TE Bvwg Beschluss 2019/3/7 G304 2210022-1

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Veröffentlicht am 07.03.2019
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Entscheidungsdatum

07.03.2019

Norm

AuslBG §18 Abs12
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

G304 2210022-1/6E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Beatrix LEHNER als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Peter Josef DEMSCHAR und ALLMANNSDORFER Kurt als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX vertreten durch RA BRUCKMÜLLER, gegen den Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice XXXX vom 10.09.2018, GZ: XXXX, betreffend Ablehnung der Bestätigung der EU-Überlassung für XXXX, geb. XXXX, StA: Serbien, für die berufliche Tätigkeit als Monteur, beschlossen:

A) In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben

und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Arbeitsmarktservice zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice (im Folgenden: belangte Behörde) vom 10.09.2018 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) auf Bestätigung der EU-Überlassung für den im Spruch genannten serbischen Arbeitnehmer für die berufliche Tätigkeit als "Monteur" gemäß § 18 Abs. 12 AuslbG abgelehnt und die Entsendung untersagt.

2. Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben. Dabei wurde beantragt, der Beschwerde Folge zu geben, in eventu eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

3. Am 23.11.2018 langte die Beschwerde samt Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Mit angefochtenem Bescheid der belangten Behörde wurde der Antrag der BF auf Bestätigung der EU-Überlassung für den im Spruch genannten Arbeitnehmer für die berufliche Tätigkeit als Monteur abgewiesen.

Begründend dafür wurde ausgeführt:

"Gemäß § 18 Abs. 12 Z. 2 AuslbG darf eine EU-Überlassungsbestätigung nur ausgestellt werden, wenn für die Dauer der Entsendung oder Überlassung des ausländischen Arbeitnehmers die österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen gemäß § 3 Abs. 3 bis 6, § 4 Abs. 2 bis 5 und § 5 des Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes (LSD-BG), BGBl. Nr. 44/2016, im Fall der Überlassung gemäß § 10 AÜG, § 3 Abs. 4, § 4 Abs. 2 und 5 und § 6 LSD-BG sowie die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden.

Lau schriftlicher Mitteilung der Finanzpolizei der Bezirkshauptmannschaft (...) vom 29.03.2018 kam es im Zusammenhang mit dem Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD-BG) zu wiederholten Übertretungen bzw. Verstößen durch Sie als Beschäftiger und somit ist die Gewähr der Einhaltung einschlägiger Bestimmungen bzw. gesetzlicher Erfordernisse nicht gegeben."

1.2. In besagtem Strafantrag der Finanzpolizei an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde vom 29.03.2018 wurde festgehalten (Auftragnehmer/Überlasser durch BF und Name des inländischen Auftraggebers durch "Beschäftiger" ersetzt):

"Aufgrund von EUEB - Ausweisungsbescheiden vom Arbeitsmarktservice (...), die polnische Firma (BF) betreffend, wurde am 27.02.2018 um 11:15 Uhr von der Finanzpolizei (...) am Beschäftigungsort (...) eine Kontrolle durchgeführt. Zum Zeitpunkt der Kontrolle war das gegenständliche Bauvorhaben bereits abgeschlossen und es konnten keine Arbeitnehmer der (BF) angetroffen werden. (...)

Für den Zeitraum vom 09.10.2017 bis 15.11.2017 wurden von der Firma (BF) insgesamt 8 nachstehend angeführte ausländische Arbeitnehmer im Rahmen einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung der Firma (Beschäftiger) zur Verfügung gestellt. Alle 8 Arbeitnehmer (7 Drittstaatsangehörige und 1 kroatischer Staatsbürger) unterliegen den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes und benötigen eine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung für die Arbeiten in Österreich.

Gemäß § 18 Abs. 12 AuslbG ist für Ausländer, die von einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes zur Erbringung einer vorübergehenden Arbeitsleistung nach Österreich entsandt oder überlassen werden, keine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erforderlich, wenn

1. sie ordnungsgemäß zu einer Beschäftigung im Staat des Betriebssitzes über die Dauer der Entsendung oder Überlassung nach Österreich hinaus zugelassen und beim entsendenden Unternehmen rechtmäßig beschäftigt sind,

2. die österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen gemäß § 3 Abs. 3 bis 6, §4 Abs. 2 bis 5 und § 5 des Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes (LSD-BG), BGBl. Nr. 44/2016, im Fall der Überlassung gemäß § 10 AÜG, § 3 Abs. 4, § 4 Abs. 2 und 5 und § 6 LSD-BG sowie die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden und

3. im Fall der Überlassung kein Untersagungsgrund gemäß § 18 Abs. 1 AÜG vorliegt.

