Entscheidungsdatum
14.02.2019Norm
BDG 1979 §50aSpruch
W244 2211493-1/4E
IM RAHMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Verena JEDLICZKA-MESSNER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch RA Dr. Thomas PRAXMARER, gegen den Bescheid des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz vom 28.09.2018, Zl. BMVRDJ-3001740/0003-II 4/b/2018, betreffend Herabsetzung der Wochendienstzeit, zu Recht:
A)
Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer steht als Justizwachebeamter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und versieht seinen Dienst in der Justizanstalt XXXX .
Die regelmäßige Wochendienstzeit des Beschwerdeführers war gemäß § 50a Beamten-Dienstrechtsgesetz (kurz: BDG 1979) von 13.09.2010 bis 31.08.2014 auf 30 Wochenstunden und von 01.09.2014 bis 12.09.2018 auf 34 Wochenstunden herabgesetzt.
Mit Schreiben vom 31.07.2018 beantragte der Beschwerdeführer eine Verlängerung der Herabsetzung seiner Wochendienstzeit nach § 50a BDG 1979 um ein weiteres Jahr.
Mit Bescheid vom 28.09.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen. Die belangte Behörde führte aus, dass vor dem Hintergrund der angespannten Personalsituation eine weitere Verlängerung der Herabsetzung nicht möglich sei, weil wichtige dienstliche Interessen entgegenstünden.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt dem Bezug habenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.
Mit Parteiengehör vom 20.12.2018 wurde der Beschwerdeführer darauf aufmerksam gemacht, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine ausdrückliche oder implizite Ermächtigung zu einer rückwirkenden Rechtsgestaltung dem § 50a leg.cit. nicht zu entnehmen sei. Eine rückwirkende Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit für Zeiträume, in denen ein Beamter bereits normal Dienst geleistet hat, erwiese sich daher als unzulässig (vgl. VwGH 12.05.2010, 2009/12/0062). Auch eine Teilstattgebung des Antrages komme nicht in Betracht. Der Verwaltungsgerichtshof habe nämlich schon in seinem Erkenntnis vom 13.03.2009, 2007/12/0092, die Unteilbarkeit des Antrages gemäß § 50a Abs. 1 leg.cit. in Ansehung des Zeitraumes, für den die Herabsetzung begehrt wird, betont und hervorgehoben, dass die Dienstbehörde nicht berechtigt ist, die begehrte Herabsetzung nur für Teile des beantragten Gesamtzeitraumes zu bewilligen. Da der vom Beschwerdeführer begehrte Beginn der Herabsetzung der Wochendienstzeit mit 13.09.2018 bereits bei Einlangen der Beschwerde am Bundesverwaltungsgericht verstrichen gewesen sei, könne seinem Begehren nicht Rechnung getragen werden.
Mit Schreiben vom 15.01.2019 modifizierte der Beschwerdeführer seinen Antrag dahingehend, dass er nunmehr die Herabsetzung der Wochendienstzeit ab 13.02.2019 für die Dauer eines Jahres, in eventu ab 13.03.2019 für die Dauer eines Jahres, beantrage.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer steht als Justizwachebeamter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und versieht seinen Dienst in der Justizanstalt XXXX .
Mit Schreiben vom 31.07.2018 beantragte der Beschwerdeführer eine (Verlängerung der) Herabsetzung seiner Wochendienstzeit gemäß § 50a BDG 1979 auf 80 % der Vollarbeitszeit für die Zeit von 13.09.2018 bis 12.09.2018. Der diesbezügliche Antrag wurde vom Beschwerdeführer am 15.01.2019 insoweit modifiziert, dass er nunmehr die Herabsetzung der Wochendienstzeit ab 13.02.2019 für die Dauer eines Jahres, in eventu ab 13.03.2019 für die Dauer eines Jahres, beantrage.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akt in Verbindung mit dem Beschwerdevorbringen sowie dem Parteiengehör und sind soweit unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Zu A) Ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides:
§ 50a Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979), BGBl. 333 idF BGBl. I 71/2003, lautet auszugsweise wie folgt:
"Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit aus beliebigem Anlaß
§ 50a. (1) Die regelmäßige Wochendienstzeit des Beamten kann auf seinen Antrag bis auf die Hälfte des für eine Vollbeschäftigung vorgesehenen Ausmaßes herabgesetzt werden, wenn der Verwendung im verlangten Ausmaß keine wichtigen dienstlichen Interessen entgegenstehen.
