TE Bvwg Beschluss 2019/3/27 W175 2213656-1

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Veröffentlicht am 27.03.2019
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Entscheidungsdatum

27.03.2019

Norm

AsylG 2005 §5
BFA-VG §21 Abs3 Satz2
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W175 2213656-1/15E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Neumann über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX . Iran, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.01.2019, Zl. 1213639000-181142525, beschlossen:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 21 Abs. 3 2. Satz BFA-VG stattgegeben

und der bekämpfte Bescheid behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin (in Folge: BF), eine iranische Staatsangehörige, stellte am 27.11.2018 zusammen mit ihrer Mutter und ihrem minderjährigen Bruder den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz in Österreich und wurde am selben Tag erstbefragt. Hierbei gab sie zusammengefasst an, über die Türkei und Rumänien nach Österreich gekommen zu sein, wobei es in Rumänien sehr schrecklich gewesen sei. In Österreich würde ihre Schwester leben.

Eine EURODAC-Abfrage ergab einen Treffer der Kategorie 1 mit Rumänien vom 05.11.2018.

Am 29.11.2018 stellte das BFA ein Wiederaufnahmeersuchen gem. Art. 18 Abs. 1 lit. b der Dublin-III-VO an Rumänien und stimmte Rumänien mit Schreiben vom 12.12.2018 zu, die BF gem. der genannten Bestimmung wiederaufzunehmen.

Nach einer weiteren Einvernahme der BF am 09.01.2019 wurde ihr Antrag auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 16.01.2019 ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Rumänien für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b der Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen die BF gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Rumänien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Die Anträge der Mutter und des Bruders der BF wurden mit Bescheiden des BFA vom 04.09.2018 ebenso wegen einer festgestellten Zuständigkeit Rumäniens zurückgewiesen.

Die BF bekämpfte die Entscheidung des BFA mit einer fristgerecht eingebrachten Beschwerde, wobei sie Übergriffe durch die Schlepper in Rumänien anführte. An die örtlichen Behörden habe sie sich nicht wenden können. Sie und die anderen Familienmitglieder stünden unter großem psychischen Druck.

Mit Information einer medizinischen Universität vom 21.02.2019 wurde dem BVwG mitgeteilt, dass sich die Mutter der BF derzeit aufgrund des Vorliegens einer schweren suizidalen Krise in stationärer Behandlung in der Universitätsklinik befindet.

Mit Beschluss des BVwG vom 25.02.2019, Zahlen: W168 2213654-1/5Z und W168 2213655-1/5Z, wurde den Beschwerden der Mutter und des Bruders der BF gegen die gleichlautenden zurückweisenden Entscheidungen aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.02.2019 wurde der Beschwerde der BF gem. § 17 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Mit weiterem Beschluss des BVwG vom 13.03.2019, Zahlen: W168 2213654-1/13E und W168 2213655-1/12E, wurde den Beschwerden der Mutter und des Bruders der BF gem. § 21 Abs. 3 BFA-VG stattgegeben und die bekämpften Bescheide behoben. Begründend wurde hiezu auf die gegenwärtig akute Erkrankung der Mutter der BF und die Notwendigkeit einer umfassenden Abklärung des Gesundheitszustandes verwiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A) Stattgebung der Beschwerde:

§ 21 Abs. 3 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idF BGBl. I Nr. 24/2016 lautet:

"§ 21 (3) Ist der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesamtes im Zulassungsverfahren stattzugeben, ist das Verfahren zugelassen. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint."

Im gegenständlichen Verfahren ging das BFA unter der Annahme, dass die BF zuerst in Rumänien um Asyl angesucht hat und aufgrund der Zustimmung Rumäniens zur Wiederaufnahme der BF zunächst zu Recht von der Zuständigkeit Rumäniens zur Führung des Asylverfahrens der BF bzw. von der diesbezüglichen Unzuständigkeit Österreichs aus. Allerdings erweist sich der angefochtene Bescheid in Bezug auf den ermittelten Sachverhalt als mangelhaft, weshalb eine Behebung und Zurückverweisung nach § 21 Abs. 3, 2. Satz BFA-VG zu erfolgen hatte.

Dies aus folgenden Erwägungen:

Wie sich aus dem Akteninhalt der BF ergibt, hat diese eigenen Angaben zufolge in Rumänien sexuelle Übergriffe erlitten, konnte sich erst in Österreich den Behörden anvertrauen und ist psychisch belastet, was sich nicht zuletzt in ihrer Selbstmorddrohung geäußert hat.

Mit einer Überstellung nach Rumänien und Trennung der BF von ihrem stabilen Umfeld, nämlich von ihren mitgereisten Familienangehörigen (Mutter und Bruder), deren negative Bescheide wegen der gesundheitlichen Probleme der Mutter der BF (mit Beschluss des BVwG vom 13.03.2019, Zahlen: W168 2213654-1/13E und W168 2213655-1/12E) behoben wurden, kann aufgrund der - mit dem von der BF geschilderten Übergriff in Rumänien zusammenhängenden - gesundheitlichen Auswirkungen sowie aufgrund des dort fehlenden familiären Auffangnetzes nicht ausgeschlossen werden, dass es zu einer gravierenden Verschlechterung ihres ohnehin bereits stark psychisch beeinträchtigten Zustandes kommt.

Nach dem Gesagten erscheint es fallgegenständlich - infolge der vorliegenden Konstellation aus dem Vorliegen psychischer Beschwerden in Zusammenschau mit der vorliegenden familiären Nahebeziehung zu den nach Österreich mitgereisten und hier noch aufhältigen Familienangehörigen - angezeigt, auch im konkreten Fall der BF mit einer Behebung des Bescheides vorzugehen.

Zusammengefasst hat das BFA den aktuellen Gesundheitszustand der BF abzuklären und sich sodann mit der Frage der beabsichtigen Überstellung nach Rumänien (in Hinblick auf ihre familiären/privaten Bindungen in Österreich und ihre Überstellungsfähigkeit) auseinanderzusetzen.

Wie dargelegt ist im gegenständlichen Verfahren der entscheidungsrelevante Sachverhalt gegenwärtig nicht abschließend abgeklärt, weshalb eine Entscheidung gem. § 21 Abs. 3 2. Satz BFA-VG zu fällen war. Das BFA ist daher auf die oben angeführten Ermittlungsaufträge zu verweisen, welchen es im fortgesetzten Verfahren nachzukommen haben wird.

Eine mündliche Verhandlung konnte gem. § 21 Abs. 6a und 7 BFA-VG idgF unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im Übrigen trifft § 21 Abs. 3 BFA-VG eine klare, im Sinne einer eindeutigen, Regelung (vgl. OGH 22.03.1992, 5Ob105/90), weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, gesundheitliche
Beeinträchtigung, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W175.2213656.1.01

Zuletzt aktualisiert am

15.05.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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