TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/29 W164 2165021-1

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Veröffentlicht am 29.03.2019
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Entscheidungsdatum

29.03.2019

Norm

AlVG §10
AlVG §38
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W164 2164873-1/19E

W164 2165021-1/19E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Rotraut LEITNER als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Armin KLAUSNER (aus dem Kreis der ArbeitgeberInnen) und Peter SCHERZ (aus dem Kreis der ArbeitnehmerInnen) als Beisitzer über die Beschwerden von XXXX , geb. XXXX , STA Österreich, 1) gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice vom 02.05.2017, Zl. VSNR. XXXX , AMS 304-Baden, nach Beschwerdevorentscheidung vom 04.07.2017, GZ RAG/05661/2017, betreffend Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe für den Zeitraum 20.04.2017 bis 07.05.2017 und 2) gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice vom 09.05.2017, Zl. VSNR. XXXX , AMS 304-Baden, nach Beschwerdevorentscheidung vom 04.07.2017, GZ RAG/05661/2017, betreffend Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe für den Zeitraum 08.05.2017 bis 31.05.2017 nach Durchführung mündlicher Verhandlungen vom 25.05.2018 und 19.03.2019 zu Recht erkannt:

A)

Den Beschwerden wird Folge gegeben und es werden angefochtenen Bescheide gemäß § 28 Abs 1, Abs 2 und Abs 5 behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid vom 02.05.2017, Zl. VSNR. XXXX , AMS 304-Baden, sprach das Arbeitsmarktservice (im Folgenden: AMS) aus, dass der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) gemäß § 38 iVm § 10 AlVG den Anspruch auf Notstandshilfe für den Zeitraum 20.04.2017 bis 07.05.2017 verloren habe. Eine Nachsicht sei nicht erteilt worden. Der angeführte Zeitraum verlängere sich um die in ihm liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen worden sei.

Mit Bescheid vom 09.05.2017, Zl. VSNR. XXXX , AMS 304-Baden, sprach das AMS aus, dass der BF gemäß § 38 iVm § 10 AlVG den Anspruch auf Notstandshilfe für den Zeitraum 08.05.2017 bis 31.05.2017 verloren habe. Eine Nachsicht sei nicht erteilt worden. Der angeführte Zeitraum verlängere sich um die in ihm liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen worden sei.

Begründend wurde in beiden Entscheidungen ausgeführt, dass der BF eine vom AMS zugewiesene, zumutbare Beschäftigung am 20.04.2017 beim sozialökonomischen Betrieb XXXX nicht angenommen habe. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen würden nicht vorliegen bzw. könnten nicht berücksichtigt werden.

Gegen diese Bescheide erhob der BF fristgerecht Beschwerden und führte soweit hier wesentlich gleichlautend aus, sein beim Einzelbewerbungsgespräch vorgelegter Lebenslauf hätte ein paar Schreibfehler aufgewiesen. Die drei Damen hätten das kritisiert und gesagt, dass er mit diesem Lebenslauf nie eine Arbeit bekommen würde. Der BF sei gefragt worden, ob er die Arbeit annehmen wolle. Er habe "Ja" gesagt, aber hinzugefügt, dass er noch nie in der Branche gearbeitet hatte. Der BF habe gefragt, ob er auch noch wo anders Arbeit suchen könne und habe erwähnt, dass er am 21.04.2017 ein Vorstellungsgespräch bei der Firma XXXX in Wien haben würde. Die Dame habe daraufhin gemeint, dass das kein Problem sei. Die drei Damen hätten nur gesagt, dass der BF ein Schreiben vom AMS bekommen würde. Der BF habe die Arbeit annehmen wollen. Ihm sei nicht gesagt worden, warum er nicht aufgenommen wurde. Der BF beantragte seine Einvernahme und stellte den Antrag, das AMS möge die oben genannten Bescheide aufheben und ihm die Notstandshilfe für den Zeitraum von 20.04.2017 bis 07.05.2017, sowie 08.05.2017 bis 31.05.2017 zuerkennen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 04.07.2017, GZ RAG/05661/2017, wurden die oben genannten Beschwerden des BF abgewiesen. Zur Begründung führte das AMS aus, der BF beziehe seit 18.03.2016 - mit Unterbrechungen durch kurze Dienstverhältnisse - Notstandshilfe. Am 06.04.2017 sei ihm eine Beschäftigung als Hilfsarbeiter im sozialökonomischen Betrieb XXXX mit dem möglichen Arbeitsantritt 20.4.2017 zugewiesen worden. Der BF habe an der Jobbörse am 18.04.2017 teilgenommen. Die zuständige Mitarbeiterin habe dem AMS am 18.04.2017 jedoch bekannt gegeben, dass sich der BF keine Arbeit -egal welcher Art- im genannten sozialökonomischen Betrieb vorstellen könne. Weiters habe sie bekannt gegeben, dass der vom BF vorgelegte Lebenslauf viele Schreibfehler enthalte und händische Korrekturen aufweise. In der niederschriftlichen Einvernahme gemäß § 10 AlVG vom 27.04.2017 habe der BF gegen die zugewiesene Beschäftigung keine Einwendungen erhoben. Er habe lediglich ausgeführt, dass sein vorgelegter Lebenslauf sofort kritisiert worden sei und man mit ihm einen Streit begonnen habe. Er habe angegeben, dass ihm unzusammenhängende Fragen gestellt worden seien und er nicht mehr gewusst habe, was man eigentlich von ihm wolle. Nach Konfrontation mit der beim Bewerbungsgespräch von der dort anwesenden Mitarbeiterin des AMS angefertigten Gesprächsnotiz vom 18.04.2017 habe der BF angegeben, er sei gefragt worden, ob er arbeiten wolle. Diese Frage habe er bejaht und nachgefragt, um welche Arbeit es sich handle. Er habe die Antwort erhalten, dass verschiedene Arbeiten möglich seien. Seine Nachfrage, ob er auch zu anderen Firmen sich vorstellen fahren könne, sei bejaht worden.

Das AMS beurteilte die Ausführungen laut der genannte Gesprächsnotiz bezüglich des Verlaufs des Vorstellungsgespräches als schlüssig und nachvollziehbar. Das Vorbringen des BF wurde als Schutzbehauptung beurteilt. Die zugewiesene Beschäftigung habe den Zumutbarkeitsbestimmungen des § 9 AlVG entsprochen. Am 07.05.2017 habe der BF das Höchstausmaß des Notstandshilfebezugs erreicht. Am 27.04.2017 habe er für 08.05.2017 einen Folgeantrag auf Zuerkennung der Notstandshilfe gestellt. Daher habe das AMS am 02.05.2017 eine Ausschlussfrist von 20.04.2017 bis 07.05.2017 und am 09.05.2017 eine Ausschlussfrist von 08.05.2017 bis 31.05.2017 ausgesprochen. Berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht lägen nicht vor. Von 02.05.2017 bis 08.05.2017 und am 31.05.2017 sei der BF als Arbeiter vollversichert beschäftigt gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der BF fristgerecht einen Vorlageantrag, mit dem er den bereits in seiner Beschwerde dargestellten Sachverhalt wiederholte, sowie die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragte.

Am 25.5.2018 wurde beim Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung abgehalten, an der der BF und ein Vertreter des AMS als Parteien sowie jene Mitarbeiterin des AMS, die bei dem verfahrensgegenständlichen Bewerbungsgespräch anwesend war, als Zeugin teilnahmen.