Auf Grund der vorliegenden Beweismittel (Lohnzettel, Arbeitszeitaufzeichnungen, Einstufungsunterlagen) und der ha. Überprüfung wurden aus Sich der Finanzpolizei die Voraussetzungen für eine bewilligungsfreie Überlassung von Ausländer nach Österreich gemäß den Bestimmungen des § 18 Abs. 12 AuslbG nicht erfüllt. Aus Sicht der Finanzpolizei wurden die Bestimmungen des § 18 Abs. 12 Z. 2, wie nachstehend angeführt, nicht erfüllt.

Laut Auftraggeber der Firma (...) unterliegen die überlassenen Arbeitskräfte in Österreich den Arbeiterkollektivvertrag 2017 für das Eisen- und Metallverarbeitende Gewerbe. (...)

Aus Sicht der Finanzpolizei liegen in den ggst. Fällen Unterentlohnungen vor. Diese Sachverhalte wurden auch ha. An die Wiener Gebietskrankenkasse, Kompetenzzentrum LSDB weitergeleitet.

Die österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen wie in § 18 Abs. 12 Z. 2 AuslbG beschrieben wurden aus Sicht der Finanzpolizei nicht erfüllt.

Da aus Sicht der Finanzpolizei die Voraussetzungen für eine bewilligungsfreie Überlassung gem. den Bestimmungen des § 18 Abs. 12 AuslbG aus og. Gründen nicht gegeben waren, benötigen die nachstehend angeführten ausländischen Arbeitnehmer eine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung für die Arbeiten in Österreich. Bis dato konnte weder vom polnischen Arbeitgeber/Überlasser noch vom inländischen Beschäftiger, keine gültige arbeitsmarktrechtliche Bewilligung für die überlassenen Arbeitskräfte für Österreich vorgelegt werden und handelt es sich deshalb um eine Übertretung gemäß den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes."

In diesem Strafantrag sind die Daten der besagten acht "unerlaubt beschäftigten Arbeitnehmer", sieben mit serbischer und einer mit kroatischer Staatsbürgerschaft, angeführt.

1.3. Im gegenständlichen Fall war die grenzüberschreitende Überlassung des im Spruch genannten Arbeitnehmers von der BF an einen österreichischen Auftraggeber Antragsgegenstand. Die belangte Behörde nahm im angefochtenen Bescheid begründend jedoch nur auf wiederholte Unterentlohnungen und Verstöße gegen das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD-BG) betreffend acht andere überlassene ausländische Arbeitnehmer Bezug, hat jedoch nicht das Vorliegen der Voraussetzungen für die verfahrensgegenständlich beantragte EU-Überlassung des im Spruch genannten Arbeitnehmers geprüft.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt des vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsaktes.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 20 g Abs. 1 AuslbG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice das BVwG spätestens drei Monate nach deren Einlangen durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer, angehören.

Über die vorliegende Beschwerde war daher durch einen Senat, bestehend aus zwei fachkundigen Laienrichter und einer Berufsrichterin zu entscheiden.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z. 3 - Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit bezieht - und Z 4 - Begehren) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3, wobei an die Stelle der Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, die Erklärung über den Umfang der Anfechtung tritt) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (Anmerkung: sog. Bescheidbeschwerden) dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z 2).

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg cit. nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1

B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Das Modell der Aufhebung des Bescheids und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) § 28 VwGVG Anm11). Gemäß dieser Bestimmung kann die Berufungsbehörde, sofern der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen. Wie oben ausgeführt, ist aufgrund von § 17 VwGVG die subsidiäre Anwendung von § 66 Abs. 2 AVG durch die Verwaltungsgerichte ausgeschlossen.

Im Gegensatz zu § 66 Abs. 2 AVG setzt § 28 Abs. 3 VwGVG die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung nicht mehr voraus.

