TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/13 W251 2182153-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.03.2019
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Entscheidungsdatum

13.03.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W251 2182153-1/17E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Angelika SENFT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch RA Mag. Georg BÜRSTMAYR, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.12.2017, Zl. 1092504006 - 151634558, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein männlicher Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 27.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Am 28.10.2015 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Dabei gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass er Afghanistan aufgrund der schlechten Sicherheitslage verlassen habe. Die Taliban seien immer stärker geworden. Man müsse ständig mit der Angst leben getötet zu werden. Die Taliban haben ihn unter Zwang rekrutieren wollen. Aus Angst um das Leben des Beschwerdeführers habe dessen Vater beschlossen ihn von Afghanistan wegzuschicken.

3. Am 14.07.2017 fand eine Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) statt. Zu seinen Fluchtgründen gab er im Wesentlichen an, dass die Taliban ihn haben mitnehmen wollen. Die Taliban seien deswegen zweimal persönlich bei ihm zuhause gewesen. Beim zweiten Mal sei dem Vater des Beschwerdeführers gedroht worden, dass der Beschwerdeführer getötet werden, wenn er nicht mit den Taliban mitgehen würde. Ein guter Freund des Beschwerdeführers sei bereits getötet worden, da dieser nicht mit den Taliban habe zusammenarbeiten wollen. Daraufhin habe sein Vater ihn weggeschickt. Nach seiner Ausreise seien die Taliban nochmals zum Haus seiner Familie gekommen und haben gedroht, dass sie den Beschwerdeführer finden und töten werden, da dieser nicht zu den Taliban gekommen sei.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 05.12.2017 wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz zur Gänze ab und erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen. Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seine Fluchtgründe nicht habe glaubhaft machen können. Es drohe dem Beschwerdeführer auch keine Gefahr, die die Erteilung eines subsidiären Schutzes rechtfertigen würde. Der Beschwerdeführer sei ein junger, gesunder und arbeitsfähiger Mann, der noch über ein familiäres Unterstützungsnetz in Afghanistan verfüge und somit bei einer Rückkehr nach Afghanistan nicht in eine ausweglose Situation geraten würde. Der Beschwerdeführer verfüge in Österreich zudem über kein schützenswertes Privat- und Familienleben, das einer Rückkehrentscheidung entgegenstehen würde.

5. Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass der Beschwerdeführer Afghanistan aufgrund einer politischen Verfolgung, nämlich der versuchten Zwangsrekrutierung durch die Taliban, verlassen habe. Ein Cousin des Beschwerdeführers sei Mitglied der Taliban gewesen und habe veranlasst, dass der Beschwerdeführer massiv bedroht worden sei um sich den Taliban anzuschließen. Ein Schulkollege des Beschwerdeführers sei getötet worden, da er sich den Taliban nicht angeschlossen habe. Der Bescheid würde sich überwiegend darauf stützen, dass der Beschwerdeführer bei der Erstbefragung keine detaillierten Angaben über seine Fluchtgründe gemacht habe, dabei würde das Bundesamt jedoch übersehen, dass die Erstbefragung nicht primär der Erforschung der Fluchtgründe, sondern der Identität und Reiseroute diene, sodass die Beweiswürdigung mangelhaft sei. Das Bundesamt habe zudem übersehen, dass bei minderjährigen Asylwerbern ein besonderer Maßstab an die Glaubwürdigkeit anzulegen sei. Dem Bundesamt sei auch entgegen zu halten, dass der Beschwerdeführer stets bemüht gewesen sei detaillierte und konkrete Angaben zu machen, er habe solche auch getätigt. Die Behörde habe sich nicht mit dem Parteivorbringen auseinandergesetzt. Die Beweiswürdigung sowie die rechtliche Beurteilung sei auch noch aus weiteren Gründen mangelhaft. Da die Taliban in der Lage seien Personen im gesamten Staatsgebiet von Afghanistan ausfindig zu machen, stehe dem Beschwerdeführer keine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung. Es habe sich die Sicherheitslage in Afghanistan verschlechtert. Zudem sei der Beschwerdeführer sehr stark in Österreich integriert. Es seien auch einige Passagen im Beschied enthalten, die nicht auf den Beschwerdeführer zutreffen würden, sondern von einem anderen Bescheid eines anderen Asylwerbers scheinbar hineinkopiert worden seien.

6. Mit Schriftsatz vom 24.01.2018 brachte der Beschwerdeführer nochmals vor, dass im Bescheid Passagen enthalten seien, die nicht auf das Vorbringen des Beschwerdeführers passen würden, sondern aus einem anderen Bescheid als Textbaustein übernommen worden seien. Der Beschwerdeführer regte daher an, den Bescheid aufzuheben und diesen zur Gänze zurückzuverweisen, da sich die Behörde - zumindest über nicht unwesentliche Strecken des angefochtenen Bescheides - nicht mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt, sondern ein anderes Vorbringen gewürdigt habe.

Mit Schriftsatz vom 23.04.2018 legte der Beschwerdeführer ein Gutachten von Friederike Stahlmann vom 28.03.2018 vor. Der Beschwerdeführer brachte vor, dass sich aufgrund des Gutachtens ergebe, dass im gesamten Staatsgebiet Afghanistans die Gefahr für Zivilpersonen bestehe einen ernsten Schaden des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit zu erleiden. Zudem wurde auf einen Entschließungsantrag des Europäischen Parlaments vom 11.12.20117 sowie auf eine Entscheidung eines französischen Asylgerichts vom 09.03.2018, auf einen ORF-Bericht und einen Bericht von UNAMA vom 15.08.2017, auf einen Bericht des ARD und einen Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 22.04.52018 verwiesen. Aus diesen Berichten ergebe sich, dass die Sicherheitslage in Afghanistan prekär sei, es bestehe auch für Zivilpersonen in Afghanistan eine ernsthafte Bedrohung. Eine Abweisung des Antrages auf subsidiären Schutz bzw. eine Rückkehrentscheidung würden gegen die Bestimmungen des AsylG verstoßen. Der Beschwerdeführer beantragte Frau Friderike Stahlmann als Sachverständige zu bestellen und diese zur Gutachtenserörterung zu laden.

Mit Schriftsatz vom 08.02.2019 legte der Beschwerdeführer Integrationsunterlagen vor, zum Beweis für das Bestehen eines schützenswerten Privat- und Familienlebens. Es wurde zudem nochmals angeregt den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben, da im Bescheid mehrfach Vorbringen gewürdigt worden sei, das aus einem anderen Bescheid herauskopiert worden sei. Es sei daher von ganz krassen Mängeln im Ermittlungsverfahren auszugehen.

7. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 14.02.2019 in Anwesenheit eines Dolmetschers und im Beisein des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Der Beschwerdeführervertreter stellte in der Verhandlung den Antrag den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben, da im Bescheid nicht das Vorbringen des Beschwerdeführers, sondern das Vorbringen eines anderen Asylwerbers gewürdigt worden sei. Es liege daher ein grober Verfahrensmangel vor.

Das Gericht räumte den Parteien eine Frist von 14 Tagen ein, um zu den in der Verhandlung zum Akt genommenen Länderberichten eine Stellungnahme einzubringen.