Der BF brachte Folgendes vor: Er habe das Bewerbungsgespräch vom 18.4.2017 noch genau in Erinnerung. Als er in den Raum gekommen sei, seien ihm zwei Damen gegenüber gesessen, eine dritte sei bei einem Computer gesessen. Eine der Damen habe den Lebenslauf genommen und habe sofort zu kritisieren begonnen. Sie sei dabei sehr unfreundlich gewesen. Der BF habe auf dem Lebenslauf zwar mit der Hand den Passus, "eigener PKW vorhanden" händisch durchgestrichen, da er zu dem Zeitpunkt keinen PKW gehabt habe. Die Dame habe ihn aber gleich gerügt, dass man das nicht händisch durchstreichen dürfe. Der BF habe entgegnet, dass er momentan keinen Drucker habe. Der Lebenslauf sei veraltet, darum habe er ihn ausgebessert. Die anderen zwei, drei Fehler hätten nach Meinung des BF halt passieren können. Bisher habe der BF diesen Lebenslauf immer bei Bewerbungsgesprächen verwendet. Er habe ihn vor ca. zwei Jahren auch dem AMS vorgezeigt. Dort seien die Schreibfehler auch nicht bemerkt worden. Der BF habe nicht gesagt, dass er die Arbeit nicht nehmen wolle. Er habe keinen Streit provoziert. Die ihm gegenübersitzende Dame habe sofort den Lebenslauf mit den Schreibfehlern kritisiert und mit dem BF zu streiten begonnen. Der BF habe ein solches Verhalten bei Bewerbungsgesprächen noch nicht erlebt. Die eine Dame habe ihm eine Frage gestellt dann gleich die zweite und die dritte und er habe gar nicht mehr gewusst, welche Frage er jetzt beantworten solle. Befragt, ob er den Damen gesagt habe, dass er nun nicht mehr wisse, welche Frage er beantworten solle, gab der BF an, er habe ein Gespräch beginnen wollen, sei aber sofort wegen dem Lebenslauf kritisiert worden. Der Lebenslauf sei eine Katastrophe und mit diesem Lebenslauf würde ihn niemand einstellen. Der BF habe angeboten, einen aktuellen Lebenslauf der sich auf seinem Handy befunden habe, zu senden. Davon habe die Dame aber nichts wissen wollen. Unmittelbar vor dem Bewerbungsgespräch habe es einen Termin mit 20 BewerberInnen gegeben. Da sei erzählt worden, welche Arbeitsstellen es dort gebe. Dann seien die einzelnen Bewerbungsgespräche gefolgt. Der BF sei dann nur mehr gefragt worden "Wollen Sie die Arbeit nehmen?" Es sei erwartet worden, dass er sich für alle Arten von Arbeiten bereithalte, z.B. Bügeln, Arbeit im Garten, Arbeit in der Küche und in der Tischlerei. Der BF habe gesagt, dass er wissen möchte, welche Arbeit er da genau übernehmen solle. Daraufhin seien die Damen noch ungehaltener geworden. Der BF hätte gerne in der Tischlerei anfangen, aber er habe nicht die Möglichkeit gehabt, das anzusprechen. Er sei nicht zu Wort gekommen.

Die beiden hätten auf ihn eingeredet: "Willst du Arbeit oder nicht?"

Der BF habe ein normales Gespräch führen wollen. Er habe bisher in keiner der in Frage kommenden Branchen gearbeitet. Er habe bisher im Lager gearbeitet und in einer Reinigungsfirma. Der BF hätte lieber in der Tischlerei oder im Garten gearbeitet, als zu bügeln oder so etwas. Die Frage, ob er sich auch bei einer anderen Firma bewerben könne, habe er am Ende im Einzelgespräch gefragt und die Antwort erhalten, das sei kein Problem und er würde einen Brief vom AMS bekommen. Dem BF sei zu diesem Zeitpunkt klar gewesen, dass die Damen nicht mehr mit ihm diskutieren wollen. Dann habe er gefragt ob er den Termin bei der anderen Firma wahrnehmen könne oder ob er den verschieben soll. Die Dame habe gesagt, dass er hingehen könne. Ihm sei nicht gesagt worden, ob er die Arbeit bekommen würde oder nicht. Ihm sei nur gesagt worden, er würde einen Brief vom AMS bekommen. Die Frage ob er im Rahmen dieses Gespräches gesagt habe, dass er jegliche Arbeit, egal welcher Art beim genannten sozialökonomischen Betrieb nicht annehmen wolle, verneinte der BF. Das Bewerbungsgespräch bei der anderen Firma habe der BF am 21.4.2017 auch tatsächlich absolviert, sei aber nicht genommen worden, da er keinen Staplerschein habe. Zehn Tage später habe der BF dann einen Job für eine Woche bekommen.

Das AMS merkte an, dass die Behauptung, es hätte ein Streitgespräch gegeben, vom BF selbst gekommen sei. Das AMS habe den Lebenslauf nicht kritisiert. Dies hätten die Damen vom genannten sozialökomischen Betrieb gemacht. Das sei das gute Recht eines Dienstgebers, habe aber mit dem AMS nichts zu tun. Aus der Sicht des AMS sei aus der Vorlage des mit Schreibfehlern behafteten Lebenslaufes keine Vereitelungshandlung abzuleiten. Das AMS beantragte die zeugenschaftliche Einvernahme der beiden Damen die das Bewerbungsgespräch geführt haben. Die Behauptung des BF, er habe gefragt, in welcher Branche er eine Arbeit übernehmen könnte, die Damen hätten ihm aber keine Chance gegeben, werde vom AMS als Schutzbehauptung zurückgewiesen. Der BF habe jegliche Beschäftigung beim genannten sozialökonomischen Betrieb abgelehnt, daher sei ihm logischer Weise auch kein Arbeitsbeginn mitgeteilt worden.