(2) Das Ausmaß der Herabsetzung ist so festzulegen, daß die verbleibende regelmäßige Wochendienstzeit ein ganzzahliges Stundenausmaß umfaßt. Das Ausmaß darf nicht weniger als 20 und nicht mehr als 39 Stunden betragen.
(3) Die Herabsetzung wird für die Dauer eines Jahres oder eines Vielfachen eines Jahres wirksam. Übersteigen die gesamten Zeiträume einer solchen Herabsetzung für einen Beamten insgesamt zehn Jahre, bleibt das zuletzt gewährte Ausmaß der Herabsetzung ab diesem Zeitpunkt bis zu seiner allfälligen Änderung gemäß § 50d Abs. 1 dauernd wirksam. Auf diese Obergrenze von zehn Jahren zählen auch Zeiten in früheren Dienstverhältnissen, in denen die Wochendienstzeit nach § 50a herabgesetzt war.
(4) [ ]"
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung ausführt, ist eine ausdrückliche oder implizite Ermächtigung zu einer rückwirkenden Rechtsgestaltung dem § 50a BDG 1979 nicht zu entnehmen. Eine rückwirkende Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit für Zeiträume, in denen ein Beamter bereits normal Dienst geleistet hat, erwiese sich daher als unzulässig (VwGH 01.07.2015, Ra 2015/12/0024).
Gemäß § 50a Abs. 3 leg.cit. ist die Herabsetzung für die Dauer eines Jahres oder eines Vielfachen eines Jahres wirksam. Der bekämpfte Bescheid sprach über die Herabsetzung der Wochendienstzeit von 13.09.2018 bis 12.09.2019 ab. Damit ist in eindeutiger Weise der zeitliche Rahmen der beantragten Herabsetzung und somit auch der Prüfungsumfang der Beschwerde gemäß § 27 VwGVG abgesteckt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zu Verfahren über Beschwerden gegen verwaltungsbehördliche Bescheide festgehalten, dass - ungeachtet des durch § 27 leg.cit. vorgegebenen Prüfungsumfanges - als Sache eines solchen Verfahrens jedenfalls nur jene Angelegenheit anzusehen ist, die den Inhalt des Spruches der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde gebildet hat (vgl. VwGH 10.11.2015, Ro 2015/19/0001 mwN).
Mit Schreiben vom 15.01.2019 modifizierte der Beschwerdeführer seinen Antrag dahingehend, dass er die Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit von 13.02.2019 für die Dauer eines Jahres, in eventu ab 13.03.2019 für die Dauer eines Jahres beantrage.
Der Verwaltungsgerichtshof führt in seiner Rechtsprechung aus, dass wenn in § 50a Abs. 1 BDG 1979 vom "Ausmaß" der Herabsetzung die Rede ist, damit freilich nicht nur der stundenmäßige Umfang der Reduktion der regelmäßigen Wochendienstzeit gemeint ist, sondern auch der Zeitraum der Herabsetzung, d.h. deren Dauer und zeitliche Lagerung. Ob der gewünschten Herabsetzung ein wichtiges dienstliches Interesse entgegensteht, kann nämlich nicht abstrakt beurteilt werden, sondern nur in Bezug auf den konkreten Zeitraum, für den die Herabsetzung beantragt wird. Aus der Antragsbedürftigkeit der Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit ergibt sich, dass bereits der Antrag das begehrte Ausmaß der Herabsetzung konkret zu bezeichnen hat, d.h. sowohl den stundenmäßigen Umfang der Herabsetzung als auch den konkreten Zeitraum, für den diese gewährt werden soll (VwGH 12.05.2010, 2009/12/0081). Demnach besteht keine Möglichkeit, einen Antrag für die Dauer von einem Jahr zu stellen, ohne eine konkrete zeitliche Lagerung anzugeben. Dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass sich die Dienstbehörde bei der Beurteilung der dienstlichen Interessen auf rezente durchschnittliche Zahlen zu stützen hat, sodass bei der Bescheiderlassung die Zahlen festzustellen und darauf aufbauend die Prognose für den begehrten Herabsetzungszeitraum zu treffen wäre (VwGH 12.05.2010, 2009/12/0044).
