Entscheidungsdatum
30.11.2018Norm
AsylG 2005 §7 Abs1 Z2Spruch
W230 2210036-1/2E
W230 2210045-1/2E
W230 2210037-1/2E
W230 2210040-1/2E
W230 2210044-1/2E
W230 2210033-1/2E
W230 2210028-1/2E
W230 2210042-1/2E
W230 2210030-1/2E
W230 2210032-1/2E
W230 2210026-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Philipp CEDE, LL.M., als Einzelrichter über die Beschwerden von
1. XXXX , geb. XXXX , StA.: Afghanistan, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.10.2018, Zl. XXXX ,
2. XXXX , geb. XXXX , StA.: Afghanistan, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.10.2018, Zl. XXXX ,
3. XXXX , geb XXXX , StA.: Afghanistan, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.10.2018, Zl. XXXX ,
4. XXXX , geb. XXXX , StA.: Afghanistan, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.10.2018, Zl. XXXX ,
5. XXXX , geb. XXXX , StA.: Afghanistan, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.10.2018, Zl. XXXX ,
6. XXXX , geb. XXXX , StA.: Afghanistan, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.10.2018, Zl. XXXX ,
7. XXXX , geb. XXXX , StA.: Afghanistan, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.10.2018, Zl. XXXX ,
8. XXXX , geb. XXXX , StA.: Afghanistan, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.10.2018, Zl. XXXX ,
9. XXXX , geb. XXXX , StA.: Afghanistan, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.10.2018, Zl. XXXX ,
10. XXXX , geb. XXXX , StA.: Afghanistan, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.10.2018, Zl. XXXX ,
und
11. XXXX , geb. XXXX , StA.: Afghanistan, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.10.2018, Zl. XXXX ,
zu Recht:
A)
Den Beschwerden wird gemäß § 28 VwGVG iVm. § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG Folge gegeben und die Bescheide werden ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Erstbeschwerdeführer ist der Ehemann der Zweitbeschwerdeführerin. Sie sind Eltern der Dritt- bis Elftbeschwerdeführer. Alle Beschwerdeführer sind afghanische Staatsangehörige. Dem Erstbeschwerdeführer wurde mit Bescheid vom 23.03.2017 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Dabei ging die belangte Behörde davon aus, dass er zum Christentum konvertiert sei und aus diesem Grund im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt wäre. In weiterer Folge reisten die Zweit- bis Zehntbeschwerdeführer auf Grundlage eines Einreisetitels im Familienverfahren in das Bundesgebiet ein; ihnen wurde mit Bescheiden mit Bescheiden vom 03.10.2017 der Status der Asylberechtigten zuerkannt.
2. Mit den erst- bis zehntangefochtenen Bescheiden vom 22.10.2018 erkannte die belangte Behörde den Erst- bis Zehntbeschwerdeführern den Status der Asylberechtigten "gemäß § 7 Absatz 1 Ziffer 2 Asylgesetz 2005" ab und stellte "gemäß § 7 Absatz 4 AsylG" fest, dass ihnen die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt (jeweils Spruchpunkt I. der Bescheide). Weiters sprach sie aus, dass den Erst- bis Zehntbeschwerdeführern der Status der subsidiär Schutzberechtigten (jeweils Spruchpunkt II.) und ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach § 57 AsylG (Spruchpunkt III.) nicht zuerkannt wird, sowie dass gegen sie eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.), die Zulässigkeit der Abschiebung nach Afghanistan festgestellt (Spruchpunkt V.) und eine zweiwöchige Frist für die freiwillige Ausreise festgesetzt wird (Spruchpunkt VI.).
3. Mit dem elftangefochtenen Bescheid vom 22.10.2018 wies die belangte Behörde den Antrag der (nachgeborenen) Elftbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz ab (Spruchpunkte I. und II.) und sprach ebenfalls aus, dass ihr ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach § 57 AsylG nicht zuerkannt wird (Spruchpunkt III.), dass gegen sie eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.), die Zulässigkeit der Abschiebung nach Afghanistan festgestellt (Spruchpunkt V.) und eine zweiwöchige Frist für die freiwillige Ausreise festgesetzt wird (Spruchpunkt VI.).
4.1. In der Beweiswürdigung des erstangefochtenen Bescheides heißt es:
"Hinsichtlich Ihrer Religionszugehörigkeit ist die Feststellung zu treffen, dass Sie kein Christ mehr sind, und die Konversion nicht mehr vorhanden sein kann. Die Behörde gelangt zu dieser Feststellung auf Grund folgender Tatsachen.