Die beim verfahrensgegenständlichen Bewerbungsgespräch anwesend gewesene Mitarbeiterin des AMS, Frau XXXX gab als Zeugin befragt an, sie könne nicht sagen, ob der nun vom BF vorgelegte Lebenslauf auch damals vorgelegt wurde. Sie sei zwar anwesend gewesen, aber der Lebenslauf bleibe beim genannten sozialökonomischen Betrieb. Mit der im Akt befindlichen Gesprächsnotiz "LL ist Katastrophe, viele Schreibfehler, altes Datum, händische Korrekturen" habe die Zeugin dokumentiert, was die Vertreterinnen des genannten sozialökonomischen Betriebes gesagt hätten. Die Zeugin habe beim Bewerbungsgespräch gleichsam die Funktion einer Schriftführerin. Der genannte sozialökonomische Betrieb veranstalte ein- bis zweimal im Monat eine Jobbörse, wo im Durchschnitt 30 bis 40 Personen eingeladen würden. Die Jobbörse laufe in zwei Teilen ab. Im allgemeinen Teil seien alle Eingeladenen anwesend. Da würden allgemeine Informationen über den Ablauf des Tages und über den genannten Betrieb gegeben. Mit einer Power-Point Präsentation würden die einzelnen Bereiche vorgestellt, die Tätigkeiten, und die Arbeitszeiten. Es gebe insgesamt sechs Bereiche. In der Tischlerei würden ausschließlich überbetriebliche Lehrplätze angeboten. Es werde auch gesagt, dass es ein befristetes Dienstverhältnis sei, vollversichert, aber am zweiten Arbeitsmarkt. Auch sozialpädagogische Betreuung sei dabei. Im Rahmen der Beschäftigung würden Bewerbungen gemacht und die Bewerbungsunterlagen aktualisiert. Arbeitserprobungen, Schnuppertage und Praktika bei anderen Firmen seien möglich. Es werde auch gesagt, dass von jenen KundInnen, die einen befristeten Job bekommen, erwartet werde, dass sie sich weiterhin auf andere Arbeitsplätze bewerben. Die Anwesenheitsliste werde abgeglichen und im Anschluss würden alle einen kurzen Fragebogen zum Ausfüllen erhalten. Dieser verbleibe beim genannten sozialökonomischen Betrieb. Mit diesem Fragebogen und mit dem Lebenslauf würden dann die Einzelgespräche geführt. Bei der Power-Point Präsentation seien keine Dolmetscher anwesend, jedoch würden sich manche Bewerber Dolmetscher mitbringen. Die einzelnen Bereiche seien Tischlerei, Haus- und Gartenservice, Wohnservice, Küche, Nahversorger (Feinkostladen mit Trafik und Kaffeehaus) und Kantine. Die Präsentation zeige mit Bildern und Erläuterungen welche Arbeiten zu tun seien und wie die Arbeitsbedingungen seien. Es werde erläutert, dass es in den einzelnen Bereichen Bereichsleiter gebe, die auch einschulen. Die Betriebe seien in XXXX und in der Region XXXX . An das konkrete Vorstellungsgespräch mit dem BF vom 18.4.2017 könne sich die Zeugin nicht mehr erinnern. Zum üblichen Verlauf eines Vorstellungsgespräches gab die Zeugin an, die TeilnehmerInnen würden nach dem allgemeinen Teil gebeten, zu warten und die ausgefüllten Fragebögen abzugeben. Mit diesen Fragebögen würden sie dann abgeholt und in einen Extraraum zum Einzelgespräch gebracht. Beim Einzelgespräch seien immer zwei Damen vom genannten sozialökonomischen Betrieb anwesend und die Zeugin. Diese habe immer den AMS-Laptop mit, für den Fall, dass etwas nachgeschaut werden müsse. Auch den Inhalt des Bewerbungsgespräches dokumentiere die Zeugin "live" am Laptop. Im Normalfall tippe sie die Angaben des Bewerbers in den Laptop. Die Zeugin gehe davon aus, dass der BF die im Vermerk vom 18.4.2017 festgehaltenen Worte (Anm.: er könne sich eine Arbeit im genannten sozialökonmischen Betrieb - egal welche - nicht vorstellen) gewählt habe, da sie sie sonst nicht so dokumentiert hätte. Die Frage im Einzelgespräch laute immer: "Wollen Sie bei uns eine Arbeit annehmen?", es gehe da nie um einen Einzelbereich. Es sei auch so, dass die Vertreter des genannten sozialökonomischen Betriebes selbst nicht wissen würden, wo die Leute dann eingeteilt werden. Es gebe täglich Ein- und Ausstiege. Im Sommer seien bis zu 80 Plätze besetzt, im Jahresdurchschnitt 60. Der BF hätte am 20.04. 2017 beim genannten sozialökonomischen Betrieb anfangen können. Hätte er wegen seines Termins vom 21.04.2017 erst am 22.4.2017 anfangen wollen, so wäre dies überhaupt kein Problem gewesen. Beim genannten sozialökonomischen Betrieb würden Vorstellungsgespräche überdies als Arbeitszeit gelten. Bei den Bewerbungsgesprächen komme relativ oft die Frage, ob man sich noch wo anders bewerben könne. Derartige Fragen würden in diesem Betrieb nicht als Problem angesehen im Gegenteil, das sei erwünscht. Zum Lebenslauf sage die Zeugin im Normalfall gar nichts. Die Damen vom genannten sozialökonomischen Betrieb würden sich den Lebenslauf genau anschauen sie würden auch sehr offen kritisieren, da es Aufgabe des genannten sozialökonomischen Betriebes sei, sich die Lebensläufe anzusehen und mit den Leuten zu verbessern. Befragt, ob sie schon erlebt habe, dass bei einem Einzelgespräch heftig durcheinander gesprochen wurde, gab die Zeugin an, es möge vorkommen, dass jemand einmal dem anderen ins Wort falle, das sei aber nicht als Streitgespräch zu verstehen sondern ganz normal. Manchmal würden zwei Leute eine Frage beginnen, dann fahre halt einer zurück. Die Einzelbewerbungsgespräche würden allerdings nur 5-10 Minuten dauern. Da unterbreche man schon, wenn beispielsweise Fragen zu Bereichen kommen die schon in der Präsentation beantwortet wurden. Befragt, ob darauf Rücksicht genommen werde, dass das Reden länger dauere, wenn die Deutschkenntnisse nicht so gut seien, gab die Zeugin an, sie hätten auch schon Gespräche abgebrochen, wenn sie den Eindruck hatten, dass man sie nicht verstehe. Daran, dass im gegenständlichen Gespräch eine Dame sofort begonnen habe, den Lebenslauf des Beschwerdeführers zu kritisieren und gesagt hätte, mit so einem Lebenslauf würde der BF nirgends Arbeit bekommen bzw. mit so schlechten Deutschkenntnissen (der Beschwerdeführer schilderte das Gespräch erneut in dieser Weise) auch nicht, könne sich die Zeugin nicht erinnern. Es sei aber üblich zu sagen, dass die Bereiche bereits in den Präsentationen besprochen wurden und dass man im Einzelgespräch nicht mehr darüber sprechen wolle. Es könne niemandem garantiert werden, dass einen bestimmten Bereich komme. Das werde ihm Einzelgespräch auch so gesagt. Es werde schon darauf geschaut, dass z.B. die Arbeitszeit eingehalten werden könne, etwa wenn jemand mit den öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen müsse. Im Übrigen hätten im Bereich Bügeln bis jetzt erst zwei Männer gearbeitet und diese hätten das gewollt. Befragt, wie gehandelt werde, wenn jemand immer wieder Fragen stelle anstatt mit ja oder nein zu antworten gab die Zeugin an, die Damen vom genannten sozialökonomischen Betrieb würden dann ganz klar fragen: "Wollen Sie eine Arbeit bei uns annehmen?". Wenn der Bewerber dann weiter Fragen stellt, dann werde gesagt: "Antworten Sie mit Ja oder Nein." Das werde schon deutlich klargestellt. Die Bewerber würden nicht schon beim Einzelbewerbungsgespräch erfahren, in welchem Bereich sie dann anfangen. Befragt ob dann, wenn ein Bewerber sage, dass er sich gar keine Arbeit im genannten sozialökonomischen Betrieb vorstellen könne, diesem gesagt werde, dass das zu einer Sperre führen könne, beantwortete die Zeugin mit Nein und führte aus, dies beurteile nicht sie sondern die Beraterin. Dem Bewerber werde gesagt, das er eine Information vom AMS erhalten würde. Wenn dieser daraufhin frage, ob er eine Sperre bekommen würde, sage die Zeugin stets, dass sie das nicht sagen könne, dies werde der Berater entscheiden.

Das AMS beantragte die zeugenschaftliche Einvernahme der beiden Mitarbeiterinnen des genannten sozialökonomischen Betriebes, die das verfahrensgegenständliche Gespräch mit dem BF geführt hatten, dies zum Beweis dafür, dass der BF beim Vorstellungsgespräch angegeben habe, keine Arbeit, egal welcher Art, beim genannten sozialökonomischen Betrieb annehmen zu wollen.

Der Beschwerdeführer gab dazu befragt, ob er sich an eine Frage des Wortlautes "Wollen Sie eine Arbeit oder nicht? Antworten Sie mit ja oder nein" erinnern könne, an, er sei am Ende so gefragt worden und habe geantwortet, "Ja, aber in welche Branche?" Dann hätte die Damen wieder angefangen mit ihm zu streiten und hätten gesagt, es sei egal in welcher Branche. Der BF sei sich sicher gewesen, dass ihm die Damen keine Chance geben wollten.

