Entscheidungsdatum
29.03.2019Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W235 2183216-1/9E
W235 2183219-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von 1. XXXX , geb. XXXX und 2. mj. XXXX , geb. XXXX , dieser gesetzlich vertreten durch: XXXX , beide StA. Russische Föderation, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.12.2017, Zl. 1162658909-170908450 (ad 1.) und Zl. 1170173308-171189699 (ad 2.), zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerden werden gemäß § 5 AsylG und gemäß § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1.1. Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers. Beide Beschwerdeführer sind russische Staatsangehörige tschetschenischer Volksgruppenzugehörigkeit. Nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet stellte die Erstbeschwerdeführerin am 03.08.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Eine Eurodac-Abfrage ergab, dass die Erstbeschwerdeführerin bereits am XXXX 12.2010 in Polen einen Asylantrag stellte. In der Folge stellte sie am XXXX 12.2010 in Belgien, am XXXX 05.2011 in Frankreich sowie am XXXX 11.2012 und am XXXX 09.2013 wieder in Polen Asylanträge (vgl. AS 17 im Akt der Erstbeschwerdeführerin).
1.2. Am Tag der Antragstellung wurde die Erstbeschwerdeführerin einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, wobei sie zunächst angab, dass ihr Ehemann, XXXX , in Österreich aufhältig sei. Sie leide zwar nicht an Krankheiten, sei jedoch im neunten Monat schwanger. Im Jahr 2010 habe die Erstbeschwerdeführerin ihren Herkunftsstaat verlassen und sei mit ihren Eltern, zwei Brüdern und einer Schwester nach Polen gereist. Polen sei ihr Zielland gewesen. Sie habe in Polen um Asyl angesucht und einen Negativbescheid erhalten. Dann sei ihr jedoch von den polnischen Behörden ein Aufenthaltstitel ausgestellt worden, der ihr erlaube, in Polen zu wohnen. Dieser Aufenthaltstitel befinde sich in Polen bei ihrer Mutter. Die Erstbeschwerdeführerin habe sich von 2010 bis 2017 in Polen aufgehalten. Sie könne zu Polen keine Angaben machen, da sie immer nur zu Hause gewesen sei. Nunmehr sei ihr Zielland Österreich, weil hier ihr Ehemann und Vater ihres ungeborenen Kindes lebe. Daher habe sie sich entschlossen nach Österreich zu kommen und sei mit einem russischen Ehepaar, das auf dem Weg in die Schweiz gewesen sei, mit dem Auto mitgefahren. Bei einer Rückkehr in ihre Heimat habe die Erstbeschwerdeführerin keine Befürchtungen. Sie wolle nur hier bei ihrem Mann bleiben.
Nach Vorhalt der Eurodac-Treffer gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass sie ca. vier Monate in Belgien gewesen sei. Als ihr Asylantrag abgelehnt worden sei, sei sie weiter nach Frankreich gefahren. Nachdem sie auch dort einen negativen Bescheid erhalten habe, sei sie nach Polen abgeschoben worden und lebe seither dort.
Der Erstbeschwerdeführerin wurde weiters am 03.08.2017 eine Mitteilung gemäß § 28 Abs. 2 AsylG ausgehändigt, mit der ihr zur Kenntnis gebracht wurde, dass aufgrund von Konsultationen mit Polen die in § 28 Abs. 2 AsylG definierte 20-Tages-Frist für Verfahrenszulassungen nicht mehr gilt. Diese Mitteilung wurde der Erstbeschwerdeführerin am selben Tag übergeben und von ihr unterfertigt.
1.3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 07.08.2017 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. d der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (= Dublin III-VO) gestütztes Wiederaufnahmegesuch an Polen.
Mit Schreiben vom 16.08.2017 stimmte die polnische Dublinbehörde der Wiederaufnahme der Erstbeschwerdeführerin in Übereinstimmung mit Art. 12 Abs. 1 Dublin III-VO zu und gab hierzu an, dass der Erstbeschwerdeführerin in Polen ein befristeter Aufenthaltstitel mit einer Gültigkeitsdauer von XXXX 07.2016 bis XXXX 06.2019 mit der Nummer XXXX erteilt worden war (vgl. AS 59 im Akt der Erstbeschwerdeführerin).
Mit Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 AsylG vom 17.08.2017 wurde der Erstbeschwerdeführerin mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, ihren Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da eine Zuständigkeit des Dublinstaates Polen angenommen wird. Diese Verfahrensanordnung wurde der Erstbeschwerdeführerin am selben Tag übergeben.
2.1. Am XXXX wurde der Zweitbeschwerdeführer in Österreich geboren und stellte durch seinen Vater am 03.10.2017 einen Antrag auf Gewährung desselben Schutzes im Familienverfahren gemäß § 34 AsylG. Begründend wurde ausgeführt, dass dem Vater des Zweitbeschwerdeführers der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden war.
2.2. Im Verwaltungsakt des Zweitbeschwerdeführers findet sich eine interne E-Mail Korrespondenz des Bundesamtes, der zu entnehmen ist, dass betreffend den Vater des Zweitbeschwerdeführers ein Aberkennungsverfahren laufe und daher das Verfahren des Zweitbeschwerdeführers mit jenem der Erstbeschwerdeführerin zusammengeführt werde.
2.3. In weiterer Folge erteilte Polen seine Zustimmung zur Übernahme des Zweitbeschwerdeführers aufgrund der Bestimmung des Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO.
3.1. Am 03.10.2017 fand eine Einvernahme der Erstbeschwerdeführerin nach erfolgter Rechtsberatung in Anwesenheit eines Rechtsberaters im Zulassungsverfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt, in welcher diese zunächst angab, dass sie sich psychisch und physisch in der Lage fühle, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten. Ihr Ehemann sei hier in Österreich. Zur beabsichtigten Vorgehensweise des Bundesamtes, ihre Ausweisung nach Polen zu veranlassen, gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass sie nicht nach Polen zurückwolle, da sie in Österreich ihr Kind zur Welt gebracht habe. Hier sei der Vater des Kindes und sie würden wie eine Familie in Österreich zusammenleben wollen. Wann ihr Ehemann sein Heimatland verlassen habe, wisse sie nicht genau, aber er lebe schon seit zwölf Jahren in Österreich. Ihr Mann habe sie oft in Polen besucht.