8. Mit Stellungnahme vom 22.02.2019 ist der Beschwerdeführer den ins Verfahren eingebrachten Länderberichten nicht substantiiert entgegengetreten. Der Beschwerdeführer brachte vor, dass sein Vorbringen glaubhaft sei. Aus den aktuellen UNHCR Richtlinien ergebe sich, dass eine innerstaatliche Fluchtalternative in Kabul nicht möglich sei. In der Region um die Stadt Herat bestehe eine schlimme Dürre. Auch eine Ansiedlung in Mazar-e Sharif sei dem Beschwerdeführer nicht zumutbar.

Der Beschwerdeführer habe in Österreich ein sehr intensives und schützenswertes Familien- und Privatleben, dass einer Rückkehrentscheidung entgegenstehe. Es sei zudem darauf Bedacht zu nehmen, dass sich das Bundesamt nicht am gegenständlichen Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht beteiligt habe, das Bundesamt habe ein auffallendes Desinteresse an dem Ausgang des Beschwerdeverfahrens gezeigt, sodass eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer nicht dringend geboten sei. Der Beschwerdeführer legte weitere Integrationsunterlagen vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX . Er ist afghanischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der XXXX an, bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben und spricht Dari als Muttersprache. (AS 9; Verhandlungsprotokoll vom 14.02.2019, OZ 15, S. 7). Der Beschwerdeführer kann in Dari lesen und schreiben. Der Beschwerdeführer spricht zudem Paschtu, etwas Englisch und Deutsch (OZ 15, S. 8).

Der Beschwerdeführer wurde in der Provinz Herat, im Distrikt XXXX , im Dorf XXXX geboren und ist dort gemeinsam mit seinen Eltern, einem Bruder und einer Schwester aufgewachsen (AS 9; OZ 15, S. 9). Der Beschwerdeführer hat 10 Jahre lang eine Schule besucht, die 11. Klasse hat der Beschwerdeführer nicht abgeschlossen (OZ 15, S. 8). Der Beschwerdeführer hat in Afghanistan keinen Beruf gelernt, er hat seinem Vater in der Landwirtschaft geholfen (AS 11; AS 125; OZ 15, S. 11)

Der Beschwerdeführer ist ledig, er hat keine Kinder (OZ 15 S. 7-8; AS 125).

Der Beschwerdeführer wurde nach den afghanischen Gepflogenheiten und der afghanischen Kultur sozialisiert, er ist mit den afghanischen Gepflogenheiten vertraut.

Die Familie des Beschwerdeführers lebt noch im Heimatdorf in einem Eigentumshaus. Der Beschwerdeführer hat Kontakt zu seiner Familie. Der Vater des Beschwerdeführers arbeitet für andere Personen auf deren Landwirtschaften (OZ 15, S. 9). Der Beschwerdeführer unterstützt seine Familie in Afghanistan seit er in Österreich ist finanziell nicht (OZ 15, S. 19).

Der Beschwerdeführer hat noch nicht in den Städten Kabul, Herat oder Mazar-e Sharif gelebt.

Der Beschwerdeführer ist Ende September 2015 aus Afghanistan ausgereist (OZ 15, S. 9; AS 15) Der Beschwerdeführer ist unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich eingereist und hält sich seit dem 27.10.0215 durchgehend in Österreich auf (AS 11). Er ist seit seiner Antragstellung am 27.10.2018, aufgrund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG durchgehend in Österreich aufhältig. (AS 9 ff).

Der Beschwerdeführer hat Deutschkurse besucht und die Deutschprüfungen auf dem Niveau B1 bestanden. Der Beschwerdeführer hat in Österreich am 27.11.2018 seinen Pflichtschulabschluss bestanden (OZ 15, S. 12; Beilage ./A). Der Beschwerdeführer hat an einem Werte- und Orientierungskurs teilgenommen (Beilage zu OZ 13):

Seit September 2018 besucht der Beschwerdeführer eine Schule zur Ausbildung für Sozialberufe mit Schwerpunkt Behindertenarbeit und Altenarbeit. Diese Ausbildung dauert drei Jahre. Der Beschwerdeführer hat auch ein einmonatiges Praktikum in einem Altenheim absolviert (OZ 15, S. 14; Beilage ./G)

Der Beschwerdeführer ist beim roten Kreuz und bei der freiwilligen Feuerwehr ehrenamtlich tätig. Er hilft auch in der Gemeinde mit, wenn Feste gefeiert werden. Beim roten Kreuz ist der Beschwerdeführer ungefähr seit Anfang 2017 tätig. Dort hilft er einmal im Monat für vier Stunden in einem Team und verteilt Obst und Gemüse an bedürftige Personen, er übernimmt auch Dolmetschertätigkeiten (OZ 15, S. 13). Seit Anfang 2017 ist der Beschwerdeführer für die freiwillige Feuerwehr ehrenamtlich tätig, er nimmt an Übungen, Einsätzen und auch an Festen teil. Im Winter finden diese einmal im Monat statt, im Sommer häufiger, manchmal mehrmals die Woche (OZ 15, S. 22).

Der Beschwerdeführer lebt von der Grundversorgung, er geht keiner Erwerbstätigkeit nach (GVS-Auszug, Beilage ./I). Der Beschwerdeführer hat ein Angebot für eine geringfügige Beschäftigung im Ausmaß von acht Wochenstunden vom Sohn seiner Gastmutter (Beilage ./i).

Der Beschwerdeführer hat keine Verwandten in Österreich (OZ 15, S. 14).

Seit August 2016 wohnt der Beschwerdeführer bei einer Österreicherin (in weiterer Folge als Gastmutter bezeichnet) und ihrem Lebensgefährten (Beilage ./I - ZMR-Auszug; OZ 15, S. 15; S. 17). Seine Gastmutter hat der Beschwerdeführer in Traiskirchen kennengelernt, als diese dort Flüchtlinge als freiwillige Helferin unterstützt hat (OZ 15, S. 15, S. 21). Die Gastmutter unterstützt den Beschwerdeführer bei schulischen und privaten Angelegenheiten (OZ 15, S. 17). Zwischen dem Beschwerdeführer und der Gastmutter besteht eine freundschaftliche Beziehung (OZ 15, S. 27). Die Gastmutter unterstützt den Beschwerdeführer bis jetzt finanziell nicht, sie würde dem Beschwerdeführer jedoch weiterhin eine Wohnmöglichkeit zur Verfügung stellen und diesen bei seiner Ausbildung auch weiterhin unterstützen (OZ 15, S. 22, S. 23).

Der Beschwerdeführer konnte in Österreich Freundschaften zu seiner Gastmutter und deren Familie, zu Nachbarn und Gemeindemitgliedern, zu Mitarbeitern des Roten Kreuzes und der freiwilligen Feuerwehr sowie zu Mitschülern schließen (OZ 15, S. 22, 24, S. 25, 27). Er wird von diesen wegen seinem Engagement und seinen freundlichen und hilfsbereiten Umgangsformen sehr geschätzt (Beilagen zu OZ 16 und OZ 13; Beilage ./A bis ./F; Beilage ./H bis ./I; Beilage ./K bis ./L)

Der Beschwerdeführer ist anpassungsfähig und kann einer regelmäßigen Arbeit nachgehen (OZ 15, S. 20).

Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten, er ist gesund (OZ 15, S. 15).

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten (Beilage ./I).

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Verfolgungsvorbringen kann nicht festgestellt werden.