Das AMS verwies darauf, dass der Beschwerdeführer als Notstandshilfebezieher verpflichtet gewesen wäre, auch eine Beschäftigung als Bügler anzunehmen. Dem erwiderte der Beschwerdeführer, er habe nicht gesagt, dass er die Stelle als Bügler ablehnen würde. Er hätte nur lieber in der Tischlerei oder im Garten gearbeitet.

Der BF legte einen Lebenslauf mit dem Datum 15.02.2018 vor, auf dem der Hinweis auf das Vorhandensein eines eigenen PKW handschriftlich durchgestrichen war und auf dem statt "Gasse" "Gaße", statt "Volksschule" "Volkschule sowie statt "Universität" "Univesität" geschrieben stand.

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Erkenntnis vom 05.06.2018, W164 2164873-1/6E und W1642165021-1/5E der Beschwerde Folge gegeben und die angefochtenen Bescheide gemäß § 28 Abs 1, Abs 2 und Abs 5 VwGVG behoben.

Gegen diese Entscheidung hat das AMS Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom Ra2018/08/0190 vom 28.09.2018 das genannte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben und dem Bundesverwaltungsgericht aufgetragen, die beiden Mitarbeiterinnen des genannten sozialökonomischen Betriebes zu vernehmen, die am Aufnahmegespräch vom 18.04.2017 teilnahmen.

Gemäß § 63 VwGG sind die Verwaltungsgerichte und die Verwaltungsbehörden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision stattgegeben hat, verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

Am 19.03.2019 wurde beim Bundesverwaltungsgericht neuerlich eine mündliche Verhandlung abgehalten, an der neben dem BF und einer Vertreterin des AMS als Parteien sowie erneut jene Mitarbeiterin des AMS, die am genannten Bewerbungsgespräch teilgenommen hatte, als Zeugin teilnahm. Darüber hinaus wurden jene beiden Personen als Zeuginnen befragt, die das genannte Bewerbungsgespräch für den sozialökonomischen Betrieb geführt hatten. Beide konnten sich an das konkrete Bewerbungsgespräch nicht mehr erinnern, machten aber folgende allgemeine Angaben:

Frau XXXX (im folgenden Z1) gab an, sie trage die Präsentation, die den Einzelbewerbungsgesprächen vorangeht, selbst vor. Dabei handle es sich um eine Powerpoint-Präsentation. Der Betrieb stelle sich vor. Auch die Arbeitsbereiche würden vorgestellt. Es werde auch gesagt, dass es Hilfstätigkeiten sind. Befragt, ob in der Präsentation gesagt werde, dass man sich als Bewerber seinen Arbeitsbereich nicht aussuchen kann, gab die Z1 an, es werde gesagt, dass man Wünsche äußern könne, dass der Betrieb aber nicht garantieren könne, dass der Wunsch umgesetzt wird. Die Leute würden dort eingesetzt, wo jemand fehlt. Im Einzelbewerbungsgespräch werde besprochen, wo die Person am besten eingesetzt werden kann. Der Bewerber erfahre dabei nicht genau, wo er arbeiten werde. Im Vorstellungsgespräch werde z.B. gesagt "im Ökogarten ist ein Platz frei, dort könnten Sie eingesetzt werden". Gleichzeitig werde gesagt, dass es dafür keine Garantie gebe - es würden ja immer mehrere Bewerber geladen. Es werde auch kurzfristig umdisponiert, da nicht alle zum Arbeitsantritt eingeladenen Personen dann tatsächlich erscheinen. Pro Tag führe die Z1 etwa 15 bis 18 Einzelbewerbungsgespräche. Im allgemeinen dauere ein solches Gespräch etwa 10 Minuten, manchmal auch 15 Minuten. Eine Vorgabe von Seiten der Vorgesetzten bezüglich der maximalen Gesprächsdauer gebe es nicht. 30 Minuten habe ein Einzelbewerbungsgespräch bei der Z1 aber noch nicht gedauert. Befragt, ob das Gespräch nicht länger dauern könne, wenn jemand viele Fragen stellt, gab die Z1 an, es werde in der Präsentation schon viel erklärt: die Arbeitszeiten und die Bereiche, wie viel Urlaubsanspruch besteht, wie viel Gehalt und welche Sonderzahlungen es gibt. Im Vorstellungsgespräch schaue man sich den Lebenslauf an und schaue, ob man "ein Gespür über die Person bekommen" könne. Vieles kläre sich bereits in der Präsentation auf. Befragt, ob die Bewerber wissen, dass das Gespräch nicht länger als 5 bis 10 Minuten dauern würde, gab die Z1 an, es werde gesagt, dass im Anschluss an die Präsentation die Einzelgespräche stattfinden. Manche Personen würden dann fragen, wie lange das dauert. Beim Gespräch werde natürlich auf die Zeit geschaut. Man könne ja auch aus dem vorgelegten Lebenslauf schon viel entnehmen. Die Aufzeichnungen über das mit dem BF geführte Einzelbewerbungsgespräch seien aus Datenschutzgründen vernichtet worden, also auch der vom BF vorgelegte Lebenslauf. Würde der BF erneut zum genannten sozialökonomischen Betrieb kommen, würde er wieder an der Präsentation teilnehmen und ein neues Gespräch führen.

