Entscheidungsdatum
05.03.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W204 2122205-2/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Esther SCHNEIDER über die Beschwerde des XXXX , geb. am XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.02.2019, Zl. 1044355307 - 190102522 / BMI-EAST_WEST zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
I.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger Afghanistans, reiste legal nach Erteilung eines Visums nach § 35 Abs. 4 AsylG in das Bundesgebiet ein und stellte am 24.09.2015 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 30.12.2015, Zl. 1044355307 - 151424863/BMI-BFA_TIROL_RD, hinsichtlich des Status des Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 3 AsylG wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkt III.).
Die gegen Spruchpunkt I. erhobene Beschwerde wurde mit am 16.04.2018 mündlich verkündetem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts zu W178 2122205-1/13Z als unbegründet abgewiesen.
I.2. Mit Bescheid vom 30.05.2016, Zl. 1044355307 - 151424863, wurde die befristete Aufenthaltsberechtigung antragsgemäß verlängert.
I.3. Nach Durchführung von Einvernahmen am 12.06.2018 und am 31.10.2018 wurde dem BF mit Bescheid vom 16.11.2018, Zl. 1044355307 - 180449479/BMI-BFA_VBG_RD, zugestellt durch Hinterlegung am 21.11.2018, der Status des subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.), der Antrag auf Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung abgewiesen (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel nicht erteilt (Spruchpunkt III.), eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.), festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.) und die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.
Dagegen hat der BF keine Beschwerde erhoben, sodass dieser Bescheid in Rechtskraft erwuchs.
I.4. Am 29.01.2019 stellte der BF im Stande der Schubhaft einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz. Zu diesem wurde er am darauffolgenden Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Landespolizeidirektion Steiermark niederschriftlich erstbefragt. Befragt, warum er einen neuerlichen Asylantrag stelle, gab er an, er sei mit seiner Familie nach dem Tod seines Vaters nach Pakistan gereist. Er könne nicht nach Afghanistan zurück, da er Probleme habe.
I.5. Am 04.02.2019 wurde der BF von dem zur Entscheidung berufenen Organwalter des BFA im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Dari und eines Rechtsberaters niederschriftlich einvernommen. Befragt, warum er einen neuerlichen Antrag stelle, gab er an, er habe seinen Status als subsidiär Schutzberechtigter aufgrund seines Gefängnisaufenthalts nicht verlängern lassen können und deswegen einen negativen Bescheid erhalten. Er wolle einen neuerlichen Antrag stellen, da er niemanden in Afghanistan kenne, weil er -in Pakistan aufgewachsen sei. In Pakistan sei die Situation für Afghanen sehr schlimm. Außerdem sei seine ganze Familie in Österreich.
I.6. Mit Bescheid vom 11.02.2019, Zl. 1044355307 - 190102522 / BMI-EAST_WEST, dem BF am 19.02.2019 zugestellt, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.), eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.), festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.) und keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI.). Zudem wurde gegen den BF ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).
Der BF habe keine neuen asylrelevanten Gründe vorgebracht und es liege auch kein neuer objektiver Sachverhalt vor, der Antrag sei daher zurückzuweisen. Der BF habe die Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingehalten und damit einer behördlichen Anordnung nicht Folge geleistet. Zudem sei der BF mittellos und mehrmals strafrechtlich verurteilt worden, es sei daher ein Einreiseverbot zu verhängen.
I.7. Mit Verfahrensanordnung vom 12.02.2019 wurde dem BF amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.
I.8. Am 26.02.2019 erhob der BF durch seine Rechtsvertretung Beschwerde in vollem Umfang gegen den Bescheid. Es wurde beantragt, den Bescheid dahingehend abzuändern, dass dem BF der Status des Asylberechtigten in eventu des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt werde, in eventu den Bescheid zu beheben und zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückzuverweisen, das Einreiseverbot aufzuheben, in eventu das Einreiseverbot auf die Dauer von fünf Jahren zu verkürzen und eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.
Begründend wird in der Beschwerde ausgeführt, der BF wäre bei einer Rückkehr auf sich alleine gestellt, sodass ihm in Zusammenhalt mit der schlechten Sicherheitslage eine Rückkehr weder möglich noch zumutbar wäre.
I.9. Am 28.02.2019 langte die gegenständliche Beschwerde samt dem Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein, deren Einlangen mit Mitteilung gemäß § 16 Abs. 4 BFA-VG bestätigt worden ist.
I.10. Am 04.03.2018 legte das BFA eine Mitteilung vor, wonach der sich im Anhaltezentrum befindende BF in einen Hungerstreik getreten sei, und übermittelte eine gekürzte Urteilsausfertigung.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:
-
Einsicht in den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakt des BFA betreffend den BF; insbesondere in die Befragungsprotokolle und die vom BF vorgelegten Unterlagen;
-
Einsicht in die durch das BFA in das Verfahren eingeführten Länderberichte zur aktuellen Situation im Herkunftsstaat;
-
Einsicht in das Strafregister, das Grundversorgungssystem und das Melderegister.
II.1. Sachverhaltsfeststellungen:
II.1.1. Zum BF und seinen Fluchtgründen:
Der BF ist Staatsangehöriger Afghanistans und gehört der Volksgruppe der Hazara und der schiitischen Glaubensgemeinschaft an. Die Muttersprache des BF ist Dari. Die Identität des BF steht fest.
Der BF verließ Afghanistan im Alter von zwei Monaten nach Pakistan und lebte dort mit seiner Familie und besuchte sechs Jahre lang die Schule.
Der BF reiste am 20.09.2015 legal im Besitz eines österreichischen Visums in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz, wobei der BF eine Verfolgung aufgrund seiner Eigenschaft als schiitischer Hazara vorbrachte. Der Antrag wurde in Bezug auf den Status des Asylberechtigten mit Bescheid vom 30.12.2015, Zl. 1044355307 - 151424863/BMI-BFA_TIROL_RD, abgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit am 16.04.2018 mündlich verkündetem Erkenntnis zu W178 2122205-1/13Z als unbegründet abgewiesen.