Die Frage, ob es in Polen sie betreffende Vorfälle gegeben habe, verneinte die Erstbeschwerdeführerin und brachte vor, dass sie in Polen keine Probleme gehabt habe und ihr geholfen worden sei. Sie sei nicht ganz sechs Jahre in Polen aufhältig gewesen. Im ersten Jahr [nach ihrer Ausreise aus der Russischen Föderation] sei sie mit ihren Eltern in Belgien und Frankreich gewesen. Abschließend wolle sie noch sagen, dass sie gemeinsam mit ihrem Ehemann und mit ihrem Kind in Österreich leben wolle. Ihren Ehemann habe sie 2014 in Polen kennengelernt. Zunächst hätten sie 2016 nach muslimischem Ritus geheiratet und am XXXX 2017 in Polen auch standesamtlich. Seit 2016 sei er zwei- bis dreimal im Monat zu ihr nach Polen gekommen. Dann habe er Arbeit gefunden und habe nicht mehr so oft kommen können. Er habe sie angerufen und gesagt, die Erstbeschwerdeführerin solle hierher kommen und ihr Kind hier zur Welt bringen.
Der während der gesamten Einvernahme anwesende Rechtberater beantragte die Zulassung des Verfahrens, da ein gemeinsames Familienleben in Polen nicht möglich sei, da in diesem Fall dem Ehemann der Erstbeschwerdeführerin der Status als Asylberechtigter aberkannt werde.
3.2. Weiters fand am 14.12.2017 eine Einvernahme der Erstbeschwerdeführerin im Verfahren des Zweitbeschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in Anwesenheit eines Rechtsberaters im Zulassungsverfahren statt, in der im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass der Zweitbeschwerdeführer am XXXX komplikationslos per Kaiserschnitt geboren worden sei. Der Zweitbeschwerdeführer sei ein gesundes Kind. Zur beabsichtigten Vorgehensweise des Bundesamtes, die Verfahren der Beschwerdeführer gleich zu entscheiden, gab die Erstbeschwerdeführerin an, sie bleibe bei ihrem Mann in Österreich.
Der Rechtsberater brachte vor, dass der Vater des Zweitbeschwerdeführers in Österreich asylberechtigt sei und für den Zweitbeschwerdeführer ein Antrag auf Gewährung desselben Schutzes im Familienverfahren gestellt worden sei. Es sei nicht nachvollziehbar, warum ein Dublin-Verfahren geführt werde.
3.3. In den Verwaltungsakten der Beschwerdeführer finden sich folgende, verfahrensrelevante Unterlagen:
* auszugsweise Kopie aus dem Konventionsreisepass des Ehemannes bzw. Vaters der Beschwerdeführer, ausgestellt am XXXX 2017 mit der Nr. XXXX ;
* Geburtsurkunde des Zweitbeschwerdeführers vom XXXX 2017, ausgestellt vom Standesamtsverband Oberösterreich, Nr. XXXX ;
* Geburtshilflicher Abschlussbericht eines Klinikums vom XXXX 09.2017, dem keine Auffälligkeiten zu entnehmen sind und
* polnische Heiratsurkunde, ausgestellt am XXXX 2017, derzufolge die Erstbeschwerdeführerin und XXXX am XXXX 2017 in XXXX geheiratet haben
4. Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Polen gemäß Art. 18 Abs. 1 Dublin III-VO für die Prüfung dieser Anträge zuständig ist (Spruchpunkte I.). Unter den jeweiligen Spruchpunkten
II. der angefochtenen Bescheide wurde gegen die Beschwerdeführer die Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG ihre Abschiebung nach Polen zulässig ist.
Begründend wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführer russische Staatsangehörige seien, die nicht an lebensbedrohlichen oder überstellungshinderlichen Krankheiten leiden würden. Der Abgleich der Fingerabdrücke habe ergeben, dass die Erstbeschwerdeführerin anlässlich ihrer Asylantragstellung in Polen erkennungsdienstlich behandelt worden sei. Polen habe seine Zustimmung zur Übernahme beider Beschwerdeführer erteilt. Der Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin (und Vater des Zweitbeschwerdeführers) sei in Österreich. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf in den angefochtenen Bescheiden Feststellungen zum polnischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Polen.
Beweiswürdigend führte das Bundesamt aus, dass hinsichtlich der Staatsangehörigkeit den Angaben der Erstbeschwerdeführerin Glauben geschenkt werde. Dass die Beschwerdeführer an schweren, lebensbedrohlichen Krankheiten leiden würden, habe die Erstbeschwerdeführerin weder behauptet noch sei dies aus der Aktenlage ersichtlich. Die weiteren Feststellungen zu den Anträgen auf internationalen Schutz, zum Konsultationsverfahren und zum zuständigkeitsbegründenden Sachverhalt würden sich aus den unbedenklichen Akteninhalten ergeben. Die Angaben der Erstbeschwerdeführerin zu ihrem ca. siebenjährigen Aufenthalt in Polen sowie zu ihrer dortigen Verehelichung seien plausibel. Zum Zuständigkeitsvorhalt zu Polen habe sie angegeben, dass sie keine Probleme gehabt habe und ihr geholfen worden sei. Das Familienverhältnis mit ihrem seit zwölf Jahren in Österreich aufhältigen Gatten sei erst nach der illegalen Einreise der Erstbeschwerdeführerin begründet worden. Zudem hätte ihr bei Antragstellung klar sein müssen, dass der Aufenthalt in Österreich im Fall der Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz nur ein vorübergehender sei. Die Feststellungen zum polnischen Asylverfahren würden auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basieren.
