Entscheidungsdatum
01.04.2019Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W1965 2216332-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse LESNIAK als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Iran, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.03.2019, Zl. 1211805603-181073019, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 idgF und gemäß § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer (im Folgendem: BF), ein Staatsangehöriger des Iran, brachte am 08.11.2018 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz in Österreich ein.
Laut Abgleichsbericht zur VIS-Abfrage wurde dem BF von der slowakischen Botschaft in Teheran am 31.10.2018 ein für den Zeitraum 03.11.2018 bis 28.11.2018 gültiges Schengenvisum ausgestellt.
In seiner polizeilichen Erstbefragung am 09.11.2018 gab der BF an, dass er an keinen ihn an der Einvernahme hindernden oder das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigenden Beschwerden oder Krankheiten leiden würde. In Österreich habe er keine Familienangehörigen. Er habe seinen Herkunftsstaat vor drei Tagen mit dem Flugzeug nach Österreich verlassen (Direktflug). Auf Frage, ob er legal oder illegal aus seinem Herkunftsland ausgereist sei, gab der BF an, dass er dies nicht wisse, sein Vater habe alles organisiert. Er habe in keinem anderen Land um Asyl angesucht und in keinem anderen Land ein Visum oder einen Aufenthaltstitel erhalten. Er wolle hierbleiben. Sein Vater habe die Reise organisiert. Er wisse hierzu nichts.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgendem: BFA) richtete am 07.12.2018 ein auf Art. 12 Abs. 2 oder Abs. 3 der Verordnung (EU) NR. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (im Folgenden: Dublin III-VO) gestütztes Aufnahmeersuchen an die Slowakei.
Mit Schreiben vom 07.02.2019 stimmte die Slowakei dem Aufnahmeersuchen gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO ausdrücklich zu.
Mit Verfahrensanordnung, zugestellt am 13.02.2019, wurde der BF gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG 2005 in Kenntnis gesetzt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da eine Zuständigkeit des Dublin-Staates Slowakei angenommen werde. Unter einem wurde darauf hingewiesen, dass durch diese Mitteilung die 20-Tages-Frist des Zulassungsverfahrens nicht gelte (§ 28 Abs. 2 AsylG 2005).
Am 28.02.2019 wurde der BF in Anwesenheit eines Rechtsberaters und nach durchgeführter Rechtsberatung einer Einvernahme vor dem BFA unterzogen. Er fühle sich psychisch und physisch in der Lage, Angaben zu seinem Asylverfahren zu machen. Er habe lediglich Freunde, aber keine Familienmitglieder in Österreich. In Großbritannien habe er einen Bruder, habe jedoch, seit er in Österreich sei, keinen Kontakt zu diesem. Er lebe in keiner Familiengemeinschaft oder familienähnlichen Lebensgemeinschaft, er sei alleine. Auf Vorhalt, dass er mit einem gültigen slowakischen Visum nach Österreich eingereist sei, erklärte der BF, dass er von diesem Visum nichts gewusst habe. Die Frage, ob er in der Slowakei gewesen sei, verneinte der BF. Er sei noch nie in der Slowakei gewesen. Er sei direkt aus dem Iran nach Österreich geflogen. Auf Frage, wer ihm das slowakische Visum besorgt habe, gab der BF an, dass dies alles sein Vater organisiert habe. Er habe überhaupt nichts davon gewusst. Auf Frage, ob er ein Zielland gehabt habe, gab der BF an, dass sein Vater gewollt habe, dass er nach Österreich komme. Darauf hingewiesen, dass die Slowakei ihre Zustimmung zur Führung des Asylverfahrens erteilt habe und daher beabsichtigt sei, die Ausweisung des BF aus Österreich in die Slowakei zu veranlassen, erklärte der BF, dass er nirgendwo Fingerabdrücke abgegeben habe. Er habe am Flughafen einen Asylantrag gestellt, da ihm gesagt worden sei, dass sein Visum gefälscht sei