Der mit Bescheid vom 30.12.2015 zuerkannte Status als subsidiär Schutzberechtigter wurde dem BF mit Bescheid vom 16.11.2018, Zl. 1044355307 - 180449479/BMI-BFA_VBG_RD, dem BF durch Hinterlegung am 21.11.2018 zugestellt, aberkannt, da die Sicherheits- und Versorgungslage eine Rückkehr des BF nicht ausschließe, zumal er jung, gesund und arbeitsfähig ist. Der Bescheid blieb unbekämpft und erwuchs deshalb in Rechtskraft.
Eine maßgebliche Änderung hinsichtlich der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat seit rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens über den Antrag auf internationalen Schutz des BF bzw. der Aberkennung des subsidiären Schutzes kann ebenso wenig festgestellt werden wie zur Frage des Vorliegens einer maßgeblichen Bedrohung des BF in Afghanistan. Der BF leidet an keiner schwerwiegenden Erkrankung.
Der BF verfügt über kein Einkommen und kein Vermögen, er bezieht Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung. Der BF besuchte während seines Aufenthalts Deutschkurse und kann sich im Alltag auf Deutsch verständigen. Er ist kein Mitglied in einem Verein und beschäftigte sich nicht ehrenamtlich. Von 07.11.2016 bis 16.11.2016 und von 24.11.2016 bis 05.12.2016 war der BF bei der XXXX Jugendwerkstätte beschäftigt. Davor beziehungsweise danach bezog der BF Arbeitslosengeld beziehungsweise Mindestsicherung.
Im Bundesgebiet befinden sich seine Mutter, sein Bruder und seine Schwester, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde. Der BF hat keine Verlobte, die in Deutschland als anerkannter Flüchtling lebt und von ihm schwanger ist.
Der BF hat am 22.06.2017 eine Frau mit Gewalt zu einer Handlung, nämlich mit ihm mitzukommen, zu nötigen versucht, indem er sie am linken Oberarm erfasste, daran zog und sie zwickte. Er wurde dafür vom Landesgericht XXXX mit Urteil vom 25.09.2017, rechtskräftig seit 03.10.2017, zu XXXX , wegen des Vergehens der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe in der Höhe von 80 Tagessätzen verurteilt, wobei ein Teil der Geldstrafe im Ausmaß von 60 Tagessätzen unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.
Am 23.02.2017 hat der BF fremde bewegliche Sachen in einem insgesamt EUR 5.000,-- übersteigenden Wert Verfügungsberechtigten einer GmbH teils durch Aufbrechen eines Behältnisses mit dem Vorsatz weggenommen, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern und zwar ca. EUR 200,-- an Bargeld, indem er eine Kasse aufbrach und das Geld in seine Jackentasche steckte und ca. EUR 6.000,-- an Bargeld, vier Manschetten im Wert von ca. EUR 200,-- und eine Digitalkamera, indem er die Sachen wegnahm und in seine Socken beziehungsweise seine Jackentasche steckte sowie an einer fremden Sache, nämlich der Öffnungsglockenanlage eines Geschäftslokals, einen Schaden in unbekannter, EUR 5.000,-- nicht übersteigender Höhe herbeigeführt, indem er die Glocke herunterriss, wodurch die Anlage beschädigt wurde. Er wurde dafür vom Landesgericht XXXX unter Bedachtnahme auf das Urteil vom 25.09.2017 mit Urteil vom 20.10.2017, rechtskräftig seit 20.10.2017, zu XXXX wegen des Vergehens des schweren Diebstahls teils durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 5, 129 Abs. 1 Z 2 StGB und des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB zu einer Zusatzgeldstrafe von 160 Tagessätzen verurteilt, wobei ein Teil der Geldstrafe im Ausmaß von 80 Tagessätzen unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Die erlittene Vorhaft von 23.02.2017, 09:25 Uhr, bis 23.02.2017, 19:25 Uhr, wurde auf die Strafe angerechnet.
Am 26.01.2018 hat der BF eine Person, die mit der Lenkung eines Beförderungsmittels einer dem öffentlichen Verkehr dienenden Anstalt betraut war, während oder wegen der Ausübung dieser Tätigkeit, vorsätzlich am Körper verletzt, indem er dieser Person zunächst Faustschläge gegen den Körper versetzen wollte, die von dieser noch abgewehrt werden konnten, und in weiterer Folge mit dem Fuß gegen den Bauchbereich trat, wodurch diese Prellungen im Bauchbereich erlitt. Am 11.12.2017 hat er im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem weiteren Afghanen jemanden dadurch, dass sie ihm mehrere Faustschläge gegen das Gesicht versetzten und Steine gegen ihn warfen, vorsätzlich am Körper verletzt, wobei die Tat eine Nasenbeinfraktur zur Folge hatte. Er wurde dafür vom Landesgericht XXXX mit Urteil vom 15.05.2018, rechtskräftig seit 22.05.2018, zu XXXX wegen der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 und teils Abs. 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten verurteilt. Die Verwahrungs- beziehungsweise Untersuchungshaft vom 30.04.2018, 20:35 Uhr, bis 15.05.2018, 10:15 Uhr, wurde auf die verhängte Strafe angerechnet. Mit Beschluss vom selben Tag wurde die Probezeit der beiden vorhergehenden Urteile auf fünf Jahre verlängert.
Mit Beschluss des Landesgerichts XXXX vom 12.06.2018 zu XXXX wurde der BF aus der Freiheitsstrafe zu XXXX am 07.07.2018 bedingt entlassen, wobei die Probezeit auf drei Jahre festgesetzt und Bewährungshilfe angeordnet wurde. Mit weiterem Beschluss vom 18.07.2018 zu XXXX wurde der BF aus der Freiheitsstrafe zu XXXX am 07.08.2018 bedingt entlassen, wobei die Probezeit auf drei Jahre festgesetzt und Bewährungshilfe angeordnet wurde.
