TE Bvwg Beschluss 2019/3/14 W163 2134181-2

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Veröffentlicht am 14.03.2019
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Entscheidungsdatum

14.03.2019

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W163 2134181-2/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Mag. Daniel LEITNER als Einzelrichter in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten (Mandats-) Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.03.2019, Zahl: XXXX , erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geboren am XXXX , afghanischer Staatsangehöriger, folgenden Beschluss:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 und § 22 Abs. 10 Asylgesetz 2005 in Verbindung mit § 22 BFA-Verfahrensgesetz rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

1.1. Vorverfahren:

1.1.1. Der im Spruch angeführte Asylwerber (in der Folge: AW) reiste unter Umgehung der Einreisebestimmungen in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 31.10.2014 beim Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (in der Folge: AsylG).

Der AW begründete seinen Antrag auf internationalen Schutz im Wesentlichen damit, dass er im Alter von 14 wegen des Krieges Afghanistan verließ und sich fortan im Iran aufhielt. Den Iran hätte er verlassen müssen, weil bei einem Hangrutsch auf einer Baustelle fünf Männer getötet worden wären. Da er Vorarbeiter gewesen wäre, wäre ihm die Schuld für diesen Unfall seitens der iranischen Behörden angelastet worden, weshalb der den Iran verließ. Die verunglückten Männer würden aus dem Heimatdorf des AW in Afghanistan stammen, er hätte ihnen diese Arbeit verschafft und im Falle einer Rückkehr würden die Familien den AW anzeigen und er würde verhaftet werden.

1.1.2. Mit Bescheid des BFA vom 19.08.2016, Zl. 1044339009-140127260, wurde der (erste) Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.). Dem AW wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz (FPG) erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des AW gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV.).

1.1.3. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (in der Folge: BVwG) vom 25.07.2018, Zahl: W253 XXXX , zugestellt am XXXX , wurde die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Im Zuge des Verfahrens vor dem BVwG gab der AW zusammengefasst an, er hätte im Iran "schwarz" gearbeitet und hätte, um einen Bauauftrag zu erfüllen, Arbeiter aufgenommen, die er auch bezahlt hätte. Eines Tages sei eine Schlammlawine abgegangen und fünf Arbeiter wären dabei getötet worden. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan würden die Familien der Opfer ihn anzeigen oder ihm etwas antun.

1.2. Gegenständliches Verfahren:

1.2.1. Am 04.03.2019 wurde der AW, nachdem er in Frankreich am 16.08.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hatte, nach Zustimmung Österreichs zum Wiederaufnahmeersuchen gem. Art. 18 1b Dublin III VO nach Österreich überstellt.

Bei der Erstbefragung am 04.03.2019 gab der AW zusammengefasst an, dass seine Flucht- und Asylgründe, die er bereits beim ersten Antrag erwähnt hätte, immer noch gelten würden. Er könne nicht nach Afghanistan zurückkehren, weil die Angehörigen jener afghanischen Männer, die bei dem Arbeitsunfall im Iran getötet worden wären, ihn in Afghanistan angezeigt hätten und eine Entschädigungszahlung verlangen würden. Da er nicht bezahlt hätte, würden er und seine Familie von den Angehörigen der Opfer bedroht.

1.2.2. Mit Verfahrensanordnung vom 06.03.2019 teilte das BFA dem AW gemäß § 29 Abs. 3 und § 15a AsylG AsylG mit, dass beabsichtigt sei, den faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid aufzuheben (§ 12a Abs. 2 AsylG). Diese Mitteilung wurde dem AW nachweislich (eigenhändige Unterschrift) am 08.03.2019 persönlich übergeben. Zudem wurden dem AW die Länderfeststellungen übermittelt und ihm die Möglichkeit einer Stellungnahme eingeräumt.

1.2.3. Am 11.03.2019 wurde der AW vor dem BFA, Erstaufnahmestelle (EAST) Ost in Traiskirchen, im Beisein eines Rechtsberaters und eines Dolmetschers niederschriftlich einvernommen.