In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu den jeweiligen Spruchpunkten I. der angefochtenen Bescheide, dass davon auszugehen sei, dass die Anordnung der Außerlandesbringung nicht zu einer relevanten Verletzung von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK führe und die Zurückweisungsentscheidung daher unter diesen Aspekten zulässig sei. Polen sei bereit, die Beschwerdeführer einreisen zu lassen, ihre Anträge auf internationalen Schutz zu prüfen und die sonstigen, Polen aus der Dublin III-VO treffenden Verpflichtungen den Beschwerdeführern gegenüber zu erfüllen. Es sei festzustellen, dass in Polen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Verletzung der EMRK nicht eintreten werde. Ein im besonderen Maße substanziiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer relevanten Verletzung der Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK im Fall einer Überstellung ernstlich möglich erscheinen ließen, sei in den Verfahren nicht hervorgekommen. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG treffe daher zu. Zu den jeweiligen Spruchpunkten II. der angefochtenen Bescheide wurde ausgeführt, dass die gegenständlichen Zurückweisungsentscheidungen gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung zu verbinden seien. Eine Anordnung zur Außerlandesbringung habe gemäß § 61 Abs. 2 FPG zur Folge, dass die Abschiebung in den Zielstaat zulässig sei.
5. Gegen die oben angeführten Bescheide erhoben die Beschwerdeführer am 15.01.2018 fristgerecht im Wege ihrer nunmehr ausgewiesenen Vertretung Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften und stellten Anträge auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Begründend wurde ausgeführt, dass im konkreten Fall eine Einzelfallprüfung erforderlich gewesen wäre. Unter Verweis (unter anderem) auf das Urteil des EGMR im Fall Tarakhel gegen die Schweiz vom 04.11.2014 wurde ausgeführt, dass keine individuellen Garantien seitens der polnischen Behörden für die Unterbringung und Versorgung der als vulnerabel anzusehenden Beschwerdeführer vorlägen und, da den Beschwerdeführern in Polen Obdachlosigkeit, menschenunwürdige Bedingungen und unzureichende medizinische Versorgung drohen würde, seien die Verfahren mit Mangelhaftigkeit belastet. Ferner seien die Länderfeststellungen zur Situation in Polen unvollständig, einseitig und teilweise nicht mehr aktuell. Auch könne nicht von einer Ausgewogenheit der Quellen gesprochen werden. In der Folge zitierte die Beschwerde aus dem AIDA Länderbericht vom Dezember 2016 und führte aus, dass dieser die Unzulänglichkeiten in der ärztlichen Versorgung und im Asylverfahren - vor allem in Bezug auf Inhaftierungen - aufzeige. Weiters wurde auf einen ACCORD Bericht vom 27.08.2015 und auf einen Bericht des Deutschlandfunks vom 06.06.2016 verwiesen.
Die Behörde habe keine Feststellungen zum Familienleben der Erstbeschwerdeführerin mit ihrem Ehemann bzw. zum Familienleben des Zweitbeschwerdeführers mit seinem Vater getroffen. Ferner sei aufgrund des negativ verlaufenden Asylverfahrens der Erstbeschwerdeführerin in Polen davon auszugehen, dass dieser eine Abschiebung in die Russische Föderation drohe. Auch hiermit habe sich das Bundesamt nicht auseinandergesetzt. Da die Erstbeschwerdeführerin ihren Ehemann bereits 2016 traditionell und am XXXX 2017 standesamtlich in Polen geheiratet habe, habe das Familienverhältnis bereits vor der Einreise der Erstbeschwerdeführerin in Österreich bestanden. Festzuhalten sei, dass sich der Ehemann und Vater nicht ohne weiteres in Polen aufhalten könne, da ein solches Ansuchen den Verlust des Status des Asylberechtigten in Österreich zur Folge hätte. Da der Zweitbeschwerdeführer in Österreich geboren sei, habe er sich nie in Polen aufgehalten und sei dort auch nie ein Asylverfahren geführt worden. Letztlich habe die gegenständliche Entscheidung zu keinem Zeitpunkt erkennen lassen, dass die belangte Behörde das Kindeswohl in ihre Erwägungen miteinbezogen habe.
Zum Verfahren des Zweitbeschwerdeführers werde weiters ausgeführt, dass gemäß § 17 Abs. 3 AsylG Anträge von Kindern von Asylberechtigten ex lege mit dem Einbringen des Antrags als zugelassen gelten würden. Daher hätte die Behörde die Verfahren der Beschwerdeführer zulassen müssen, um die durch Art. 8 EMRK gewährleisteten Rechte nicht zu verletzen und im Weiteren nach § 34 AsylG entscheiden müssen.
Neben der Vollmacht für die einschreitende Rechtsberatungsorganisation und den bereits im Verfahren vorgelegten Unterlagen wurden Auszüge aus dem Zentralen Melderegister vom XXXX 10.2017 betreffend die Beschwerdeführer und deren Ehemann bzw. Vater vorgelegt, aus denen hervorgeht, dass die Beschwerdeführer und ihr Ehemann bzw. Vater an derselben Adresse hauptgemeldet sind.
6. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.01.2018 wurde den Beschwerden gemäß § 17 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
7.1. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX 02.2018, Zl. XXXX , wurde dem Ehegatten bzw. Vater der Beschwerdeführer gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG der Status des Asylberechtigten aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde dem Ehegatten bzw. Vater der Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG nicht zuerkannt. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß §§ 55 und 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und wurde gegen ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Unter Spruchpunkt V. dieses Bescheides wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Ehegattens bzw. Vaters der Beschwerdeführer gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig ist. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für seine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).