Befragt zu jener Kopie des Lebenslaufs, die der BF im Zuge des Beschwerdeverfahrens vorgelegt hatte, gab die Z1 an, sie ärgere sich nicht über so einen Lebenslauf. Der genannte Betrieb sei auch da, um zu helfen. Wenn Fehler auffallen, gebe man Tipps, wie man das attraktiver gestalten könne - falls die Hilfe angenommen werde. Auch in der Präsentation werde gesagt, dass der Betrieb Unterstützung in den Bereichen Lebenslauf und Bewerbungsschreiben gebe. An der Formulierung des Protokolls des AMS sei die Z1 nicht beteiligt. Befragt, ob bei solchen Gesprächen auch das Wort Katastrophe falle, sagte die Z1 aus, dies sei ein hartes Wort. Sie wisse nicht ob das Wort gefallen sei. Der nun vorliegende Lebenslauf sehe nicht so schlecht aus. Befragt wie damit umgegangen werde, wenn jemand auf die Frage "Wollen Sie die Arbeit annehmen?" antwortete "Ja, aber in welchem Bereich?", gab die Z1 an, man könne seitens des Betriebes darauf nur sagen, dass es z.B. im Gartenservice sein kann, aber das nicht garantiert werden könne. In allen Bereichen, die gezeigt wurden, könne eine Tätigkeit erfolgen. Wenn ein Bewerber frage, wo er arbeiten könne, werde nach seinen Stärken gefragt. Es gehe auch darum, dass Leute, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen, zu den vorgesehenen Dienstzeiten arbeiten können. In der Präsentation werde auch gesagt, dass die Tischlerei eine betriebliche Lehrwerkstätte ist. Die Z1 stelle die Frage "Wollen Sie bei uns eine Arbeit annehmen?" Es sei die Entscheidung des Bewerbers, ob er das Angebot annimmt oder nicht. Wenn die Zeit verstrichen sei, müsse man nochmals nachfragen, ob ja oder nein. Das sei eine einfache Frage. Damit konfrontiert, dass der Beschwerdeführer ausgesagt habe, ihn habe die genannte Frage verwirrt, denn er habe wissen wollen, wo er arbeiten würde, gab die Z1 an "Er wird in unseren Bereichen arbeiten, das wird ihm so gesagt." Die Frage "Ja, aber wo" fasse die Z1 nicht als Ablehnung auf, sondern antworte, dass der Bewerber "in unseren Bereichen" arbeiten werde, dass sie aber nicht den genauen Bereich nennen könne. Wenn ein Bewerber im Einzelgespräch etwa vorbringe, er hätte noch nie ein Hemd gebügelt, werde das üblicherweise besprochen. Auch in der Präsentation werde besprochen, dass der Betrieb Hilfestellung biete. Es gebe auch Einschulungen für alle Geräte und es werde auf die Sicherheit geachtet. Am Ende des Bewerbungsgespräches stelle man seitens des Betriebes grundsätzlich die Frage, ob ein Job in den Bereichen, die vorgestellt wurden, angenommen werde oder nicht. Wenn die Antwort "Ja" komme, werde ein Arbeitsantritt ein paar Tage später vereinbart oder die Person werde auf eine Warteliste geschrieben. Wenn jemand nein sagt, werde das ans AMS weitergegeben. Wenn noch etwas abzuklären sei mit dem AMS, könne auch noch etwas offen bleiben am Ende des Gesprächs. Das sei dann Sache des AMS. Wenn alles passt werde das gleich kommuniziert. Wenn der BF gesagt hätte, er will die Arbeit annehmen, hätte die Z1 "ja" gesagt. Ob der BF zur Beschäftigungsaufnahme eingeladen wurde oder nicht, wisse die Z1 aus heutiger Sicht nicht. Befragt, ob die Z1 es als Ablehnung auffasse wenn auf die Frage (Anm: "Wollen Sie hier arbeiten? - antworten Sie mit ja oder nein!") nicht mit einem klaren "Ja" geantwortet werde, gab die Z1 an, für sie sei das dann erledigt, sie möchte niemanden zwingen, im genannten Betrieb anzufangen. Sie gebe das Gespräch dann weiter an die anwesende Vertreterin des AMS". Mit deren Protokoll habe sie nichts zu tun. Wenn es zu sprachlichen Schwierigkeiten mit Bewerbern komme, nehme man seitens des Betriebes darauf Rücksicht. Auch bei der Präsentation bestehe die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Die Bereiche würden in der Präsentation überdies in Bildern abgebildet. Auch Broschüren würden aufliegen. Auch auf die Homepage werde hingewiesen.

Frau XXXX (im Folgenden Z2) gab an, sie sei bei der Präsentation als Zuhörerin dabei. In der Präsentation werde den Bewerbern nicht gesagt, in welchen Bereich sie kommen, sondern welche Dienstleistungssektoren es gibt. Befragt, ob den Bewerbern auch schon in der Präsentation gesagt werde, dass Sie nicht jetzt schon wählen können gab die Z2 an "nein". An einem Tag bei einer Jobbörse führe die Z2 etwa 20 Gespräche. Ihre Rolle sei Schriftführerin für den Betrieb, sie stelle auch ergänzend Fragen. Das Hauptgespräch führe die Z1. Eine Vorgabe, dass Einzelgespräche nicht länger als 5 bis 10 Minuten dauern solle, gebe es nicht. Tatsächlich dauere so ein Gespräch 10 bis 15 Minuten. Den Bewerbern werde dieser Zeitrahmen nicht mitgeteilt. Zu einem schlecht aufgesetzten Lebenslauf mache man schon Anmerkungen. Es handle sich immerhin ein Bewerbungsgespräch. Dass der BF den im Vorstellungsgespräch angeschlagenen Ton als Streitgespräch aufgefasst habe, könne sein. Die Z1 und Z2 würden auf fehlerhafte Lebenslaufe aufmerksam machen. Es könne sein, dass es zu Gegenargumenten kommt und das als Streit aufgefasst werde. Ein rauerer Ton werde jedoch nicht angeschlagen. An der Formulierung des Protokolls des AMS beteilige sich die Z2 nicht. Im welchem Bereich ein Bewerber arbeiten werde, könne am Tag der Jobbörse nicht gesagt werden. Die Entscheidung falle am Tag der Arbeitsaufnahme. Der Bewerber könne Wünsche äußern, aber es könne nicht garantiert werden, dass diese Wünsche erfüllt werden. Darauf mache man seitens des Betriebes aufmerksam. Wenn ein Bewerber immer wieder wissen will, in welchen Bereich er kommt, wiederhole die Z2 oder die Z1, dass sie an diesem Tag nicht sagen könne, in welchem Bereich ein Job frei ist. Wenn ein Bewerber sage, er möchte in den Garten oder die Tischlerei, sagen man seitens des Betriebes, er könne diesen Wünsch äußern, aber es könne nicht garantiert werden, dass er dorthin kommt. Wenn ein Bewerber auf die Frage "Wollen Sie bei uns eine Arbeit annehmen?" mit "ja aber in welchem Bereich" antwortet, werde das nicht als Ablehnung aufgefasst. Im Fall sprachlicher Probleme gebe, versuche man die gestellte Frage umzuformulieren.

Bewerber, die annehmen, würden entweder ein fixes Dienstverhältnis erhalten oder auf eine Warteliste kommen. Im zweiten Fall würden sie dann vom AMS Bescheid erhalten. Wenn ein Bewerber nicht arbeiten möchte nehme man das seitens des Betriebes zur Kenntnis. Dieser Bewerber komme nicht auf die Warteliste. Mit der Vertreterin des AMS werde eine Abschlussrunde gemacht. Da werde besprochen, wer auf eine Warteliste kommt bzw. wer einen Dienstvertrag bekommt und welcher Bewerber "noch abgeklärt werden" muss. Im Fall einer fixen Zusage, sage man seitens des genannten Betriebes "wir gratulieren zur fixen Arbeit". Befragt, ob es auch Bewerber gebe, die sich noch überlegen möchten, in welchen Bereich sie tätig werden wollen, gab die Z2 an, das Gespräch ende immer mit "Ja" oder "Nein". Es werde dazugesagt, dass der Bewerber sich den Bereich nicht aussuchen kann. Befragt, ob Bewerber, die nicht genommen werden, vom Betrieb ein klares Nein mitgeteilt bekommen, gab die Z2 an, wenn es kein klares Ja gebe, dann müsse noch etwas abgeklärt werden, d.h. das AMS müsse entscheiden, wie mit dem Bewerber weiter umgegangen wird. Es könne sein dass es ein neuerliches Gespräch gibt oder dass ein Jobangebot besteht. Die Frage der Abklärung sei kein klares Nein.

Vom BF damit konfrontiert, dass in seinem Einzelbewerbungsgespräch nach all der Kritik gar nicht besprochen wurde, in welcher Branche er besonders produktiv sein hätte können und welche Berufserfahrung er habe, gab die Z2 an, das sei für sie nicht vorstellbar. Man schaue den Lebenslauf an und spreche darüber. Der BF spreche gut Deutsch.