1.2.1 Weder der Beschwerdeführer noch seine Familie wurden in Afghanistan jemals von den Taliban oder von anderen Personen aufgesucht oder von diesen bedroht. Der Beschwerdeführer wurde weder direkt noch über seinen Vater oder einen Cousin zur Zusammenarbeit mit den Taliban aufgefordert oder zu einer solchen gezwungen.

Der Beschwerdeführer hat Afghanistan weder aus Furcht vor Eingriffen in die körperliche Integrität noch wegen Lebensgefahr verlasen.

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan droht dem Beschwerdeführer, individuell und konkret, weder Lebensgefahr noch ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch Mitglieder der Taliban oder durch andere Personen. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan droht dem Beschwerdeführer auch keine Zwangsrekrutierung durch die Taliban oder durch andere Personen.

Darüber hinaus kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aufgrund seines in Österreich ausgeübten Lebensstils oder seinem Aufenthalt in einem europäischen Land in Afghanistan psychischer oder physischer Gewalt ausgesetzt wäre.

1.3. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Dem Beschwerdeführer könnte bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsdistrikt XXXX aufgrund der dort herrschenden allgemeinen schlechten Sicherheitslage ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen (LIB 08.01.2019, S. 127).

Die Wohnraum- und Versorgungslage ist in Mazar-e Sharif sehr angespannt. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Ansiedelung in der Stadt Mazar-e Sharif kann der Beschwerdeführer jedoch grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Er kann selbst für sein Auskommen und Fortkommen sorgen und in Mazar-e Sharif einer Arbeit nachgehen und sich selber erhalten.

Der Beschwerdeführer kann Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen. Der Beschwerdeführer kann von seiner Gastmutter bzw. von seinen engen Bezugspersonen in Österreich bei einer Rückkehr nach Afghanistan zumindest vorübergehend finanziell unterstützt werden (OZ 15, S. 22).

Es ist dem Beschwerdeführer möglich nach anfänglichen Schwierigkeiten nach einer Ansiedlung in der Stadt Mazar-e Sharif Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können.

1.4. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

Sicherheitslage

Wegen einer Serie von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren, die von regierungsfeindlichen Elementen ausgeführt wurden, erklärten die Vereinten Nationen (UN) im Februar 2018 die Sicherheitslage für sehr instabil (Länderinformationsblatt für Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 08.01.2019 - LIB 08.01.2019, S. 44).

Für das Jahr 2017 registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) landesweit 29.824 sicherheitsrelevante Vorfälle. Im Jahresvergleich wurden von INSO 2016 landesweit 28.838 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert und für das Jahr 2015 25.288. Zu sicherheitsrelevanten Vorfällen zählt INSO Drohungen, Überfälle, direkter Beschuss, Entführungen, Vorfälle mit IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und andere Arten von Vorfällen (LIB 08.01.2019, S.44).

Afghanistan ist nach wie vor mit einem aus dem Ausland unterstützten und widerstandsfähigen Aufstand konfrontiert. Nichtsdestotrotz haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit und wachsenden Fähigkeiten im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand gezeigt. So behält die afghanische Regierung auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren. Zwar umkämpften die Taliban Distriktzentren, sie konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt) bedrohen. Dies ist den intensiven Luftangriffen durch die afghanische Nationalarmee und der Luftwaffe sowie verstärkter Nachtrazzien durch afghanische Spezialeinheiten zuzuschreiben (LIB 08.01.2019, S. 47).

Im Jänner 2018 waren 56.3% der Distrikte unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung, während Aufständische 14.5% der Distrikte kontrollierten bzw. unter ihrem Einfluss hatten. Die übriggebliebenen 29.2% der Distrikte waren umkämpft. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten, die von Aufständischen kontrolliert werden, waren mit Stand Jänner 2018 Uruzgan, Kunduz und Helmand. Alle Provinzhauptstädte befanden sich unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung (LIB 08.01.2019, S. 55).

Die Anzahl der öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe hatte sich von 1.6. - 20.11.2017 im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Vorjahres erhöht. In den ersten Monaten des Jahres 2018 wurden verstärkt Angriffe bzw. Anschläge durch die Taliban und den IS in verschiedenen Teilen Kabuls ausgeführt. Als Antwort auf die zunehmenden Angriffe wurden Luftangriffe und Sicherheits-operationen verstärkt, wodurch Aufständische in einigen Gegenden zurückgedrängt wurden; auch wurden in der Hauptstadt verstärkt Spezialoperationen durchgeführt, wie auch die Bemühungen der US-Amerikaner, Terroristen zu identifizieren und zu lokalisieren (LIB 08.01.2019, S. 48).

Die Taliban und weitere aufständische Gruppierungen wie der Islamische Staat (IS) verübten "high-profile"-Angriffe, speziell im Bereich der Hauptstadt, mit dem Ziel, eine Medienwirksamkeit zu erlangen und damit ein Gefühl der Unsicherheit hervorzurufen und so die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben (LIB 08.01.2019, S. 48). Die Auflistung der high-profile Angriffe zeigt, dass die Anschläge in großen Städten, auch Kabul, hauptsächlich im Nahebereich von Einrichtungen mit Symbolcharakter (Moscheen, Tempel bzw. andere Anbetungsorte), auf Botschaften oder auf staatliche Einrichtungen stattfinden. Diese richten sich mehrheitlich gezielt gegen die Regierung, ausländische Regierungen und internationale Organisationen (LIB 08.01.2019, S. 49 ff).

Provinz Kabul:

Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul-Stadt. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.679.648 geschätzt. In der Hauptstadt Kabul leben unterschiedliche Ethnien: Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Sikhs und Hindus. Ein Großteil der Bevölkerung gehört dem sunnitischen Glauben an, dennoch lebt eine Anzahl von Schiiten, Sikhs und Hindus nebeneinander. Kabul verfügt über einen internationalen Flughafen (LIB 08.01.2019, S. 69f).

Einst als relativ sicher erachtet, ist die Hauptstadt Kabul von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen der Taliban betroffen, die darauf abzielen, die Autorität der afghanischen Regierung zu untergraben. Regierungsfeindliche, bewaffnete Gruppierungen inklusive des IS versuchen in Schlüsselprovinzen und -distrikten, wie auch in der Hauptstadt Kabul, Angriffe auszuführen. Im Zeitraum 1.1.2017- 30.4.2018 wurden in der Provinz 410 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, die sich überwiegend in der Hauptstadt Kabul ereigneten (LIB 08.01.2019, S. 69).

Rekrutierung durch die Taliban:

Die Taliban sind derzeit die offensive Kraft in Afghanistan, während die afghanischen Sicherheitskräfte schwach und defensiv und nicht proaktiv scheinen. In vielen Landesteilen sind Taliban auf Landstraße und in ländlichen Gebieten und Distriktszentren sichtbar, ohne dass sie auf nennenswerten Widerstand stoßen würden. Die politische Kultur Afghanistans ist durch Pragmatismus und wechselnde Bündnisse gekennzeichnet. Es ist akzeptierte Praxis von einer Seite zur anderen Seite zu wechseln und mit jener Seite Bündnisse einzugehen, die im Moment der stärkste Akteur zu sein scheint und mit der ein Bündnis opportun ist (Beilage ./III, S. 6).