7.2. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX 03.2019, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet abgewiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zu den Beschwerdeführern:
Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers. Beide Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Russischen Föderation und Zugehörige der tschetschenischen Volksgruppe. Bereits im Jahr 2010 reiste die Erstbeschwerdeführerin aus der Russischen Föderation nach Polen und stellte dort am XXXX 12.2010 einen Asylantrag. In der Folge stellte sie am XXXX 12.2010 in Belgien und am XXXX 05.2011 in Frankreich jeweils Asylanträge, die abgelehnt worden waren. Nach ihrer Abschiebung aus Frankreich stellte die Erstbeschwerdeführerin am XXXX 11.2012 und am XXXX 09.2013 erneut Asylanträge in Polen. Trotz negativer Entscheidung über ihre Anträge erteilten die polnischen Behörden der Erstbeschwerdeführerin einen befristeten Aufenthaltstitel mit einer Gültigkeitsdauer von XXXX 07.2016 bis XXXX 06.2019. In Besitz dieses gültigen Aufenthaltstitels reiste die Erstbeschwerdeführerin unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 03.08.2017 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Der Zweitbeschwerdeführer wurde am XXXX in Österreich geboren und stellte am 03.10.2017 im Wege seines gesetzlichen Vertreters ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz.
Betreffend die Erstbeschwerdeführerin richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 07.08.2017 ein Wiederaufnahmegesuch an Polen, welches von der polnischen Dublinbehörde am 16.08.2017 beantwortet und die ausdrückliche Zustimmung zur Wiederaufnahme der Erstbeschwerdeführerin erteilt wurde. Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit Polens wieder beendet hätte, liegt nicht vor. Ferner wurde den polnischen Behörden die Geburt des Zweitbeschwerdeführers bekannt gegeben und erteilte Polen auch die Zustimmung zur Übernahme des Zweitbeschwerdeführers.
Konkrete, in der Person der Beschwerdeführer gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Polen sprechen, liegen nicht vor. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Fall einer Überstellung nach Polen Gefahr liefen, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.
Festgestellt wird, dass die Beschwerdeführer weder an körperlichen noch an psychischen Erkrankungen leiden, die einer Überstellung nach Polen aus gesundheitlichen Gründen entgegenstehen.
Die Erstbeschwerdeführerin ist mit einem russischen Staatsangehörigen namens XXXX seit XXXX 2017 verheiratet, der auch der Vater des Zweitbeschwerdeführers ist. Der Ehegatten bzw. Vater der Beschwerdeführer stellte am XXXX 08.2006 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde ihm in der Folge mit Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX 10.2007 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt. Am XXXX 04.2016 leitete Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Aberkennungsverfahren ein und erkannte dem Ehegatten bzw. Vater der Beschwerdeführer mit Bescheid vom XXXX 02.2018 den Status des Asylberechtigten ab und den Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zu. Ferner wurde ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen ihn wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und ausgesprochen, dass seine Abschiebung in die Russische Föderation zulässig ist. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX 03.2019 als unbegründet abgewiesen. Festgestellt wird sohin, dass der Ehegatte bzw. Vater der Beschwerdeführer in Österreich nicht mehr aufenthaltsberechtigt ist. Daher verfügen die Beschwerdeführer nicht über familiäre Anknüpfungspunkte zu einem österreichischen Staatsangehörigen oder dauerhaft aufenthaltsberechtigten Fremden. Sohin ist festzustellen, dass keine besonders ausgeprägten privaten, familiäre oder berufliche Bindungen der Beschwerdeführer im österreichischen Bundesgebiet bestehen. Hingegen leben in Polen die Eltern und Geschwister der Erstbeschwerdeführerin.
1.2. Zum polnischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Polen:
Zum polnischen Asylverfahren sowie zur Situation von Dublin-Rückkehrern in Polen wurden in den angefochtenen Bescheiden Feststellungen getroffen, welche von der erkennenden Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes geteilt und auch für gegenständliches Erkenntnis herangezogen werden.
Ungeachtet dessen wird explizit festgestellt:
a). Allgemeines:
In erster Instanz für das Asylverfahren in Polen zuständig ist das Office for Foreigners (Urzad do Spraw Cudzoziemcow, UDSC), das dem Innenministerium untersteht. Es gibt ein mehrstufiges Asylverfahren mit Beschwerdemöglichkeiten (AIDA 2.2017).
b). Dublin-Rückkehrer:
Es gibt keine Berichte über Zugangshindernisse zum Verfahren für Dublin-Rückkehrer. Personen, die im Rahmen der Dublin-Bestimmungen nach Polen zurückkehren, müssen bei der Grenzwache einen Asylantrag stellen oder die Wiedereröffnung eines etwaigen vorherigen Verfahrens beantragen. So eine Wiedereröffnung ist innerhalb von neun Monaten ab dessen Einstellung möglich. Sind diese neun Monate verstrichen, wird ihr Antrag als Folgeantrag betrachtet und auf Zulässigkeit geprüft. 2016 gab es keinen einzigen Fall, in dem ein Verfahren innerhalb der Neun-Monatsfrist wiedereröffnet worden wäre. Viele Rückkehrer zogen hingegen die freiwillige Rückkehr ins Herkunftsland einer Wiedereröffnung ihrer Verfahren vor. Dublin-Rückkehrer sind zu denselben Bedingungen zu Versorgung in Polen berechtigt wie alle anderen Antragsteller (AIDA 2.2017; vgl. EASO 24.10.2017).
Das medizinische Personal der Grenzwache beurteilt den Gesundheitszustand eines Rückkehrers nach seiner Überstellung nach Polen, auch im Hinblick auf seine speziellen Bedürfnisse. Außerdem werden im Einvernehmen mit dem Fremdenamt (UDSC) und dem medizinischen Personal die Möglichkeiten der Anpassung der Aufenthaltsverhältnisse in Polen an die gesundheitliche Situation des Antragstellers bzw. die eventuelle Notwendigkeit, ihn in einer fachlichen medizinischen Einrichtung unterzubringen, abgesprochen. Abhängig von dem Zustand der motorischen Fähigkeit des Ausländers stellt die Grenzwache den Transport eines bedürftigen Rückkehrers zum Aufnahmezentrum, einer medizinischen Einrichtung (falls er einer sofortigen Hospitalisierung bedarf) oder einer fachlichen medizinischen Einrichtung sicher. Personen mit einer vorübergehenden oder dauerhaften motorischen Behinderung, die eines Rollstuhls bedürfen, werden in einem für die Bedürfnisse der motorisch Behinderten angepassten Zentrum untergebracht. Falls der Ausländer einer Rehabilitation bedarf, wird medizinische Ausrüstung sichergestellt. Das medizinische Personal des Flüchtlingszentrums bestimmt die Bedürfnisse des Rückkehrers im Bereich der Rehabilitation und der medizinischen Ausrüstung. Es besteht die Möglichkeit, eine vom Arzt verordnete Diät anzuwenden. Das Fremdenamt garantiert einen Transport zu fachärztlichen Untersuchungen oder Rehabilitation. Der Transport zu ärztlichen Terminen in medizinischen Einrichtungen wird garantiert. Antragsteller, die schwer behindert, pflegebedürftig oder bettlägerig sind, deren Pflege in einem Flüchtlingszentrum nicht gewährleistet werden kann, werden in speziellen Pflegeanstalten oder Hospizen untergebracht. Diese Einrichtungen garantieren medizinische Leistungen samt der notwendigen Rehabilitation für Behinderte rund um die Uhr und professionell ausgebildetes Personal (VB 7.7.2017).