Der BF hat am 30.04.2018 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit zwei Mittätern einem anderen fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern und zwar ein Mobiltelefon der Marke Samsung im Wert von ca. EUR 100,-- und eine Schildkappe im Wert von ca. EUR 20,--, indem der BF in die Jackentasche des Opfers griff und daraus das Mobiltelefon wegnahm. Zudem hat er in einem unbekannten Zeitraum bis 20.03.2018, wenn auch nur fahrlässig, eine Waffe, nämlich eine Schreckschusspistole der Marke Walther P99 besessen, obwohl ihm dies gemäß § 12 WaffG verboten war, und am 23.04.2018 eine fremde Sache, nämlich einen fremden PKW beschädigt, indem er mit den Füßen mehrfach gegen das abgestellte Fahrzeug trat, wodurch an diesem Schäden in bislang unbekannter, EUR 5.000,-- nicht übersteigender Höhe entstanden. Er wurde dafür vom Landesgericht XXXX mit Urteil vom 06.07.2018, rechtskräftig seit 06.07.2018, zu XXXX wegen des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB, des Vergehens nach § 50 Abs. 1 Z 3 WaffG und des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB zu einer Zusatzfreiheitsstrafe zu XXXX des Landesgerichts XXXX in der Dauer von zwei Monaten verurteilt. Vom Widerruf der bedingten Strafnachsichten wurde mit Beschluss vom gleichen Tag abgesehen.
Mit einem weiteren Urteil des Landesgerichts XXXX vom 12.02.2019, rechtskräftig seit 18.02.2019, zu XXXX wurde der BF wegen des Vergehens des Raufhandels nach § 91 Abs. 2 StGB zu einer zweimonatigen Freiheitsstrafe verurteilt. Mit Beschluss vom selben Tag wurde die bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe widerrufen.
Ein gegen den BF wegen eines Vergehens nach dem SMG geführtes Strafverfahren wurde gemäß § 38 Abs. 3 SMG endgültig eingestellt.
II.1.2. Zur Situation in Afghanistan:
(Auszug aus den aktuellen Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid)
KI vom 31.1.2019, Friedensgespräche zwischen den USA und den Taliban (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage und Abschnitt 3/Sicherheitslage)
Am Samstag dem 26.1.2019 endete die sechstägige Friedensgesprächsrunde in Doha, Katar, zwischen dem U.S.-Chefunterhändler Zalmay Khalilzad und den Taliban-Vertretern (DP 28.1.2019; vgl. NYT 28.1.2019, CNN 27.1.2019, Tolonews 28.1.2019). Quellen zufolge wurde ein erster Vertragsentwurf ausgehandelt, wonach sich die Taliban dazu verpflichten würden, ausländische Terrororganisationen von Afghanistan fernzuhalten, und die USA würden im Gegenzug dazu ihren Truppenabzug aus Afghanistan innerhalb von 18 Monaten garantieren. Dieser sei jedoch an weitere Bedingungen gebunden, die noch genau besprochen werden müssen, wie die Ausrufung eines Waffenstillstands zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung sowie die Forderung von direkten Gesprächen zwischen diesen beiden Akteuren (NYT 28.1.2019; vgl. DP 28.1.2019, FP 29.1.2019). Inoffiziellen Quellen zufolge wurde bei den Gesprächen u.a. die Schaffung einer Interimsregierung, in der auch die Taliban vertreten sein sollen, angedacht, was jedoch von Khalilzad dementiert wurde (NYT 28.1.2019; vgl. DP 28.1.2019). Die nächste Friedensgesprächsrunde wird voraussichtlich Ende Februar 2019 stattfinden (NYT 28.1.2019; FP 29.1.2019). Der afghanische Präsident Ashraf Ghani äußerte während einer Fernsehansprache am 28.1.2019 sein Unbehagen bzgl. eines voreiligen Abzugs der U.S.- Truppen aus Afghanistan und erinnerte an die dramatischen Auswirkungen des sowjetischen Abzuges Ende der 1980er Jahre, dem Anarchie und die Ermordung des ehemaligen Präsidenten Mohammad Najibullah folgten (NYT 28.1.2019). Ghani, der die Taliban mehrmals dazu aufgefordert hatte, direkt mit seiner Regierung zu verhandeln, zeigte sich des Weiteren über den Ausschluss der afghanischen Regierung aus den Friedensgesprächen besorgt (NYT 28.1.2019; vgl. DP 28.1.2019, IM 28.1.2019). Während sich einige Quellen hinsichtlich gründlicher Friedensgespräche und eines effizient ausgehandelten Abkommens optimistisch zeigen (Internazionale 30.1.2019; vgl. WP 30.1.2019), fürchten andere, dass ein Abzug der amerikanischen Truppen den Zusammenbruch der afghanischen Regierung wegen der Taliban und vorhersehbarer Machtkämpfe zwischen den verschiedenen lokalen Akteuren zur Folge haben könnte (DP 28.1.2019; vgl. FP 29.1.2019).