Die beim Vorstellungsgespräch anwesend gewesene Mitarbeiterin des AMS, Frau XXXX (im Folgenden Z3) gab an, man frage beim Einzelbewerbungsgespräch, was der Wunsch des Bewerbers sei. Man bemühe sich, solche Wünsche zu erfüllen, könne dies aber nicht garantieren. Viele würden z.B. in der Küche arbeiten wollen, aber aufgrund der öffentlichen Verkehrsmittel gehe das oft nicht. Die Frage, ob es Wünsche gebe werde vom AMS nicht protokolliert, da dies für das AMS nicht wesentlich sei. Wenn "LL. Ist eine Katastrophe" protokolliert wurde, so heiße das nicht, dass das dem Bewerber so gesagt wurde. Das werde intern so formuliert, damit die Kollegen Bescheid wissen. Die Z3 schreibe unmittelbar während der Gespräche mit. Wenn alle Bewerbungsgespräche erfolgt sind, würden sie gemeinsam alle Gespräche noch einmal durchgehen und es werde besprochen, wer eine Arbeitsaufnahme bekommt oder wer auf die Warteliste kommt. Wenn es zu einer "Abklärung" komme, sage die Z3 dem Kunden, dass er vom AMS erfährt, ob er eine weitere Einladung bekommt. Was die Z3 im Fall des BF gesagt habe, wisse sie nicht mehr. Aufgrund ihrer Protokollierung nehme sie aber an, dass im Fall des BF genau dies gesagt wurde. Die Entscheidung habe die Beraterin getroffen. Es hätte auch sein können, dass diese für den BE ein neues Gespräch vorgeschlagen hätte. Befragt, ob auch der im Protokoll befindliche Satz "Kunde kann sich keine Arbeit (egal welche) im Betrieb vorstellen" nicht wörtlich so gesagt worden sein muss, gab die Z3 an, ein Gespräch, das sich im Kreis dreht, werde mit der Forderung nach einem klaren Ja oder einem klaren Nein beendet. Wenn dann ein Kunde "Ja, aber ..." sage, dokumentiere sie das so. Irgendwann müsse sie aber zum Ende kommen, wenn das "Ja, aber" zu lange braucht. Sie sage auch dazu, dass die Bewerber bei der Präsentation gut zuhören sollen, weil da viele Fragen beantwortet werden und die Gespräche nicht so lange dauern sollen. Es könne sein, dass sich das Gespräch mit dem BF im Kreis gedreht hat. Die Z3 protokolliere aber kein Nein, wenn kein Nein gesagt wurde. Sie gehe davon aus, dass ein Nein gesagt wurde. Wenn jemand fünf Mal "Ja, aber" sagt, notiere Sie, dass es zu keinem Ergebnis gekommen ist und ersuche das AMS, das abzuklären. Dieser Kunde ("Abklärer") gehe mit einem klaren "für jetzt Nein" hinaus. Die "Abklärer" würden von den Beratern einen Anruf bekommen oder gleich ein Einladungsschreiben. Mit dem BF sei es zu einem Abklärungsgespräch gekommen: Es sei eine Niederschrift (Anm.:27.4.2017) aufgenommen worden. Möglicherweise sei der BF am 18.04.2017 nicht telefonisch erreichbar gewesen.

Der BF gab an, die Z1 sei jene Dame gewesen sei, die seinen Lebenslauf kritisiert und sofort zu streiten begonnen habe. Sie sei sehr unfreundlich gewesen. An die Präsentation vor dem Einzelbewerbungsgespräch könne sich der BF nicht mehr im Detail erinnern. Er habe nicht alles verstanden. Es seien vier oder fünf Bereiche vorgeschlagen worden. Der BF hätte lieber im Garten oder in der Küche arbeiten wollen, als Bügeln. Deswegen habe er gefragt, welche Arbeit das wäre. Er habe die Antwort bekommen "egal welche". Daran, dass in der Präsentation gesagt wurde, dass er sich den Arbeitsbereich nicht aussuchen könne, könne sich der BF nicht erinnern. Befragt, ob er sich noch erinnern könne, wie das Gespräch zu Ende ging, gab der BF an, er habe gesagt, dass er am 21.4. ein Vorstellungsgespräch bei einer anderen Firma habe. Er habe gefragt, ob er dorthin gehen solle und dass er nächste Woche eine Antwort bekommen würde. Dass das Einzelgespräch im genannten sozialökonomischen Betrieb nur fünf Minuten dauern solle, habe der BF nicht gewusst. Vom AMS befragt, warum er die Stelle nicht angenommen habe, wenn er, wie er nun behauptet, bereit gewesen sei, dort zu arbeiten gab der BF an, er habe die Stelle annehmen wollen, er habe aber keine Zusage bekommen sondern die Mitteilung, das er vom AMS Bescheid bekommen würde. Vom AMS befragt, ob er gesagt habe, dass er in keinem Bereich dort arbeiten wolle, verneinte der BF: er habe nur gefragt, in welchem Bereich er arbeiten würde. "Egal welcher" sei die Antwort gewesen. Dann sei wieder gestritten worden. Er habe "ja" gesagt und gleichzeitig gefragt, welche Arbeit das wäre. Darauf habe er aber keine Antwort erhalten. Er habe die Präsentation so verstanden, dass er beim Einzelbewerbungsgespräch zwei Wunschstellen angeben solle. Er habe aber gar keine Chance gehabt, seine Wunschstellen zu nennen. Es sei auch kritisiert worden, dass er eine Kappe trage. Der BF habe nie "Nein" gesagt. Er habe "Ja, aber welche" gesagt. Er habe ja nicht gewusst, wo es freie Plätze gab. Er sei der Meinung gewesen, dass dies eine normale Frage bei einem Bewerbungsgespräch sei. An die Aufforderung "Antworten Sie mit Ja oder Nein" könne er sich nicht erinnern. Beim Hinausgehen habe der BF nicht genau gewusst, ob er einen Job bekomme oder nicht. Es sei gesagt worden, dass er ein paar Tage später Antwort bekommen würde. Er habe am 20.04. von seiner Beraterin einen Brief bekommen, in dem stand, dass er nicht arbeitswillig sei. Der BF habe sofort telefoniert und gesagt, dass das nicht stimme. Er habe erklären wollen, was passiert ist, aber sie habe nicht darüber reden und habe ihn auf seinen nächsten normalen Termin, den 27.04. verwiesen.

Das AMS bestätigte dass der verfahrensgegenständliche Vorwurf der Veitelung zum ersten Mal gegen den BF erhoben wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF bezog ab 18.03.2016 - mit Unterbrechungen durch kurze Dienstverhältnisse - Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung und zuletzt Notstandshilfe. Am 06.04.2017 wurde dem BF eine Beschäftigung als Hilfsarbeiter im sozialökonomischen Betrieb XXXX mit dem möglichen Arbeitsantritt 20.4.2017 zugewiesen, für die am 18.04.2017 eine "Jobbörse" vorgesehen war. Der BF nahm an dieser Jobbörse teil.

Die Jobbörse begann mit einer einleitenden Präsentation, bei der allen TeilnehmerInnen die Arbeitsbereiche des sozioökonomischen Betriebes - teils mit Bildern - vorgestellt wurden. Den BewerberInnen wurde auch gesagt, dass sie Wünsche betreffend ihre Zuteilung äußern können, dass diesen aber nicht mit garantiert entsprochen werde könne. Die Präsentation wurde auf Deutsch gehalten.

Der BF - er ist in Bosnien aufgewachsen, musste sein dort begonnenes Studium als Folge des dort ausgebrochenen Krieges abbrechen und ist als junger Erwachsener nach Österreich gekommen - spricht gut aber nicht fehlerfrei Deutsch. Er hat die Präsentation des genannten sozialökonomischen Betriebes im Großen und Ganzen verstanden, allerdings verstand er nicht alles was dort gesagt wurde. Er beabsichtigte, im Einzelgespräch zu klären, wo nun sein Arbeitsplatz sein würde und was er arbeiten solle.