und man ihn in den Iran abschieben wolle. Er würde gerne in Österreich seine Hand behandeln lassen. Er habe Schmerzen. Nach seinem derzeitigen Gesundheitszustand befragt, gab der BF zu Protokoll, dass er, wenn er gestresst sei, Schmerzen in seiner Hand und am Bauch habe. Er habe in einer Fabrik gearbeitet, sei mit der Hand in eine Pressmaschine gekommen und habe sich den Zeigefinger abgetrennt. Er sei acht Mal an der Hand operiert worden und würde sich gerne noch einmal operieren lassen. Seine Hand sei einen Monat an seinen Bauch genäht gewesen, damit dies zusammenwachse und man die Haut vom Bauch auf die Hand transplantieren könne. Dieser Unfall sei vor ca. sechs Jahren passiert. Er sei im Iran medizinisch behandelt und operiert worden und würde gerne noch eine OP in Österreich machen. Die Frage, ob er ansonsten gesund sei, bejahte der BF. Es gehe ihm gut. In Österreich sei er einmal bei einem Handröntgen gewesen. Er wisse nicht, wo die Befunde seien. Derzeit nehme er Ibuprofen gegen die Schmerzen ein. Weiters verwende er eine Creme gegen Schmerzen. Wenn es kalt sei, habe er stets Schmerzen. Er wolle in Österreich bleiben. In Bezug auf das slowakische Visum erklärte der BF, dass das mit dem slowakischen Visum nicht seine Schuld gewesen sei. Der Schlepper habe alles organisiert. Er sei seit vier Monaten hier. In Österreich könne er sicher und in Frieden leben. In Österreich könne er sich medizinisch behandeln lassen. In Österreich sei es besser als in der Slowakei.
Mit dem angefochtenem Bescheid vom 07.03.2019 wurde der Antrag auf internationalen Schutz, ohne in die Sache einzutreten, gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass die Slowakei für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den BF gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge seine Abschiebung in die Slowakei gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).
Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in der Slowakei wurden im angefochtenen Bescheid wie folgt wiedergegeben (unkorrigiert und ungekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):
Allgemeines zum Asylverfahren
In der Slowakei gibt es ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (USDOS 13.4.2016; MINV o.D.; EK o. D.; für ausführliche Informationen siehe dieselben Quellen).
Quellen:
-
EK - Europäische Kommission (European Migration Network) (o.D.):
Country Fact Sheet Slovakia 2015, https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/24a_slovakia_
country_factsheet_2015.pdf, Zugriff 3.3.2017
-
MINV - Slowakisches Amt für Migration o.D.): Zámerom migracnej politiky Slovenskej republiky je zabezpecit, http://www.minv.sk/?zamer-migracnej-politiky-slovenskej-republiky, Zugriff 3.3.2017
-
USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Slovakia, http://www.ecoi.net/local_link/322581/462058_de.html, Zugriff 3.3.2017
1. Dublin-Rückkehrer
Der Zugang zum Asylverfahren nach Dublin Rücküberstellung ist vom Stand des Verfahrens in der Slowakei abhängig. Wenn ein Verfahren vor endgültiger Entscheidung unterbrochen wurde, etwa weil sich der Antragsteller diesem entzogen hat, und der Betreffende wird von der Slowakei im Rahmen von Art. 18(1)(c) zurückgenommen, wird das Verfahren automatisch wieder aufgenommen. Bei Rückkehrern, die unter Art. 18(1)(d) und 18(2) fallen und welche die Slowakei verlassen haben, bevor sie über eine negative erstinstanzliche Entscheidung informiert werden konnten und die Rechtsmittelfrist verstrichen ist, ist diese Entscheidung endgültig. Der Rückkehrer kann aber einen neuen Antrag stellen, der als Folgeantrag betrachtet wird (EASO 12.2015).
Die Slowakei macht bei der Bereitstellung von Versorgungsleistungen keinen Unterschied zwischen verschiedenen Verfahrensarten. Alle Antragsteller erhalten dieselbe Versorgung (EASO 2.2016).