Quellen:
-
CNN - Cable News Network (27.1.2019): US-Taliban peace talks in Doha a 'significant step',
https://edition.cnn.com/2019/01/27/asia/us-taliban-afghan-peacetalks-doha-intl/index.html, Zugriff 31.1.2019
-
DP - Die Presse (28.1.2019): Afghanistan vor dramatischer Wende,
https://diepresse.com/home/ausland/aussenpolitik/5570225/Afghanistan-vor-
dramatischer-Wende, Zugriff 31.1.2019
-
FP - Foreign Policy (29.1.2019): Will Zalmay Khalilzad Be Known as the Man Who Lost Afghanistan?,
https://foreignpolicy.com/2019/01/29/will-zalmay-khalilzad-beknown-as-the-man-who-lost-afghanistan-envoy-taliban/. Zugriff 31.1.2019
-
IM - Il Messaggero (28.1.2019): Afghanistan, fonti Difesa: "Entro un anno via truppe
italiane". Moavero: "Apprendo ora". Lega: "Nessuna decisione",
https://www.ilfattoquotidiano.it/2019/01/28/afghanistan-entro-un-anno-ritiro-del-
contingente-italiano-moavero-lo-apprendo-ora-trenta-non-ne-ha-parlato-con-me/
4930395/, Zugriff 31.1.2019
-
Internazionale (30.1.2019): La trattativa in Afghanistan arriva con 17 anni di ritardo,
https://www.internazionale.it/opinione/gwvnne-dver/2019/01/30/trattativa-afghanistan-
ritardo, Zugriff 31.1.2019
-
NYT - The New York Times (28.1.2019): U.S. and Taliban Agree in Principle to
Peace Framework, Envoy Says,
https://www.nvtimes.com/2019/01/28/world/asia/taliban-peace-deal-afghanistan.html.
Zugriff 31.1.2019
-
Tolonews (28.1.2019): US Peace Envoy Visits Kabul To Consult On Talks With Taliban,
https://www.tolonews.com/afghanistan/us-peace-envoy-visits-kabul-consulttalks-taliban, Zugriff 31.1.2019
-
WP - The Washington Post (30.1.2019): The real challenge for Afghanistan isn't negotiating with the Taliban, https://www.washingtonpost.com/opinions/global-opinions/the-real-challenge-for-afghanistan-isnt-negotiating-with-the-taliban/
2019/01 /30/12229732-23ee-11 e9-ad53-824486280311 story.html?
noredirect=on&utm_term=.b049b43b3c79. Zugriff 31.1.2019
KI vom 8.1.2019, Anschlag in Kabul und Verschiebung der Präsidentschaftswahl (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage und Abschnitt 3/Sicherheitslage)
Anschlag auf Regierungsgebäude in Kabul
Am 24.12.2018 detonierte vor dem Ministerium für öffentliches Bauwesen im Osten Kabuls (PD 16) eine Autobombe; daraufhin stürmten Angreifer das nahe gelegene Gebäude des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Märtyrer und Behinderte und beschossen weitere Regierungseinrichtungen in der Umgebung (ORF 24.12.2018; vgl. ZO 24.12.2018, Tolonews 25.12.2018). Nach einem mehrstündigen Gefecht konnten afghanische Sicherheitskräfte die Angreifer besiegen. Quellen zufolge kamen ca. 43 Menschen ums Leben (AJ 25.12.2018; vgl. Tolonews 25.12.2018, NYT 24.12.2018). Bisher bekannte sich keine Gruppierung zu dem Anschlag (Tolonews 25.12.2018; vgl. AJ 25.12.2018).
Problematische Stimmenauszählung nach Parlamentswahlen und Verschiebung der Präsidentschaftswahl
Am 6.12.2018 erklärte die afghanische Wahlbeschwerdekommission (IECC) alle in der Provinz Kabul abgegebenen Stimmen für ungültig (RFE/RL 6.12.2018). Somit wurden die Stimmen von ungefähr einer Million Kabulis annulliert (Telepolis 15.12.2018; vgl. TAZ 6.12.2018). Die Gründe für die Entscheidung der IECC sind mehrere, darunter Korruption, Wahlfälschung und die mangelhafte Durchführung der Wahl durch die Unabhängige Wahlkommission (IEC) (Telepolis 15.12.2018; vgl. RFE/RL 6.12.2018). Die Entscheidung wurde von der IEC als "politisch motiviert" und "illegal" bezeichnet (Tolonews 12.12.2018). Am 8.12.2018 erklärte die IECC dann, dass sie ihre Entscheidung revidieren würde, wenn sich die IEC kooperationswillig zeige (Tolonews 8.12.2018). Einer Quelle zufolge einigten sich am 12.12.2018 die beiden Wahlkommissionen auf Neuauszählung von ca. 10% der abgegebenen Stimmen in Kabul nach einer neuen Methode, welche die Transparenz und Glaubwürdigkeit wahren sollte (Tolonews 12.12.2018). Die Überprüfung der Wahlstimmen in der Provinz Kabul ist weiterhin im Gange (Tolonews 7.1.2019). Dem Gesetz zufolge müssten im Falle einer Annullierung der Stimmen innerhalb von einer Woche Neuwahlen stattfinden, was jedoch unrealistisch zu sein scheint (Telepolis 15.12.2018). Bisher hat die IEC die vorläufigen Ergebnisse der Wahl für 32 Provinzen veröffentlicht (IEC o.D.) Am 30.12.2018 wurde die Verschiebung der Präsidentschaftswahl vom 20.4.2019 auf den 20.7.2019 verkündet. Als Gründe dafür werden u.a. die zahlreichen Probleme während und nach den Parlamentswahlen im Oktober genannt (WP 30.12.2018; vgl. AJ 30.12.2018, Reuters 30.12.2018).