Der VwGH hat mit Erkenntnis vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063 (Waffenverbot), in Bezug auf die grundsätzliche Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte nach § 28 VwGVG und die Möglichkeit der Zurückverweisung ausgesprochen, dass angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte darstellt. So kommt eine Aufhebung des Bescheides nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Das Verwaltungsgericht hat nachvollziehbar zu begründen, wenn es eine meritorische Entscheidungszuständigkeit nicht als gegeben annimmt, etwa weil es das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und Z 2 des § 28 Abs. 2 VwGVG verneint bzw. wenn es von der Möglichkeit des § 28 Abs. 3 erster Satz VwGVG nicht Gebrauch macht.

3.2. Zu Spruchteil A) I.

3.2. Zur Aufhebung des Bescheides:

3.2.1. Rechtsgrundlagen

Der mit "Betriebsentsendung und grenzüberschreitende Arbeitskräfteüberlassung" betitelte § 18 AuslbG lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 18. (1) Ausländer, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt werden, bedürfen, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, einer Beschäftigungsbewilligung. Dauern diese Arbeiten nicht länger als sechs Monate, bedürfen Ausländer einer Entsendebewilligung, welche längstens für die Dauer von vier Monaten erteilt werden darf.

(12) Für Ausländer, die von einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes zur Erbringung einer vorübergehenden Arbeitsleistung nach Österreich entsandt oder überlassen werden, ist keine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erforderlich, wenn

1. sie ordnungsgemäß zu einer Beschäftigung im Staat des Betriebssitzes über die Dauer der Entsendung oder Überlassung nach Österreich hinaus zugelassen und beim entsendenden Unternehmen rechtmäßig beschäftigt sind,

2. die österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen gemäß § 3 Abs. 3 bis 6, § 4 Abs. 2 bis 5 und § 5 des Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes (LSD-BG), BGBl. Nr. 44/2016, im Fall der Überlassung gemäß § 10 AÜG, § 3 Abs. 4, § 4 Abs. 2 und 5 und § 6 LSD-BG sowie die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden und

3. im Fall der Überlassung kein Untersagungsgrund gemäß § 18 Abs. 1 AÜG vorliegt.

Die Zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen (Zentrale Koordinationsstelle) hat die Meldung über die Beschäftigung betriebsentsandter oder überlassener Ausländer gemäß § 19 Abs. 2 bis 4 LSD-BG unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zu übermitteln. Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat binnen zwei Wochen ab Einlangen der Meldung dem Unternehmen und dem Auftraggeber oder Beschäftiger, der die Arbeitsleistungen in Anspruch nimmt, das Vorliegen der Voraussetzungen zu bestätigen (EU-Entsendebestätigung bzw. EU-Überlassungsbestätigung) oder bei Nichtvorliegen die Entsendung oder Überlassung zu untersagen. Unbeschadet der Meldepflicht gemäß § 19 Abs. 2 bis 4 LSD-BG sowie sonstiger Pflichten nach dem AÜG, darf die Beschäftigung bei Vorliegen der Voraussetzungen auch ohne EU-Entsendebestätigung bzw. EU-Überlassungsbestätigung begonnen werden."

Der mit "Erhebungen der Abgabenbehörden" betitelte § 12 LSD-BG lautet:

"§ 12. (1) Die Abgabenbehörden sind berechtigt, das Bereithalten der Unterlagen nach den §§ 21 und 22 zu überwachen sowie in Bezug auf Arbeitnehmer mit gewöhnlichem Arbeitsort außerhalb Österreichs, die nicht dem ASVG unterliegen, die zur Kontrolle des unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien zustehenden Entgelts (Lohnkontrolle) im Sinne des § 29 erforderlichen Erhebungen durchzuführen und

1. die Betriebsstätten, Betriebsräume und auswärtigen Arbeitsstätten oder Arbeitsstellen sowie die Aufenthaltsräume der Arbeitnehmer ungehindert zu betreten und Wege zu befahren, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist,

(...)."