Quellen:
-
EASO - European Asylum Support Office (12.2015): Quality Matrix
Report: Dublin procedure, per E-Mail
-
EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Quality Matrix
Report: Reception conditions, per E-Mail
2. Unbegleitete minderjährige Asylwerber (UMA) / Vulnerable
Mitte 2015 wurde festgelegt, dass unbegleitete Minderjährige während ihres gesamten Verfahrens in Kinderschutzeinrichtungen untergebracht werden sollen (USDOS 13.4.2016; vgl. EK o.D.).
Weitere gesetzliche Änderungen betrafen u.a. die Einführung einer finanziellen Beihilfe um die Unabhängigkeit von UMA in Betreuungseinrichtungen zu steigern. Wenn ein UMA sich unerlaubt aus dem Heim entfernt und nicht binnen 7 Tagen zurückkehrt, wird dessen Asylverfahren ausgesetzt. Für Asylwerber mit speziellen Bedürfnissen wurden Vorkehrungen getroffen, wie etwa die Möglichkeit das Asylinterview zu verschieben. Dazu wurde die Dokumentation verbessert und ein Register geschaffen, dem alle Akteure wichtige Informationen, wie eben Vulnerabilität und damit verbundene spezielle Bedürfnisse, entnehmen und entsprechend berücksichtigen können - etwa bei der Unterbringung und Betreuung. 2015 gab es in der Slowakei 26 Fälle unbegleiteter Minderjähriger, von denen 5 einen Asylantrag stellten (EK o.D.).
Quellen:
-
EK - Europäische Kommission (European Migration Network) (o.D.):
Country Fact Sheet Slovakia 2015, https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/24a_slovakia_
country_factsheet_2015.pdf, Zugriff 3.3.2017
-
USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Slovakia, http://www.ecoi.net/local_link/322581/462058_de.html, Zugriff 3.3.2017
3. Non-Refoulement
Die slowakischen Gesetze sehen vor, dass das Wohlergehen einzelner Antragsteller bei Außerlandesbringungen in Nicht-EU-Länder nicht gefährdet sein darf. Einige Beobachter kritisieren, die verantwortliche Grenz- und Fremdenpolizei verfüge nicht über die notwendigen Informationen, dies zu beurteilen. Die Slowakei kennt subsidiären Schutz für Antragsteller, die sich nicht für internationalen Schutz qualifizieren, deren Außerlandesbringung aber aufgrund administrativer Probleme oder Sicherheitsbedenken nicht möglich ist (USDOS 13.4.2016).
Darüber hinaus gibt es in der Slowakei noch die Möglichkeit eines humanitären Schutzes (EK 12.2015).
Quellen:
-
EK - Europäische Kommission (European Migration Network) (12.2015): EMN Focussed Study 2015. Integration of beneficiaries of international/humanitarian protection into the labour market. policies and good practices. Contribution of the Slovak Republic, https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/24a_slovak_integration_
of_beneficiaries_of_international_protection_en.pdf, Zugriff 3.3.2017
-
USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Slovakia, http://www.ecoi.net/local_link/322581/462058_de.html, Zugriff 3.3.2017
4. Versorgung
Zur Erstaufnahme verfügt die Slowakei über 550 Unterbringungsplätze im Zentrum Humenne, in dem sich jeder Antragsteller einer 20-tägigen medizinischen Quarantänephase unterziehen muss. Das Zentrum darf währenddessen nicht verlassen werden. Danach erfolgt eine Verlegung in eines der beiden offenen Unterbringungszentren Opatovská Nová Ves oder Rohovce. Diese haben eine Kapazität von je 140 Plätzen (in Summe 280 Plätze); Opatovská Nová Ves ist für vulnerable Gruppen reserviert (EASO 2.2016).
In den Unterbringungszentren erhalten die Antragsteller außerdem Verpflegung, Hygieneartikel, Krankenversorgung und psychosoziale Betreuung sowie ein Taschengeld (EK 2016). Da die Antragsteller alle notwendigen Sachleistungen im Rahmen der Unterbringung kostenlos erhalten, beträgt das Taschengeld EUR 0,40 pro Tag für einen Erwachsenen und EUR 0,27 pro Tag für ein Kind (EASO 2.2016).
