: 60 v.H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Die Leiden 2 und 3 stellen maßgebliche zusätzliche Leiden dar und erhöhen das führende Leiden 1 gemeinsam um eine weitere Stufe. Leiden 4 wirkt mit dem führenden Leiden 1 nicht auf maßgebliche Weise wechselseitig negativ zusammen und erhöht nicht weiter. Die Leiden 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11 und 12 wirken mit dem führenden Leiden 1 nicht maßgeblich funktionell negativ zusammen und erhöhen nicht weiter.

Nachsatz: Eine Steatosis Hepatitis erreicht bei Vorliegen unauffälliger Leberfunktionsparameter sowie fehlendem Hinweis auf Leberfunktionsstörungen keinen Behinderungsgrad. Bei dokumentierter Keratose ist ein bösartiges Hauttumorleiden befundmäßig nicht dokumentiert und erreicht keinen Behinderungsgrad.

3. Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Gutachten unter Berücksichtigung der Neuerungsbeschränkung:

Anhebung des Behinderungsgrades von Leiden Nummer 1 um eine Stufe, da Verschlechterung objektivierbar. Keine Änderung der übrigen Leiden.

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Infolge Anhebung des Behinderungsgrades hinsichtlich Leiden Nummer 1 erfolgt auch eine Anhebung des Gesamtgrades der Behinderung um eine Stufe.

4. Stellungnahme, ob bzw. wann eine Nachuntersuchung erforderlich ist:

Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich. Es besteht ein Dauerzustand."

12. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.09.2018 wurden die Beschwerdeführerin und die belangte Behörde über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und ihnen in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, dazu binnen zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben. Weiters wurde den Parteien mitgeteilt, dass das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidung auf Basis der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens erlassen wird, soweit nicht eine eingelangte Stellungnahme anderes erfordert.

Die Verfahrensparteien ließen dieses Schreiben unbeantwortet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführerin wurde am 02.07.2015 ein unbefristeter Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. ausgestellt.

Die Beschwerdeführerin stellte am 14.02.2017 (u.a.) einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades ihrer Behinderung im Behindertenpass.

Nach Verständigung über das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens durch die belangte Behörde zog die Beschwerdeführerin diesen Antrag mit Eingabe vom 03.11.2017 zurück.

Im angefochtenen Bescheid vom 18.01.2018 in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 04.05.2018 wurde ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 40 v.H. die Voraussetzungen für den Besitz eines Behindertenpasses nicht mehr erfüllt. Ihr Behindertenpass wurde eingezogen.

Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1) Zustand nach Kniegelenksersatz beidseits: Zustand nach mehrfacher operativer Intervention beidseits, Komplikation im Sinne einer behandlungsbedürftigen Entzündung des rechten Kniegelenks, mäßiggradiges Funktionsdefizit rechts und geringes Funktionsdefizit links;

2) Rezidivierende Depressionen, derzeit mittelgradige Episode:

soziale Rückzugstendenz, aber noch ambulant behandelbar;

3) Schmerzsyndrom: nur mit Opiaten und zusätzlichen anderen Schmerzmitteln einigermaßen Schmerzcoupierung erreichbar;

4) Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule: geringgradige funktionelle Einschränkungen objektivierbar;

5) Arterielle Hypertonie;

6) Restless legs Syndrom: mit Medikation einigermaßen erträglich;

7) Dumping-Syndrom bei Zustand nach Magenbypass-Operation, Gastritis: rezidivierende Beschwerdesymptomatik bei Vorliegen eines guten Ernährungszustandes;

8) Varikosis beidseits: venöse Insuffizienz beschrieben, kein postthrombotisches Syndrom;

9) Alkoholabhängigkeit: nachgewiesene Entzugstherapie, weiterhin milder ständiger Alkoholkonsum;

10) Harninkontinenz: fehlender Hinweis auf Pathologien der Harnwege;

11) Funktionseinschränkungen beider Schultergelenke: geringgradige funktionelle Einschränkungen deutlich über der Horizontalebene objektivierbar;

12) Schilddrüsenunterfunktion: medikamentös kompensierbar.

Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden Funktionseinschränkungen, deren Ausmaßes, medizinischer Einschätzung und wechselseitiger Leidensbeeinflussung werden die diesbezüglichen Beurteilungen in den vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten vom 24.07.2018 und vom 11.09.2018 der nunmehrigen Entscheidung zugrunde gelegt.

Der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin beträgt seit 14.02.2017 ein Ausmaß von 60 v.H.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses, zur Antragstellung und Antragszurückziehung sowie zum Gegenstand des angefochtenen Bescheides basieren auf dem Akteninhalt.

2.2. Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, ergibt sich aus einem seitens des Bundesverwaltungsgerichtes erstellten Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

2.3. Der festgestellte - seit 14.02.2017 bestehende - Gesamtgrad der Behinderung basiert auf den vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Gutachten einer Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie vom 24.07.2018 sowie eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 11.09.2018. Darin wird auf die Art der Leiden der Beschwerdeführerin, deren Ausmaß und wechselseitige Leidensbeeinflussung vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen.

Der vorliegende Sachverständigenbeweis vom 24.07.2018 und vom 11.09.2018 wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes für schlüssig erachtet. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen von persönlichen Untersuchungen erhobenen Befunden, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen (diesbezüglich wird auch auf die auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen in den Gutachten verwiesen); die Gesundheitsschädigungen wurden nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung korrekt eingestuft.

Die Sachverständigengutachten setzen sich ausführlich und nachvollziehbar mit den von der Beschwerdeführerin im Verfahren vorgelegten Befunden, den von ihr im Rahmen der Beschwerde und des Vorlageantrags erhobenen Einwendungen sowie den durch die belangte Behörde eingeholten Gutachten auseinander.

Soweit die vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Gutachten vom 24.07.2018 und 11.09.2018 in ihrer Einschätzung von den Vorgutachten vom 11.10.2017 und 03.04.2018 abweichen, wurde vom befassten Arzt für Allgemeinmedizin begründend insbesondere ausgeführt, dass betreffend das führende Leiden 1 ("Zustand nach Kniegelenksersatz beidseits") nach mehrfacher operativer Intervention beidseits eine Komplikation im Sinne einer behandlungsbedürftigen Entzündung des rechten Kniegelenks dokumentiert ist und insoweit daher eine (um eine Stufe höhere) Einschätzung mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. vorzunehmen war. Keine Änderungen im Vergleich zu den Vorgutachten ergaben sich hinsichtlich der Leiden 4 und 5. Unter Berücksichtigung des nervenfachärztlichen Sachverständigengutachtens kam es zur Anhebung des Behinderungsgrades von Leiden 2, zur Neuaufnahme von Leiden 3 und 9 sowie zur Anhebung des Behinderungsgrades von Leiden 6. Die Leiden 8, 10, 11 und 12 wurden ebenfalls neu aufgenommen. Betreffend Leiden 7 kam es unter Berücksichtigung der Befundlage zu einer Änderung der Leidensbezeichnung und der Rahmensatzposition sowie zu einer Anhebung des Behinderungsgrades. Insbesondere infolge der Anhebung des Behinderungsgrades von Leiden 1 und 2 und der Neuaufnahme von Leiden 3 kam es im Vergleich zu den Vorgutachten zu einer Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung, da die Leiden 2 und 3 maßgebliche zusätzliche Leiden darstellen und das führende Leiden 1 gemeinsam um eine Stufe erhöhen. Damit wurde die Anhebung des Gesamtgrades der Behinderung um insgesamt zwei Stufen schlüssig und widerspruchsfrei dargelegt.

Die vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Gutachten wurden der belangten Behörde und der Beschwerdeführerin unter Einräumung einer Frist zur Äußerung übermittelt. Keine der Parteien hat Einwände gegen die Sachverständigengutachten erhoben.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit der vorliegenden Sachverständigengutachten vom 24.07.2018 und vom 11.09.2018. Sie werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung eines fachkundigen Laienrichters ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4 BBG.

Zu A) Stattgebung der Beschwerde:

3.2. Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

"BEHINDERTENPASS

§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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