c). Versorgung:
Asylwerber müssen sich binnen zwei Tagen ab Antragstellung in einem Erstaufnahmezentrum registrieren, ansonsten wird das Verfahren eingestellt. Ab Registrierung im Erstaufnahmezentrum sind sie während des gesamten Asylverfahrens sowie ohne Unterschied zu materieller Unterstützung berechtigt, auch im Zulassungs- und im Dublinverfahren sowie bei Folgeanträgen und während laufender erster Beschwerde. Wenn Antragsteller nach einer erfolglosen Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid den Beschwerdeweg weiter beschreiten (Beschwerde an den Voivodeship Administrative Court in Warschau; 2. Beschwerdeinstanz), wird ihnen das Recht auf Versorgung aberkannt. Wenn das Gericht die angefochtene Entscheidung suspendiert, wird dem Beschwerdeführer das Recht auf Versorgung wieder zuerkannt. Jedoch hat der Voivodeship Administrative Court dies im Jahr 2016 meist nicht getan, was dazu führte, dass die betroffenen Beschwerdeführer ohne staatliche Versorgung blieben (AIDA 2.2017).
Generell werden Unterbringung, materielle Hilfe und Gesundheitsversorgung bis zu zwei Monate nach der endgülitigen Entscheidung im Asylverfahren (positiv wie negativ) gewährt. Wird das Verfahren allerdings schlicht eingestellt (z.B. in der Zulassungsphase), verkürzt sich dieser Zeitraum auf 14 Tage. Da Antragsteller mit einer abschließend negativen Entscheidung Polen binnen 30 Tagen zu verlassen haben und keine Versorgung mehr gewährt wird, wenn sie diese Frist zur freiwilligen Ausreise verstreichen lassen, werden sie in der Praxis nur für 30 Tage weiterversorgt. Einzelne Asylwerber berichten jedoch, dass ihnen sogar ein längerer Verbleib im Zentrum gestattet wurde als rechtlich vorgesehen. Versorgung wird in Polen auch ohne Berücksichtigung der finanziellen Möglichkeiten des AW gewährt. Für AW, die außerhalb des Zentrums wohnen, gibt es eine Zulage (AIDA 2.2017).
d). Unterbringung:
Asylwerber, die in einem Zentrum leben, erhalten Unterkunft, medizinische Versorgung, Mahlzeiten (oder PLN 9,-/Tag für Selbstverpflegung), Taschengeld (PLN 50,-/Monat), Geld für Hygieneartikel (PLN 20,-/Monat), eine Einmalzahlung für Bekleidung (PLN 140,-), einen Polnisch-Sprachkurs und Unterrichtsmaterialien, Unterstützung für Schulkinder (plus außerschulische Aktivitäten) und Geld für notwendige Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Asylwerber, die außerhalb der Zentren leben, erhalten eine finanzielle Beihilfe (von PLN 25,-/Tag für eine Einzelperson; bis hin zu PLN 12,50/Tag und Person für Familien mit vier oder mehr Familienmitgliedern), einen Polnisch-Sprachkurs und Unterrichtsmaterialien, Unterstützung für Schulkinder (plus außerschulische Aktivitäten), Geld für notwendige Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln und medizinische Versorgung. 2016 erhielten durchschnittlich 1.735 Asylwerber Versorgung innerhalb der Zentren und 2.416 außerhalb der Zentren. Die Höhe der Unterstützungen liegt unter dem sogenannten "sozialen Minimum" und wird als zu gering kritisiert, um in Polen außerhalb der Zentren einen angemessenen Lebensstandard führen zu können. Vor allem Mieten in Warschau, wo die meisten AW ihr Asylverfahren abwickeln, sind damit schwer abzudecken. Dies trage dazu bei, dass AW oft zu mehreren in beengten Wohnungen oder unsicheren Verhältnissen lebten und oft illegaler Beschäftigung nachgehen müssten. Selbst für Familien reiche die Unterstützung gerade einmal für die Miete (AIDA 2.2017).
In Polen gibt es elf Unterbringungszentren mit insgesamt 2.331 Plätzen. Zwei der Zentren dienen der Erstaufnahme. Mit Überbelegung gibt es keine Probleme. Alle Zentren unterstehen der polnischen Asylbehörde UDSC, sieben der Zentren werden von Vertragspartnern geführt. Die Unterbringungsbedingungen in den Zentren sind unterschiedlich. Gewisse Grundlagen müssen erfüllt werden, der Rest ist abhängig vom Willen und den finanziellen Möglichkeiten des Vertragspartners. Es gibt keine speziellen Zentren für AW im Grenzverfahren oder in Transitzonen (AIDA 2.2017).
Antragsteller dürfen sechs Monate nach Antragstellung arbeiten. Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist wegen mangelnden Sprachkenntnissen usw. in der Praxis aber potentiell schwierig (AIDA 2.2017).