Seit Juli 2015 haben Asylwerber bereits nach neun Monaten ohne Arbeitserlaubnis Zugang zum Arbeitsmarkt (zuvor 12 Monate) (EK o. D.).
Quellen:
-
EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Quality Matrix
Report: Reception conditions, per E-Mail
-
EK - Europäische Kommission (European Migration Network) (o.D.):
Country Fact Sheet Slovakia 2015, https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/24a_slovakia_
country_factsheet_2015.pdf, Zugriff 3.3.2017
-
EK - Europäische Kommission (European Migration Network) (2016):
EMN Study 2016. Resettlement and Humanitarian Admission Programmes in Europe - What Works?,
https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/what-we-do/networks/european_migration_network/reports/docs/emn-studies/emn-studies-24a_slovak_republic_resettlement_study_en.pdf, Zugriff 3.3.2017
Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass die Identität des BF aufgrund eines iranischen Reisepasses feststehe. Es könne nicht festgestellt werden, dass schwere psychische Störungen und/oder schwere oder ansteckende Krankheiten bestünden. Laut Angabe in der Einvernahme habe der BF vor sechs Jahren einen Unfall gehabt, würde ihm seitdem ein Finger fehlen und habe er eine Narbe am Bauch. Manchmal habe der BF Schmerzen und würde sich gerne in Österreich noch einmal operieren lassen. Befunde seien nicht vorgelegt worden, in Österreich sei der BF bis zur Einvernahme nur bei einem Röntgen gewesen. In Österreich verfüge der BF über keine familiären oder verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte. Eine besondere Integrationsverfestigung in Österreich könne nicht festgestellt werden. In der Slowakei sei ausreichende medizinische Versorgung gewährleistet. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen besonderer, bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer Verletzung des Art. 4 GRC bzw. des Art. 3 EMRK im Falle einer Überstellung ernstlich möglich erscheinen ließe, sei im Verfahren nicht hervorgekommen. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 habe daher bei Abwägung aller Umstände nicht erschüttert werden können. Es habe sich kein zwingender Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts des Art. 17 Abs. 1 Dublin IIII-VO ergeben. Zum Gesundheitszustand sei darauf hinzuweisen, dass sich aus dem gesamten Sachverhalt insgesamt kein Anhaltspunkt dafür ergebe, dass es sich beim BF um einen lebensgefährlich Erkrankten handle und daher eine Überstellung in die Slowakei von vornherein als unzulässig angesehen werden müsste. Aus dem vorliegenden Sachverhalt ergebe sich weiters kein Hinweis auf anstehende und dringliche ärztliche Behandlungen, beispielsweise in Form von Operationen oder sonstigen unaufschiebbaren ärztlichen Behandlungen. Die Anordnung zur Außerlandesbringung stelle daher insgesamt keinen Eingriff in die in Art. 8 EMRK gewährleisteten Rechte auf Achtung des Privat- und Familienlebens dar.
Der Bescheid wurde dem BF am 07.03.2019 durch persönliche Ausfolgung zugestellt.
Am 19.03.2019 brachte der BF fristgerecht die vorliegende Beschwerde ein. Sein Vater habe ihm schlepperunterstützt ein gefälschtes Visum für die Slowakei besorgt, mit welchem er mittels Direktfluges von Teheran nach Wien gereist sei. Er sei noch nie in der Slowakei gewesen und sein Visum sei gefälscht gewesen. Er habe nur das Land verlassen wollen. In Österreich angekommen, habe er sofort Deutschkurse besucht und versucht, sich so gut es gehe, zu integrieren. Er habe auch begonnen, in die Kirche zu gehen, da er so zur inneren Ruhe gefunden habe. Er wolle in Österreich bleiben und hier einer geregelten Arbeit nachgehen.