Nachdem dem AW neuerlich der Inhalt der Verfahrensanordnung vom 06.03.2019 zur Kenntnis gebracht wurde, hielt der AW sein bisheriges Vorbringen aufrecht. Er bejahte die konkrete Frage, dass die im ersten Verfahren geltend gemachten Flucht- und Ausreisegründe weiterhin aufrecht seien. Auf die Frage, ob sich seit der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 20.02.2018 etwas geändert hätte, gab der AW an, dass seine Feinde seine Familie bedroht hätten und gefragt hätten, ob er in Afghanistan oder anderswo sei. Die Familien jener Personen, die von ihm unabsichtlich getötet worden wären, hätten auch mit einer Anzeige gedroht, er wisse aber nicht, ob eine Anzeige bei den Behörden erfolgt sei. Im Zuge der Befragung stütze der AW der Grund für die Forderungen und Drohungen auf die bereits im ersten Verfahren geschilderten Gründe, nämlich auf den Arbeitsunfall auf der Baustelle. Die Familien würden das Geld für das "Blut ihrer Kinder" verlangen.

Zu den dem AW am 08.03.2019 ausgefolgten Länderfeststellungen nahm der AW wie folgt Stellung: "In Afghanistan gibt es keine Sicherheit, wenn einer raus geht kann man nicht wissen ober er wieder nach Hause zurückkommt."

Der Rechtsberater stellte keine Fragen oder Anträge. Er verwies auf die UNHCR-Richtlinie.

1.2.4. Mit mündlich verkündetem Bescheid des BFA vom 11.03.2019 wurde der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 AsylG in Anwendung des § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben.

Nach Wiedergabe des Verfahrensganges führte die belangte Behörde aus, dass der AW im Erstverfahren vorgebracht habe, dass er im Iran auf einer Baustelle als Vorarbeiter tätig gewesen wäre und fünf Afghanen, die unter ihm gearbeitet hätten, eines Nachts bei einem Hangrutsch verschüttet und getötet worden wären. Der AW befürchte bei einer Rückkehr, dass die Angehörigen der Opfer ihn vielleicht anzeigen würden oder es zu Problemen mit diesen kommen werde. Im gegenständlichen Verfahren habe der AW bei der Erstbefragung vorgebracht, dass die Gründe des Erstverfahren aufrecht wären und er nun angezeigt worden wäre und eine Entschädigungssumme zahlen müsse. Er und seine Familie seien von den Angehörigen bedroht worden, weil er nicht gezahlt hätte. Bei der Einvernahme am 11.03.2019 hätte der AW seine Angaben revidiert und angegeben, es sei ihm nicht bekannt, dass bis dato eine Anzeige erstattet worden wäre. Die Angehörigen der Opfer würden der Familie des AW damit drohen, Anzeige zu erstatten.

Weiters führte das BFA aus, dass sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt somit seit Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert hätte und der neue Antrag voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein wird. In diesem Zusammenhang sei nochmals darauf zu verweisen, dass das Vorbringen mit der rechtskräftigen Entscheidung im Erstverfahren sowohl durch das BFA als auch durch das BVwG einer umfassenden Beweiswürdigung unterzogen wurde und das Vorbringen als divergierend, vage, nicht nachvollziehbar und unstimmung und daher als nicht glaubhaft zu qualifizieren war.

Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände könne nicht festgestellt werden, dass die Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des AW nach Afghanistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Zum Verweis des Rechtsberaters auf die UNHCR-Richtlinien sei anzumerken, dass daruas nich hervorgehe, in welchem Zusammenhang auf die gängigen Richtlinien verweisen werde.

Unter Beachtung sämtlicher bekannter Tatsachen könne kein unverhältnismäßiger Eingriff in Art 3 und Art. 8 EMRK erkannt werden.

Aufgrund der Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Verbindung mit dem aktuellen Vorbringen drohe dem AW keine Verletzung wie in § 12a Abs. 2 Z. 3 AsylG beschrieben. Es lägen somit alle Voraussetzungen für eine Aufhebung des Abschiebeschutzes vor, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen wäre.

1.2.5. Der Verwaltungsakt langte am 13.03.2019 beim BVwG ein, worüber das BFA gemäß § 22 Abs. 2 BFA-VG mit Mitteilung vom selben Tag informiert wurde.

2. Beweisaufnahme:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:

-

Einsicht in den dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakt des BFA, beinhaltend insbesondere die Aktenteile betreffend das Vorverfahren und die Niederschriften der Erstbefragung vor dem BFA am 04.03.2019 und der Einvernahme vor dem BFA am 11.03.2019 sowie den mündlich verkündeten (Mandats-) Bescheid vom selben Tag

-

Einsicht in Dokumentationsquellen betreffend den Herkunftsstaat des AW im erstbehördlichen Verfahren (Auszüge aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan, Stand Jänner 2018), sowie in die ins gegenständliche Verfahren eingebrachten Dokumentationsquellen (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan, Stand 01.03.2019).

