Entscheidungsdatum
28.03.2019Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W132 2116135-2/22E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula GREBENICEK als Vorsitzende und den Richter Mag. Christian DÖLLINGER sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Regina BAUMGARTL als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , bevollmächtigt vertreten durch Rechtsanwalt XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Niederösterreich vom XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Am 15.04.2015 hat die Beschwerdeführerin beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung:
Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) unter Vorlage eines Befundkonvolutes einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und Eintragung des Zusatzvermerkes "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" gestellt.
1.1. Am 11.09.2015 hat die belangte Behörde der Beschwerdeführerin einen unbefristeten Behindertenpass ausgestellt, einen Grad der Behinderung von 50 vH eingetragen und die Zusatzeintragung "Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen" vorgenommen.
1.2. Mit dem Bescheid vom 11.09.2015 hat die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 BBG abgewiesen.
1.3. Gegen diesen Bescheid wurde von der Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde erhoben. Unter Vorlage eines Befundes Dris. XXXX wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass sie trotz operativer Sanierung des Darmes 1999 unter einem Kurzdarmsyndrom leide und sohin die Stuhlentleerung deutlich rascher erfolge als bei einem gesunden Darm. Die Beschwerdeführerin könne den Stuhldrang mit sofortiger Entleerung nicht kontrollieren, "sofortige Entleerung" sei wörtlich gemeint. Wenn die Beschwerdeführerin nicht rechtzeitig eine Toilette erreiche, könne auch mit einer Windelhose nicht das Auslangen gefunden werden, weil der Stuhl immer dünnflüssig sei und bis in die Schuhe vordringe, daher sei ihr die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar und sie benötige den Euro-Key für öffentliche Behindertentoiletten. Seit Juni 2015 müsse sich die Beschwerdeführerin einer Gesprächstherapie unterziehen, da sie neben Panikattacken auch noch unter Schlafstörungen leide.
1.4. Das Bundesverwaltungsgericht hat in Erledigung der Beschwerde mit dem Beschluss vom XXXX , den angefochtenen Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.
Der belangten Behörde wurde aufgetragen, ein medizinisches Sachverständigengutachten der Fachrichtung Innere Medizin - basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin - einzuholen und die Ergebnisse unter Einbeziehung des Beschwerdevorbringens bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen.
Anschließend habe sich die belangte Behörde mit der Rechtsfrage auseinanderzusetzen, ob der Beschwerdeführerin die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist und die Beschwerdeführerin vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in Kenntnis zu setzen, mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme in Wahrung des Parteiengehörs.
2. Im fortgesetzten Ermittlungsverfahren hat die Beschwerdeführerin weitere medizinische Beweismittel in Vorlage gebracht. Die belangte Behörde hat den medizinischen Sachverständigenbeweis erweitert und ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Fachärztin für Innere Medizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 04.05.2016, mit dem Ergebnis eingeholt, dass die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung nicht vorlägen.
Das Ergebnis des erweiterten Ermittlungsverfahrens wurde der Beschwerdeführerin nicht zur Kenntnis gebracht.
2.1. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 BBG abgewiesen.
3. Gegen diesen Bescheid wurde von der bevollmächtigten Vertretung der Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde erhoben. Ohne Vorlage von Beweismitteln wurde im Wesentlichen vorgebracht, die belangte Behörde habe sich nicht mit der Rechtsfrage, ob der Beschwerdeführerin die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar sei, auseinandergesetzt. Die konkreten Auswirkungen der Erkrankung der Beschwerdeführerin - plötzliches Auftreten von Durchfällen mit imperativem Charakter - auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, seien im eingeholten innerfachärztlichen Gutachten nicht bzw. nur unzureichend ausgeführt. Die Ausführungen im Gutachten, dass mit handelsüblichen Inkontinenzprodukten einer Stuhlverunreinigung ausreichend begegnet werden könne, seien unrichtig, da die Beschwerdeführerin angegeben habe, dass der Stuhl sehr plötzlich komme, und dermaßen flüssig sei, dass handelsübliche Inkontinenzprodukte nicht ausreichen würden, da der Stuhl bis in die Schuhe rinne. Eine Toilette könne nicht erreicht werden, darüber hinaus verfüge nicht jedes Verkehrsmittel bzw. jede Haltestelle über eine Toilette. Auch sei nicht berücksichtigt worden, dass die Beschwerdeführerin ihren Lebensmittelpunkt auf dem Land habe und Verkehrsmittel und öffentliche Toiletten spärlicher vorhanden seien als in einer Stadt. Es fehle somit an einer nachvollziehbaren Begründung für die Annahme der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführerin die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar sei. Auch habe die belangte Behörde es verabsäumt, der Beschwerdeführerin Parteiengehör einzuräumen. Es sei damit das Recht der Beschwerdeführerin gem. § 45 Abs. 3 AVG verletzt worden. Die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung werde beantragt.