Am 22.03.2019 brachte der BF eine Stellungnahme unter gleichzeitiger Bekanntgabe der Auflösung des bisherigen Vertretungsverhältnisses und der Namhaftmachung eines Zustellbevollmächtigten ein, in der zusammengefasst wie folgt vorgebracht wurde:
In seinem Pass habe sich ein über Vermittlung seines Vaters erhaltenes slowakisches Visum befunden. Er sei weder persönlich auf der slowakischen Botschaft in Teheran gewesen noch habe er dort seine Fingerabdrücke abgegeben. Er habe am 08.11.2018 am Flughafen einen Antrag auf internationalen Schutz eingebracht und sei dort etwa zehn Tage lang im Sondertransit untergebracht gewesen. Dann sei ihm die Einreise gestattet worden und habe er eine weiße Aufenthaltsberechtigungskarte erhalten, die belege, dass sein Verfahren zugelassen worden sei. Am 13.02.2019 sei ihm entgegen der in § 28 Abs. 2 AsylG 2005 vorgesehenen 20-Tages-Frist die beabsichtigte Vorgehensweise des BFA (Zurückweisung seines Antrages und die Führung von Dublin-Konsultationen mit der Slowakei) zur Kenntnis gebracht worden.
Der gegenständliche Bescheid sei wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und mangelhaften Ermittlungsverfahrens angefochten worden. Die meisten Quellenangaben in den Länderberichten seien veraltet. Zu antimuslimischen Vorfällen in der Slowakei würden sich ebenso wenig Feststellungen wie zur Xenophobie finden. Es seien extremistische, flüchtlings- und islamfeindliche Strömungen und Bewegungen in der Slowakei erstarkt. Es werde die Einholung eines Gutachtens zur aktuellen Situation für Asylwerber in der Slowakei, insbesondere für im Rahmen des Dublin-Verfahrens überstellte Personen, hinsichtlich Unterbringung, Verpflegung und Zugang und Durchführung der Asylverfahren beantragt. Hätte die Behörde ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und aktuelle Länderberichte herangezogen, hätte sie zu dem Schluss kommen müssen, dass dem BF in der Slowakei unmenschliche Behandlung drohe. Die belangte Behörde hätte zu dem Schluss kommen müssen, dass eine Abschiebung des BF in die Slowakei eine Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK und Art. 4 GRC gewährleisteten Rechte darstellen würde und somit zwingend das Selbsteintrittsrecht auszuüben sei.
Der Stellungnahme angeschlossen waren diverse Medienberichte, vorwiegend in englischer Sprache ("The Guardian"), über islamfeindliche Stimmungen in der Slowakei angeschlossen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Festgestellt wird zunächst der unter I. dargestellte Verfahrensgang.
Zum Zeitpunkt seiner Asylantragstellung in Österreich befand sich der BF im Besitz eines von der slowakischen Botschaft in Teheran ausgestellten gültigen Visums.
Die oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Situation in der Slowakei werden der Entscheidung des erkennenden Gerichtes zugrunde gelegt.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle einer Überstellung in die Slowakei Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden. Konkrete, in der Person des BF gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedsstaat sprechen würden, liegen nicht vor.
Laut Angabe des BF habe er sich vor rund sechs Jahren im Herkunftsstaat bei einem Arbeitsunfall einen Zeigefinger abgetrennt und sei dort mehrmals operiert worden. Befunde hierzu wurden nicht vorgelegt. Der Aktenlage sind keine Anhaltspunkte zu entnehmen, dass der BF derzeit nicht transportfähig oder akut stationär behandlungsbedürftig wäre. Der BF leidet an keinen akut lebensbedrohenden Krankheiten. Es ist davon auszugehen, dass die in der Slowakei verfügbare medizinische Versorgung europäischen Stands entspricht und allenfalls erforderliche Behandlungen auch dort erfolgen können.
In Österreich befinden sich weder Familienangehörige noch sonstige Verwandte des BF. Der BF lebt weder in einer Familiengemeinschaft noch in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft.
Eine besondere Integrationsverfestigung des BF in Österreich besteht nicht.
Mit Verfahrensanordnung, zugestellt am 13.02.2019, wurde der BF gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG 2005 in Kenntnis gesetzt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da eine Zuständigkeit des Dublin-Staates Slowakei angenommen werde. Unter einem wurde darauf hingewiesen, dass durch diese Mitteilung die 20-Tages-Frist des Zulassungsverfahrens nicht gelte (§ 28 Abs. 2 AsylG 2005).
2. Beweiswürdigung:
Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der Einreise in das Bundesgebiet und des slowakischen Visums ergeben sich aus den Angaben des BF sowie der durchgeführten VIS-Abfrage.
Die Feststellung zum Aufnahmeersuchen der österreichischen Dublin-Behörde an die Slowakei und die Zustimmung der Slowakei zur Prüfung des vorliegenden Antrages auf internationalen Schutz beruht auf dem - im Verwaltungsakt dokumentierten - durchgeführten Konsultationsverfahren.
Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das BFA hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in der Slowakei auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin-VO) getroffen.
Aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Länderinformationen ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das slowakische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens und die Versorgung von Asylsuchenden in der Slowakei den Feststellungen der erstinstanzlichen Entscheidung zu folgen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substantiell widersprechen würden, hat der BF nicht glaubhaft dargetan. Soweit in den Länderberichten auch Quellen älteren Datums zitiert werden, ist davon auszugehen, dass insofern keine relevanten Änderungen eingetreten sind.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des BF beruhen auf dessen eigenen, zur Gänze unbelegt gebliebenen Angaben. Aus den Angaben des BF kann nicht geschlossen werden, dass dieser derzeit transportunfähig oder akut stationär behandlungsbedürftig wäre. Aus den herangezogenen Länderfeststellungen geht ferner hervor, dass Antragsteller in der Slowakei in den Unterbringungszentren Krankenversorgung und psychosoziale Betreuung erhalten. Seitens des BF wurde kein Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren.
Die Feststellung des Fehlens jeglicher familiärer und sonstiger verwandtschaftlicher Beziehungen in Österreich ergibt sich aus den eigenen Angaben des BF.
Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedsstaat ergibt sich aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idgF lauten:
§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.
(2) .....
(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
3. ...
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.
§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:
§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine
Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:
§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine
Außerlandesbringung anzuordnen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder
2. ...
(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.
(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.
(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.
Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-VO) lauten:
Art. 3
Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz
(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.
(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.
Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.
Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.
(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.
Art. 7
Rangfolge der Kriterien
(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.
(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.
(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.
Art. 12
Ausstellung von Aufenthaltstiteln oder Visa
(1) Besitzt der Antragsteller einen gültigen Aufenthaltstitel, so ist der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel ausgestellt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
(2) Besitzt der Antragsteller ein gültiges Visum, so ist der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, es sei denn, dass das Visum im Auftrag eines anderen Mitgliedstaats im Rahmen einer Vertretungsvereinbarung gemäß Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft ( 1 ) erteilt wurde. In diesem Fall ist der vertretene Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
(3) Besitzt der Antragsteller mehrere gültige Aufenthaltstitel oder Visa verschiedener Mitgliedstaaten, so sind die Mitgliedstaaten für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz in folgender Reihenfolge zuständig:
a) der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der den zuletzt ablaufenden Aufenthaltstitel erteilt hat;
b) der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat, wenn es sich um gleichartige Visa handelt;
c) bei nicht gleichartigen Visa der Mitgliedstaat, der das Visum mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat.
(4) Besitzt der Antragsteller nur einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die weniger als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit weniger als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, so sind die Absätze 1, 2 und 3 anwendbar, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat.
Besitzt der Antragsteller einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die mehr als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit mehr als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, und hat er die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten nicht verlassen, so ist der Mitgliedstaat zuständig, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird.
(5) Der Umstand, dass der Aufenthaltstitel oder das Visum aufgrund einer falschen oder missbräuchlich verwendeten Identität oder nach Vorlage von gefälschten, falschen oder ungültigen Dokumenten erteilt wurde, hindert nicht daran, dem Mitgliedstaat, der den Titel oder das Visum erteilt hat, die Zuständigkeit zuzuweisen. Der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel oder das Visum ausgestellt hat, ist nicht zuständig, wenn nachgewiesen werden kann, dass nach Ausstellung des Titels oder des Visums eine betrügerische Handlung vorgenommen wurde.