Bei seinem Einzelbewerbungsgespräch - Einzelbewerbungsgespräche dauern beim genannten Betrieb zwischen 5 und 15 Minuten - legte der BF einen Lebenslauf mit dem Datum 15.02.2017 vor, auf dem der Hinweis auf das Vorhandensein eines eigenen PKW handschriftlich durchgestrichen war und auf dem statt "Gasse" "Gaße", statt "Volksschule" "Volkschule sowie statt "Universität" "Univesität" geschrieben stand. Die Vertreterinnen des genannten sozialökonomischen Betriebes kritisierten die handschriftliche Streichung, die Rechtschreibfehler und das veraltete Datum. Der BF wollte diese Kritik nicht ohne Erwiderung hinnehmen. Das führte zu einer Diskussion über die Ausgestaltung des Lebenslaufs. Die anwesende Vertreterin des AMS notierte "LL ist eine Katastrophe - viele Schreibfehler, altes Datum, händische Korrekturen..."

Als sich das Bewerbungsgespräch den Arbeitsinhalten zuwendete, teilte der BF mit, dass er in den vorgestellten Arbeitsbereichen noch nie gearbeitet habe. Er wollte erfahren, für welche Arbeit im Betrieb Plätze frei wären. Er wollte seine Wunschbereiche mitteilen. Er war der Meinung, dass diese Frage in einem Bewerbungsgespräch angebracht wäre. Die Vorsitzende Vertreterin des Betriebes dagegen erwartete eine klare Antwort auf ihre Frage, ob der BF bereit sei, in jeglichem Bereich des genannten Betriebes zu arbeiten. Sie war der Meinung, dass sie klar kommuniziert habe, dass im genannten sozialökonomischen Betrieb genau diese Bereitschaft gefordert werde. Die ihr darauf gegebene Antwort des BF "Ja, aber wo?" beantwortete sie zunächst mit "Es geht nicht um die Bereiche. Wollen Sie hier arbeiten? - antworten Sie mit ja oder nein!". Dass der BF erneut mit "Ja, aber in welchem Bereich?" antwortete, veranlasste sie, das Gespräch zu einem Ende zu bringen. Die Frage des BF, ob er sich am 21.4.2017 bei einer anderen Firma bewerben könne, wurde von Seiten des genannten sozialökonomischen Betriebes positiv aufgenommen und auch positiv beantwortet. Dem wurde BF gesagt, dass er vom AMS kontaktiert werden würde. Der BF verließ daraufhin die Jobbörse. Er hatte den Eindruck, dass ihn die Vertreterinnen des genannten Betriebes nicht aufnehmen wollten. Die anwesende Vertreterin des AMS notierte in ihrem Protokoll "DV ab 20.4. wurde von Hr [BF] abgelehnt. Kunde kann sich ARBEIT (egal welche) im Projekt nicht vorstellen."

Die Vertreterinnen des genannten Betriebes und die Vertreterin des AMS kamen im Rahmen ihrer Abschlussbesprechung zu dem Ergebnis, dass der BF als "Abklärer" der für den BF zuständigen AMS-Beraterin zu überantworten sei. Die zuständige AMS-Beraterin nahm nach Erhalt des genannten Protokolls mit dem BF eine "Niederschrift gem. § 10 AlVG" auf und erließ den angefochtenen Bescheid.

Der BF hat nach dem verfahrensgegenständlichen Bewerbungsgespräch von 02.05.2017 bis 08.05.2017 am 31.05.2017, von 25.09.2017 bis 31.03.2018 und von 01.04.2018 bis laufend im Rahmen von vollversicherungspflichtigen Dienstverhältnissen gearbeitet.

Dem BF wird mit dem vorliegenden Fall zum ersten Mal Vereitelung iSd § 10 AlVG zur Last gelegt.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, insbesondere die darin enthaltene Gesprächsnotiz vom 18.04.2017 und die Niederschrift vom 27.4.2019, weiters durch Einsichtnahme in den Versicherungsdatenauszug des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger und durch Abhaltung der mündlichen Verhandlungen vom 25.05.2018 und 19.03.2019.

Zum genauen Ablauf des Vorstellungsgespräches liegen lediglich Aussagen des BF vor. Die Vertreterinnen des genannten sozialökonomischen Betriebes und die dort anwesende Vertreterin des AMS hatten keine Erinnerungen an das konkrete mit dem BF geführte Bewerbungsgespräch mehr.

Dass BF im Beschwerdeverfahren eine Kopie des seinerzeit kritisierten Lebenslaufes vorgelegt hat ist aufgrund der Übereinstimmung mit den im Gesprächsprotokoll vom 18.4.2017 notierten Merkmalen als erwiesen anzunehmen. Anhaltspunkte, die gegen diese Annahme sprechen würden, sind im gesamten Verfahren nicht hervorgekommen.

Dafür, dass die Vertreterinnen des genannten sozialökonomischen Betriebes (möglicherweise erst nachdem er ihrer Kritik Argumente entgegengesetzt hat) an das mit dem BF geführte Einzelbewerbungsgespräch einen sehr strengen Maßstab angelegt haben, spricht zunächst der Umstand, dass im Protokoll der Mitarbeiterin des AMS notiert wurde, "LL. ist eine Katastrophe". Die Vertreterin des AMS hat diesbezüglich am 25.5.2018 angegeben, sie notiere im Allgemeinen das, was die Vertreterinnen des genannten sozialökonomischen Betriebes sagen. In der Verhandlung vom 19.3.2019 gab sie an, der Begriff "Katastrophe" werde eher nur intern verwendet und dem Bewerber gegenüber nicht geäußert. Daraus muss aber jedenfalls abgeleitet werden, dass der vom BF vorgelegte Lebenslauf von den dort anwesenden Personen als inakzeptabel bewertet wurde. Die im Zuge des Beschwerdeverfahrens vorgenommenen Ermittlungen ergaben jedoch, dass dieser Lebenslauf zwar Rechtschreibfehler, eine handschriftliche Streichung und ein um zwei Monate veraltetes Datum aufwies, aber keinen Anhaltspunkt dafür bot, dass der BF etwa bewusst einen besonders schlechten Eindruck hätte hinterlassen wollen. Das AMS hat in der Verhandlung vom 25.05.2018 selbst eingeräumt, dass der Lebenslauf isoliert betrachtet keinen Anlass für die Annahme einer Vereitlungshandlung geboten hätte.

Vor dem Hintergrund der obigen Feststellungen ist dem BF aber auch zu glauben, dass auch das weitere Bewerbungsgespräch von den Vertreterinnen des sozialökonomischen Betriebes sehr straff geführt wurde. Dafür spricht der Umstand, dass seitens der Vertreterinnen des genannten Betriebes, wie aus den Aussagen der drei Zeuginnen übereinstimmend hervorgeht, etwa 5 bis 15 Minuten für ein Einzelbewerbungsgespräch eingeplant werden. Im Fall des BF war offenbar überdies viel Zeit mit der Diskussion über den Lebenslauf verstrichen.

Nachvollziehbar und lebensnahe erscheint das Vorbringen des BF, er habe erfahren wollen, für welche Arbeit im genannten Betrieb ein Platz frei sei, welche Arbeit er also machen werde, da er dies für eine normale Frage in einem Bewerbungsgespräch halte, die er bis dahin in Vorstellungsgesprächen am ersten Arbeitsmarkt immer so gestellt habe. Nachvollziehbar war ferner sein Vorbringen, er habe von der die Jobbörse einleitenden Präsentation nicht alles, was gesagt wurde, verstanden.

Vor dem Hintergrund dieser Feststellungen ist als erwiesen anzunehmen, dass die Vertreterinnen des genannten sozialökonomischen Betriebes, die ihrerseits der Meinung waren, dass dem Bewerber bereits in der einleitenden Präsentation alles Wesentliche deutlich gemacht wurde, das Einzelbewerbungsgespräch zu einem raschen Ende bringen wollten und auf die Versuche des BF, zu erfahren, wo genau er arbeiten würde, etwa mit den Worten "Es geht nicht um die Bereiche. Wollen Sie hier arbeiten? Antworten Sie mit ja oder nein!" reagierten, was beim BF wiederum den Eindruck erzeugte, dass seine Gesprächspartnerinnen ungehalten seien und ihm keine Chance geben wollen.