Der AW hat auch im gegenständlichen Folgeverfahren keinerlei Beweismittel oder sonstige Belege für sein Vorbringen vorgelegt.

3. Ermittlungsergebnis (Sachverhaltsfeststellungen):

Die nachfolgenden Feststellungen gründen sich auf die unter Punkt 2. erwähnten Beweismittel.

3.1. Zur Person des AW:

Der AW ist afghanischer Staatsangehöriger, in Afghanistan geboren und aufgewachsen, spricht Dari und verfügt über keine Identitätsdokumente.

3.2. Das vom AW mit Antrag vom 31.10.2014 initiierte (erste) Asylverfahren wurde mit Entscheidung des BFA vom 19.08.2016, sowie der Beschwerdeentscheidung des BVwG vom 25.07.2018, zugestellt am 25.07.2018, mit diesem Datum rechtskräftig negativ abgeschlossen.

Der Antrag auf internationalen Schutz wurde gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen, subsidiärer Schutz wurde in Bezug auf Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 AsylG nicht gewährt. Dem AW wurde kein Aufenthaltstitel gewährt, und es wurde eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung getroffen.

3.3. Der AW hat das Bundesgebiet nach Erhalt der (ersten) abweisenden Entscheidung im August 2018 verlassen und stellte in der Folge nach Überstellung aus Frankreich im Dublin-Verfahren am 04.03.2019 einen neuerlichen (den gegenständlichen) Antrag auf internationalen Schutz. Im gegenständlichen Verfahren bezieht sich der AW auf Gründe, die bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des ersten vom AW initiierten Verfahrens bestanden haben. In der Einvernahme vor dem BFA brachte der AW vor, dass diese Gründe nach wie vor bestünden, er keine neuen Verfolgungsgründe habe und aus den vorgebrachten Gründen er und seine Familie bedroht worden seien, weshalb er nicht nach Afghanistan zurückkehren könne.

3.4. In Bezug auf den ledigen und kinderlosen AW besteht kein hinreichend schützenswertes Privat- und/oder Familienleben im Bundesgebiet. Er befindet sich in Grundversorgung und ist nicht erwerbstätig. Es bestehen keine Hinweise, dass beim AW etwaige physische beziehungsweise psychische Erkrankungen vorlägen, die einer Rückkehr nach Afghanistan entgegenstehen würden. Beim AW handelt es sich somit um einen gesunden Mann im arbeitsfähigen Alter, der sich gegebenenfalls auch ohne Unterstützung in Afghanistan zurechtfinden kann, da er eine Landessprache beherrscht und in einem afghanisch geprägten Umfeld aufgewachsen ist. Der AW hat Familienangehörige in Afghanistan..

Es ist nicht ersichtlich, dass eine Abschiebung des AW nach Afghanistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Es liegen keine Umstände vor, welche seiner Außerlandesbringung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden.

3.5. Eine entscheidungswesentliche Änderung der Ländersituation im Herkunftsstaat ist zwischenzeitlich (vgl. Länderfeststellungen im Erkenntnis des BVwG vom 30.01.2018 und Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan, Stand 01.03.2019) nicht eingetreten.

3.6. Der AW verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung, sodass der Folgeantrag voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein wird.

4. Beweiswürdigung:

Der Beweiswürdigung liegen folgende maßgebende Erwägungen zugrunde:

4.1. Der Verfahrensgang ergibt sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten des BFA und des BVwG.

Die Rechtskraft des Erkenntnisses des BVwG vom 25.07.2018, Zahl:

W253 2134181-1/18E, dem bevolllmächtigten Vertreter des AW elektronisch am 25.07.2018 zugestellt, mit welchem die Beschwerde gegen die Abweisung des (ersten) Antrags auf internationalen Schutz vom 31.10.2014 in allen Spruchpunkten als unbegründet abgewiesen wurde, ergibt sich mit dem Zustellungsdatum. Das Protokoll über die Zustellung liegt im Akt des BVwG auf.

Die Feststellungen zum zweiten Antrag auf internationalen Schutz und dem hierzu erstatteten Vorbringen des Betroffenen ergeben sich aus dem Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsverfahrensakts des BFA.

4.2. Zur Person des AW und zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates:

4.2.1. Die Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des AW ergeben sich aus seinen Angaben vor dem BFA und dem Bundesverwaltungsgericht.

Die Feststellungen zu den allgemeinen Lebensumständen des AW stützen sich auf die diesbezüglich nicht widersprüchlichen Angaben des AW im Verfahren vor dem BFA sowie auf die Kenntnis und Verwendung der Sprache Dari.