Es gibt spezielle Gegenmaßnahmen der Behörden in Kooperation mit UNHCR und NGOs (sogenannte Local Cooperation Teams) gegen geschlechterbasierte Gewalt in den Unterbringungszentren (AIDA 2.2017; vgl. HHC 5.2017). UNHCR und NGOs berichten über keine größeren oder anhaltenden Probleme von Missbrauch in den Zentren (USDOS 3.3.2017).
Polen verfügt außerdem über sechs geschlossene Unterbringungszentren (guarded centers) in Biala Podlaska, Bialystok, Lesznowola, Ketrzyn, Krosno Odrzanskie, und Przemysl mit zusammen 510 Plätzen (AIDA 2.2017).
e). Medizinische Versorgung:
[...]
Asylwerber in Polen mit laufendem Asylverfahren haben bezüglich medizinischer Versorgung, mit der Ausnahme von Kurbehandlungen, dieselben Rechte wie polnische Staatsbürger. Aufgrund einer Vereinbarung mit der polnischen Asylbehörde ist die Firma Petra Medica für die medizinische Versorgung von Asylwerbern verantwortlich, genauer medizinische Basisversorgung, Spezialbehandlung, Zahnbehandlung, Versorgung mit Medikamenten und psychologische Betreuung. Die psychologische Betreuung steht sowohl in den Asylzentren, wenn Asylwerber dort wohnhaft sind, aber auch in den Beratungsstellen der Asylbehörde in Warschau, für die diejenige, die außerhalb der Zentren wohnen, zur Verfügung. Die folgenden Leistungen werden im Rahmen der psychologischen Betreuung angeboten:
psychologische Unterstützung, Bildungsaktivitäten, Psychotherapie in Form einer kognitiven Verhaltenstherapie und Krisenintervention. Die erwähnten Maßnahmen basieren auf Standards der polnischen Psychologischen Vereinigung. Wenn die Notwendigkeit einer fachärztlichen Behandlung festgestellt wird, wird der Patient entsprechend seines Alters in eine Klinik für psychische Gesundheit für Kinder oder Erwachsene eingewiesen (UDSC 19.6.2017).
Asylwerber in Polen haben ab Antragstellung das Recht auf medizinische Versorgung, das auch dann weiterbesteht, wenn die materielle Versorgung, aus welchen Gründen auch immer, reduziert oder eingestellt wird. Gesetzlich garantiert ist die medizinische Versorgung im selben Ausmaß wie für versicherte polnische Staatsbürger. Die medizinische Versorgung von AW wird öffentlich finanziert. Seit 1.7.2015 wird die medizinische Versorgung von AW durch die Vertragsfirma Petra Medica gewährleistet. Sie umfasst in jedem Unterbringungszentrum auch psychologische Versorgung. Pro 120 AW sind vier Stunden Zuwendung durch einen Psychologen vorgesehen. Das umfasst Identifizierung von Vulnerablen und grundlegende Behandlung. AW können aber auch an Psychiater oder psychiatrische Einrichtungen überwiesen werden. NGOs zeigen sich damit nicht zufrieden, beklagen den Mangel an PTSD-Behandlungen und einige NGOs meinen sogar, die spezialisierte Behandlung von traumatisierten AW und Folteropfern wäre in Polen nicht möglich. Zusätzlich bieten NGO-Psychologen in Unterbringungszentren ihre Dienste an, in manchen Zentren aber nicht regelmäßig. Die Psychologen in den Unterbringungszentren sprechen in der Regel auch Russisch. Darüber hinausgehende Übersetzung wird durch die zuständige Abteilung der Petra Medica gewährleistet. Manchmal ist bei der medizinischen Behandlung die Übersetzung bzw. mangelnde interkulturelle Kompetenz des medizinischen Personals ein Problem. Ebenfalls ein Problem ist, dass einige der Spitäler, die mit Petra Medica in der Behandlung von Asylwerbern zusammenarbeiten, weit von den Unterbringungszentren entfernt liegen, während die nächstgelegenen medizinischen Einrichtungen von Asylwerbern nur im Notfall frequentiert werden dürfen (AIDA 2.2017; vgl. HHC 5.2017).
Petra Medica ist aufgrund einer Vereinbarung mit der polnischen Asylbehörde verantwortlich für die medizinische Versorgung von Asylwerbern in Polen. In den Empfangszentren wird ein Gesundheits-Check, darunter auch der sogenannte epidemiologische Filter auf Tuberkulose, Infektionskrankheiten, Geschlechtskrankheiten und parasitäre Erkrankungen, vorgenommen. In den Unterbringungszentren wird ambulante medizinische Versorgung, darunter medizinische Grundversorgung, Zahnbehandlung, psychologische Betreuung und Versorgung mit Medikamenten geboten. Wenn nötig, werden Patienten für Tests oder Spezialbehandlung in medizinische Einrichtung der Petra Medica oder andere Vertragseinrichtungen überwiesen. Psychologische Betreuung findet im Zentrum statt, in Spezialfällen kann auch in spezialisierte Kliniken überwiesen werden. Rehabilitationsmaßnahmen sind mit Genehmigung der Abteilung Sozialwohlfahrt der UDSC möglich. Wenn AW außerhalb der Zentren leben, erhalten sie die Behandlung ebenfalls in den oben genannten Einrichtungen oder in relevanten Einrichtungen in den Hauptstädten der Woiwodschaften (Verwaltungsbezirke, Anm.). Wenn nötig, kann eine Überweisung in das nächstgelegene Krankenhaus erfolgen, das mit Petra Medica zusammenarbeitet. Außerhalb des Zentrums konsumierte Leistungen werden über Petra Medicas Patient Registration Coordinator serviciert (werktags zu den Bürozeiten). Wenn ein Patient sich dorthin wendet und er die nötigen Daten bereitstellen kann, wird die Behandlung genehmigt, Einrichtung und Datum für die Durchführung der Leistung ermittelt und dem Betreffenden mitgeteilt. Bei Akutfällen, in der Nacht und an Feiertagen, stehen entweder die übliche landesweite Versorgung bzw. medizinische Notdienste zur Verfügung. Um in den Unterbringungszentren und beim Foreigner Service Team Medikamente zu erhalten, ist eine entsprechende Verschreibung nötig. Wer außerhalb der Zentren lebt und Sozialhilfezahlungen erhält, kann verschriebene Medikamente erhalten, indem er das Rezept an Petra Medica schickt oder diese selbst kauft und sich die Kosten hinterher ersetzen lässt (UDSC 12.12.2016; vgl. PM o.D.).