Zu berücksichtigen ist in diesem Gesamtzusammenhang ferner, dass der BF - der sich zwar gut auf Deutsch verständigen kann - doch in einer Fremdsprache verhandeln musste, was nach allgemeiner Lebenserfahrung im Moment der Anspannung wesentlich schwieriger werden kann als in einem ruhigen Gespräch.

Was die Gesprächsnotiz der Vertreterin des AMS betrifft, so hat diese in der Verhandlung vom 19.3.2019 (bezogen auf das Wort Katastrophe) selbst eingeräumt, dass sie nicht immer wortgetreu das notiere, was im Bewerbungsgespräch ausgesprochen wird. Aus dem notierten Satz "DV ab 20.4. wurde von Hr [BF] abgelehnt. Kunde kann sich ARBEIT (egal welche) im Projekt nicht vorstellen." ist daher nicht zwingend zu schließen, dass der BF ausdrücklich abgelehnt hätte, im genannten Betrieb zu arbeiten. Die vom BF in sich widerspruchsfrei getätigten Aussagen über den Ablauf des Bewerbungsgespräches legen dies auch nicht nahe sondern erwecken eher den Eindruck, dass der BF von der für ihn ungewohnten Gesprächsführung - was er wie oben ausgeführt wurde nachvollziehbar darlegen konnte - irritiert war. Die Gesprächsnotiz wurde dem BF beim genannten Bewerbungsgespräch auch nicht zur Durchsicht vorgelegt und nicht von ihm unterschrieben. Sie erfüllt nicht die Anforderungen einer Niederschrift iSd § 14 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG).

Der BF hat dem gegenüber in nachvollziehbarer Weise dargelegt, dass er das Bewerbungsgespräch mit positiven Absichten begann, dann jedoch durch die für ihn ungewohnte Gesprächsführung seiner Gesprächspartnerinnen überrascht war und sich irritieren ließ. Dass der BF bewusst jegliche Arbeit im genannten Betrieb ablehnen bzw. das Gespräch mit (bedingtem) Vorsatz zum Scheitern bringen hätte wollen, ist unter Berücksichtigung aller oben dargelegten Erwägungen nicht als erwiesen anzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer. Im vorliegenden Fall war daher Senatszuständigkeit gegeben.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

§ 7. (1) Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, wer

1. der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht,

2. die Anwartschaft erfüllt und

3. die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat.

(2) bis (8) [...]

§ 9. (1) Arbeitswillig ist, wer bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 des Arbeitsmarktförderungsgesetzes (AMFG), BGBl. Nr. 31/1969, durchführenden Dienstleister vermittelte zumutbare Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis als Dienstnehmer im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG anzunehmen, sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- oder umschulen zu lassen, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen, von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen und von sich aus alle gebotenen Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen, soweit dies entsprechend den persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.

(2) - (6)

§ 10. (1) Wenn die arbeitslose Person

1. sich weigert, eine ihr von der regionalen Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 AMFG durchführenden Dienstleister zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt,

2.(...)

3.(...)

4.(...)

so verliert sie für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöht sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 um weitere zwei Wochen auf acht Wochen. Die Erhöhung der Mindestdauer des Anspruchsverlustes gilt jeweils bis zum Erwerb einer neuen Anwartschaft. Die Zeiten des Anspruchsverlustes verlängern sich um die in ihnen liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen wurde.

(2)(...)

(3) Der Verlust des Anspruches gemäß Abs. 1 ist in berücksichtigungswürdigen Fällen wie zB bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen.

(4)(...)

Zufolge § 38 AlVG sind die Bestimmungen des Abschnittes 1 (soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist) sinngemäß anzuwenden.

Unter dem Begriff der "Vereitelung" im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein auf das zugewiesene Beschäftigungsverhältnis bezogenes Verhalten des Vermittelten zu verstehen, das - bei gegebener Zumutbarkeit der Beschäftigung - das Nichtzustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses herbeiführt. Das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses muss nicht nur in der Sphäre des Vermittelten, sondern darüber hinaus in einem auf das Nichtzustandekommen gerichteten oder dies zumindest in Kauf nehmenden Tun des Vermittelten seinen Grund haben. Die Vereitelung verlangt daher ein vorsätzliches Handeln des Vermittelten, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt. Ein bloß fahrlässiges Handeln, also die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt, reicht zur Verwirklichung dieses Tatbestandes hingegen nicht hin. Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Vermittelten als Vereitelung zu qualifizieren ist, kommt es demnach zunächst darauf an, ob dieses Verhalten überhaupt für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Ist die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vermittelten und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, dann muss geprüft werden, ob der Vermittelte im Sinne der obigen Ausführungen vorsätzlich gehandelt hat (VwGH 92/08/0042 vom 20.10.1992).

Beurteilung des konkreten Sachverhaltes:

Das Verhalten des BF war zwar dafür kausal, dass beim genannten sozialökonomischen Betrieb kein Dienstverhältnis zu Stande kam. Jedoch kann im vorliegenden Fall nicht davon ausgegangen werden, dass der BF bewusst in Kauf genommen hätte, dass das angestrebte Dienstverhältnis nicht zustande kommen würde. Das Scheitern des verfahrensgegenständlichen Einzelvorstellungsgesprächs ist nicht - und zwar auch nicht im Sinne eines dolus eventualis - auf die Absicht des BF zurückzuführen:

Dass die im Bewerbungsgespräch getätigte Aussage, er wolle sich in wenigen Tagen bei einer anderen Firma (am ersten Arbeitsmarkt) bewerben, vom sozialökonomischen Betrieb gutgeheißen und sogar gefordert, also nicht als Vereitelungshandlung gewertet wird, hat die beim Bewerbungsgespräch anwesende Vertreterin des AMS in der Verhandlung vom 25.5.2018 ausdrücklich klargestellt. Von seiten des AMS wurde in der Verhandlung vom 25.05.2018 ebenso klargestellt, dass der vom BF vorgelegte Lebenslauf keinen Anlass zur Feststellung einer Vereitelungshandlung geboten hätte.

Soweit sich der BF sich im Laufe des Bewerbungsgesprächs nicht an die von der Dienstgeberseite geforderte Gesprächsführung angepasst hat ist dies im vorliegenden Gesamtzusammenhang als ungeschicktes - demnach fahrlässiges - Verhalten, jedoch nicht als ein die in Aussicht stehende Beschäftigung vorsätzlich vereitelndes Tun zu beurteilen.

Für die grundsätzliche Arbeitsbereitschaft des BF spricht auch der Umstand, dass dem BF im vorliegenden Fall zum ersten Mal der Tatbestand der Vereitelung zur lasst gelegt wurde, weiters, dass er seit dem verfahrensgegenständlichen Bewerbungsgespräch von 02.05.2017 bis 08.05.2017 am 31.05.2017, von 25.09.2017 bis 31.03.2018 und von 01.04.2018 bis laufend vollversicherungspflichtig beschäftigt war und ist.

Das festgestellte Verhalten des BF war im vorliegenden Gesamtzusammenhang nicht als Vereitelungshandlung iSd § 10 AlVG zu beurteilen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Arbeitswilligkeit, Notstandshilfe, zumutbare Beschäftigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W164.2165021.1.00

Zuletzt aktualisiert am

16.05.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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