4.2.2. Der AW hat im Rahmen der Erstbefragung angegeben, dass er nach der abweisenden Entscheidung zum ersten Antrag Österreich im August 2018 verlassen hat und über die Schweiz nach Frankreich gereist sei, wo er sich von August 2018 bis zur Rückübernahme am 04.03.2019 befunden hätte.

Das Vorliegen eines schützenswerten Privat- oder Familienlebens in Österreich wurde im Verfahren nicht behauptet beziehungsweise nicht hinreichend dargelegt.

Sonstige erhebliche Integrationsmerkmale des AW - abgesehen von Deutschkenntnissen- sind auf Grund der Aktenlage nicht erkennbar und wurden vom AW auch weder dargelegt noch behauptet.

Hinweise auf erhebliche gesundheitliche Probleme liegen nicht vor und wurden vom AW auch nicht behauptet.

4.2.3. Die vom AW im gegenständlichen Verfahren vorgebrachten Gründe für das Verlassen seines Herkunftsstaates, in den er zwischenzeitlich auch nicht zurückgekehrt ist, und die einer Rückkehr entgegenstehen, sind dieselben, die bereits im Vorverfahren als unglaubhaft erkannt worden waren. Die im gegenständlichen Verfahren behaupteten Drohungen, Geldforderungen und eine Anzeige stützt der AW auf jenen Sachverhalt, der im ersten Verfahren als nicht glaubhaft festgestellt wurde. Darüber hinaus sind die Angaben im gegenständlichen Verfahren widersprüchlich zumal der AW bei der Erstbefragung angab, er sei angezeigt worden und im Rahmen der Einvernahme vor dem BFA angab, er wisse nicht, ob eine Anzeige erfolgt sei, seiner Familie werde gedroht, er werde angezeigt, wenn die Geldforderungen der Angehörigen der bei dem Arbeitsunfall Getöteten nicht erfüllt würden.

4.3. Zur Lage im Herkunftsstaat des AW:

Die diesem Beschluss zugrunde liegenden Länderfeststellungen (siehe oben Punkt 2.) gründen sich auf Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Indien ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der AW hat diese Feststellungen nicht bestritten.

Dass die allgemeine Situation in Afghanistan seit rechtskräftigem Abschluss des Vorverfahrens im Wesentlichen unverändert geblieben ist und sich die maßgebliche Lage in Afghanistan für den Betroffenen nicht geändert hat, ergibt sich aus den in den Bescheiden des BFA sowie im Erkenntnis des BVwG enthaltenen Feststellungen zu Afghanistan.

UNHCR führt seine in den Richtlinien vom 30.08.2018 formulierte Feststellung, dass "Zivilisten, die in Kabul tagtäglich ihren wirtschaftlichen oder sozialen Aktivitäten nachgehen, Gefahr laufen, Opfer der allgegenwärtigen in der Stadt bestehenden Gefahr zu werden", wesentlich auf EASO, Country Guidance: Afghanistan, Juni 2018 zurück, dieser EASO-Leitfaden basiert auf EASO-Berichten zur Sicherheitssituation aus Mai 2018 und Dezember 2017. Ferner stützt UNHCR diese Feststellung auf zwei französische Gerichtsentscheidungen (Administrative Court of Appeal of Lyon, 13. März 2018 und Administrative Court of Nantes, 8. Juni 2018) und führte zudem insbesondere Zeitungsberichte der Washington Post, der New York Times und vergleichbare Berichte an (vgl. UNHCR-RL vom 30.08.2018 in der deutschen Übersetzung, S. 127, Fußnote 688).

Unter Bezugnahme auf den EASO-Leitfaden, auf den UNHCR tragend verweist und der auch im gegenständlichen Verfahren Eingang gefunden hat, ergibt sich jedoch eine differenzierte Einschätzung zur (Sicherheits-)Situation in der Stadt Kabul. Grundsätzlich trifft der EASO-Leitfaden hinsichtlich willkürlicher Gewalt eine dreiteilige Einschätzung (vgl. EASO-Leitfaden Juni 2018 S. 24):

(1) Landesteile, wo willkürliche Gewalt in der betreffenden Provinz ein derart hohes Ausmaß erreicht, dass im Einzelfall nur minimale Teilvoraussetzungen erfüllt sein müssen, um berechtigten Grund für die Annahme zu liefern, dass Zivilisten, welche in die betreffende Provinz rückgebracht würden, eine reelle Gefahr, ernsthaften Schaden im Sinne von Artikel 15(c) der Qualifizierungsrichtlinie zu nehmen, zu gewärtigen hätten (wie beispielsweise schwerwiegende oder individuelle Bedrohung des Lebens einer Zivilperson bzw. einer konkreten Person). Diese Gebiete umfassen folgende Provinzen:

FARYAB, HELMAND, LAGHMAN, NANGARHAR, PAKTIA, URUZGAN und ZABUL.

(2) Landesteile, wo willkürliche Gewalt stattfindet und allenfalls eine reelle Gefahr festgestellt werden kann, dass der/die Antragsteller/in ernsthaften Schaden im Sinne von Artikel 15(c) der Qualifizierungsrichtlinie nehmen könnte - vorausgesetzt, dass er/sie aufgrund seiner/ihrer persönlichen Verhältnisse von derartigen Risikofaktoren konkret betroffen ist. Diese Gebiete umfassen folgende Provinzen:

BADAKHSHAN, BADGHIS, BAGHLAN, FARAH, GHAZNI, GHOR, HERAT (mit Ausnahme der Stadt HERAT), JAWZJAN, KABUL, KANDAHAR, KAPISA, KHOST,

KUNAR, KUNDUZ, LOGAR, NIMROZ, NURISTAN, PAKTITA, PARWAN, SAR-E-PUL,

TAKHAR und WARDAK.

(3) Landesteile, wo willkürliche Gewalt ein derart niedriges Ausmaß erreicht, dass für Zivilisten im Allgemeinen keine reelle Gefahr besteht, von willkürlicher Gewalt im Sinne von Artikel 15(c) der Qualifizierungsrichtlinie persönlich betroffen zu sein. Allerdings sind die einzelnen Teilvoraussetzungen stets genau zu prüfen, da der/die Antragsteller/in als Folge hiervon einem erhöhten Gefährdungsrisiko ausgesetzt sein könnte. Diese Gebiete umfassen folgende Provinzen:

BALKH, BAMYAN, DAYKUNDI, SAMANGAN sowie die Stadt HERAT.

Hinsichtlich Kabuls wird im EASO-Leitfaden ausgeführt: "Looking at the indicators, it can be concluded that indiscriminate violence is taking place in the province of Kabul, including the capital city. A real risk of serious harm under Article 15(c) QD may be established where the applicant is specifically affected by reason of factors particular to his or her personal circumstances." (vgl. EASO-Leitfaden S. 83; (nur) auf den ersten Satz dieses Zitats verweist auch die UNHCR-RL vom 30.08.2018 in der oben dargestellten Fußnote 688). Hinsichtlich einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen Konflikts trifft EASO damit aber die Einschätzung, dass eine reale Gefahr eines solchen ernsthafter Schaden allenfalls nur bei Hinzutreten weiterer, konkreter persönlicher Umstände anzunehmen ist. Ein solches Profil ist aber beim AW nicht gegeben:

Den AW trifft als Zivilperson kein höheres Sicherheitsrisiko als die übrige, in Kabul lebende Zivilbevölkerung. In Kabul ist nach den vorliegenden Länderberichten die allgemeine Lage als vergleichsweise stabil und insofern ausreichend sicher zu bezeichnen, als die afghanische Regierung die Kontrolle über diese Städte behält, selbst wenn es auch dort zu vereinzelten Anschlägen kommt. Innerhalb Kabuls existieren demnach in verschiedenen Vierteln unterschiedliche Sicherheitslagen. Die Aussage in den Länderberichten (so auch in der UNHCR-Richtlinie vom 30.08.2018, wo mit Verweis auf Daten von UNAMA im ersten Halbjahr 2018 in der Provinz [nicht der Stadt] Kabul von 321 Toten und 672 Verletzten berichtet wird, im Jahr 2017 von 479 Toten und 1352 Verletzten in der Provinz, wobei davon 88% der Opfer in der Stadt Kabul verletzt oder getötet wurden), wonach in der Provinz Kabul, speziell in der Stadt Kabul die höchste Zahl ziviler Opfer verzeichnet wird, bezieht sich auf die absolute Opferzahl - diese ist jedoch nicht isoliert zu sehen, sondern wird der gegenständlichen Bewertung in Relation zur ungefähren Einwohnerzahl der Stadt Kabul von ca. 4,7 Millionen (manche Quellen sprechen von bis zu sieben Millionen) betrachtet. Insofern ergibt die Opferzahl keine überdurchschnittliche Bedrohungslage für in der Stadt Kabul lebende Zivilisten. Aus den entsprechenden Länderberichten ergibt sich, dass sich die in der Stadt Kabul verzeichneten Anschläge hauptsächlich im Nahebereich staatlicher Einrichtungen (etwa Regierungs- und Polizeigebäude) oder NGO¿s sowie gezielt auf (internationale) Sicherheitskräfte ereignen, dies aus Gründen der Propaganda und der hohen medialen Aufmerksamkeit. Wenn es dabei auch zu zivilen Opfern kommt, so sind in erster Linie Regierungsinstitutionen und internationale Einrichtungen Anschlagsziele. Aus den Festhaltungen in der UNHCR-RL ergibt sich auch nicht, dass eben diese Zivilisten, die ihren wirtschaftlichen oder sozialen Aktivitäten nachgehen, primär Ziele der Anschläge sind. Die genannten Gefährdungsquellen sind hingegen in reinen Wohngebieten bzw. abseits der genannten high-profile Ziele nicht in einem solchen Ausmaß anzunehmen. Dies entspricht der Einteilung im EASO-Leitfaden, wo Kabul hinsichtlich "willkürlicher Gewalt" der zweiten Gruppe zugeordnet wurde (vgl. oben). Zudem ist das in der UNHCR-RL festgestellte "Gefahr laufen" begrifflich nicht ohne weiteres mit einem "realen Risiko" gleichzusetzen.

Die Aussage der übrigen Länderberichte (Medienberichte), die UNHCR zugrunde legt (vgl. insb. UNHCR-RL vom 30.08.2018, Fußnote 688), weichen im Wesentlichen nicht von den im gegenständlichen Verfahren getroffenen Länderfeststellungen ab, da allesamt eine angespannte Sicherheitssituation in der Stadt Kabul beschreiben. Hinsichtlich der angeführten französischen Gerichtsurteile ("...wo das Gericht feststellte, dass im Hoheitsgebiet Afghanistans ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt herrscht und die Situation in der Region rund um Kabul sowie in Kabul selbst willkürliche Gewalt darstellt, die aus diesem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt resultiert") ist festzuhalten, dass diese zwar eine konkrete Aussage zur Situation in Kabul enthalten, dies jedoch nicht als europäischer Konsens über die Lage in Kabul betrachtet werden kann und keine Bindungswirkung für österreichische Gerichte hat.

In Kabul Stadt geht nach zusammenschauender Würdigung des Berichtsmaterials und der Einschätzungen von UNHCR und EASO nicht für eine Vielzahl von Zivilpersonen eine allgemeine Gefahr aus, die sich konkret in der Person des AW so verdichtet, dass sie für diesen eine erhebliche individuelle Gefahr darstellen würde. Das Vorherrschen eines so hohen Niveaus an willkürlicher Gewalt, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, eine Zivilperson, die an alltäglichen wirtschaftlichen und sozialen Aktivitäten teilnimmt, ist allein aufgrund ihrer Anwesenheit dem realen Risiko einer ersthaften individuellen Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit ausgesetzt, ist aus den Länderberichten in Zusammenschau mit den individuellen Verhältnissen des AW nicht ableitbar.

5. Rechtliche Beurteilung:

5.1. Anzuwendendes Recht:

Gegenständlich sind die Verfahrensbestimmungen des AVG, des BFA-VG, des VwGVG und jene im AsylG enthaltenen sowie die materiellen Bestimmungen des AsylG in der geltenden Fassung samt jenen Normen, auf welche das AsylG verweist, anzuwenden.

Mit 01.01.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF) und ist auf die ab diesem Zeitpunkt gestellten Anträge auf internationalen Schutz, sohin auch auf den vorliegenden, anzuwenden.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der geltenden Fassung. Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes - AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

5.2. Rechtlich folgt daraus:

5.2.1. Die gegenständliche Rechtssache betreffend den am 11.03.2019 mündlich erlassenen (Mandats-) Bescheid des BFA ist nach Vorlage am 13.03.2019 beim BVwG und am selben Tag bei der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung eingegangen. Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des BVwG zuständigen Einzelrichter.

Zu Spruchteil A):

5.2.2. Anzuwendendes Recht:

Der mit "Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen" betitelte § 12a AsylG in der geltenden Fassung lautet:

"§ 12a. (1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn

1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,

2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,

3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben., und

4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(3) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gemäß Abs. 2 binnen achtzehn Tagen vor einem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn zum Antragszeitpunkt

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Fremde über den Abschiebetermin zuvor nachweislich informiert worden ist und

3. darüber hinaus

a) sich der Fremde in Schub-, Straf- oder Untersuchungshaft befindet;

b) gegen den Fremden ein gelinderes Mittel (§ 77 FPG) angewandt wird, oder

c) der Fremde nach einer Festnahme gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 oder 3 BFA-VG iVm § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG angehalten wird.

Liegt eine der Voraussetzungen der Z 1 bis 3 nicht vor, ist gemäß Abs. 2 vorzugehen. Für die Berechnung der achtzehntägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht.

(4) In den Fällen des Abs. 3 hat das Bundesamt dem Fremden den faktischen Abschiebeschutz in Ausnahmefällen zuzuerkennen, wenn der Folgeantrag nicht zur ungerechtfertigten Verhinderung oder Verzögerung der Abschiebung gestellt wurde. Dies ist dann der Fall, wenn

1. der Fremde anlässlich der Befragung oder Einvernahme (§ 19) glaubhaft macht, dass er den Folgeantrag zu keinem früheren Zeitpunkt stellen konnte oder

2. sich seit der letzten Entscheidung die objektive Situation im Herkunftsstaat entscheidungsrelevant geändert hat.

Über das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und 2 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu entscheiden. Wurde der Folgeantrag binnen zwei Tagen vor dem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, hat sich die Prüfung des faktischen Abschiebeschutzes auf das Vorliegen der Voraussetzung der Z 2 zu beschränken. Für die Berechnung der zweitägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht. Die Zuerkennung des faktischen Abschiebeschutzes steht einer weiteren Verfahrensführung gemäß Abs. 2 nicht entgegen.

(5) Abweichend von §§ 17 Abs. 4 und 29 Abs. 1 beginnt das Zulassungsverfahren in den Fällen des Abs. 1 und 3 bereits mit der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz.

(6) Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn es wurde ein darüber hinausgehender Zeitraum gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG festgesetzt. Anordnungen zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, Ausweisungen gemäß § 66 FPG und Aufenthaltsverbote gemäß § 67 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht. Dies gilt nicht für Aufenthaltsverbote gemäß § 67 FPG, die über einen darüber hinausgehenden Zeitraum festgesetzt wurden."

§ 22 Abs. 10 AsylG 2005 lautet:

"Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden."

Der mit "Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes" betitelte § 22 BFA-VG lautet:

"§22. (1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

5.2.3. Zu den Voraussetzungen des § 12a AsylG, auf den gegenständlichen Fall bezogen, im Detail:

5.2.3.1. Aufrechte Rückkehrentscheidung:

Gegen den Beschwerdeführer liegt eine rechtskräftige aufrechte Rückkehrentscheidung vor. Der Beschwerdeführer hat das Bundesgebiet nach Erhalt der (ersten) abweisenden Entscheidung im August 2018 verlassen, ist jedoch am 04.03.2019 im Rahmen der Dublin III-VO von Frankreich nach Österreich rücküberstellt worden und hat am selben Tag den vorliegenden Folgeantrag gestellt. Die gegen ihn mit Bescheid des Bundesamtes vom 19.08.2016 ausgesprochene und mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.07.2018 rechtskräftig bestätigte Rückkehrentscheidung ist noch aufrecht.

5.2.3.2. Res iudicata (entschiedene Sache):

Die im gegenständlichen Verfahren behaupteten Drohungen, Geldforderungen und eine Anzeige stützt der AW auf jenen Sachverhalt, der im ersten Verfahren als nicht glaubhaft festgestellt wurde. Darüber hinaus sie die Angaben im gegenständlichen Verfahren widersprüchlich zumal der AW bei der Erstbefragung angab, er sei angezeigt worden und im Rahmen der Einvernahme vor dem BFA angibt, er wisse nicht, ob eine Anzeige erfolgt sei, seiner Familie werde gedroht, er werde angezeigt, wenn die Geldforderungen der Angehörigen der bei dem Arbeitsunfall getöteten nicht erfüllt würden. Er bezieht sich somit auf die im Zuge der ersten Antragstellung vorgebrachten Fluchtgründe (VwGH 20.3.2003, Zl 99/20/0480). Aus dem Vorbringen zum Folgeantrag ergibt sich daher, wie auch in der Sachverhaltsdarstellung und der Beweiswürdigung aufgezeigt, kein entscheidungswesentlicher neuer Sachverhalt.

5.2.3.2.1. Aus dem Vorbringen zum Folgeantrag ergibt sich daher, wie auch in der Sachverhaltsdarstellung und der Beweiswürdigung aufgezeigt, kein entscheidungswesentlicher neuer Sachverhalt.

5.2.3.2.2. Auch die für den AW maßgebliche Ländersituation ist seit dem Erkenntnis des BVwG vom 25.07.2018 zur Frage der Zuerkennung von Asyl beziehungsweise subsidiären Schutz in Hinblick auf Afghanistan im Wesentlichen gleich geblieben, und wurde Gegenteiliges auch nicht behauptet (siehe oben Punkt 4.3.).

5.2.3.3. Prüfung der Verletzung von Rechten nach der EMRK:

Im ersten Verfahrensgang haben das BFA sowie das BVwG ausgesprochen, dass der AW bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung der Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde (§ 50 FPG).

Auch im nunmehr zweiten Asylverfahren vor dem BFA sind - im Lichte der eben getroffenen Erwägungen - keine Risiken für den AW im Sinne von § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG hervorgekommen oder substantiiert behauptet worden. Es sind auch keine erheblichen in der Person des AW liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, wie beispielsweise eine schwere Erkrankung, die eine umfassende Prüfung für notwendig erscheinen lassen würden. Auch seitens des AW wurde kein entsprechendes konkretes Vorbringen hiezu getätigt.

Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Nach der auf der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte beruhenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen (vgl. VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0063). Das Vorliegen solch exzeptioneller Umstände ist vor dem Hintergrund der Feststellungen jedenfalls zu verneinen.

Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte zu verweisen, wonach es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl. VwGH 05.10.2016, Ra 2016/19/0158, mit Verweis auf das Urteil des EGMR vom 05.09.2013, I gegen Schweden, Appl. 61.204/09 mwH).

Es sind auch keine erheblichen in der Person des Betroffenen liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, die eine umfassende Refoulementprüfung für notwendig erscheinen lassen würden. Der Betroffene gab in diesem Zusammenhang selbst an, gesund zu sein.

Ebenso wenig sind Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Betroffenen ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK erschlossenen Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht. Der Betroffene hat auch solche Umstände weder in der Erstbefragung noch in der Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgebracht.

Im Hinblick auf Art. 8 EMRK hat der Betroffene bereits im ersten Asylverfahren angegeben, in Österreich keine Familie oder familienähnliche Lebensgemeinschaft zu haben. Gegenteiliges wurde auch im gegenständlichen Verfahren nicht behauptet. Eine besondere Aufenthaltsverfestigung kann angesichts der vergleichsweise kurzen Dauer seines Aufenthalts im Bundesgebiet, der seit rechtskräftigem Abschluss des Erstverfahrens unrechtmäßig ist, nicht angenommen werden. Es kann daher auch keine Verletzung seines Rechts auf Privat- oder Familienleben durch eine Abschiebung festgestellt werden.

Entsprechend den obigen Ausführungen stellt - nach einer Grobprüfung des Aktes - die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Betroffenen in seinen Herkunftsstaat für ihn somit keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK dar bzw. ist ein Eingriff in allfällig bestehende Rechte nach Art. 8 EMRK gerechtfertigt. Es besteht für ihn als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens und seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes.

Da somit alle Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 erfüllt sind, ist spruchgemäß festzustellen, dass die mit mündlich verkündetem Bescheid vom 11.03.2019 ausgesprochene Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes rechtmäßig war.

5.2.3.4. Rechtmäßiges Verfahren:

Im Verfahren zur Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG durch das BFA ist ein Ermittlungsverfahren durchzuführen (vgl. § 18 AsylG), wobei auch der Grundsatz der Einräumung von rechtlichem Gehör (§§ 37, 45 Abs. 3 AVG) zu beachten ist.

Ein solches Ermittlungsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt. Es wurde dem AW Parteiengehör eingeräumt, er wurde am 11.03.2019 einvernommen, und es wurde ihm die Möglichkeit einer Stellungnahme zu den maßgeblichen Länderfeststellungen zu seinem Herkunftsstaat eingeräumt.

5.2.4. Gemäß § 22 Abs. 1 2. Satz BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 in der geltenden Fassung, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des VwGH auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind somit weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen, zumal im vorliegenden Fall vornehmlich die Klärung von Sachverhaltsfragen maßgeblich für die zu treffende Entscheidung war.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz -
Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W163.2134181.2.00

Zuletzt aktualisiert am

15.05.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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