Der mit "Meldepflicht bei Entsendung oder Überlassung aus einem EU-Mitgliedstaat oder EWR-Staat oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft" betitelte § 19 LSD-BG, BGBl. Nr. 44/2016, lautet:

"§ 19. (1) Arbeitgeber und Überlasser mit Sitz in einem EU-Mitgliedstaat oder EWR-Staat oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft haben die Beschäftigung von nach Österreich entsandten Arbeitnehmern und nach Österreich überlassenen Arbeitskräften zu melden. Die Meldung hat für jede Entsendung oder Überlassung gesondert zu erfolgen. Nachträgliche Änderungen bei den Angaben gemäß Abs. 3 oder Abs. 4 sind unverzüglich zu melden. Ein Beschäftiger, der einen Arbeitnehmer zu einer Arbeitsleistung nach Österreich entsendet, gilt in Bezug auf die Meldepflichten nach diesem Absatz und den Abs. 2 und 3 als Arbeitgeber.

(2) Die Entsendung oder Überlassung im Sinne des Abs. 1 ist vor der jeweiligen Arbeitsaufnahme der Zentralen Koordinationsstelle zu melden. (...)

(3) Die Meldung nach Abs. 1 hat für jede Entsendung gesondert zu erfolgen und hat folgende Angaben zu enthalten; nachträgliche Änderungen bei den Angaben sind unverzüglich zu melden:

1. Name, Anschrift und Gewerbeberechtigung oder Unternehmensgegenstand des Arbeitgebers im Sinne des Abs. 1, Umsatzsteueridentifikationsnummer,

2. Name und Anschrift der zur Vertretung nach außen Berufenen des Arbeitgebers,

3. Name und Anschrift der Ansprechperson nach § 23 aus dem Kreis der nach Österreich entsandten Arbeitnehmer oder der in Österreich niedergelassenen zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugten Personen (§ 21 Abs. 2 Z 4),

4. Name und Anschrift des (inländischen) Auftraggebers (Generalunternehmers),

5. die Namen, Anschriften, Geburtsdaten, Sozialversicherungsnummern und zuständigen Sozialversicherungsträger sowie die Staatsangehörigkeit der nach Österreich entsandten Arbeitnehmer,

(4) Die Meldung nach Abs. 1 hat für jede Überlassung gesondert zu erfolgen und hat folgende Angaben zu enthalten; nachträgliche Änderungen bei den Angaben sind unverzüglich zu melden:

(...)."

Der im mit "Strafbestimmungen, Untersagung der Dienstleistung und Evidenz über Verwaltungs(straf)verfahren" betiteltem 5. Abschnitt des LSD-BG mit "Unterentlohnung" betitelte § 29 lautet:

"§ 29. (1) Wer als Arbeitgeber einen Arbeitnehmer beschäftigt oder beschäftigt hat, ohne ihm zumindest das nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag gebührende Entgelt unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien, ausgenommen die in § 49 Abs. 3 ASVG angeführten Entgeltbestandteile, zu leisten, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe zu bestrafen. (...)."

Der mit "Untersagung der Dienstleistung" betitelte § 31 LSD-BG lautet:

"§ 31. (1) Die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde hat dem Arbeitgeber im Sinne der §§ 3 Abs. 2, 8 Abs. 1 oder 19 Abs. 1, bei einer grenzüberschreitenden Überlassung dem Überlasser, die Ausübung der den Gegenstand der Dienstleistung bildenden Tätigkeit für die Dauer von mindestens einem Jahr und höchstens fünf Jahren zu untersagen, wenn der Arbeitgeber gemäß

1. den §§ 26 Abs. 1 Z 1 oder Z 2 oder 27 Abs. 2 oder 3 wiederholt oder

2. den §§ 28 oder 29 Abs. 1 in Bezug auf mehr als drei Arbeitnehmer oder im Wiederholungsfall nach den §§ 28 oder 29 Abs. 1

rechtskräftig bestraft wurde oder ihm eine solche Bestrafung zuzurechnen ist. Eine Bestrafung ist dem Arbeitgeber dann zuzurechnen, wenn diese Bestrafung gegen den Arbeitgeber selbst oder gegen den zur Vertretung nach außen Berufenen (§ 9 Abs. 1 VStG) oder gegen den verantwortlich Beauftragten (§ 9 Abs. 2 oder 3 VStG) rechtskräftig verhängt wurde. § 19 VStG (ausgenommen § 19 Abs. 2 letzter Satz VStG) ist für die Bemessung des Zeitraums der Untersagung sinngemäß anzuwenden. Der Bescheid über die Untersagung der Dienstleistung ist dem Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft im Hinblick auf die §§ 373a bis 373e der Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194/1994, sowie der Zentralen Koordinationsstelle elektronisch zu übermitteln."