Art. 16
Abhängige Personen
(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.
(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.
(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit der betreffenden Person zur Sorge für die abhängige Person und in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, delegierte Rechtsakte zu erlassen.
(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.
Art. 17
Ermessensklauseln
(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.
Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.
Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.
(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen.
Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen.
Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen.
Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.
Im gegenständlichen Fall liegt die Zuständigkeit der Slowakei in Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO begründet, da der BF im Zeitpunkt seiner Asylantragstellung im Besitz eines gültigen von der Slowakei ausgestellten Visums iSd Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO war. Die Slowakei hat dem österreichischen Aufnahmeersuchen auch ausdrücklich zugestimmt.
Anhaltspunkte dafür, dass die Zuständigkeit der Slowakei in der Zwischenzeit untergegangen sein könnte, bestehen nicht. Die Überstellungsfrist ist noch offen.
Wenn der BF reklamiert, dass sein Verfahren infolge Verstreichens der 20-Tages-Frist für die Mitteilung der Führung von Konsultationen im Sinne des § 28 Abs. 2 AsylG 2005 zuzulassen sei, ist darauf hinzuweisen, dass in § 28 Abs. 2 AsylG 2005 ein weiterer, die 20-Tages-Frist ausschließender Tatbestand normiert wird. Die 20-Tages-Frist gilt demnach ua auch dann nicht, wenn eine Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 oder 6 AsylG 2005 erfolgt ist. Eine solche Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG 2005, dass beabsichtigt sei, den Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, wurde verfahrensgegenständlich vorgenommen. Im Übrigen ist anzumerken, dass auch die Zulassung einer späteren zurückweisenden Entscheidung nicht entgegensteht, wie in § 28 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 ausdrücklich normiert wird (vgl. auch VwGH 2006/20/0624 vom 25.11.2008).
Auch aus Art. 16 (abhängige Personen) und Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO (humanitäre Klausel) ergibt sich schon mangels jeglicher verwandtschaftlicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet keine Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung des Antrages.
Nach der Rechtsprechung des VfGH (zB 17.06.2005, B 336/05;
15.10.2004, G 237/03) und des VwGH (zB 23.01.2007, 2006/01/0949;
25.04.2006, 2006/19/0673) ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sollte die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären.
Das BFA hat von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO keinen Gebrauch gemacht. Es ist daher zu prüfen, ob von diesem im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK oder der GRC zwingend Gebrauch zu machen wäre.
Mögliche Verletzung von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK:
Gemäß Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK darf niemand Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Die bloße Möglichkeit einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Sofern keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigenden notorischen Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter, auf den betreffenden Fremden bezogener Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 09.05.2003, 98/18/0317; 26.11.1999, 96/21/0499; vgl. auch 16.07.2003, 2003/01/0059). "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist." (VwGH 23.01.2007, 2006/01/0949).
Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl. VwGH 17.02.1998, 96/18/0379; EGMR 04.02.2005, 46827/99 und 46951/99, Mamatkulov und Askarov/Türkei Rz 71-77), eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle einer Überstellung, ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK, sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vertreten von mit der GFK unvertretbaren rechtlichen Sonderpositionen in einem Mitgliedstaat oder das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung etwa im Fall, dass der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde. Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (VwGH 25.04.2006, 2006/19/0673; 31.05.2005, 2005/20/0025; 31.03.2005, 2002/20/0582), ebenso weitere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs (zur Bedeutung solcher Sachverhalte Filzwieser/Sprung, Dublin II-Verordnung³, K13 zu Art. 19).
Der EuGH stellte in seinem Urteil vom 07.06.2016, C-63/15,
Ghezelbash (Große Kammer), fest, dass Art. 27 Abs. 1 Dublin III-VO
im Licht des 19. Erwägungsgrundes dieser Verordnung dahin auszulegen
ist, dass [ ... ] ein Asylbewerber im Rahmen eines Rechtsbehelfs
gegen eine Entscheidung über seine Überstellung die fehlerhafte
Anwendung eines in Kapitel III dieser Verordnung festgelegten
Zuständigkeitskriteriums [ ... ] geltend machen kann. Damit im
Einklang steht das Urteil des EuGH ebenfalls vom 07.06.2016, C-155/15, Karim (Große Kammer), wonach ein Asylbewerber im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung über seine Überstellung einen Verstoß gegen die Regelung des Art. 19 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung geltend machen kann.
Mit der Frage, ab welchem Ausmaß von festgestellten Mängeln im Asylsystem des zuständigen Mitgliedstaates der Union ein Asylwerber von einem anderen Aufenthaltsstaat nicht mehr auf die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch die innerstaatlichen Gerichte im zuständigen Mitgliedstaat und letztlich den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zur Wahrnehmung seiner Rechte verwiesen werden darf, sondern vielmehr vom Aufenthaltsstaat zwingend das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO (nunmehr Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO) auszuüben ist, hat sich der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 21.12.2011, C-411/10 und C-493/10, N.S./Vereinigtes Königreich, (zu vergleichbaren Bestimmungen der Dublin II-VO) befasst und, ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in der Entscheidung vom 02.12.2008, 32733/08, K.R.S./Vereinigtes Königreich, sowie deren Präzisierung mit der Entscheidung des EGMR vom 21.01.2011, 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland, ausdrücklich ausgesprochen, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechtes durch den zuständigen Mitgliedstaat, sondern erst systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes durch den Aufenthaltsstaat gebieten (Rn. 86). An dieser Stelle ist auch auf das damit in Einklang stehende Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 14.11.2013 in der Rechtssache C-4/11, Bundesrepublik Deutschland/Kaveh Puid zu verweisen (Rn. 36, 37).
Somit ist unionsrechtlich zu prüfen, ob im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber vorherrschen, und - soweit damit noch notwendig und vereinbar - aus menschenrechtlichen Erwägungen, ob der BF im Falle der Zurückweisung seines Antrages auf internationalen Schutz und seiner Außerlandesbringung in die Slowakei gemäß §§ 5 AsylG 2005 und 61 FPG - unter Bezugnahme auf seine persönliche Situation - in seinen Rechten gemäß Art. 3 und/oder 8 EMRK verletzt würde, wobei der Maßstab des "real risk" anzulegen ist, wie ihn EGMR und VfGH auslegen.
Der angefochtene Bescheid enthält - wie oben dargestellt - ausreichende Feststellungen zum slowakischen Asylwesen. Diese Länderberichte basieren auf einer aktuellen Zusammenstellung der Staatendokumentation des BFA, zu den einzelnen Passagen sind jeweils detaillierte Quellenangaben angeführt. Soweit in den Länderberichten auch Quellen älteren Datums zitiert werden, ist davon auszugehen, dass insofern keine relevanten Änderungen eingetreten sind.
Schon vor dem Hintergrund der oben dargelegten Erwägungen und der erstinstanzlichen Erwägungen ist nicht zu erkennen, dass im Hinblick auf Asylwerber, die von Österreich im Rahmen der Dublin III-VO in die Slowakei überstellt werden, aufgrund der slowakischen Rechtslage und/oder Vollzugspraxis systematische Verletzungen von Rechten gemäß der EMRK erfolgen würden oder dass diesbezüglich eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit im Sinne eines "real risk" für den Einzelnen bestehen würde.
Wenn der BF vorbringt, dass es in Österreich besser als in der Slowakei sei, ist zu bemerken, dass Drittstaatsangehörigen zwar nach den Grundsätzen der Dublin-VO in einem der Mitgliedstaaten ein Recht auf ein faires, rechtsstaatliches Asylverfahren zuzukommen hat, sich die Zuständigkeit jedoch nicht nach den Wünschen des Asylwerbers, sondern nach den in der Verordnung festgesetzten Zuständigkeitskriterien zu richten hat. So obliegt es nicht dem Asylwerber, sich jenen Mitgliedstaat, in welchem er die beste Versorgung (einschließlich medizinische Versorgung) erwarten kann, nach seinem Gutdünken frei zu wählen.
Der BF auch zu keinem Zeitpunkt konkrete systemische Män