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage (einschließlich der medizinischen Versorgung) von Asylwerbern in Polen auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen. Betreffend Aufenthaltskarten (eine solche hat die Erstbeschwerdeführerin erhalten) wird festgestellt, dass subsidiärer und humanitärer Schutz zwar unbefristet erteilt werden, die Aufenthaltskarte jedoch nur für zwei Jahre - verlängerbar - ausgestellt wird. Nach frühestens fünf Jahren legalen Aufenthalts in Polen können Fremde unter bestimmten Voraussetzungen eine Langzeitaufenthaltsberechtigung beantragen (AIDA 2.2017).
Festgestellt wird sohin, dass sich aus diesen Länderinformationen keine ausreichend begründeten Hinweise darauf ergeben, dass das polnische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweist. Daher ist aus Sicht der zuständigen Einzelrichterin, insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die generelle Versorgungs- bzw. Unterbringungslage und die Sicherheitslage von Asylwerbern in Polen den Feststellungen des Bundesamtes in den angefochtenen Bescheiden zu folgen.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen zu den Beschwerdeführern, zu ihrer familiären Beziehung zueinander, zu ihrer Staatsangehörigkeit sowie zur ihrer Volksgruppenzugehörigkeit, zur Ausreise der Erstbeschwerdeführerin aus der Russischen Föderation nach Polen, zu ihrer unrechtmäßigen Weiterreise nach Österreich sowie zur Stellung der gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz ergeben sich aus dem Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie aus den Akteninhalten. Darüber hinaus ergibt sich die Feststellung zur Geburt des Zweitbeschwerdeführers in Österreich aus der vorgelegten Geburtsurkunde vom XXXX 2017.
Dass die Erstbeschwerdeführerin bereits am XXXX 12.2010 und in der Folge am XXXX 11.2012 sowie am XXXX 09.2013 in Polen Asylanträge stellte, ergibt sich zweifelsfrei aus den jeweiligen Eurodac-Treffern und wurde auch von der Erstbeschwerdeführerin niemals in Abrede gestellt. Darüber hinaus ergeben sich die Feststellungen zu den am XXXX 12.2010 in Belgien und am XXXX 05.2011 in Frankreich gestellten Asylanträgen ebenfalls aus den unbedenklichen Eurodac-Treffern. Dass die Asylanträge in Belgien und Frankreich abgelehnt wurden und, dass die Erstbeschwerdeführerin aus Frankreich nach Polen abgeschoben wurde, hat die Erstbeschwerdeführerin in ihrer Erstbefragung auf Vorhalt der Eurodac-Treffer vorgebracht und es besteht für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund an diesen Angaben zu zweifeln. Die Feststellungen zur negativen Entscheidung in Polen und zur Erteilung eines befristeten Aufenthaltstitels ergeben sich ebenfalls aus dem Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin in ihrer Erstbefragung und wurde in der Folge von der polnischen Dublinbehörde bestätigt, die in ihrer Zustimmungserklärung darauf verwies, dass die Erstbeschwerdeführerin in Übereinstimmung mit Art. 12 Abs. 1 Dublin III-VO übernommen wird. Aus der Zustimmungserklärung Polens ergibt sich auch die Feststellung zur Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels.
Die Feststellungen zum Wiederaufnahmegesuch sowie zur ausdrücklichen Zustimmung zur Wiederaufnahme bzw. zur Übernahme der Beschwerdeführer durch Polen und zur Bekanntgabe der Geburt des Zweitbeschwerdeführers ergibt sich darüber hinaus aus den jeweiligen Schreiben bzw. aus der diesbezüglichen Korrespondenz der Dublinbehörden. Darauf, dass die Zuständigkeit Polens beendet worden wäre, finden sich in den Verfahren keine Hinweise.
Eine die Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in Polen wurde nicht ausreichend substanziiert vorgebracht (vgl. hierzu die weiteren Ausführungen unter Punkt II. 3.2.4.2. des gegenständlichen Erkenntnisses).
Die Feststellung zum Nichtvorliegen schwerwiegender gesundheitlicher Beeinträchtigungen, die einer Überstellung der Beschwerdeführer nach Polen entgegenstehen könnten, ergibt sich aus den eigenen Angaben der Erstbeschwerdeführerin. Weder dem Vorbringen in der Erstbefragung noch jenem in der Einvernahme vor dem Bundesamt ist zu entnehmen, dass die Erstbeschwerdeführerin an einer psychischen oder physischen Krankheit leidet, wobei hinzu kommt, dass diesbezüglich auch keine Unterlagen vorgelegt wurden. Auch war sie - abgesehen von der Geburt des Zweitbeschwerdeführers, die komplikationslos verlaufen ist - nicht in ärztlicher Behandlung bzw. medizinischer Betreuung. In Zusammenhang mit der Schwangerschaft bzw. Geburt des Zweitbeschwerdeführers wurde auch kein gegenteiliges Vorbringen erstattet, sondern gab die Erstbeschwerdeführerin betreffend den Zweitbeschwerdeführer an, dass dieser ebenfalls gesund und die Geburt komplikationslos verlaufen sei. Gegenteiliges ist auch dem Akteninhalt, einschließlich dem Vorbringen im Rahmen des Beschwerdeverfahrens, nicht zu entnehmen.