3.1. Mit dem - im Bundesverwaltungsgericht am 20.09.2016 eingelangten - Schreiben vom 15.09.2016 hat die belangte Behörde den Verwaltungsakt und die Beschwerde vorgelegt.
3.2. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.10.2016 wurde die Beschwerdeführerin im Wege der bevollmächtigten Vertretung darauf hingewiesen, dass gemäß § 46 BBG neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden dürfen.
3.3. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde vom Bundesverwaltungsgericht ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Fachärztin für Innere Medizin, basierend auf der Aktenlage, mit dem Ergebnis eingeholt, dass die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung nicht vorlägen.
3.4. Im Rahmen des vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 17 VwGVG iVm § 45 Abs. 3 AVG mit Hinweis auf die Neuerungsbeschränkung gemäß § 46 BBG erteilten Parteiengehörs hat die belangte Behörde keine Einwendungen erhoben.
Die bevollmächtigte Vertretung der Beschwerdeführerin hat zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens im Wesentlichen vorgebracht, das im Gutachten Dris. XXXX angeführte Procedere führe völlig an den Problemen der Beschwerdeführerin vorbei, da die Beschwerden nicht aus akuten Krankheitsschüben resultieren würden, sondern aus den Folgen der in den Jahren 1999 und 2008 durchgeführten operativen Entfernung eines Dünndarmanteiles und eines Dickdarmanteiles. Im Falle der Beschwerdeführerin verursache die Entfernung der Darmabschnitte eine mit Stress und Kälteempfinden in unmittelbarem Zusammenhang stehende imperative Stuhlentleerung. Dies ergebe sich aus den Angaben der Beschwerdeführerin und aus dem bereits vorgelegten Schreiben Dris. XXXX vom 12.03.2015. Es sei daher nicht nachvollziehbar, dass davon ausgegangen werde, dass eine derart maßgebliche Stuhlinkontinenz, welche eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel begründe, nicht vorliege. Die Beschwerdeführerin habe mehrfach vorgebracht, wie unvorhersehbar und stark ihr Stuhldrang und die auftretende Inkontinenz von oft nahezu flüssigem Stuhl sei und dass sie nahezu panisch werde bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, aus Angst vor der Stuhlentleerung in einer Menschenmenge, was wiederum Stress und genau diese imperative Stuhlentleerung auslöse. Es werde auf Entscheidungen des VwGH zu vergleichbarem Thema verwiesen, dass bei derart schwerer Ausprägung der Krankheit - wie eben bei der Beschwerdeführerin - die im Handel erhältlichen Inkontinenzprodukte nichts an der Unzumutbarkeit ändern würden.
3.5. Zur Überprüfung der Einwendungen wurden vom Bundesverwaltungsgericht Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Facharzt für Innere Medizin, basierend auf der Aktenlage und mit 16.01.2018 bzw. 20.04.2018 datiert, sowie von Dr. XXXX , Facharzt für Chirurgie und Arzt für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 18.06.2018, mit dem Ergebnis eingeholt, dass die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung nicht vorlägen.
3.6. Im Rahmen des vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 17 VwGVG iVm § 45 Abs. 3 AVG mit Hinweis auf die Neuerungsbeschränkung gemäß § 46 BBG erteilten Parteiengehörs haben weder die belangte Behörde noch die Beschwerdeführerin Einwendungen erhoben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Da sich die Beschwerdeführerin mit der Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass nicht einverstanden erklärt hat, war dies zu überprüfen.
1. Feststellungen:
1.1. Die Beschwerdeführerin erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz im Inland und besitzt einen Behindertenpass.
1.2. Der Beschwerdeführerin ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.
1.2.1. Art und Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen:
Caput unauffällig. Collum unauffällig. Haut unauffällig. Grob neurologisch unauffällig. Zehengang möglich, Fersengang möglich.
Thorax unauffällig. Mammae unauffällig. Cor: HA rein, rhythmisch, normofrequent. Pulmo: VA beidseits. Basen frei.