Die Missionierung ist eines der zentralen Elemente der Freikirchen und daher ist es für die Behörde nicht plausibel nachvollziehbar, dass Sie es bis dato nicht nachhaltig versucht haben, Ihre Familie die Vorzüge des christlichen Glaubens darzulegen. In den Einvernahmen kommt ganz klar hervor, dass Sie zwar das eine oder andere Mal über Religion gesprochen hätten, aber nicht mehr. Ihre Frau trägt nach wie vor ein Kopftuch und kleidet sich nach islamischen Traditionen. Ebenso wissen Sie nicht, was in de[m] Religionsunterricht, welchen Ihre Söhne besuchen, gelehrt wird und dies widerspricht absolut einer Person[,] welche aus innerer Überzeugung konvertiert sein will. So eine Person würde sich sehr wohl für den Religionsunterricht seiner Kinder interessieren und auch seiner Frau die Freiheiten zugestehen und einfordern, welche das Christentum mit sich bringt, im Vergleich zum Islam. Dies ist ein klares Indiz für die Behörde, dass Sie augenscheinlich nicht mehr diese innere Überzeugung haben, welche damals bei der Zuerkennung des Asylstatus vorgeherrscht hatte.
Ein weiteres Indiz dafür, dass der christliche Glaube nicht nachhaltig verinnerlicht worden ist, ist darin zu erkennen, dass Sie zwar behaupten drei Bibeln und ein Kreuz zu Hause zu haben, jedoch wissen weder Ihre Frau noch Ihre Kinder übereinstimmend wo sich diese Gegenstände befinden. Sie geben an, die drei Bibeln befinden sich auf einem Tisch im Wohnzimmer, nahe dem Fernseher und das Kreuz hänge an einem Haken der Garderobe. Sie behaupten überdies, die Bibeln so offen hingelegt zu haben, damit ihre Kinder diese andauernd sehen sollen (siehe FV Seite 5). Demgegenüber gibt ihre Frau an, dass es nur zwei Bibeln gebe und diese auf einem Tisch mitten im Zimmer liegen. Nachdem Sie angegeben haben, die Bibeln lägen auf dem Tisch neben dem Fernseher, und die Behörde davon ausgeht dass üblicherweise der Fernseher nicht in der Mitte des Raumes steht, dass sich die Angaben Ihrer Frau nicht nur in der Anzahl sondern auch in der örtlichen Zuordnung widersprechen (siehe [...]). Überdies gibt Ihre Frau an, ein Kreuz nicht wahrgenommen zu haben. Nachdem Sie mittlerweile über ein Jahr wieder zusammen wohnen, ist somit für die Behörde klar erkennbar, dass die innere Überzeugung für das Christentum, bei Ihnen nicht mehr vorliegen kann, da sonst das Kreuz von Ihrer Frau mit Sicherheit wahrgenommen geworden wäre. Auch bei Ihren Kindern widersprechen sich die Angaben über die Anzahl und den Ort der Aufbewahrung der Bibeln bzw. des Kreuzes. So gibt Ihr Sohn [...] an, Sie hätten immer eine Bibel bei sich, und dies widerspricht Ihren Angaben, da Sie diesbezüglich nichts erwähnt haben. Weiters gibt er an, dass die Bibel am Haken der Garderobe hänge, und dies lässt erkennen, dass Ihr Sohn offensichtlich einstudiertes wiedergibt und dies aber verwechselt. Überdies gibt er an, [dass] das Kreuz im Wohnzimmer beim Fernseher hänge (siehe [...]). Ihr Sohn [...] gibt demgegenüber erneut widersprüchlich an, [dass] die Bibeln bei Ihrem Bett liegen sollen. Überdies hat bei dieser Frage Ihre Frau, welche als gesetzliche Vertretern anwesend war, versucht[,] Ihrem Sohn [...], das Wort Wohnzimmer einzuflüstern (siehe EV [...]). Ebenso war Ihr Sohn [...] widersprüchlich. Er gab an, [dass] das Kreuz bei Ihnen wäre und sonst an der Wand im Wohnzimmer hängen würde. Überdies gibt auch er an, dass eine Bibel immer bei Ihnen sei und zwei auf dem Tisch neben dem Fernseher liegen würden (siehe EV [...]). Dass es zumindest eine Bibel bei Ihnen im Haus geben sollte, wurde von Ihrer Zeugin Fr. [...] bestätigt, welche angegeben hat, dass sie selbst eine Bibel mitgenommen hätte. Über ein Kreuz hat sie keine Angaben gemacht (siehe EV Zeugin [...]). Aus obiger Darstellung der Widersprüche hinsichtlich der Bibeln bzw. des Kreuzes gelangt die Behörde eindeutig zu der Feststellung, dass das Christentum nicht ein zentrales Thema in Ihrem täglichen Leben einnimmt, sondern bestenfalls ein Randthema ist, und somit Sie nicht mehr aus innerster Überzeugung ein Christ sein können.