Quellen:
-
AJ - Al Jazeera (30.12.2018): Afghan presidential elections postponed until July 20: official, https://www.aljazeera.com/news/2018/12/afghan-presidential-electionspostponed-july-20-official-181230185336213.html. Zugriff 8.1.2019
-
AJ - Al Jazeera (25.12.2018): Kabul attack: Gunmen storm government building, kill
dozens,
https://www.aljazeera.com/news/southasia/2018/12/gunmen-storm-kabul-
government-compound-gun-battle-ensues-181224115249492.html. Zugriff 8.1.2019
-
IEC - Independent Electoral Commission (o.D.): 2018 Afghanistan Wolesi Jirga Elections, http://www.iec.org.af/results/en/home. Zugriff 17.12.2018
-
NYT - The New York Times (24.12.2018): Militants Storm Afghan Offices in Kabul, Killing Dozens, https://www.nytimes.com/2018/12/24/world/middleeast/kabul-militantattack.html, Zugriff 8.1.2019
-
ORF - Österreichischer Rundfunk (24.12.2018): Tote bei Angriff auf
Regierungsgebäude in Kabul, https://orf.at/stories/3105448/. Zugriff 8.1.2019
-
Reuters (30.12.2018): Afghanistan to delay presidential election to July: election body,
https://www.reuters.com/article/us-afghanistan-election/afghanistan-to-delaypresidential-election-to-julv-election-bodv-idUSKCN1OT0FR. Zugriff 8.1.2018
-
RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (6.12.2018): Afghan Commission Invalidates All Kabul Votes In October Parliamentary Election, https://www.rferl.org/a/ afghan-commission-invalidates-all-kabul-votes-in-october-parliamentary-election/
29640679.html, Zugriff 17.12.2018
-
TAZ - Die Tageszeitung (6.12.2018): Erste Wahl, dann das Chaos,
https://www.taz.de/Parlamentswahl-in-Afghanistan/!5553677/, Zugriff 17.12.2018
-
Telepolis (15.12.2018): Chaos nach Parlamentswahlen,
https://www.heise.de/tp/features/Chaos-nach-Parlamentswahlen-4248743.html.
Zugriff 17.12.2018
-
Tolonews (7.1.2019) IEC Accused of Making 'Fake Result Sheets' For Polling Stations,
https://www.tolonews.com/elections-2018/%E2%80%98iec-make-fakeresult-sheets-polling-stations%E2%80%99. Zugriff 8.1.2019
-
Tolonews (25.12.2018): Kabul Attack Death Toll Rises To 43,
https://www.tolonews.com/afghanistan/kabul-attack%C2%A0death-toll-rises-43.
Zugriff 8.1.2019
-
Tolonews (12.12.2018): IEC Resumes Recounting Of Kabul Votes Under New Method,
https://www.tolonews.com/index.php/elections-2018/iec-resumes-recountingkabul-votes-under-new-method, Zugriff 17.12.2018
-
Tolonews (8.12.2018): IECC Conditions Decision To Review Kabul Votes,
https://www.tolonews.com/index.php/elections-2018/iecc-conditions%C2%A0decision
%C2%A0%C2%A0review-kabul-votes. Zugriff 17.12.2018
-
WP - The Washington Post (30.12.2018): Afghanistan's presidential elections delayed until July,
https://www.washingtonpost.com/world/asia_pacific/afghanistanspresidential-elections-delayed-until-july/2018/12/30/038faea0-0c45-11e9-8f0c-
6f878a26288a_story.html?noredirect=on&utm_term=.07428f9afbb6. Zugriff 8.1.2019
-
ZO - Zeit Online (24.12.2018): Mindestens 32 Tote bei Angriff in Kabul.
https://www.zeit.de/news/2018-12/24/mindestens-32-tote-bei-angriff-in-kabul-181224-
99-340827. Zugriff 8.1.2018
KI vom 23.11.2018, Anschläge in Kabul (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage)
Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt kamen am 20.11.2018 ca. 55 Menschen ums Leben und ca. 94 weitere wurden verletzt (AJ 21.11.2018; vgl. NYT 20.11.2018, TS 21.11.2018, LE 21.11.2018). Der Anschlag fand in der Hochzeitshalle "Uranus" statt, wo sich Islamgelehrte aus ganz Afghanistan anlässlich des Nationalfeiertages zu Maulid an-Nabi, dem Geburtstag des Propheten Mohammed, versammelt hatten (AJ 21.11.2018; vgl. TS 21.11.2018, TNAE 21.11.2018, IFQ 20.11.2018, Tolonews 20.11.2018). Quellen zufolge befanden sich zum Zeitpunkt der Explosion zwischen 1.000 und 2.000 Personen, darunter hauptsächlich Islamgelehrte und Mitglieder des Ulemarates, aber auch Mitglieder der afghanischen Sufi-Gemeinschaft und andere Zivilisten, in der Hochzeitshalle (AJ 21.11.2018; vgl. LE 21.11.2018, NYT 20.11.2018, DZ 20.11.2018, IFQ 20.11.2018). Gemäß einer Quelle fand die Detonation im ersten Stock der Hochzeitshalle statt, wo sich zahlreiche Geistliche der afghanischen Sufi-Gemeinschaft versammelt hatten. Es ist nicht klar, ob das Ziel des Anschlags das Treffen der sufistischen Gemeinschaft oder das im Erdgeschoss stattfindende Treffen der Ulema und anderer Islamgelehrten war (LE 21.11.2018; vgl. TNAE 21.11.2018). Weder die Taliban noch der Islamische Staat (IS) bekannten sich zum Angriff, der dennoch von den Taliban offiziell verurteilt wurde (LE 21.11.2018; vgl. AJ 21.11.2018, IFQ 20.11.2018).
Am 12.11.2018 kamen bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt ca. sechs Personen ums Leben und 20 weitere wurden verletzt (Tolonews 12.11.2018; vgl. DZ 12.11.2018, ANSA 12.11.2018). Anlass dafür war eine Demonstration in der Nähe des "Pashtunistan Square" im Stadtzentrum, an der hunderte von Besuchern, darunter hauptsächlich Mitglieder und Unterstützer der Hazara-Gemeinschaft, teilnahmen, um gegen die während des Berichtszeitraums anhaltenden Kämpfe in den Provinzen Ghazni und Uruzgan zu demonstrieren (Tolonews 12.11.2018; vgl. DZ 12.11.2018, KP 12.11.2018). Der IS bekannte sich zum Anschlag (DZ 12.11.2018; vgl. AJ 12.11.2018).
Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt kamen am 31.10.2018 ca. sieben Personen ums Leben und weitere acht wurden verletzt (Dawn 1.11.20181; vgl. 1TV 31.10.2018, Pajhwok 31.10.2018). Unter den Opfern befanden sich auch Zivilisten (Pajhwok 31.10.2018; vgl. 1TV 31.10.2018). Die Explosion fand in der Nähe des Kabuler Gefägnisses Pul-i-Charkhi statt und hatte dessen Mitarbeiter zum Ziel (Dawn 1.11.2018; vgl. 1TV 31.10.2018, Pajhwok 31.10.2018). Der IS bekannte sich zum Anschlag (Dawn 1.11.2018, vgl. 1TV 31.10.2018).
Quellen:
1TV (31.10.2018): Suicide attack kills seven outside Kabul prison, http://www.1tvnews.af/en/news/afghanistan/36271-suicide-attack-kills-seven-outside-kabul-prison?fbclid=IwAR2WADPVHTuF8LZMwm0-LYci05vz1p06BygjhELlFr-wLKNDNo8XQRLXnuQ, Zugriff 22.11.2018
AJ - Al Jazeera (21.11.2018): 'Brutal and barbaric': Victims recount horror of Kabul attack,
https://www.aljazeera.com/news/2018/11/barbaric-victims-recount-horror-kabul-attack-181121162807917.html, Zugriff 22.11.2018
AJ - Al Jazeera (12.11.2018): Kabul: Suicide bomber targets protesters demanding security,
https://www.aljazeera.com/news/2018/11/afghanistan-suicide-bomber-targets-protesters-kabul-181112094659291.html, Zugriff 22.11.2018
ANSA - Agenzia Nazionale Stampa Associata (12.11.2018): Afghanistan:
67 morti in 24 ore,
http://www.ansa.it/sito/notizie/topnews/2018/11/12/afghanistan-67-morti-in-24-ore_71bfd73c-c68f-4182-a798-34b9ace3ae65.html, Zugriff 22.11.2018
Dawn (1.11.2018): Seven killed in suicide attack near Kabul prison, https://www.dawn.com/news/1442782/seven-killed-in-suicide-attack-near-kabul-prison, Zugriff 22.11.2018
DZ - Die Zeit (20.11.2018): Mehr als 50 Tote bei Anschlag in Kabul, https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-11/afghanistan-kabul-explosion-anschlag-attentat-ulema-rat-versammlung-tote, Zugriff 22.11.2018
DZ - Die Zeit (12.11.2018): Mehrere Tote bei Anschlag nahe Anti-Taliban-Demo,
https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-11/kabul-anschlag-explosion-demonstration-taliban-regierungstruppen-ghasni, Zugriff 12.11.2018
IFQ - Il Fatto Quotidiano (20.11.2018): Afghanistan, attacco kamikaze a Kabul durante incontro religioso: almeno 50 morti e 80 feriti gravi,
https://www.ilfattoquotidiano.it/2018/11/20/afghanistan-attacco-kamikaze-a-kabul-durante-incontro-religioso-almeno-40-morti-e-80-feriti/4779194/, Zugriff 22.11.2018
KP - Khaama Press (12.11.2018): Protesters gather near Presidential Palace in Kabul over recent wave of violence, https://www.khaama.com/protesters-gather-near-presidential-palace-in-kabul-over-recent-wave-of-violence-02722/?fbclid=IwAR2cNyRcLjWNmzaEoWNieBq37J1eVAKL2aT_4yCqbU9HdYKpr30O1NoXe-g, Zugriff 22.11.2018
LE - L'Express (21.11.2018): Attentat à Kaboul : la lecture de verset du Coran soudain interrompue, raconte un blessé, https://www.lexpress.fr/actualites/1/monde/attentat-a-kaboul-la-lecture-de-versets-du-coran-soudain-interrompue-raconte-un-blesse_2049660.html, Zugriff 22.11.2018
NYT - New York Times (20.11.2018): At Leas 55 Killed in Bombing of Afghan Religious Gathering,
https://www.nytimes.com/2018/11/20/world/asia/afghanistan-wedding-hall-bombing.html, Zugriff 22.11.2018
Pajhwok Afghan News (31.10.2018): Suicide blast in front of Pul-i-Charhi prison leave 6 people dead, https://www.pajhwok.com/en/2018/10/31/suicide-blast-front-pul-i-charkhi-prison-leave-6-people-dead, Zugriff 22.11.2018
SS - Stars and Stripes (20.11.2018): Suicide bomb attack in Kabul kills at least 43, wounds 83,
https://www.stripes.com/news/suicide-bomb-attack-in-kabul-kills-at-least-43-wounds-83-1.557397, Zugriff 22.11.2018
TNAE - The National (21.11.2018): Kabul reels in grief after wedding hall attack,
https://www.thenational.ae/world/asia/kabul-reels-in-grief-after-wedding-hall-attack-1.794365, Zugriff 22.11.2018
Tolonews (20.11.2018): Death Toll Rises To 50 In Kabul Wedding Hall Explosion,
https://www.tolonews.com/afghanistan/40-killed-80-wounded-kabul-wedding-hall-blast, Zugriff 22.11.2018
Tolonews (12.11.2018): MoI Confirms 6 Death In Kabul Explosion, https://www.tolonews.com/afghanistan/casualties-feared-explosion-rocks-kabul, Zugriff 22.11.2018
TS - Tagesschau (21.11.2018): Deutschland verurteilt Anschlag in Kabul, https://www.tagesschau.de/ausland/anschlag-kabul-135.html, Zugriff 22.11.2018
KI vom 19.10.2018, Aktualisierung: Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2018
Allgemeine Sicherheitslage und sicherheitsrelevante Vorfälle
Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt volatil (UNGASC 10.9.2018). Am 19.8.2018 kündigte der afghanische Präsident Ashraf Ghani einen dreimonatigen Waffenstillstand mit den Taliban vom 20.8.2018 bis 19.11.2018 an, der von diesen jedoch nicht angenommen wurde (UNGASC 10.9.2018; vgl. Tolonews 19.8.2018, TG 19.8.2018, AJ 19.8.2018). Die Vereinten Nationen (UN) registrierten im Berichtszeitraum (15.5.2018 - 15.8.2018) 5.800 sicherheitsrelevante Vorfälle, was einen Rückgang von 10% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres bedeutet. Bewaffnete Zusammenstöße gingen um 14% zurück, machten aber weiterhin den Großteil der sicherheitsrelevanten Vorfälle (61%) aus. Selbstmordanschläge nahmen um 38% zu, Luftangriffe durch die afghanische Luftwaffe (AAF) sowie internationale Kräfte stiegen um 46%. Die am stärksten betroffenen Regionen waren der Süden, der Osten und der Süd-Osten, wo insgesamt 67% der Vorfälle stattfanden. Es gibt weiterhin Bedenken bezüglich sich verschlechternder Sicherheitsbedingungen im Norden des Landes:
Eine große Zahl von Kampfhandlungen am Boden wurde in den Provinzen Balkh, Faryab und Jawzjan registriert, und Vorfälle entlang der Ring Road beeinträchtigten die Bewegungsfreiheit zwischen den Hauptstädten der drei Provinzen (UNGASC 10.9.2018).