Demnach ist im vorliegenden Fall Sache des Beschwerdeverfahrens der Antrag über die Herabsetzung der Wochendienstzeit von 13.09.2018 bis 12.09.2019.
Gemäß § 13 Abs. 8 AVG kann der verfahrensleitende Antrag in jeder Lage des Verfahrens geändert werden. Durch die Antragsänderung darf die Sache ihrem Wesen nach nicht geändert werden. Wie weit eine Antragsänderung konkret gehen darf, hängt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch entscheidend davon ab, ob die Änderung vor Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides oder erst im Zuge eines allfälligen Berufungsverfahrens erfolgt. Zwar ist auch dort eine Antragsänderung grundsätzlich zulässig, allerdings zieht § 66 Abs. 4 leg.cit. solchen Modifikationen engere Grenzen als der bloß auf das Wesen der Sache abstellende § 13 Abs. 8 leg.cit. So ist die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde nämlich gemäß § 66 Abs. 4 leg.cit. auf die "Sache" des erstinstanzlichen Verfahrens beschränkt (vgl. VwGH 18.08.2017, Ro 2015/04/0006 mwN).
Eine wesentliche Antragsänderung (die also das "Wesen" der Sache betrifft) ist als Stellung eines neuen Antrages unter konkludenter Zurückziehung des ursprünglichen Antrages zu werten. Erfolgt eine solche Änderung während des Rechtsmittelverfahrens, bewirkt die (konkludente) Zurückziehung des ursprünglichen verfahrenseinleitenden Antrages den Wegfall der Zuständigkeit der Behörde zur Erlassung des Bescheides und damit nachträglich dessen Rechtswidrigkeit. Das Verwaltungsgericht ist somit angehalten, den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben (vgl. VwGH 12.09.2016, Ra 2014/04/0037 mit Hinweis auf VwGH 19.11.2014, Ra 2014/22/0016).
Dies trifft im vorliegenden Fall zu: Da nach der genannten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes über das eigentliche Begehren des Beschwerdeführers auf eine Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit von 13.09.2018 bis 12.09.2019 nicht abgesprochen werden kann, weil eine rückwirkende Herabsetzung nicht möglich ist und sich der vom Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren modifizierte Antrag auf ein Jahr ab der Herabsetzung als wesentliche (das Wesen der Sache betreffende) Antragsänderung darstellt, bewirkt diese Änderung eine konkludente Zurückziehung des ursprünglichen verfahrenseinleitenden Antrages und somit den Wegfall der Zuständigkeit der Behörde, weshalb der bekämpfte Bescheid ersatzlos zu beheben ist.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur vorliegenden Konstellation (einjähriger Antragszeitraum) fehlt. Zwar gibt es eindeutige (unter A. angeführte) Judikatur zum § 13 Abs. 8 AVG und der Sache eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sowie zu § 50a BDG, doch zeigt der Beschwerdeführer auch auf, dass es in Fällen mit der vorliegenden Konstellation faktisch aufgrund des Zeitablaufs kaum möglich sein wird, einen Bescheid, der über eine einjährige Herabsetzung abspricht, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu bekämpfen. Andererseits würde die Zulässigkeit der Modifikation des Antrages im Beschwerdeverfahren - über den eigentlich begehrten Zeitraum hinaus - bedeuten, dass das Bundesverwaltungsgericht über diesen Antrag als erste und einzige Instanz zu entscheiden und das vollständige Ermittlungsverfahren zu tragen hätte, da für die Beurteilung der dienstlichen Interessen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die rezenten Zahlen (idR der letzten 17 Wochen unter Heranziehung des § 48a Abs. 3 BDG) zugrunde zu legen sind.
Schlagworte
Antragsänderung, Antragszeitraum, ersatzlose Behebung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W244.2211493.1.00Zuletzt aktualisiert am
15.05.2019