Verstärkt wird diese Feststellung überdies dadurch, dass Ihr Wissenstand hinsichtlich des Christentums in der Zeit seit der Asylgewährung nicht größer geworden ist. So wussten Sie damals nicht[,] was die Sakramente sind und auch in der letzten Einvernahme haben Sie diese nicht nennen können. Überdies gaben Sie damals an, den Taufnamen [...] annehmen zu wollen und in der letzten Einvernähme war dies dann der [...]. Sie haben zwar marginalstes Wissen über den Tod Jesus, aber dies alleine kann nicht zur Feststellung führen, dass Sie aus innerster Überzeugung dem Christentum folgen (vgl. [...]).
Es ist Ihnen zwar einerseits zuzubilligen, dass Sie ein gewisses Interesse für das Christentum entwickelt haben, aber sich allenfalls ab und zu in der Kirche einfinden, so wie Sie dies selbst auch eingeräumt haben (siehe EV [...]). Umgekehrt konnte Ihren Angaben zum christlichen Themenkreis nicht entnommen werden, dass Sie einerseits tatsächlich aus innerer fester Überzeugung zum Christentum konvertiert sind, sich definitiv vom früheren Religionsbekenntnis des schiitischen Islam distanziert hätten und Sie nun ernsthaft sich mit den Inhalten des christlichen Glaubens auseinandergesetzt haben bzw. diese verinnerlicht hätten.
So ist nicht hervorgekommen[,] dass Sie sich tatsächlich tiefergehend Glaubensfragen bzw. christlichen Grundwerten und Glaubensinhalten auseinandergesetzt haben, woran auch der vollzogene Formalakt der Taufe nichts verschlägt. Umgekehrt ist festzuhalten, dass Sie tatsächlich über einige oberflächliche bzw. minderwichtige Kenntnisse betreffend das Christentum bereits verfügen. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass für Sie im Herkunftsland Ihre ursprüngliche Religion offensichtlich keinen hohen Stellenwert gehabt hat (siehe EV [...]), was per se als zumindest auffällig zu bezeichnen ist, da es doch als notorische Tatsache anzunehmen ist, dass insbesondere in den ländlichen Gegenden Afghanistans der Glaube als das gesamte Alltagsleben durchdringend zu qualifizieren ist. Unter diesem Gesichtspunkt ist auch zu sehen, dass Sie lediglich nach rituellem, also islamischem Glauben die Ehe geschlossen hat. Hervorzuheben ist weiters, dass Sie einerseits als zentral wichtige Motivation dem Christentum beizutreten die Tatsache aufzeigten, dass Ihnen sodann die Sünden vergeben würden und konnten aber jedoch nicht einmal den Begriff oder das Sakrament der Buße nennen. Eine tiefere Auseinandersetzung mit dem Christentum insgesamt ist in Ihren Antworten nicht zu erblicken und ist einerseits festzuhalten, [dass] der Zeitpunkt für eine Konversion vom Islam zum Christentum tatsächlich im Leben eines Menschen einen elementaren Abschnitt darstellt und es deshalb nicht nachvollziehbar ist, dass eine ernsthafte Konversion zum Christentum ohne vorhergehende und weitaus längere Zeit im Rahmen eines tiefergehenden seelischen und geistigen Prozesses überhaupt möglich ist. Die diesbezügliche Einschätzung ist insbesondere vor dem Hintergrund zu sehen, dass aufgrund der Ihrer Sozialisierung in einem streng islamischen Land einen doch drastischen Veränderungsschritt in Ihrem psychischen Leben darstellen müsste. Die getätigten wenigen Aussagen im Rahmen der Einvernahmen zeigen jedoch, dass Sie sich offenbar schon mit Ihrem ursprünglichen eigenen Glauben nicht hinreichend auseinander gesetzt haben oder Sie nur eine diesbezügliche Durchdringung Ihres psychischen Lebens durch den Islam verschleiern wollten. Nur weil Sie im Rahmen der Einvernahmen einige wenige Eckdaten christliche Kernlehre zu erklären, bzw. zu nennen im Stande wären, kann dies noch kein nachvollziehbarer Indikator für eine tatsächliche ernsthafte Konversion sein.