Zum ersten Mal seit 2016 wurden wieder Provinzhauptädte von den Taliban angegriffen: Farah- Stadt im Mai, Ghazni-Stadt im August und Sar-e Pul im September (UNGASC 10.9.2018; vgl. Kapitel 1., KI 11.9.2018, SIGAR 30.7.2018, UNGASC 6.6.2018). Bei den Angriffen kam es zu heftigen Kämpfen, aber die afghanischen Sicherheitskräfte konnten u.a. durch Unterstützung der internationalen Kräfte die Oberhand gewinnen (UNGASC 10.9.2018; vgl. UNGASC 6.6.2018, GT 12.9.2018). Auch verübten die Taliban Angriffe in den Provinzen Baghlan, Logar und Zabul (UNGASC 10.9.2018). Im Laufe verschiedener Kampfoperationen wurden sowohl Taliban- als auch ISKP-Kämpfer (ISKP, Islamic State Khorasan Province, Anm.) getötet (SIGAR 30.7.2018).
Sowohl die Aufständischen als auch die afghanischen Sicherheitskräfte verzeichneten hohe Verluste, wobei die Zahl der Opfer auf Seite der ANDSF im August und September 2018 deutlich gestiegen ist (Tolonews 23.9.2018; vgl. NYT 21.9.2018, ANSA 13.8.2018, CBS 14.8.2018).
Trotzdem gab es bei der Kontrolle des Territoriums durch Regierung oder Taliban keine signifikante Veränderung (UNGASC 10.9.2018; vgl. UNGASC 6.6.2018). Die Regierung kontrollierte - laut Angaben der Resolute Support (RS) Mission - mit Stand 15.5.2018 56,3% der Distrikte, was einen leichten Rückgang gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017 (57%) bedeutet. 30% der Distrikte waren umkämpft und 14% befanden sich unter Einfluss oder Kontrolle von Aufständischen. Ca. 67% der Bevölkerung lebten in Gebieten, die sich unter Regierungskontrolle oder -einfluss befanden, 12% in Gegenden unter Einfluss bzw. Kontrolle der Aufständischen und 23% lebten in umkämpften Gebieten (SIGAR 30.7.2018).
Der Islamische Staat - Provinz Khorasan (ISKP) ist weiterhin in den Provinzen Nangarhar, Kunar und Jawzjan aktiv (USGASC 6.6.2018; vgl. UNGASC 10.9.2018). Auch war die terroristische Gruppierung im August und im September für öffentlichkeitswirksame Angriffe auf die schiitische Glaubensgemeinschaft in Kabul und Paktia verantwortlich (UNGASC 10.9.2018; vgl. KI vom 11.9.2018, KI vom 22.8.2018). Anfang August besiegten die Taliban den in den Distrikten Qush Tepa und Darzab (Provinz Jawzjan) aktiven "selbsternannten" ISKP (dessen Verbindung mit dem ISKP in Nangarhar nicht bewiesen sein soll) und wurden zur dominanten Macht in diesen beiden Distrikten (AAN 4.8.2018; vgl. UNGASC 10.9.2018).
Global Incident Map zufolge wurden im Berichtszeitraum (1.5.2018 - 30.9.2018) 1.969 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.
Zivile Opfer
Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 30.6.2018) 5.122 zivile Opfer (1.692 Tote und 3.430 Verletzte), ein Rückgang von 3% gegenüber dem Vorjahreswert. 45% der zivilen Opfer wurden durch IED [Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen, aber auch Selbstmordanschläge, Anm.] regierungsfeindlicher Gruppierungen verursacht. Zusammenstöße am Boden, gezielte Tötungen, Luftangriffe und explosive Kampfmittelrückstände waren weitere Ursachen für zivile Opfer. Zivilisten in den Provinzen Kabul, Nangarhar, Faryab, Helmand und Kandahar waren am stärksten betroffen. Wobei die Zahl der durch Zusammenstöße am Boden verursachten zivilen Opfer um 18% und die Zahl der gezielten Tötungen deutlich zurückging. Jedoch ist die Opferzahl bei komplexen und Selbstmordangriffen durch regierungsfeindliche Gruppierungen gestiegen (um 22% verglichen mit 2017), wobei 52% der Opfer dem ISKP, 40% den Taliban und der Rest anderen regierungsfeindlichen Gruppierungen zuzuschreiben ist (UNAMA 15.7.2018).
Regierungsfeindliche Gruppierungen waren im UNAMA-Berichtszeitraum (1.1.2018 - 30.6.2018) für 3.413 (1.127 Tote und 2.286 Verletzte) zivile Opfer verantwortlich (67%): 42% der Opfer wurden den Taliban, 18% dem IS und 7% undefinierten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben. Im Vergleich mit dem ersten Halbjahr 2017 stieg die Anzahl ziviler Opfer von gezielten Angriffen auf Zivilisten um 28%, was hauptsächlich auf Angriffe auf die öffentliche Verwaltung und Vorfälle mit Bezug auf die Wahlen zurückzuführen ist (UNAMA 15.7.2018).