Abdomen: Weich, kein Druckschmerz. Leber unter dem Rippenbogen. Blande Narbe nach medianer Unterbauchlaparotomie.
Obere Extremitäten: Schultergelenke Kontur regelrecht. Vorhalten und seitlich beidseits 140 Grad. Keine Funktionseinschränkung. Ellbogen frei beweglich, keine Funktionseinschränkung. Handgelenke frei beweglich, keine Funktionseinschränkung. Fingergelenke frei beweglich, Faustschluss beidseits möglich, Pinzettengriff möglich.
Wirbelsäule: Im Lot, keine Klopfdolenz. ISG beidseits frei. FBA 10 cm. KJA 2 cm. Schober 10/14. Lasegue beidseits negativ.
Untere Extremitäten: Hüftgelenke beidseits in S 0-0-140, frei beweglich, keine Funktionseinschränkung. Kniegelenke beidseits in S 0-0-150, frei beweglich, keine Funktionseinschränkung. Sprunggelenke beidseits in S 40-0-60, frei beweglich, keine Funktionseinschränkung.
Art der Funktionseinschränkungen:
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Morbus Crohn
-
Verdacht auf anterolaterales Impingement Sprunggelenk rechts
1.2.2. Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:
Die Beschwerdeführerin kann sich im öffentlichen Raum selbständig fortbewegen, eine kurze Wegstrecke (ca. 300 m - 400 m) aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, gegebenenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe, ohne maßgebende Unterbrechung zurücklegen bzw. wird durch die Verwendung allenfalls erforderlicher Behelfe die Benützung des öffentlichen Transportmittels nicht in hohem Maße erschwert. Die dauernden Gesundheitsschädigungen wirken sich nicht maßgebend auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens aus. Der sichere und gefährdungsfreie Transport im öffentlichen Verkehrsmittel ist nicht erheblich eingeschränkt.
Die festgestellten Funktionseinschränkungen wirken sich - auch im Gesamtbild - nicht in erheblichem Ausmaß negativ auf die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel aus.
Es liegen weder erhebliche dauerhafte Einschränkungen der unteren Extremitäten noch der körperlichen Leistungsfähigkeit vor.
Die Beschwerdeführerin ist in der Lage, sich ohne Hilfsmittel fortzubewegen. Das Festhalten beim Ein- und Aussteigen ist ausreichend möglich, der Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln ist daher gesichert durchführbar. Die Geh-, Steh- und Steigfähigkeit der Beschwerdeführerin sowie die Möglichkeit Haltegriffe zu erreichen und sich festzuhalten sind ausreichend. Niveauunterschiede können überwunden werden, da die Beugefunktion im Bereich der Hüft, Knie- und Sprunggelenke ausreichend ist und das sichere Ein-und Aussteigen gewährleistet sind.
Bei der Beschwerdeführerin liegt zwar eine chronisch entzündliche Darmerkrankung vor, jedoch besteht eine zumutbare und erfolgversprechende Therapieoption in Form einer medikamentösen Therapie mit Antidiarrhoika und Ballaststoffen, welche Stuhleindickung und Abnahme der Stuhlfrequenz bewirken würde, welche belastungs- und risikofrei ist.
Bei der Beschwerdeführerin liegen auch keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten oder der Sinnesfunktionen vor, es besteht auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems.
2. Beweiswürdigung:
Zu 1.1.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.
Zu 1.2.) Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen gründen sich - in freier Beweiswürdigung - in nachstehend ausgeführtem Umfang auf die eingeholten und vorgelegten und Beweismittel:
Die eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten Dris. XXXX , Dris. XXXX und Dris. XXXX sind vollständig, schlüssig, nachvollziehbar und frei von Widersprüchen. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Auch wurde zu den Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel umfassend Stellung genommen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin erhobenen klinischen Befund, entsprechen unter Berücksichtigung der vorgelegten Beweismittel den festgestellten Funktionseinschränkungen.
Die vorgelegten Beweismittel sind in die Beurteilung eingeflossen, die befassten Sachverständigen haben sich eingehend damit auseinandergesetzt und fassen deren Inhalt nachvollziehbar wie folgt zusammen:
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OP Bericht KA Rudolfstiftung vom 25.11.1999: Adhäsiolyse, Netzresektion und erweiterte Ileocöcalresektion mit Bauchdeckenteilresektion wegen seines septischen Konglomerattumors bei Morbus Crohn des terminalen Ileums am 25.11.1999. Laut OP Bericht Resektion von einem halben Meter Dünndarm, der verbleibende Dünndarm misst in seiner Längsausdehnung etwa 3 Meter 50. Die Länge des bei der Ileocöcalresektion entfernten Dickdarms ist nicht beschrieben, ist aber in der Regel nicht mehr als 15 cm.