Zusammengefasst ist, obiger Beweiswürdigung objektiv und logisch folgend festzustellen, dass nicht erkannt werden konnte, dass Sie sich ernsthaft innerlich und dauerhaft zum Christentum zugewandt haben bzw. Sie sich ernsthaft und dauerhaft von Ihrer bisherigen Religion bzw. Ihrem sunnitischen Bekenntnis distanziert haben. Die Behörde muss daher davon ausgehen, dass Sie sich nach Ihrer Asylgewährung, dem Christentum wieder entfernt und sich wieder mehr dem Islam zugewandt haben.
Die restlichen Feststellungen zu Ihrer Person konnten aufgrund Ihrer widerspruchsfreien und plausiblen Angaben getroffen werden, zumal kein Grund ersichtlich wurde, weshalb Sie in diesem Zusammenhang nicht der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht haben sollten."
4.2. In der rechtlichen Beurteilung des erstangefochtenen Bescheides heißt es wörtlich:
"§ 7 Abs. 1 AsylG sieht die zwingende Aberkennung des Status des Asylberechtigten bei Vorliegen eines der in Z 1 bis 3 genannten Tatbestände vor:
Wie in der Beweiswürdigung eindeutig belegt, liegen bei Ihnen die Tatbestände nach Z 2 vor. Ihnen war daher gem. § 7 Abs. 1 AsylG der Status des Asylberechtigten abzuerkennen. Zum ersten stützten Sie das Fluchtvorbringen auf die Furcht vor den Taliban. Eine Verfolgungsgefahr ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0132; 23.09.1998, 98/01/0224; 26.11.1998, 98/20/0309, u. v. a.). Ihrem diesbezüglichen Vorbringen war jedoch, wie bereits in der Beweiswürdigung dargelegt, keine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende individuelle, in Ihrer Person liegende, Verfolgung zu entnehmen.
Wie bereits in der Beweiswürdigung ausgeführt, ist es Ihnen nicht zuzubilligen[,] ernsthaft zum christlichen Glauben konvertiert zu sein. Bei Rückkehr ist sohin jedenfalls der Schutzzweck auf den Blickwinkel Religionsfreiheit bzw. religiöse Verfolgung bei einer Rückkehr nicht berührt. Eine bei Ihrer Rückkehr allenfalls auftretende unzutreffende Unterstellung einer Apostasie kann grundsätzlich jedermann zu jedem Zeitpunkt treffen. Hervorzuheben ist, dass aus der Gemengelage Ihrer persönlichen Eigenschaften, nämlich Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit und Ihrer Religionszugehörigkeit zur Glaubensrichtung der Sunniten nicht per se zu einer Verfolgung beispielsweise in Kabul führen würde. Im vorliegenden Fall sind auch keine Anhaltspunkte dafür ableitbar, dass Sie bei Rückkehr ins Blickfeld der Öffentlichkeit oder der Behörden geraten würden und man Ihnen den Abfall vom Glauben anlasten würde.
Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Verbindung mit einer (beabsichtigten) Konversion nur dann in Betracht kommt, wenn die Zuwendung zu dem angenommenen Glauben auf einer festen inneren Überzeugung und einem ernstgemeinten religiösen Einstellungswandel und nicht nur auf Opportunitätserwägungen beruht. Nur wenn die Konversion des Betroffenen die religiöse Identität des Schutzsuchenden in der Weise prägt oder bereits geprägt hat, kann ihm nicht zugesonnen werden, in seinem Heimatland auf die Religionsausübung zu verzichten, um staatlichen oder privaten Verfolqunqsmaßnahmen zu entgehen. Eine derartige tiefe Prägung ist im vorliegenden Fall aufgrund einer nicht existenten nachhaltigen Aneignung christlicher Kernglaubensinhalte zu verneinen. Selbst ein allenfalls erfolgter Formalakt der Taufe kann durch begleitende äußeren Faktoren nichts an der mangelnden inneren Haltung Ihrerseits verändern und könnte daraus keine Konversion mit der Relevanz mit Hinblick auf das Asylverfahren und der Beibehaltung des Flüchtlingsstatus abgeleitet werden.
In diesem Zusammenhang ist auf die bezughabende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, weicher zufolge es für die Beurteilung der Frage ob eine Konversion vorliegt, nicht auf den Formalakt der Taufe, sondern auf die religiöse Einstellung des Asylwerbers ankommt (Vgl VwGH vom 21.12.2006, 2005/20/0624).
Eine geradezu massive Abkehr eigener religiöser Traditionen, Bräuchen etc. und Hinwendung und Übernahme von neuen Glaubensgrundsätzen und anderen damit verbundenen Handlungsweisen und Einstellungen waren bei Ihnen gerade nicht ernsthaft erkennbar.
Im konkreten Fall wurde auch der Formalakt der Taufe und sohin eine vollzogene Konversion im Verfahren nur vage und beiläufig ins Treffen geführt bzw. auch kein weiteres über das Besuchen der bezughabenden Glaubensgemeinschaft hinausgehendes ernsthaftes christliches Engagement in einer Gemeinde in Österreich. Gemäß der Judikatur des VwGH ist zur Feststellung einer Konversion im Gegensatz zur Scheinkonversion eine schlüssige Gesamtbeurteilung anzustellen und sind hierfür Elemente einer näheren Befragung des Antragsstellers zu seinen religiösen Aktivitäten, seinem religiösen Grundwissen sowie einer konkreten Auseinandersetzung mit seinen Verhaltensweisen und etwaigen Zeugen. Ein mangendes religiöses Grundwissen kann für das Vorliegen einer Scheinkonversion sprechen ist aber nicht ausreichend (VwGH 14.11.2007, 2004/20/0215).
Insgesamt sind der von Ihnen ins Treffen geführte bzw. insinuierte Religionswechsel und Ihr Konversionsprozess als äußerst substanzarm und inhaltsleer und sohin nicht ernsthaft zu erkennen. In diesem Zusammenhang ist vertiefend festzuhalten, dass Sie sich offenbar nicht wirklich Gedanken gemacht haben, worin der spirituelle oder inhaltliche Unterschied zwischen dem Islam und dem Christentum liegt. Konversion jedoch bedingt die Verinnerlichung der jeweiligen Anforderungen an die neuen Glaubensgrundsätze, religiöse Traditionen, Bräuche und die Auswirkungen auf die Praxis. In der Bezug habenden Einschätzung vermag auch die im Akt befindlichen und von Ihnen überreichten Bestätigungsschreiben oder Taufbestätigungen einer Ortskirche bzw. einer in darin aktiven Person nichts zu verändern.
In diesem Zusammenhang ist mit Hinblick auf die die Zumutbarkeit Ihrer Rückkehr nach Afghanistan festzuhalten, dass Sie im Vorfahren nicht nachvollziehbar dargetan haben, dass die religiöse Betätigung Ihres Glaubens, Sie nunmehr für sich selbst als verpflichtend empfinden um Ihre religiöse Identität zu wahren, weshalb auch diesbezüglich das Recht der freien Religionsausübung nicht berührt ist (vgl. deutsche Judikatur, im Anschluss an BVerwGE 138, 289. So reicht auch der formale, kirchenrechtlich wirksame vollzogene Übertritt zum Christentum in Gestalt der Taufe nicht für die Gewinnung dieser Überzeugung Regelfall aus (deutsches BvERWG vom 25.08.2017, 1B 40.15)).
Im Verfahren haben sich darüber hinaus keine Anhaltspunkte ergeben, die eine Verfolgung aus asylrelevanten Gründen im Herkunftsstaat für maßgeblich wahrscheinlich erschienen ließen:
Auch aus der allgemeinen Lage in Afghanistan lässt sich für Sie eine Beibehaltung des Status des Asylberechtigten nicht herleiten: Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation stellt nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keinen hinreichenden Grund für eine Asylgewährung dar (vgl. etwa VwGH vom 17.06.1993, 92/01/1081; 14.03.1995, 94/20/0798). Wirtschaftliche Benachteiligungen können nur dann asylrelevant sein, wenn sie jegliche Existenzgrundlage entziehen (vgl. etwa VwGH 09.05.1996, 95/20/0161; 30.04.1997, 95/01/0529; 08.09.1999, 98/01/0614). Aber selbst für den Fall des Entzugs der Existenzgrundlage ist eine Asylrelevanz nur dann anzunehmen, wenn dieser Entzug mit einem in der GFK genannten Anknüpfungspunkt - nämlich der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung - zusammenhängt, was im vorliegenden Fall zu verneinen ist. Dies gilt gleichermaßen für die von Ihnen angedeuteten Gefahren im Rahmen der Einvernahmen, die sich aus der allgemeinen Sicherheitslage in Afghanistan ergeben.
Die allgemeine Lage in Afghanistan ist nicht dergestalt, dass bereits jedem, der sich dort aufhält, der Status eines Asylberechtigten zuerkannt werden müsste (vgl. etwa AsylGH 07.06.2011, C1 411.358-1/2010/15E, sowie den diesbezüglichen Beschluss des VfGH vom 19.09.2011, Zahl U 1500/11-6 u.v.a.).
Es kommt nach der Rechtsprechung des EuGH darauf an, ob eine Person aufgrund der Ausübung der Religionsfreiheit in seinem Herkunftsland u. a. tatsächlich Gefahr läuft, verfolgt oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden (vgl. das Urteil des EuGH vom 5.9.2012, C-71/11 bzw. C-99/11).
Art. 10 Abs. 1. lit b der Statusrichtlinie definiert Religion insbesondere als theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme bzw. Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen einzelner oder der Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind. Geschützt ist die Entscheidung aus innerer Überzeugung religiös zu leben, wie auch die Entscheidung, aufgrund religiösen Desinteresses jegliche religiöse Betätigung zu unterlassen. Der einzelne darf sich zu seiner religiösen Grundeinstellung nach außen bekennen und an religiösen Riten im öffentlichen Bereich teilnehmen (OVG Sachsen, 03.04.2008, B 36/06 in Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 3, K40).
Wie oben beweiswürdigend dargelegt, konnten Sie nicht glaubhaft darlegen, dass Sie aufgrund des von der Rechtsprechung geforderten inneren Entschlusses tatsächlich zum christlichen Glauben konvertiert sind. Ihr Vorbringen war als unglaubwürdig zu qualifizieren, weswegen es auch nicht der rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen ist. Da Sie sohin keine Verfolgungshandlungen in Bezug auf Afghanistan dargetan hat, und eine Änderung der subjektiven Lage eingetreten ist, war Ihnen der Status des Asylberechtigten abzuerkennen.
In Ihrem Fall liegt ein Familienverfahren gemäß § 34 AsylG vor.
Stellt ein Familienangehöriger (§ 2 Z 22 AsylG) eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, oder eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 AsylG) zuerkannt worden ist, oder eines Asylwerbers, einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.
Die Behörde hat aufgrund eines Antrags eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser nicht straffällig geworden, die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Familienangehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist und gegen den Asylberechtigten kein Verfahren zu Aberkennung dieses Status anhängig ist. Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen und unter einem zu führen, wobei alle Familienangehörigen den gleichen Schutz erhalten. Da in Ihrem Fall allen Familienangehörigen der Status des Asylberechtigten aberkannt wurde, kommt auch für Sie eine Zuerkennung aufgrund des vorliegenden Familienverfahrens nicht in Betracht."
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Eine gegenüber dem Zeitpunkt des Bescheides über die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an den Erstbeschwerdeführer eingetretene Änderung bezüglich einer allfälligen inneren Überzeugung des Erstbeschwerdeführers vom Christentum liegt nicht vor.
2. Beweiswürdigung:
Die belangte Behörde postuliert zwar die Feststellung, dass der Erstbeschwerdeführer nicht "mehr" Christ sei. Sie hält fest, dass eine Änderung in seiner Glaubensüberzeugung eingetreten sei, und wiederholt diese Aussage auch in ihrer Beweiswürdigung stellenweise mit anderen Worten. Die von ihr herangezogene und aktenkundige Beweislage deutet aber nicht ausreichend in die Richtung einer Änderung der Umstände. Es lässt sich nicht erkennen, dass sich der Beschwerdeführer unter der - sei es echten oder hypothetischen - Prämisse einer ursprünglich gegebenen inneren Überzeugung vom (bzw. Konversion zum) Christentum seit dem Datum der Asylzuerkennung davon merkbar abgewendet hätte:
In den Bescheidbegründungen finden sich zwar stellenweise Formulierungen in die Richtung, dass der Erstbeschwerdeführer "nicht mehr" die innere Überzeugung habe, die er bei Zuerkennung des Asylstatus gehabt habe (S 150), dass die innere Überzeugung beim Erstbeschwerdeführer "nicht mehr vorliegt" (S 151), oder dass sich der Erstbeschwerdeführer "nach [der] Asylgewährung [vom] Christentum wieder entfernt und sich wieder mehr dem Islam zugewandt" habe". Gerade eine Änderung der inneren Überzeugung des Beschwerdeführers, wie sie mit dieser Wortwahl suggeriert wird, wird in der Bescheidbegründung aber nicht näher vertieft und auch nicht erkennbar auf Anhaltspunkte im Beweismaterial gestützt. Die Annahme einer solchen Änderung hätte etwa vorausgesetzt, dass sich die Behörde mit der Motivation eines gerade erst aus innerer Überzeugung Konvertierten auseinandersetzt und erklärt, wie es mit Erfahrungswerten vereinbar ist, dass eine solche Person von diesem einschneidenden und - bei unterstellter Ernsthaftigkeit - wohl als definitiv verstandenen Lebensentschluss einfach wieder abkommt. Berücksichtigt man demgegenüber jene Stellen der Bescheidbegründung, an denen die Beweiswürdigung näher substantiiert wird, zeigt sich, dass die