3.2.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes erweist sich die gegenständliche Beschwerde als begründet. Dies aufgrund folgender Erwägungen:

3.2.2.1. Mit angefochtenem Bescheid wurde der Antrag der BF auf Bestätigung der EU-Überlassung für den im Spruch genannten Arbeitnehmer für die berufliche Tätigkeit als Monteur abgewiesen.

Begründend wurde nicht auf die verfahrensgegenständliche Meldung des im Spruch genannten Arbeitnehmers, sondern auf einen wiederholten Verstoß gegen das LSD-BG betreffend andere acht ausländische Arbeitnehmer Bezug genommen:

"Laut schriftlicher Mitteilung der Finanzpolizei der Bezirkshauptmannschaft (...) vom 29.03.2018 kam es im Zusammenhang mit dem Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD-BG) zu wiederholten Übertretungen bzw. Verstößen durch Sie als Beschäftiger und somit ist die Gewähr der Einhaltung einschlägiger Bestimmungen bzw. gesetzlicher Erfordernisse nicht gegeben."

3.2.2.2. Der besagte Strafantrag der Finanzpolizei an die zuständige Bezirkshautmannschaft vom 29.03.2018 ist wegen wiederholter Verstöße gegen das LSD-BG betreffend acht ausländische Arbeitnehmer, die im Zeitraum von 09.10.2017 bis 15.11.2017 von der BF an den österreichischen Auftraggeber überlassen wurden, ergangen.

Die Finanzpolizei hat laut Strafantrag vom 29.03.2018 im Zuge von Erhebungen am Ort der Beschäftigung von acht Arbeitnehmern der BF - darunter sieben mit serbischer und einer mit kroatischer Staatsangehörigkeit - festgestellt, dass der kollektivvertragliche Mindestlohn unterschritten worden sei.

Der im Spruch genannte Arbeitnehmer war nicht davon betroffen.

3.2.3. Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Die Begründung eines Bescheides bedeutet die Bekanntgabe der Erwägungen, aus denen die Behörde zur Überzeugung gelangt ist, dass ein bestimmter Sachverhalt vorliegt und dass damit der Tatbestand einer bestimmten Rechtsnorm verwirklicht ist. Die Begründung eines Bescheides hat Klarheit über die tatsächlichen Annahmen der Behörde und ihre rechtlichen Erwägungen zu schaffen. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht hat sie daher alle jene Feststellungen in konkretisierter Form zu enthalten, die zur Subsumierung dieses Sachverhaltes unter die von der Behörde herangezogene Norm erforderlich sind. Denn nur so ist es möglich, den Bescheid auf seine Rechtsrichtigkeit zu überprüfen (VwGH 23.11.1993, Zl. 93/04/0156; 13.10.1991, Zl. 90/09/0186; 28.07.1994, Zl. 90/07/0029).

§ 19 LSD-BG bestimmt, dass die Meldung für jede Entsendung oder Überlassung gesondert zu erfolgen hat. Genauso soll auch die belangte Behörde über jede Meldung gesondert zu entscheiden haben, wie § 18 Abs. 12 vorletzter Satz AuslbG vorsieht. Dies ist im gegenständlichen jedoch nicht erfolgt, wurde doch in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf die verfahrensgegenständliche Meldung nicht Bezug genommen und das Vorliegen der Voraussetzungen für die Ausstellung einer EU-Überlassungsbestätigung für den im Spruch genannten Arbeitnehmer nicht geprüft.

Eine hinreichende Begründung mit Feststellungen zum verfahrensgegenständlichen Fall ist im gegenständlich angefochtenen Bescheid somit unterblieben.

3.2.4. Aus den dargelegten Gründen war daher der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da im gegenständlichen Verfahren bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entfallen.

B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Ermittlungspflicht, EU-Entsendebestätigung, Kassation, mangelnde
Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G304.2210022.1.00

Zuletzt aktualisiert am

16.05.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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