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Befund Landesklinikum Weinviertel vom 19.11.2008: St.p. Adhäsiolyse und Strangdurchtrennung wegen Strangulationsileus des Dünndarms am 29.10.2008. Es wird ein komplikationsloser Verlauf beschrieben.
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Colonoskopie, Dr. XXXX vom 12.06.2013: Drei flache fibrinbedeckte kleine Ulcera an der Dünndarmseite der Anastomose sowie ein Polyp proximal der Anastomose und weitere Verlaufsbefunde, ist unauffällig, keine Malignitätszeichen.
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Histologischer Befund vom 16.07.2013: Inflammatorischer Polyp
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Coloskopie, Landesklinikum Weinviertel vom 15.07.2013: St.p. Polypenentfernung im Anastomosebereich am 15.07.2013.
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Histologischer Befund vom 20.03.2016 (Coloskopie): Unauffällige Dünndarmschleimhaut.
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MRT Befund, MRT Mistelbach vom 03.05.2016: Verdacht auf anterolaterales Impingement Sprunggelenk rechts.
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Befund Dr. XXXX vom 12.03.2015: Ein spontaner Defäkationsreflex wird bestätigt, auch damit verbunden gewisse Hürden im öffentlichen Bereich, weswegen die Aushändigung eines entsprechenden Schlüssels befürwortet wird, geht aber weder auf Häufigkeit des Stuhlgangs noch Konsistenz des Stuhls ein.
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Befund Dr. XXXX vom 01.10.2015: Ärztin für Allgemeinmedizin, Schilderung der Belastung durch vermehrt und dringlichen Stuhlgang, ein Notschlüssel zu Behindertentoiletten sei notwendig.
Die vorgelegten Beweismittel sind nicht geeignet, die gutachterlichen Feststellungen überzeugend in Frage zu stellen. Die Sachverständigen haben einen umfassenden klinischen Befund erhoben.
Auch wird im chronologisch letzten vorliegende Colonoskopiebefund vom 09.07.2014 ein in allen Abschnitten unauffälliges Colon mit völlig unauffälligen Histologien beschrieben und wird von der Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer Stellungnahme vom 11.05.2017 auch festgehalten, dass seit der operativen Sanierung des Darmes keine akuten Krankheitsschübe des Morbus Crohn aufgetreten seien.
Zu den Angaben der Beschwerdeführerin, dass die Durchfälle nicht aus akuten Schüben des Morbus Crohn resultieren würden, sondern auf der operativen Entfernung von Darmabschnitten beruhen würden, beschreibt Dr. XXXX fachärztlich überzeugend, dass der nach den Angaben der Beschwerdeführerin durch Stress oder Kälte getriggerte unbeherrschbare Defäkationsdrang nicht aus den Folgen der durchgeführten Darmoperationen resultieren kann, da die nach Dünndarmresektion verbleibenden Darmabschnitte über eine bemerkenswerte Adaptionsfähigkeit verfügen und ihre Apsorptionskapazität um bis zu 400% steigern können, wobei eine Resektion von 30-50% in der Regel ohne Probleme toleriert wird. Nach Resektion von mehr als 50 cm Ileum kann es zwar zu Durchfällen kommen, die durch nicht resorbierte Gallen- und Fettsäuren ausgelöst werden, diese können jedoch mit entsprechender medikamentöser Therapie (zB Cholestyramin) erfolgversprechend behandelt werden.