belangte Behörde in Wirklichkeit deutlich und unter konkreter Bezugnahme auf einzelne (neue) Beweisergebnisse ausführt, dass sie aufgrund dieser (neuen) Beweismittel die Echtheit und Ernsthaftigkeit der zunächst angenommenen Konversion als solche bezweifelt. Dies bringt sie in der Bescheidbegründung beispielsweise mit dem Hinweis darauf zum Ausdruck, dass der Erstbeschwerdeführer "den christlichen Glauben nicht nachhaltig verinnerlicht" (S 150) hat. Auch die weiteren im Bescheid zur Beweiswürdigung angeführten Argumente deuten in die Richtung, dass die Behörde das ihr nunmehr vorliegende Beweismaterial so wertet, dass sie - die damalige Situation nach dem nunmehr verlaufenen Beobachtungszeitraum gleichsam retrospektiv betrachtend - nunmehr vom Verdacht einer bereits ursprünglich fehlenden echten (also von einer im Asylzuerkennungszeitpunkt nur vorgetäuschten) Konversion ausgeht (zB mit dem Hinweis, dass der "Wissensstand [des Erstbeschwerdeführers] hinsichtlich des Christentums in der Zeit seit der Asylgewährung nicht größer geworden" sei; dem Hinweis darauf, dass der Beschwerdeführer seinen Taufnamen anders als im Zuerkennungsverfahren angegeben hat usw. - vgl. S 151 des Bescheides). Diese Überlegungen gipfeln im Bescheid in der Aussage, dass den Aussagen des Erstbeschwerdeführers "nicht entnommen" werden könne, dass er "einerseits tatsächlich aus innerer fester Überzeugung zum Christentum konvertiert" sei, sich "definitiv vom früheren Religionsbekenntnis des schiitischen Islam distanziert hätte" und sich "ernsthaft mit den Inhalten des christlichen
Glaubens auseinandergesetzt ... bzw. diese verinnerlicht [hätte]"
(Bescheid S. 152), beziehungsweise zusammenfassend, dass "die Konversion als nicht glaubhaft festgestellt wurde" (Bescheid S. 153), dass es dem Erstbeschwerdeführer "nicht zuzubilligen sei, ernsthaft zum Christentum konvertiert zu sein" (Bescheid S. 158).
Ob die geäußerten Zweifel an einer ursprünglich bestehenden Konversion eine Wiederaufnahme des abgeschlossenen Verfahrens rechtfertigen, war im vorliegenden Verfahren nicht abschließend zu klären, sondern wäre im Fall einer etwaigen Wiederaufnahme der rechtskräftig abgeschlossen Verfahren zu eruieren. Zur Klarstellung ist daher festzuhalten, dass die hier vom Bundesverwaltungsgericht getroffene Feststellung für ein allenfalls fortgesetztes Verfahren weder eine Bindung in dem Sinn entfaltet, dass die im Asylzuerkennungsbescheid getroffene Annahme einer echten Konversion des Erstbeschwerdeführers gerichtlich bewertet oder gar bestätigt wäre, noch eine Bindung in dem Sinn, dass die damalige Annahme der Konversion gerichtlich angezweifelt wäre, sondern nur zum Ausdruck bringt, dass keine maßgebliche Änderung der Zustände ersichtlich war.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Relevante Rechtsvorschriften
3.1.1. § 7 AsylG 2005 lautet auszugsweise:
"Aberkennung des Status des Asylberechtigten
§ 7. (1) Der Status des Asylberechtigten ist einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn
1. ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt;
2. einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist oder
3. der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat.
..."
3.1.2. Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention lautet auszugsweise:
"C. Dieses Abkommen wird auf eine Person, die unter die Bestimmungen des Abschnittes A fällt, nicht mehr angewendet werden, wenn sie
1. - 4. ....
5. wenn die Umstände, auf Grund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen und sie es daher nicht weiterhin ablehnen kann, sich unter den Schutz ihres Heimatlandes zu stellen."
3.1.3. § 69 Abs. 1 AVG lautet:
"Wiederaufnahme des Verfahrens
§ 69. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:
1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder
2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder
3. ...
4. ...
(2) ...
(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.
(4) Die Entscheidung über die Wiederaufnahme steht der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat."
3.2. Zu den Beschwerden der Erst- bis Zehntbeschwerdeführer
Zur Aberkennung des mit Bescheiden vom 23.03.2017 (Erstbeschwerdeführer) bzw. vom 03.10.2017 (Zeit- bis Zehntbeschwerdeführer) zuerkannten Status der Asylberechtigten stützt sich die belangte Behörde auf den Tatbestand des § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG. Die weiteren Spruchpunkte der angefochtenen Bescheide der Erst- bis Zehntbeschwerdeführer bauen darauf auf.
Der Tatbestand des § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG berechtigt zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten in dem Fall, dass der ursprüngliche Asylzuerkennungsgrund "nicht mehr besteht". Der gesetzliche Tatbestand setzt somit voraus, dass die Behörde auch weiterhin von der Annahme ausgeht, dass der Asylzuerkennungsgrund (hier: die Konversion des Beschwerdeführers zum Christentum in Verbindung mit der einschlägigen Gefährdungslage im Herkunftsstaat Afghanistan) ursprünglich bestanden hat und erst danach weggefallen ist.
Die von der belangten Behörde getroffenen Annahmen konnten daher keine Aberkennung aus dem Titel rechtfertigen, dass ein ursprünglich gegebener Asylzuerkennungsgrund "nicht mehr besteht", sondern hätten eventuell die Einleitung eines Verfahrens zur Wiederaufnahme wegen neu hervorgekommener Tatsachen und/oder Beweismittel (§ 69 AVG) nach sich ziehen können.
Eine entsprechende Abänderung der angefochtenen Bescheide durch das Bundesverwaltungsgericht kommt nicht in Betracht, weil sie den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens überschreiten würde. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher die angefochtenen Bescheide ersatzlos zu beheben. Der belangten Behörde obläge es in weiterer Folge, gemäß § 69 AVG über eine allfällige Wiederaufnahme der mit Asylzuerkennung rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren zu entscheiden. Sollten diese Verfahren wieder aufgenommen werden, wird die Behörde über die (dann wieder offenen) Anträge auf Zuerkennung von internationalem Schutz zu entscheiden und dabei auch die Frage der Konversion zu klären haben. In diesem Fall hätte sie sich auch mit dem in den Beschwerden erstatteten Vorbringen und den darin gestellten Beweisanträgen auseinanderzusetzen.
3.3. Zur Beschwerde der Elftbeschwerdeführerin
Der an die (in Österreich nachgeborene) Elftbeschwerdeführerin adressierte Bescheid erging auf Grundlage der im Aberkennungsbescheid betreffend den Erstbeschwerdeführer festgestellten Sachverhaltsannahmen. Diese Annahmen sind durch die Behebung des vom Erstbeschwerdeführer angefochtenen Bescheides vorerst hinfällig. Zwar tritt das Verfahren des Erstbeschwerdeführers durch die Behebung in das Stadium vor Erlassung des Aberkennungsbescheides zurück und lebt der ursprünglich an ihn adressierte Zuerkennungsbescheid wieder auf. Einer sofortigen abschließenden positiven Erledigung des Antrags der Elftbeschwerdeführerin im Familienverfahren durch das Bundesverwaltungsgericht steht aber die Bestimmung des § 34 Abs. 2 Z 3 AsylG im Weg. Zu beachten ist weiters, dass der Umstand, dass eine Entscheidung eines Familienangehörigen aufgehoben wird, im Familienverfahren gemäß § 34 Abs. 4 AsylG auch auf die übrigen Familienmitglieder durchschlägt und zur Rechtswidrigkeit der sie betreffenden Entscheidungen führt (VwGH 13.11.2014, Ra 2014/18/0011). Unter Anwendung dieses Gedankens und unter Berücksichtigung des Gebots, dass die Verfahren der Familienmitglieder im Familienverfahren "unter einem zu führen" sind (§ 34 Abs. 4 zweiter Halbsatz AsylG) schlägt der Grund für die ersatzlose Behebung der erst- bis zehntangefochtenen Bescheide auch auf den elftangefochtenen Bescheid durch, weswegen auch dieser zu beheben war.
3.4. Zur Abstandnahme von der mündlichen Verhandlung
Die belangte Behörde hat anlässlich der Beschwerdevorlage ausdrücklich erklärt, auf eine mündliche Verhandlung zu verzichten. Im Übrigen sieht § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG vor, dass die Verhandlung entfallen kann, wenn - wie hier - "bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist".
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Unterscheidung zwischen einer Änderung der Umstände (§ 7 Abs. 1 Z 2 AsylG) und dem bloßen Hervorkommen neuer Tatsachen oder Beweismittel (§ 69 Abs. 1 Z 2 AVG) ist eindeutig. Im Übrigen hängt die Entscheidung in erster Linie von der Beweiswürdigung ab, die im Allgemeinen nicht revisibel ist.
Schlagworte
Asylaberkennung, Behebung der Entscheidung, ersatzlose Behebung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W230.2210032.1.00Zuletzt aktualisiert am
15.05.2019