Die Taliban sind aktiver als bisher bemüht Personen mit militärischem Hintergrund sowie mit militärischen Fertigkeiten zu rekrutieren. Die Taliban versuchen daher das Personal der afghanischen Sicherheitskräfte auf ihre Seite zu ziehen. Da ein Schwerpunkt auf militärisches Wissen und Erfahrungen gelegt wird, ist mit einem Anstieg des Durchschnittsalters zu rechnen (Beilage ./III, S. 8). Durch das Anwerben von Personen mit militärischem Hintergrund bzw. von Mitgliedern der Sicherheitskräfte erhalten Taliban Waffen, Uniformen und Wissen über die Sicherheitskräfte. Auch Personen die über Knowhow und Qualifikationen verfügen (z.B. Reparatur von Waffen), können von Interesse für die Taliban sein (Beilage ./III, S. 18).

Die Taliban haben keine Schwierigkeiten beim Zugang zu Rekruten (Beilage ./III, S. 8).

Die Mehrheit der Taliban sind Paschtunen. Die Rekrutierung aus anderen ethnischen Gruppen ist weniger üblich. Um eine breitere Außenwirkung zu bekommen, möchte die Talibanführung eine stärkere multiethnische Bewegung entwickeln. Die Zahl der mobilisierten Hazara ist unerheblich, nur wenige Kommandanten der Hazara sind mit Taliban verbündet. Es ist für die Taliban wichtig sich auf die Rekruten verlassen zu können. Die Taliban haben eine nationale Agenda, sie unterstützen den Globalen Dschihad nicht. Die überwiegende Mehrheit der Taliban sind Afghanen (Beilage ./III, S. 11).

Die Taliban rekrutieren über bestehende traditionelle Netzwerke und organisierte Aktivitäten im Zusammenhang mit religiösen Institutionen. Layha, der Verhaltenskodex der Taliban enthält einige Bestimmungen über verschiedene Formen der Einladung sowie Bestimmungen, wie sich die Kader verhalten sollen, um Menschen zu gewinnen und Sympathien aufzubauen. Über soziale Medien können Taliban mit Sympathisanten und potentiellen Rekruten Kontakt aufnehmen. Zusätzlich unternehmen Taliban persönlich und direkt Versuche, die Menschen von ihren Ideologien und Weltanschauungen zu überzeugen, damit sie die Bewegung unterstützen. Ein Großteil dieser Aktivitäten läuft über religiöse Netzwerke, zum Beispiel beim Freitagsgebet in der Moschee, bei lokalen Veranstaltungen oder Schauplätzen (Beilage ./III, S. 12).

Menschen schließen sich den Taliban zum einen aus materiellen und wirtschaftlichen Gründen zum anderen aus kulturellen und religiösen Gründen an. Die Rekruten sind durch Armut, fehlende Chancen und die Tatsache, dass die Taliban relativ gute Löhne bieten, motiviert. Es spielt auch die Vorstellung, dass die Behörden und die internationale Gemeinschaft den Islam und die traditionellen Standards nicht respektieren würden, eine zentrale Rolle, wobei sich die Motive überschneiden (Beilage ./III, S. 12-13).

Die Taliban waren mit ihrer Expansion noch nicht genötigt Zwangsmaßnahmen zur Rekrutierung anzuwenden. Zwangsrekrutierung ist noch kein herausragendes Merkmal für den Konflikt. Die Taliban bedienen sich nur sehr vereinzelt der Zwangsrekrutierung, indem sie männliche Dorfbewohner in von ihnen kontrollierten Gebieten, die mit der Sache nicht sympathisieren, zwingen, als Lastenträger zu dienen (Beilage ./III, S. 18). Die Taliban betreiben eine Zwangsrekrutierung nicht automatisch. Personen die sich gegen die Rekrutierung wehren, werden keine rechtsverletzenden Sanktionen angedroht. Eine auf Zwang beruhende Mobilisierungspraxis steht auch den im Pashtunwali (Rechts- und Ehrenkodex der Paschtunen) enthaltenen fundamentalen Werten von Familie, Freiheit und Gleichheit entgegen. Es kommt nur in Ausnahmefällen und nur in sehr beschränktem Ausmaß zu unmittelbaren Zwangsrekrutierungen durch die Taliban. Die Taliban haben ausreichend Zugriff zu freiwilligen Rekruten. Zudem ist es schwierig einen Afghanen zu zwingen, gegen seinen Willen gegen jemanden oder etwas zu kämpfen (Beilage ./III, S. 19).

Im Kontext Afghanistans verläuft die Grenze zwischen Jungen und Mann fließend. Ausschlaggebend für diese Beurteilung sind Faktoren wie Pubertät, Bartwuchs, Mut, Unabhängigkeit, Stärke und die Fähigkeit die erweiterte Familie zu repräsentieren. Der Familienälteste ist das Oberhaupt, absolute Loyalität gegenüber getroffenen Entscheidungen wird vorausgesetzt. Kinder unterstehen der Obrigkeit der erweiterten Familie. Es stünde im Widerspruch mit der afghanischen Kultur, würde man Kinder gegen den Wunsch der Familie und ohne entsprechende Entscheidung des Familienverbandes aus dem Familienverband "herauslösen" (Beilage ./III, S. 20).

Herat

Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Die Provinz ist in 16 Bezirke eingeteilt, die gleichzeitig auch die administrativen Einheiten bilden. Die Bevölkerungszahl der Provinz beträgt ca. 1.967.180 Einwohner. In der Provinz leben Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Turkmenen, Uzbeken und Aimaken (LIB 08.01.219.2018, S. 124f).

Provinzhauptstadt ist Herat-Stadt, welche sich im gleichnamigen Distrikt befindet und eine Einwohnerzahl von 506.900 hat. In der Provinz befinden sich zwei Flughäfen: ein internationaler in Herat-Stadt und ein militärischer in Shindand (LIB 08.01.2019, S. 125).

Herat ist eine relativ entwickelte Provinz im Westen des Landes. Bekannt ist Herat auch wegen seiner Vorreiterrolle in der Safran-Produktion. Die Safran-Produktion garantierte z.B. auch zahlreiche Arbeitsplätze für Frauen in der Provinz (LIB 08.01.2019, S. 125).

Herat wird als eine der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv. Die Provinz Herat zählt zu den relativ ruhigen Provinzen im Westen des Landes zählt, wenngleich sich in den abgelegenen Distrikten die Situation in den letzten Jahren aufgrund der Taliban verschlechtert hat. Nach zehn Jahren der Entminung sind nun 14 von 16 Distrikten der Provinz sicher. In diesen Gegenden besteht keine Gefahr mehr, Landminen und anderen Blindgängern ausgesetzt zu sein. In der Provinz leben u.a. tausende afghanische Binnenflüchtlinge (LIB 08.01.2019, S. 126).

Im gesamten Jahr 2017 wurden in der Provinz Herat 495 zivile Opfer (238 getötete Zivilisten und 257 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Selbstmordanschlägen/komplexen Attacken und gezielten Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 37% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016. In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt, um einige Gegenden von Aufständischen zu befreien. Auch werden Luftangriffe verübt. Shindand ist ein eher volatiler Distrikt in der Provinz Herat (LIB 08.01.2019, S. 127, siehe insbesondere Abbildung auf S. 127).

Mazar-e Sharif:

Mazar-e Sharif ist die Hauptstadt der Provinz Balkh. Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana und Pul-e-Khumri und ist gleichzeitig ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst (LIB 08.01.2019, S.88).

In Mazar-e Sharif gibt es einen internationalen Flughafen, durch den die Stadt sicher zu erreichen ist (LIB 08.01.2019, S. 88f).

Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans, sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan. Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften (LIB 08.01.2019, S. 89).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.382.155 geschätzt (LIB 08.01.2019, S. 89f).

Dürre:

Aufgrund der Dürre wird die Getreideernte geringer ausfallen, als in den vergangenen Jahren. Da die Getreideernte in Pakistan und im Iran gut ausfallen wird, kann ein Defizit in Afghanistan ausgeglichen werden. Die Preise für Getreide waren im Mai 2018 verglichen zum Vormonat in den meisten großen Städten unverändert und lagen sowohl in Herat-Stadt als auch in Mazar-e Sharif etwas unter dem Durchschnitt der Jahre 2013-2014 (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Beilage ./V, S. 3). Das Angebot an Weizenmehl ist relativ stabil (Anfragebeantwortung von ACCORD, Beilage ./Vi, S. 8). Aufgrund der Dürre wurde bisher kein nationaler Notstand ausgerufen (Beilage ./V, S. 11).

Für die Landflucht spielen die Sicherheitslage und die fehlende Beschäftigung eine Rolle. Durch die Dürre wird die Situation verstärkt, sodass viele Haushalte sich in städtischen Gebieten ansiedeln. Diese Personen - Vertriebene, Rückkehrer und Flüchtlinge - siedeln sich in informellen Siedlungen an (Beilage ./VI, S. 2, S. 5). Dort ist die größte Sorge der Vertriebenen die Verfügbarkeit von Lebensmitteln, diese sind jedoch mit der Menge und der Regelmäßigkeit des Trinkwassers in den informellen Siedlungen und den erhaltenen Hygienesets zufrieden. Viele Familien, die Bargeld für Lebensmittel erhalten, gaben das Geld jedoch für Schulden, für Gesundheitsleistungen und für Material für provisorische Unterkünfte aus. Vielen Familien der Binnenvertriebenen gehen die Nahrungsmittel aus bzw. können sich diese nur Brot und Tee leisten (Beilage ./VI, S. 6). Arme Haushalte, die von einer wassergespeisten Weizenproduktion abhängig sind, werden bis zur Frühjahrsernte sowie im nächsten Jahr Schwierigkeiten haben, den Konsumbedarf zu decken (Beilage ./VI, S. 11). Es werden, um die Folgen der Dürre entgegen zu treten, nationale und internationale Hilfsmaßnahmen für die Betroffenen gesetzt (Beilage ./VI, S. 17ff).

Die Abnahme der landwirtschaftlichen Arbeitsmöglichkeiten zusammen mit der steigenden Migration sowie der hohen Anzahl an Rückkehrerin und Binnenvertriebenen führt zu einer Senkung der Löhne für Gelegenheitsarbeit in Afghanistan und zu einer angespannten Wohnraum- und Arbeitsmarktlage in urbanen Gebieten (Beilage ./VI, S. 15f).

Von Mai bis Mitte August 2018 sind ca. 12.000 Familie aufgrund der Dürre aus den Provinzen Badghis und Ghor geflohen um sich in der Stadt Herat anzusiedeln. Dort leben diese am westlichen Stadtrand von Herat in behelfsmäßigen Zelten, sodass am Rand der Stadt Herat die Auswirkungen der Dürre am deutlichsten sind (Beilage ./V, S. 5f). Mittlerweile sind 60.000 Personen nach Herat geflohen (Beilage ./VI, S. 5). Es ist besonders die ländliche Bevölkerung, insbesondere in der Provinz Herat, betroffen (Beilage ./VI, S. 7). Personen die von der Dürre fliehen, siedeln sich in Herat-Stadt, in Qala-e-Naw sowie in Chaghcharan an, dort wurden unter anderem Zelte, Wasser, Nahrungsmittel sowie Geld verteilt (Beilage ./IV, S. 10; Beilage ./VI, S. 2).

Während das Lohnniveau in Mazar-e Sharif weiterhin über dem Fünfjahresdurchschnitt liegt, liegt dieses in Herat-Stadt 17% unter dem Fünfjahresdurchschnitt (Beilage ./V, S. 8). Es gibt keine signifikante dürrebedingte Vertreibung bzw. Zwangsmigration nach Mazar-e Sharif- Stadt (Beilage ./VI, S. 3; Beilage ./V, S. 1 und 3). Im Umland der Stadt Mazar-e Sharif kommt es zu Wasserknappheit und unzureichender Wasserversorgung (Beilage ./V, S. 2).

Die Stadt Mazar-e Sharif selbst ist nicht von den Auswirkungen der Dürre betroffen.

Medizinische Versorgung

Es gibt keine staatliche Krankenkasse und die privaten Anbieter sind überschaubar und teuer, somit für die einheimische Bevölkerung nicht erschwinglich. Eine begrenzte Zahl staatlich geförderter öffentlicher Krankenhäuser bieten kostenfreie medizinische Versorgung. Alle Staatsbürger haben Zugang zu medizinischer Versorgung und Medikamenten. Die Kosten für Medikamente in diesen Einrichtungen weichen vom lokalen Marktpreis ab. Privatkrankenhäuser gibt es zumeist in größeren Städten wie Kabul, Jalalabad, Mazar-e-Sharif, Herat und Kandahar. Medikamente sind auf jedem Markt in Afghanistan erwerblich, Preise variieren je nach Marke und Qualität des Produktes (LIB 08.01.2019, S. 343 ff).

Psychische Erkrankungen sind in öffentlichen und privaten Klinken grundsätzlich behandelbar. Die Behandlung in privaten Kliniken ist für Menschen mit durchschnittlichen Einkommen nicht leistbar. In öffentlichen Krankenhäusern müssen die Patienten nichts für ihre Aufnahme bezahlen. In Kabul gibt es zwei psychiatrische Einrichtungen: das Mental Health Hospital und die Universitätsklinik Aliabad. Zwar gibt es traditionelle Methoden bei denen psychisch Kranke in spirituellen Schreinen unmenschlich behandelt werden. Es gibt jedoch aktuelle Bemühungen, die Akzeptanz und Kapazitäten für psychiatrische Behandlungsmöglichkeiten zu stärken und auch Aufklärung zu betreiben. Die Bundesregierung finanziert Projekte zur Verbesserung der Möglichkeiten psychiatrischer Behandlung und psychologischer Begleitung in Afghanistan (LIB 08.01.2019, S. 345 f). In Mazar-e Sharif gibt es ein privates neuropsychiatrisches Krankenhaus (Alemi Hospital) und ein öffentliches psychiatrisches Krankenhaus (LIB 08.01.2019, S. 345).

Wirtschaft

Angesichts des langsamen Wachstums, sicherheitsbedingter Versorgungsunterbrechungen und schwacher landwirtschaftlicher Leistungen, nimmt die Armut weiterhin zu (LIB 08.01.2019, S. 339).

Für ca. ein Drittel der Bevölkerung ist die Landwirtschaft (inklusive Tiernutzung) die Haupteinnahmequelle. Die Arbeitslosigkeit betrifft hauptsächlich gering qualifizierte bildungsferne Personen; diese sind auch am meisten armutsgefährdet. Es müssten jährlich geschätzte 400.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden, um Neueinsteiger in den Arbeitsmarkt integrieren zu können. Mehr als ein Drittel der männlichen Bevölkerung (34,3%) Afghanistans und mehr als die Hälfte der weiblichen Bevölkerung (51,1%) sind nicht in der Lage, eine passende Stelle zu finden (LIB 08.01.2019, S. 339).

Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist angespannt und die Arbeitslosigkeit ist hoch. Sogar für gut ausgebildete und gut qualifizierte Personen ist es schwierig ohne ein Netzwerk einen Arbeitsplatz zu finden, wenn man nicht empfohlen wird oder dem Arbeitgeber nicht vorgestellt wird. Vetternwirtschaft ist gang und gebe. Arbeitgeber bewerten persönliche Beziehungen und Netzwerke höher als formelle Qualifikationen. Es gibt lokale Webseiten, die offene Stellen im öffentlichen und privaten Sektor annoncieren. Die meisten Afghanen sind unqualifiziert und Teil des informellen, nicht-regulierten Arbeitsmarktes. Der Arbeitsmarkt besteht Großteiles aus manueller Arbeit ohne Anforderungen an eine formelle Ausbildung und spiegelt das niedrige Bildungsniveau wieder. In Kabul gibt es öffentliche Plätze, wo sich Arbeitssuchende und Nachfragende treffen. Viele bewerben sich, nicht jeder wird engagiert. Der Lohn beträgt für Hilfsarbeiter meist USD 4,3 und für angelernte Kräfte bis zu USD 14,5 pro Tag (EASO Afghanistan Netzwerke aus Jänner 2018, Beilage ./Iv, S. 29 - 30).

In Kabul und in großen Städten stehen Häuser und Wohnungen zur Verfügung. Es ist auch möglich an Stelle einer Wohnung ein Zimmer zu mieten. Dies ist billiger als eine Wohnung zu mieten. Heimkehrer mit Geld können Grund und Boden erwerben und langfristig ein eigenes Haus bauen. Vertriebene in Kabul, die keine Familienanbindung haben und kein Haus anmieten konnten, landen in Lagern, Zeltsiedlungen und provisorischen Hütten oder besetzen aufgelassene Regierungsgebäude. In Städten gibt es Hotels und Pensionen unterschiedlichster Preiskategorien. Für Tagelöhner, Jugendliche, Fahrer, unverheiratete Männer und andere Personen, ohne permanenten Wohnsitz in der jeweiligen Gegend, gibt es im ganzen Land Angebote geringerer Qualität, sogenannte chai khana (Teehaus). Dabei handelt es sich um einfache große Zimmer in denen Tee und Essen aufgetischt wird. Der Preis für eine Übernachtung beträgt zwischen 0,4 und 1,4 USD. In Kabul und anderen großen Städten gibt es viele solche chai khana und wenn ein derartiges Haus voll ist, lässt sich Kost und Logis leicht anderswo finden. Man muss niemanden kennen um dort eingelassen zu werden (EASO Afghanistan Netzwerke aus Jänner 2018, Beilage ./Iv, S. 31).

Rückkehrer:

Im Jahr 2017 kehrten sowohl freiwillig, als auch zwangsweise insgesamt 98.191 Personen aus Pakistan und 462.361 Personen aus Iran zurück. Bis Juli 2017 kehrten aus Europa und der Türkei 41.803 Personen nach Afghanistan zurück (LIB 08.01.2019, S. 352 f).

Auch wenn scheinbar kein koordinierter Mechanismus existiert, der garantiert, dass alle Rückkehrer/innen die Unterstützung erhalten, die sie benötigen, und dass eine umfassende Überprüfung stattfindet, können Personen, die freiwillig oder zwangsweise nach Afghanistan zurückgekehrt sind, dennoch verschiedene Unterstützungsformen in Anspruch nehmen. Eine Reihe unterschiedlicher Organisationen ist für Rückkehrer/innen und Binnenvertriebene (IDP) in Afghanistan zuständig. Außerdem erhalten Rückkehrer/innen Unterstützung von der afghanischen Regierung, den Ländern, aus denen sie zurückkehren, und internationalen Organisationen (z.B. IOM) sowie lokalen Nichtregierungsorganisationen (NGO) (z. B. IPSO und AMASO). Nichtsdestotrotz scheint das Sozialkapital die wichtigste Ressource zu sein, die Rückkehrer/innen zur Verfügung steht, da keine dezidiert staatlichen Unterbringungen für Rückkehrer existieren und familiäre Unterbringungsmöglichkeiten für Rückkehrer/innen daher als die zuverlässigste und sicherste Möglichkeit erachtet werden. So kehrt der Großteil der (freiwilligen bzw. zwangsweisen) Rückkehrer/innen direkt zu ihren Familien oder in ihre Gemeinschaften zurück. Für jene, die diese Möglichkeit nicht haben sollten, stellen die Regierung und IOM eine temporäre Unterkunft zur Verfügung, wo Rückkehrer/innen für maximal zwei Wochen untergebracht werden können (LIB 08.01.2019, S. 353 f).

IOM, IRARA, ACE und AKAH bieten Unterstützung und nachhaltige Begleitung bei der Reintegration einschließlich Unterstützung bei der Suche nach einer Beschäftigung oder Schulungen an. NRC bietet Rückkehrer/innen aus Pakistan, Iran und anderen Ländern Unterkunft sowie Haushaltsgegenstände und Informationen zur Sicherheit an und hilft bei Grundstücksstreitigkeiten. Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (ICRC) unterstützt Rückkehrer/innen dabei, ihre Familien zu finden (LIB 08.01.2019, S. 353f).

Psychologische Unterstützung von Rückkehrer/innen wird über die Organisation IPSO betrieben - alle Leistungen sind kostenfrei. Diejenigen, die es benötigen und in abgelegene Provinzen zurückkehren, erhalten bis zu fünf Skype-Sitzungen von IPSO. Für psychologische Unterstützung könnte auch ein Krankenhaus aufgesucht werden; möglicherweise mangelt es diesen aber an Kapazitäten (LIB 08.01.2019, S. 355).

Die Großfamilie ist die zentrale soziale Institution in Afghanistan und bildet das wichtigste soziale Sicherheitsnetz der Afghanen. Alle Familienmitglieder sind Teil des familiären Netzes. Die Großfamilie trägt zu Schutz, Betreuung und Versorgung ihrer Mitglieder bei. Sie bildet auch eine wirtschaftliche Einheit; die Männer der Familie sind verpflichtet, die Mitglieder der Großfamilie zu unterstützen und die Familie in der Öffentlichkeit zu repräsentieren. Auslandsafghanen pflegen zumeist enge Kontakte mit ihren Verwandten in Afghanistan. Nur sehr wenige Afghanen in Europa verlieren den Kontakt zu ihrer Familie. Die Qualität des Kontakts mit der Familie hängt möglicherweise auch davon ab, wie lange die betreffende Person im Ausland war bzw. wie lange sie tatsächlich in Afghanistan lebte, bevor sie nach Europa migrierte. Der Faktor geographische Nähe verliert durch technologische Entwicklungen sogar an Wichtigkeit. Der Besitz von Mobiltelefonen ist mittlerweile "universell" geworden und digitale Kommunikation wird eine zunehmende Selbstverständlichkeit, vor allem in den Städten. Ein fehlendes familiäres Netzwerk stellt eine Herausforderung für die Reintegration von Migrant/innen in Afghanistan dar. Dennoch haben alleinstehende afghanische Männer, egal ob sie sich kürzer oder länger außerhalb der Landesgrenzen aufhielten, sehr wahrscheinlich eine Familie in Afghanistan, zu der sie zurückkehren können. Eine Ausnahme stellen möglicherweise jene Fälle dar, deren familiäre Netze in den Nachbarstaaten Iran oder Pakistan liegen (LIB 08.01.2019, S. 356 f).

Familien in Afghanistan halten in der Regel Kontakt zu ihrem nach Europa ausgewanderten Familienmitglied und wissen genau Bescheid, wo sich dieses aufhält und wie es ihm in Europa ergeht. Dieser Faktor wird in Asylinterviews meist heruntergespielt und viele Migranten, vor allem Minderjährige, sind instruiert zu behaupten, sie hätten keine lebenden Verwandten mehr oder jeglichen Kontakt zu diesen verloren (LIB 08.01.2019, S. 356f).

Ein Netzwerk ist für das Überleben in Afghanistan wichtig. So sind einige Rückkehrer/innen auf soziale Netzwerke angewiesen, wenn es ihnen nicht möglich ist, auf das familiäre Netz zurückzugreifen. Die Rolle sozialer Netzwerke - der Familie, der Freunde und der Bekannten - ist für junge Rückkehrer/innen besonders ausschlaggebend, um sich an das Leben in Afghanistan anzupassen. Sollten diese Netzwerke im Einzelfall schwach ausgeprägt sein, kann die Unterstützung verschiedener Organisationen und Institutionen in Afghanistan in Anspruch genommen werden (LIB 08.01.2019, S. 357).

Ethnische Minderheiten:

In Afghanistan leben mehr als 34.1 Millionen Menschen. Es sind ca. 40% Pashtunen, rund 30% Tadschiken, ca. 10% Hazara und 9% Usbeken. Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt (LIB 08.01.2019, S. 300).

Religionen:

Etwa 99,7% der afghanischen Bevölkerung sind Muslime, davon zwischen 84,7 und 89,7% Sunniten. Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Anhänger anderer Religionen sind frei, ihren Glauben im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften auszuüben (LIB 08.01.2019, S. 290).

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt sowie in den Gerichtsakt, durch Einvernahme des Beschwerdeführers und von drei Zeugen in der mündlichen Verhandlung und durch Einsichtnahme in die zum Akt genommenen Urkunden Beilage ./I bis ./VII (Konvolut ZMR, GVS, Strafregister Beilage ./I; Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 11.09.2018, Beilage ./II; Bericht Landinfo, Rekrutierung durch die Taliban vom 29.06.2017, Beilage ./III;

Bericht EASO, Afghanistan Netzwerke aus Jänner 2018, Beilage ./IV;

Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Afghanistan, Lage in Herat- Stadt und Mazar-e Sharif aufgrund anhaltender Dürre, vom 13.09.2018, Beilage ./V; Anfragebeantwortung ACCORD, Folgen von Dürre in den Städten Herat und Mazar-e Sharif vom 12.10.2018, Beilage ./VI; Übersetzung auf Deutsch der EASO Country Guidance Afghanistan aus Juni 2018 hinsichtlich Punkt III. [Subsidiärer Schutz] und Punkt V. [innerstaatliche Schutzalternative], Beilage ./VII) und Beilage ./A bis ./L (Schreiben der VHS vom 11.02.2019, Beilage ./A; Schreiben des Verschönerungsvereins vom 10.02.2019, Beilage ./B; Schreiben der Freiwilligen Feuerwehr vom 12.02.2019, Beilage ./C; Schreiben eines Vereins, undatiert, Beilage ./D;

Schreiben des Vizebürgermeister/Ortsvorstehers vom 09.02.2019, Beilage ./E; Schreiben des "Österreichischen Roten Kreuzes" vom 07.02.2019, Beilage ./F; Schreiben der Schule für Sozialbetreuungsberufe vom 12.02.2019, Beilage ./G; Unterschriftenliste Gemeinde, Beilage ./H; Konvolut an Lichtbildern, Beilage ./I; Vorvertrag für eine Teilzeitbeschäftigung vom 01.02.2019, Beilage ./J; Unterstützungsschreiben, Konvolut, Beilage ./K; Unterstützungsschreiben der Nachbarn des BF, Konvolut, Beilage ./L) sowie in die mit Stellungnahmen vom 23.04.2018 (OZ 10) und vom 08.02.2019 (OZ 13) vorgelegten Unterlagen.

Dem Erkenntnis werden die EASO Country Guidance Afghanistan aus Juni 2018 sowie die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 zugrunde gelegt (OZ 15, S. 21).

Die Feststellungen basieren auf den in den Klammern angeführten Beweismitteln.

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen dahingehend übereinstimmenden Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor dem Bundesamt, in der Beschwerde und vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die getroffenen Feststellungen zum Namen und zum Geburtsdatum des Beschwerdeführers gelten ausschließlich zur Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im Asylverfahren.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, seiner Muttersprache, seinem Lebenslauf (sein Aufwachsen sowie seine familiäre Situation in Afghanistan, seine Schulbildung) sowie zu den Eigentumsverhältnissen seiner Familie gründen sich auf seinen diesbezüglich schlüssigen und stringenten Angaben. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen im gesamten Verfahren gleich gebliebenen Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln.

Dass der Beschwerdeführer mit den afghanischen Gepflogenheiten vertraut ist, ergibt sich daraus, dass er in Afghanistan mit seiner afghanischen Familie aufgewachsen ist, er ist dort zur Schule gegangen.

Die Feststellungen zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich (insbesondere zur Aufenthaltsdauer, seinen Deutschkenntnissen, seinen engen sozialen Anknüpfungspunkten in Österreich und seiner Integration in Österreich) stützen sich auf die Aktenlage (vgl. insbesondere den Auszug aus dem Grundversorgungs-Informationssystem), auf die Angaben des Beschwerdeführers und der Zeugen in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie auf die von ihm in der mündlichen Verhandlung und in den Schriftsätzen vorgelegten Unterlagen. Der leibliche Sohn der Gastmutter gab in der mündlichen Verhandlung, auf die Frage wie das Verhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und der Gastmutter sei, an, dass es sehr freundschaftlich sei. Aufgrund der Konstellation und des Altersunterschiedes kann man sagen, dass sie wie eine Ersatzmutter sei, er würde jedoch den freundschaftlichen Aspekt in den Vordergrund stellen, auch wenn der Beschwerdeführer als Teil der Familie gesehen wird (OZ 15, S. 27).

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand gründen auf den diesbezüglich glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers beim Bundesamt und auf dem Umstand, dass im Verfahren nichts Gegenteiliges hervorgekommen ist.

Dass der Beschwerdeführer grundsätzlich anpassungsfähig ist, ergibt sich daraus, dass er in Österreich einer ehrenamtlichen Tätigkeit nachgeht und er sich in Österreich an sich zurechtfindet. Es sind im Verfahren keine Umstände hervorgekommen, die gegen eine grundsätzliche Anpassungsfähigkeit des Beschwerdeführers sprechen.

Dass der Beschwerdeführer grundsätzlich arbeitsfähig ist, ergibt sich daraus, dass er selber angab, einer Arbeit nachgehen zu wollen und im Verfahren keine Umstände hervorgekommen sind, die gegen eine Arbeitsfähigkeit sprechen.

Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister.

2.2. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

2.2.1. Soweit der Beschwerdeführer vorbrachte, ihm drohe Lebensgefahr durch die Taliban, weil diese ihn unter Zwang haben rekrutieren wollen, kommt seinem Vorbringen aus nachfolgenden Gründen keine Glaubhaftigkeit zu:

Zunächst ist festzuhalten, dass die Angaben des Beschwerdeführers nicht mit den Länderberichten in Einklang zu bringen sind. So ist diesen zu entnehmen, dass die Taliban nunmehr bemüht sind Personen mit militärischem Wissen, Erfahrung sowie mit militärischen Fertigkeiten, wie das Personal der afghanischen Sicherheitskräfte, zu rekrutieren. Die Taliban rekrutieren über bestehende traditionelle Netzwerke und organisierte Aktivitäten im Zusammenhang mit religiösen Institutionen. Layha, der Verhaltenskodex der Taliban enthält einige Bestimmungen über verschiedene Formen der Einladung sowie Bestimmungen, wie sich die Kader verhalten sollen, um Menschen zu gewinnen und Sympathien aufzubauen. Zusätzlich unternehmen Taliban persönlich und direkt Versuche, die Menschen von ihren Ideologien und Weltanschauungen zu überzeugen, damit sie die Bewegung unterstützen. Ein Großteil dieser Aktivitäten läuft über religiöse Netzwerke, zum Beispiel beim Freitagsgebet in der Moschee, bei lokalen Veranstaltungen oder Schauplätzen. Die Taliban waren mit ihrer Expansion noch nicht genötigt Zwangsmaßnahmen zur Rekrutierung anzuwenden. Die Taliban bedienen sich nur sehr vereinzelt der Zwangsrekrutierung, indem sie männliche Dorfbewohner in von ihnen kontrollierten Gebieten, die mit der Sache nicht sympathisieren, zwingen, als Lastenträger zu dienen. Die Taliban betreiben eine Zwangsrekrutierung nicht automatisch. Personen die sich gegen die Rekrutierung wehren, werden keine rechtsverletzenden Sanktionen angedroht. Eine auf Zwang beruhende Mobilisierungspraxis steht auch den im Pashtunwali (Rechts- und Ehrenkodex der Paschtunen) enthaltenen fundamentalen Werten von Familie, Freiheit und Gleichheit entgegen. Es kommt nur in Ausnahmefällen und nur in sehr beschränktem Ausmaß zu unmittelbaren Zwangsrekrutierungen durch die Taliban. Die Taliban haben ausreichend Zugriff zu freiwilligen Rekruten. Zudem ist es schwierig einen Afghanen zu zwingen, gegen seinen Willen gegen jemanden oder etwas zu kämpfen.

Da der Beschwerdeführer über kein militärisches Wissen oder Erfahrung verfügt und Zwangsrekrutierungen durch die Taliban nicht üblich sind, steht das Fluchtvorbringen im Widerspruch zu den Länderberichten und ist dieses schon aus diesem Grund nicht glaubhaft.

Die Mehrheit der Taliban sind Paschtunen. Die Rekrutierung aus anderen ethnischen Gruppen ist weniger üblich. Der Beschwerdeführer ist jedoch kein Paschtune, sodass auch dies nicht plausibel ist.

Es stünde zudem im Widerspruch mit der afghanischen Kultur, würde man Kinder gegen den Wunsch der Familie und ohne entsprechende Entscheidung des Familienverbandes aus dem Familienverband "herauslösen". Dass der Vater des Beschwerdeführers gegen seinen Willen gezwungen worden sei den Beschwerdeführer zu den Taliban zu geben, ist ebenfalls nicht mit den Länderberichten in Einklang zu bringen. Die Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen sind nicht glaubhaft.

Die Taliban drohen Personen die sich gegen die Rekrutierung wehren, keine rechtsverletzenden Sanktionen an. Eine auf Zwang beruhende Mobilisierungspraxis steht auch den im Pashtunwali (Rechts- und Ehrenkodex der Paschtunen) enthaltenen fundamentalen Werten von Familie, Freiheit und Gleichheit entgegen. Die Angaben des Beschwerdeführers, dass seinem Vater mehrfach der Tod des Beschwerdeführers angedroht worden sei bzw. die Taliban seine Geschwister oder alle Familienmitglieder zusammengeschlagen hätten, sind nicht glaubhaft. Es ist ebenso nicht glaubhaft, dass die Taliban andere Jugendliche im Dorf umgebracht hätten, da diese sich den Taliban nicht haben anschließen wollen. Die Angaben des Beschwerdeführers sind nicht mit den Länderberichten in Einklang zu bringen.

Da die Taliban mit ihrer Expansion noch nicht genötigt sind Zwangsmaßnahmen zur Rekrutierung anzuwenden und Personen die sich gegen die Rekrutierung wehren, keine rechtsverletzenden Sanktionen angedroht werden, droht dem Beschwerdeführer auch bei einer Rückkehr nach Afghanistan keine Zwangsrekrutierung - weder durch die Taliban noch durch andere Personen.

2.2.2. Der Beschwerdeführer wurde beim Bundesamt aufgefordert seine Fluchtgründe frei und so ausführlich wie möglich darzulegen. Der Beschwerdeführer präsentierte jedoch beim Bundesamt eine bloße Rahmengeschichte, die er selbst auf mehrfaches Nachfragen kaum mit Details ergänzen konnte. So gab der Beschwerdeführer Folgendes beim Bundesamt in seiner freien Erzählung zu seinen Fluchtgründen an (AS 121): "Die Taliban wollten mich mitnehmen. Die Taliban waren persönlich bei uns zu Hause. Sie wollten mich mitnehmen. Die Taliban kamen zu uns, als ich nicht zu Hause war. Beim ersten Mal war ich zu Hause und habe mich versteckt. Beim zweiten Mal war ich nicht zu Hause. Beim zweiten Mal haben sie meinen Vater angedroht, falls ich nicht zu ihnen gehe, werden sie mich töten- Ich hatte einen sehr guten Freund namens XXXX , er wurde von den Taliban getötet, weil er nicht mit ihnen zusammenarbeiten wollte. Daraufhin hat mich mein Vater hierhin geschickt. Es war für mich sehr schwer meine Heimat zu verlassen und hierher zu flüchten. Beim zweiten Mal als die Taliban bei uns waren, haben sie unser Haus durchsucht, aber ich war nicht zu Hause. Ich war auf der Landwirtschaft. Nachdem reiste ich aus dem Heimatland aus, dann waren die Taliban noch einmal bei uns und drohten meinem Vater an, weil ich nicht zu ihnen kam, wir werden deinen Sohn auf jeden Fall finden du ihn töten."

Die Angaben des Beschwerdeführers blieben gänzlich detaillos und vage. Das Gericht verkennt daher nicht, dass die behaupteten Vorfälle schon einige Zeit zurückliegen und deshalb Erinnerungslücken einer vollkommen detaillierten Erzählung entgegenstehen können und der Beschwerdeführer bei den behaupteten fluchtauslösenden Ereignissen ca. 17,5 Jahre alt war. Dass der Beschwerdeführer die Ereignisse jedoch in einer derart oberflächlichen und vage schildern würde, wäre allerdings nicht anzunehmen, hätten sich die Ereignisse tatsächlich so zugetragen und wären sie von fluchtauslösender Intensität. Das Gericht berücksichtigt daher in seiner Beweiswürdigung jedenfalls das Alter des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der behaupteten fluchtauslösenden Ereignisse.

2.2.3. Erst nach der freien Erzählung beim Bundesamt und nach weiteren Fragen

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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