Ergänzend hält der Sachverständige nachvollziehbar und im Einklang mit den vorliegenden Befunden fest, dass Laut OP-Bericht vom 25.11.1999, 50 cm Dünndarm entfernt und etwa 3,5 Meter Dünndarm belassen wurden und somit bei dieser Dünndarmrestlänge nicht von einem Kurzdarmsyndrom gesprochen werden kann. Vor diesem Hintergrund erörtert Dr. XXXX nachvollziehbar, dass die Entfernung von mehr oder weniger langen Darmabschnitten individuell höchst unterschiedliche Konsequenzen haben kann, sich jedoch imperativer Stuhldrang aus chirurgischer Sicht eher nach Resektion des aboralen Dickdarms bzw. nach einer Mastdarmresektion zeigt. Er beschreibt diesbezüglich anschaulich, dass ein plötzlich einsetzender Stuhldrang mit stuhlregulierenden Medikamenten (zB Loperamid) gut behandelt werden kann, wobei durch diese Therapie der Stuhl zusätzlich eingedickt wird, bzw. dies durch die Einnahme von Ballaststoffen verstärkt werden kann. Bei dieser Therapie hat der Stuhl, wenn es zu einem Stuhlabsetzen kommt, eine breiige oder feste Konsistenz
Zu den Therapieoptionen führt Dr. XXXX im Einklang mit den Ausführungen Dris. XXXX und Dris. XXXX zusammenfassend aus, dass medikamentöse Therapie mit Antidiarrhoika und Ballaststoffen möglich ist, welche zu einer Besserung des Leidenszustandes in Form Stuhleindickung und Abnahme der Stuhlfrequenz führt. Er erläutert diesbezüglich, dass diese Therapien nach der aktuell vorliegenden Studienlage erfolgversprechend sind, zu einer Besserung binnen weniger Tage führen und keine Belastungen oder Risiken für die Beschwerdeführerin nach sich ziehen.
Die Krankengeschichte der Beschwerdeführerin wurde umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtigt.
Die Sachverständigengutachten Dris. XXXX , Dris. XXXX und Dris. XXXX stehen mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den eingeholten und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen. Den - nicht als unschlüssig zu erkennenden - Sachverständigengutachten Dris. XXXX und Dris. XXXX wurde auch nicht entgegengetreten. Vielmehr sind die Verfahrensparteien dem ergänzend eingeholten Sachverständigenbeweis im Rahmen des zuletzt vom Bundesverwaltungsgericht erteilten Parteiengehörs nicht entgegengetreten.
Das Beschwerdevorbringen war nicht geeignet die gutachterliche Beurteilung, wonach eine ausreichende Funktionsfähigkeit des Bewegungsapparates und genügende körperliche Belastbarkeit gegeben sind sowie hinsichtlich des vorgebrachten imperativen Stuhldranges Therapieoptionen bestehen und sich die dauernden Gesundheitsschädigungen nicht maßgebend negativ auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirken, zu entkräften. Die Angaben der Beschwerdeführerin konnten nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden.
Erheblichen Einschränkungen des Bewegungsapparates, der körperlichen Belastbarkeit oder psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen wurden von der Beschwerdeführerin auch nicht vorgebracht.
Zur Erörterung der Rechtsfrage, ob der Beschwerdeführerin die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist, siehe die rechtlichen Erwägungen unter Punkt II 3.1.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A)
1. Zur Entscheidung in der Sache:
Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)
Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)
Der Behindertenpaß ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist. (§ 42 Abs. 2 BBG)
Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)
Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. (§ 45 Abs. 2 BBG)
Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist u.a. jedenfalls einzutragen:
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
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erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
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erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
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erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
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eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
-
eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
(§ 1 Abs. 4 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen auszugsweise)
Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktions-beeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
(§ 1 Abs. 5 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen)
In den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 495/2013 wird u.a. Folgendes ausgeführt:
Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise):
Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.
Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
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arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
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Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
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hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
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Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
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COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
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Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
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mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden
Keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel haben:
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vorübergehende Funktionseinschränkungen des Immunsystem als Nebenwirkung im Rahmen von Chemo-und /oder Strahlentherapien,
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laufende Erhaltungstherapien mit dem therapeutischen Ziel, Abstoßreaktionen von Transplantaten zu verhindern oder die Aktivität von Autoimmunerkrankungen einzuschränken,
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Kleinwuchs
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gut versorgte Ileostoma, Colostoma und Ähnliches mit dichtem Verschluss. Es kommt weder zu Austritt von Stuhl oder Stuhlwasser noch zu Geruchsbelästigungen. Lediglich bei ungünstiger Lokalisation und deswegen permanent undichter Versorgung ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar,
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bei Inkontinenz, da die am Markt üblichen Inkontinenzprodukte ausreichend sicher sind und Verunreinigungen der Person durch Stuhl oder Harn vorbeugen. Lediglich bei anhaltend schweren Erkrankungen des Verdauungstraktes ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar.
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH vom 23.05.2012, Zl. 2008/11/0128, und die dort angeführte Vorjudikatur sowie vom 22. Oktober 2002, Zl. 2001/11/0242, vom 27.01.2015, Zl. 2012/11/0186).
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt.
Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt. (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, 2007/11/0080)
Betreffend das Kalkül "kurze Wegstrecke" wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 - 400 m ausgeht. (vgl. u.a. Ro 2014/11/0013 vom 27.05.2014, 2012/11/0186 vom 27.01.2015)
Für die Berechtigung der zusätzlichen Eintragung in den Behindertenpass hinsichtlich der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel kommt es entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren. Aus diesem Grund ist der Umstand betreffend die mangelnde Infrastruktur (Vorhandensein und Erreichbarkeit, Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel, "Leben am Land") oder den Transport von schweren Gepäckstücken und das Tätigen von Einkäufen rechtlich nicht von Relevanz und kann daher bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht berücksichtigt werden. (VwGH vom 22.10.2002, Zl. 2001/11/0258, 19.12.2017, Zl. Ra 2017/11/0288)
Das die Infrastruktur im Wohngebiet der Beschwerdeführerin betreffende Vorbringen ist daher nicht zielführend.
Dem von den Sachverständigen beschriebenen Bewegungsumfang ist die Beschwerdeführerin nicht entgegengetreten.
Da es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ankommt, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren, ist ein Vorbringen betreffend die mangelnde Infrastruktur rechtlich nicht von Relevanz und kann daher bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht berücksichtigt werden.
Bei der Beschwerdeführerin liegen weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten noch der körperlichen Belastbarkeit vor bzw. konnten keine maßgebenden Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten oder von Sinnesfunktionen festgestellt werden, es besteht auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems.
Bei der Beschwerdeführerin liegt zwar eine chronische Darmerkrankung vor. Diesbezüglich bestehen jedoch zumutbare und erfolgversprechende medikamentöse Therapieoptionen, welche von der Beschwerdeführerin nicht ausgeschöpft werden.
Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, ist das Vorbringen nicht geeignet darzutun, wonach eine ausreichende Funktionsfähigkeit des Bewegungsapparates und genügende körperliche Belastbarkeit gegeben sind sowie hinsichtlich des vorgebrachten imperativen Stuhldranges Therapieoptionen bestehen und sich die dauernden Gesundheitsschädigungen nicht maßgebend negativ auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirken, nicht dem tatsächlichen Leidensausmaß der Beschwerdeführerin entsprächen.
Daher ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.
Bezugnehmend auf das Vorbringen, dass der Beschwerdeführerin durch die belangte Behörde keine weitere Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt worden sei, wird unter Verweis auf die diesbezügliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes festgehalten, dass durch die Möglichkeit der Einbringung der Beschwerde eine allfällige Verletzung des Parteiengehörs als saniert anzusehen ist (vgl. VwGH 11.09.2003, Zl. 99/07/0062; 27.02.2003, Zl. 2000/18/0040; 26.06.2002, Zl. 98/21/0299). Im Übrigen wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichtes vollumfängliches Parteiengehör gewährt.
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Die Verhandlung kann entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)
Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)
Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden. (§ 24 Abs. 5 VwGVG)
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).
Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen für den beantragten Zusatzvermerk sind die Art, das Ausmaß und die Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel. Zur Klärung des Sachverhaltes wurden daher ärztliche Sachverständigengutachten eingeholt. Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, wurden diese als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet.
Im Rahmen des Parteiengehörs hatten die Verfahrensparteien die Möglichkeit sich zu äußern. Aufgrund erhobener Einwendungen wurde das Beweisverfahren durch die Einholung weiterer Sachverständigengutachten erweitert. Das Ergebnis des ergänzten verwaltungsgerichtlichen Ermittlungsverfahrens wurde im Rahmen des neuerlich erteilten Parteiengehörs zuletzt nicht bestritten. Es wurden keine Beweismittel vorgelegt, welche mit der gutachterlichen Beurteilung der Funktionseinschränkungen nicht in Einklang stehen. Das Beschwerdevorbringen war - wie unter Punkt II.2. bzw. II.3.1. bereits ausgeführt - nicht geeignet, relevante Bedenken an den sachverständigen Feststellungen und Beurteilungen hervorzurufen. Die Beschwerdeführerin wurde sowohl im behördlichen als auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren persönlich innerfachärztlich und chirurgisch-fachärztlich untersucht. Die vorgebrachten Argumente und vorgelegten Beweismittel wurden in den eingeholten Sachverständigengutachten berücksichtigt, soweit diese einschätzungsrelevante Aspekte ent