Ungefähr 1.047 (20%) der verzeichneten zivilen Opfer wurden regierungsfreundlichen Gruppierungen zugeschrieben: 17% wurden von den afghanischen Sicherheitskräften, 2% durch die internationalen Streitkräfte und 1% von regierungsfreundlichen bewaffneten Gruppierungen verursacht. Gegenüber 2017 sank die den regierungstreuen Gruppen zugerechnete Zahl ziviler Opfer von Zusammenstößen am Boden um 21%. Gleichzeitig kam es jedoch zu einem Anstieg der Opfer von Luftangriffen um 52% (Kunduz, Kapisa und Maidan Wardak) (UNAMA 15.7.2018; vgl. UNAMA 25.9.2018a, UNAMA 25.9.2018b).
Auch wurden von UNAMA zivile Opfer durch Fahndungsaktionen, hauptsächlich durch die Spezialkräfte des National Directorate of Security (NDS) und regierungsfreundliche bewaffnete Gruppierungen wie die Khost Protection Force (KPF) verzeichnet (UNAMA 15.7.2018).
Dennoch unternahm die afghanische Regierung weiterhin Anstrengungen zur Reduzierung der Zahl ziviler Opfer, was hauptsächlich während Bodenoperationen einen diesbezüglichen Rückgang zur Folge hatte. Die Regierung verfolgt eine "nationale Politik für zivile Schadensminimierung und - prävention" und das Protokol V der "Konvention über bestimmte konventionelle Waffen in Bezug auf explosive Kriegsmunitionsrückstände", welche am 9.2.2018 in Kraft getreten ist. Bei Bodenoperationen regierungfeindlicher Gruppierungen (hauptsächlich Taliban) wurde ein Rückgang der zivilen Opfer um 23% im Vergleich zu 2017 verzeichnet. So sank etwa die Zahl der zivilen Opfer der hauptsächlich von den Taliban eingesetzten Druckplatten-IEDs um 43% (UNAMA 15.7.2018).
Wahlen
Zwischen 14.04.2018 und 27.7.2018 fand die Wählerregistrierung für die Parlaments- sowie Distriktwahlen statt. Offiziellen Angaben zufolge haben sich im genannten Zeitraum 9,5 Millionen Wähler registriert, davon 34% Frauen (UNGASC 10.9.2018). Die Registrierung der Kandidaten für die Parlaments- sowie Distriktwahlen endete am 12.6.2018 bzw. 14.6.2018 und die Kandidatenliste für die Parlamentswahlen wurde am 2.7.2018 veröffentlicht (UNGASC 10.9.2018). Am 25.9.2018 wurde vom Sprecher der Independent Electoral Commission (IEC) verkündet, dass die landesweiten Distriktwahlen sowie die Parlamentswahlen in der Provinz Ghazni am 20.10.2018 nicht stattfinden werden (im Rest des Landes hingegen schon). Begründet wurde dies mit der niedrigen Anzahl registrierter Kandidaten für die Distriktwahlen (nur in 40 von 387 Distrikten wurden Kandidaten gestellt) sowie mit der "ernst zu nehmenden Sicherheitslage und anderen Problematiken". Damit wurden beide Wahlen (Distriktwahlen landesweit und Parlamentswahlen in Ghazni) de facto für 2018 abgesagt. Obwohl noch nicht feststeht, wann diese nachgeholt werden sollen, ist der 20.4.2019, an dem u.a. die Präsidentschafts- sowie Provinzwahlen stattfinden sollen, als neuer Termin wahrscheinlich (AAN 26.9.2018). Die Registrierung der Kandidaten für die Präsidentschaftswahl ist für den Zeitraum 11.11.2018 - 25.11.2018 vorgesehen; die vorläufige Kandidatenliste soll am 10.12.2018 bereitstehen, während die endgültige Aufstellung am 16.1.2019 veröffentlicht werden soll (AAN 9.10.2018). Ohne die Provinz Ghazni sank die Zahl der registrierten Wähler mit Stand Oktober 2018 auf ungefähr 8.8 Milionen (AAN 9.10.2018; vgl. IEC o. D.). Die Verkündung der ersten Wahlergebnisse für die Parlamentswahlen (ohne Provinz Ghazni) ist für den 10.11.2018 vorgesehen, während das Endergebnis voraussichtlich am 20.12.2018 veröffentlicht werden soll (AAN 9.10.2018).
Im April und Oktober 2018 erklärten die Taliban in zwei Stellungnahmen, dass sie die Wahl boykottieren würden (AAN 9.10.2018). Angriffe auf mit der Ausstellung von Tazkiras sowie mit der Wahlregistrierung betraute Behörden wurden berichtet. Sowohl am Wahlprozess beteiligtes Personal als auch Kandidaten und deren Unterstützer wurden von regierungsfeindlichen Gruppierungen angegriffen. Zwischen 1.1.2018 und 30.6.2018 wurden 341 zivile Opfer (117 Tote und 224 Verletzte) mit Bezug auf die Wahlen verzeichet, wobei mehr als 250 dieser Opfer den Anschlägen Ende April und Anfang Mai in Kabul und Khost zuzuschreiben sind. Auch wurden während des Wahlregistrierungsprozesses vermehrt Schulen, in denen Zentren zur Wahlregistrierung eingerichtet worden waren, angegriffen (39 Angriffe zwischen April und Juni 2018), was negative Auswirkungen auf die Bildungsmöglichkeiten von Kindern hatte (UNAMA 15.7.2018). Seit dem Beginn der Wählerregistrierung Mitte April 2018 wurden neun Kandidaten ermordet (AAN 9.10.2018).
Von den insgesamt 7.366 Wahllokalen werden aus Sicherheitsgründen letztendlich am Tag der Wahl 5.100 geöffnet sein (AAN 9.10.2018; vgl.