Die Feststellung zur Eheschließung der Erstbeschwerdeführerin mit Herrn A XXXX ergibt sich aus der vorgelegten polnischen Heiratsurkunde vom XXXX 2017, jene zur Vaterschaft von Herrn XXXX zum Zweitbeschwerdeführer aus der Geburtsurkunde des Zweitbeschwerdeführers vom XXXX 2017. Die Feststellungen zum Asylverfahren des Ehegatten bzw. Vaters der Beschwerdeführer in Österreich (Antragstellung, Asylgewährung, Einleitung des Aberkennungsverfahrens, Aberkennung des Status des Asylberechtigten) ergeben sich aus dem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX 02.2018, Zl. XXXX , und aus dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX 03.2019, Zl. XXXX . Hieraus ergeben sich auch die Feststellungen, dass der Ehegatte bzw. Vater der Beschwerdeführer in Österreich nicht mehr aufenthaltsberechtigt ist und sie sohin nicht über familiäre Anknüpfungspunkte zu einem dauerhaft aufenthaltsberechtigten Fremden verfügen. Da darüber hinausgehende private, familiäre oder berufliche Bindungen der Beschwerdeführer im Bundesgebiet nicht vorgebracht wurden, war die diesbezügliche Feststellung zu treffen. Letztlich ergibt sich die Feststellung, dass die Eltern und Geschwister der Erstbeschwerdeführerin in Polen leben, aus ihren eigenen Angaben in der Erstbefragung (vgl. hierzu auch AS 7 im Akt der Erstbeschwerdeführerin).
2.2. Die Feststellungen zum polnischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Polen beruhen auf den im angefochtenen Bescheid angeführten Quellen. Bei diesen vom Bundesamt herangezogenen Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender Institutionen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild zum Asylverfahren in Polen ergeben. Nach Ansicht der erkennenden Einzelrichterin handelt es sich bei den Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln. Des Weiteren ist darauf zu verweisen, dass die Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid hinreichend aktuell sind. Sollte in den Feststellungen auf Quellen älteren Datums verwiesen werden, ist auszuführen, dass diese mit späteren Quellen inhaltlich deckungsgleich bzw. zum Teil sogar nahezu wortident sind.
Die Gesamtsituation des Asylwesens in Polen ergibt sich sohin aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substanziell widersprechen, hat die Erstbeschwerdeführerin nicht dargelegt. Aber auch in den schriftlichen Beschwerdeausführungen wurde den Länderberichten des Bundesamtes nicht substanziiert entgegengetreten. Zu den Beschwerdeausführungen, die vom Bundesamt herangezogenen Länderfeststellungen seien unvollständig, einseitig und teilweise nicht mehr aktuell, ist nämlich auszuführen, dass dieses Vorbringen lediglich unsubstanziiert in den Raum gestellt wurde. Zum einen wurde nicht ausgeführt, welche Teile die Beschwerdeführer als unvollständig bzw. einseitig betrachten. Zum anderen ist darauf zu verweisen, dass die Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid in ihrer letzten Überarbeitung aus dem Jahr 2017 stammen und sohin jedenfalls aktueller sind als die in der Beschwerde zitierten Berichte, die allesamt aus den Jahren 2015 und 2016 stammen. Wenn die Beschwerde weiters ausführt, dass nicht von einer Ausgewogenheit der Quellen gesprochen werden könne, kann dies ebenso wenig nachvollzogen werden, zumal die Beschwerde selbst aus einer vom Bundesamt herangezogenen Quelle - nämlich AIDA - zitiert. Hinzu kommt, dass die Beschwerdeausführungen lediglich allgemein gehalten sind und keinen Bezug zu den Beschwerdeführern aufweisen. Beispielsweise wird in der Beschwerde vorgebracht, dass den Beschwerdeführern in Polen "Obdachlosigkeit, menschenunwürdige Bedingungen und unzureichende medizinische Versorgung" drohen würde, was jedoch keinerlei Deckung im eigenen Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin findet. Sohin wurden diese Punkte lediglich in den Raum gestellt, ohne dass dadurch ein Zusammenhang mit den Beschwerdeführern bzw. mit ihrem konkreten Vorbringen hergestellt wird. Wogegen sich im Einzelnen die Kritik der Beschwerde an den Länderfeststellungen des Bundesamtes richtet, ist sohin nicht erkennbar. Hingegen zeichnen die Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid durchaus ein differenziertes Bild und nehmen auch auf die Situation von Dublin-Rückkehrern Bezug. Mangels konkretem Vorbringen sind die Beschwerdeausführungen daher nicht geeignet, die durch tatsächlich aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen in den angefochtenen Bescheiden zu entkräften.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG, BGBl. I 2012/87 idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt.
3.2. Zu A)
3.2.1. Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.
Nach Abs. 2 leg. cit. ist gemäß Abs. 1 auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.
Sofern gemäß Abs. 3 leg. cit. nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird und in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.
§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG lautet:
§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine
Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG.
Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat gemäß Abs. 2 leg. cit. zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.
Gemäß Abs. 3 leg. cit. ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben, wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind.
Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird (§ 61 Abs. 4 FPG).
3.2.2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:
Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz
(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.
(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig. Erweist es sich als unmöglich einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systematische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann. Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.
(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.
Art. 7 Rangfolge der Kriterien
(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.
(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.
(3) [...]
Art. 12 Ausstellung von Aufenthaltstiteln oder Visa
(1) Besitzt der Antragsteller einen gültigen Aufenthaltstitel, so ist der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel ausgestellt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
(2) Besitzt der Antragsteller ein gültiges Visum, so ist der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, es sei denn, dass das Visum im Auftrag eines anderen Mitgliedstaates im Rahmen einer Vertretungsvereinbarung gemäß Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft erteilt wurde. In diesem Fall ist der vertretene Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
(3) Besitzt der Antragsteller mehrere gültige Aufenthaltstitel oder Visa verschiedener Mitgliedstaaten, so sind die Mitgliedstaaten für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz in folgender Reihenfolge zuständig:
a) der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der den zuletzt ablaufenden Aufenthaltstitel erteilt hat;
b) der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat, wenn es sich um gleichartige Visa handelt;
c) bei nicht gleichartigen Visa der Mitgliedstaat, der das Visum mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat.
(4) Besitzt der Antragsteller nur einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die weniger als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit weniger als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund derer er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats