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L37039 Lustbarkeitsabgabe Vergnügungssteuer Wien;Norm
VergnügungssteuerG Wr 1987 §1 Abs1 Z3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde 1. der H GmbH,
2. der F Ges.m.b.H., und 3. der W Ges.m.b.H., alle in Schwechat und alle vertreten durch Dr. Günther Steiner, Dr. Anton Krautschneider und Mag. Andreas Dienstl, Rechtsanwälte in 1080 Wien, Trautsongasse 6, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 11. März 1994, Zl. MD-VfR - B 44-46/93, betreffend Vergnügungssteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 12.170,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit drei Bescheiden des Magistrats der Bundeshauptstadt Wien vom 23. November 1993 wurde
1. der Erstbeschwerdeführerin als Eigentümerin und Aufstellerin, der Zweitbeschwerdeführerin als Lokalinhaberin,
2. der Erstbeschwerdeführerin als Lokalinhaberin, Eigentümerin und Aufstellerin und
3. der Erstbeschwerdeführerin und der Drittbeschwerdeführerin als Lokalinhaberin
(im Falle des ersten und dritten Bescheides als Gesamtschuldner) gemäß § 6 Abs. 4 des Vergnügungssteuergesetzes für Wien 1987, LGBl. Nr. 43/1987, in der geltenden Fassung jeweils für das Halten von Geldwechselapparaten mit der Ausgabe von Gratisgetränkebons nach dem Zufallsprinzip in näher genannten Betriebsstätten für die dort betriebenen Geldwechselapparate Vergnügungssteuer vorgeschrieben.
Die Beschwerdeführerinnen erhoben Berufung. Mit dem angefochtenen Bescheid wurden die Berufungen als unbegründet abgewiesen. Begründend führt die belangte Behörde aus, dass gemäß § 1 Abs. 1 Vergnügungssteuergesetz 1987 - VGSG, LGBl. Nr. 43/1987, unter anderem (Z. 3) das Halten von Schau-, Scherz-, Spiel-, Geschicklichkeits- oder ähnlichen Apparaten sowie von Musikautomaten einer Steuer nach Maßgabe des genannten Gesetzes unterlägen. Es wird sodann § 6 VGSG wörtlich wiedergegeben.
Es stehe unbestritten fest, dass die angeführten Apparate (die belangte Behörde bezieht sich hiebei offenbar auf die Aufzählung in den wörtlich wiedergegebenen erstinstanzlichen Bescheiden) im Bemessungszeitraum gehalten worden seien und die Erstbeschwerdeführerin Eigentümerin und Aufstellerin der Apparate gewesen sei und die Zweitbeschwerdeführerin und die Drittbeschwerdeführerin (in den Fällen 1 und 3) in den im erstinstanzlichen Bescheid jeweils angeführten Standorten Lokalinhaber gewesen seien. Strittig sei, ob für die genannten Apparate dem Grunde nach eine Vergnügungssteuerpflicht bestehe.
Die belangte Behörde führt sodann aus, was nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Dezember 1991, Zl. 91/17/0078 (richtig: 89/17/0078), unter einem Apparat zu verstehen sei und was der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis zur Funktion eines Spielapparates ausgeführt hat. Handelte es sich bei den Apparaten um bloße Geldwechselautomaten, wäre eine Vergnügungssteuerpflicht nicht gegeben. Handle es sich hingegen um einen Apparat, bei dem es dem Zufall überlassen bleibe, ob der Benützer überhaupt einen Getränkebon erhält bzw. auf welchen Betrag der Bon lautet, könne nur der Unterhaltungszweck Motiv eines Benützers dieses Apparates sein. In diesem Zusammenhang wird auf das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 1991, Zl. 91/17/0073, verwiesen. Die in Frage stehenden Apparate seien eine Kombination beider Apparate. In diesem Fall müsse die Steuerpflicht als gegeben erachtet werden, andernfalls es die Abgabenpflichtigen in der Hand hätten, durch derartige Kombinationen die Steuerpflicht für Spielapparate jeder Art zu beseitigen. Nach weiteren Ausführungen zur Steuerpflicht des Unternehmers gemäß § 13 Abs. 1 VGSG und zur Steuerpflicht des Lokalinhabers gemäß § 1 Abs. 1 Z. 3 VGSG bzw. zur Voraussetzung für die Festsetzung von Säumniszuschlägen wird festgestellt, dass daher die Berufung abzuweisen gewesen wäre.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführerinnen zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom 27. September 1994, B 865/94, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
In der über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde erachten sich die Beschwerdeführerinnen in ihren Rechten auf Grund einer unrichtigen Rechtsansicht der belangten Behörde, die die Steuerpflicht für die verfahrensgegenständlichen Automaten bejaht hätte, verletzt.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Apparate, für welche den Beschwerdeführerinnen die Vergnügungssteuer nach § 6 Abs. 4 Vergnügungssteuergesetz für Wien 1987, LGBl. Nr. 43/1987, in der geltenden Fassung, vorgeschrieben wurde, sind Geldwechselapparate, bei denen mit der Einleitung des Wechselvorganges durch den Kunden ein an der Front befindliches "Lichtrad", welches in sechs Felder unterteilt ist, in Betrieb gesetzt wird. Am Ende des Wechselvorganges bleibt eines der Felder beleuchtet. Wenn dieses Feld mit einer Zahl (10, 20, 30 oder 40) versehen ist, gibt der Automat gleichzeitig mit dem Wechselgeld einen Getränkegutschein aus, dessen Wert der beleuchteten Zahl in Schillingen entspricht und der im jeweiligen gastgewerblichen Betrieb eingelöst werden kann.
Unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit wenden sich die Beschwerdeführerinnen gegen die Auffassung der belangten Behörde, dass diese Geldwechselautomaten Spielapparate im Sinne des § 6 Abs. 4 VGSG seien.
Die Beschwerde ist insoweit begründet.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 13. Dezember 1985, Zl. 85/17/0111, zu der insofern mit § 6 Abs. 4 VGSG inhaltsgleichen Vorschrift des § 26 Vergnügungssteuergesetz für Wien 1963, LGBl. Nr. 11 idF LGBl. Nr. 7/1983, ausgeführt hat, kommt dem Ausdruck "Spiel" im zusammengesetzten Hauptwort "Spielapparate" die Bedeutung von "zweckfreier Beschäftigung aus Freude an ihr selbst und/oder ihren Resultaten zur Unterhaltung, Entspannung oder zum Zeitvertreib" zu. Spielapparate sind demnach Apparate, deren Betätigung aus Freude an der betreffenden Betätigung selbst, um der Entspannung oder Unterhaltung willen erfolgt. Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Rechtsauffassung zu § 6 Abs. 4 VGSG etwa auch in dem von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens genannten Erkenntnis vom 10. Oktober 1991, Zl. 91/17/0073, zugrunde gelegt.
Die belangte Behörde hat dieses zuletzt genannte Erkenntnis deshalb für ihre Rechtsauffassung ins Treffen geführt, weil der Verwaltungsgerichtshof Apparate, bei denen nach Einwurf eines Geldbetrages die Ausgabe von Waren vom Zufall abhängig wäre, als Spielapparate im Sinne des § 6 Abs. 4 VGSG qualifiziert hat. Die Geldwechselautomaten im vorliegenden Fall haben jedoch nicht eine vergleichbare Funktion wie die in dem genannten Erkenntnis zu beurteilenden Apparate. Es wird die Gegenleistung nicht vom Zufall abhängig gemacht. Sie funktionieren vielmehr in jedem Fall als Wechselapparat, bei dem derselbe Geldbetrag, der in Geldscheinen eingegeben wird, in Scheidemünzen ausgegeben wird. Zusätzlich wird nach dem Zufallsprinzip allenfalls ein Getränkebon ausgegeben. Es kann bei dieser Sachlage nicht davon die Rede sein, dass ein Spiel im Sinne der oben wiedergegebenen Definition vorliege, weil das Geldwechseln gerade nicht eine zweckfreie Beschäftigung aus Freude an ihr selbst und/oder ihren Resultaten zur Unterhaltung, Entspannung oder zum Zeitvertreib darstellt. Der Umstand, dass vom Aufsteller des Apparats bzw. vom Lokalinhaber ein Anreiz zur Verwendung des Automaten durch das In-Aussicht-stellen von Gratisgetränkebons gegeben wird ändert nichts daran, dass der Apparat zum Zwecke des Geldwechselns verwendet wird. Es trifft vor allem nicht zu, dass - wie die belangte Behörde meint - die gegenständlichen Apparate nur dann kein Spielapparat seien, wenn sie reine Geldwechselapparate seien, da dann, wenn zusätzlich zum Geldwechseln auch nach dem Zufallsprinzip Getränkebons ausgegeben würden, der Unterhaltungszweck Motiv eines Benützers des Apparates sei. Diese Auffassung berücksichtigt nicht die Tatsache, dass die Apparate durch die allfällige Zugabe einer Vergünstigung nicht ihren primären Zweck verlieren. Bei Verfolgung der Auffassung der belangten Behörde wären auch Kartenausgabeautomaten (etwa eines Verkehrsunternehmens) Spielapparate, wenn nach dem Zufallsprinzip Gewinne mit einer bestimmten Zahl von Karten verbunden wären, oder auch Telefonapparate, bei denen neben der Führung des Telefongespräches allenfalls ein Gewinn angezeigt wird. Den von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid formulierten Bedenken, dass durch entsprechende "Kombination verschiedener Typen von Apparaten" es die Abgabepflichtigen in der Hand hätten, durch eine derartige Kombination die Steuerpflicht für Spielapparate jeder Art zu beseitigen, ist zu entgegnen, dass jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden, in dem sich die Leistung des Kunden und die Gegenleistung des Apparatebetreibers jedenfalls in gleicher Höhe gegenüberstehen, eine derartige Gefahr nicht gegeben ist. Wenn die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift darauf hinweist, dass die Entgeltlichkeit nicht als Voraussetzung für die Steuerpflicht normiert sei und es aufgrund der Unentgeltlichkeit feststehe, dass der Getränkebon einen Gewinn darstelle, so ist dies zwar im Lichte der hg. Rechtsprechung zu § 26 Vergnügungssteuergesetz 1963 idF LGBl. Nr. 16/1981 (der Vorläuferbestimmung des § 6 Abs. 4 VGSG) zutreffend (bis zur Novelle 1981 konnte die Abgabe auch als Prozentsatz der Einnahmen berechnet werden, sodass offensichtlich vor der Novelle 1981 unentgeltliche Spiele mit den unter diese Bestimmung fallenden Apparaten nicht der Steuerpflicht unterlagen). Es ist aber dazu darauf hinzuweisen, dass aus dem Umstand, dass nach der hg. Rechtsprechung demnach auch die Abgabepflicht nach § 6 Abs. 4 VGSG nicht an die Erzielung von Einnahmen geknüpft ist, noch nicht folgt, dass jeder Apparat, mit dem unter Umständen Gewinne lukriert werden können, ein Spielapparat ist. Bei der hier in Rede stehenden Kombination der Elemente verschiedener Apparate bedarf es vielmehr eines hinzutretenden Kriteriums, welches eine Unterscheidung der Apparate danach, ob es sich um einen Spielapparat handelt oder nicht, ermöglicht. Wenn daher zur Vermeidung der Umgehung der Steuerpflicht oben darauf abgestellt wurde, dass bei Apparaten, die auch bzw. primär einem anderen Zweck als der Erzielung eines mit der Inbetriebnahme zum primären Zweck auch möglicherweise verbundenen Gewinns dienen, auf das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung abgestellt wird, bedeutet dies grundsätzlich kein Abgehen von der in der Vorjudikatur zum Ausdruck gebrachten Auffassung, dass die Entgeltlichkeit keine Voraussetzung für das Vorliegen der Steuerpflicht bei Tatbeständen wie § 6 Abs. 4 VGSG (wenn der Gesetzgeber die Entgeltlichkeit nicht ausdrücklich vorgesehen hat) darstellt.
Da somit die belangte Behörde die Rechtslage verkannte, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Der Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des Antrags auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 22. März 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1994170432.X00Im RIS seit
21.02.2002