TE Bvwg Beschluss 2019/4/1 W133 2198801-1

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Veröffentlicht am 01.04.2019
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Entscheidungsdatum

01.04.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

W133 2198801-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Vorsitzende und den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Prof. Dr. Gerd GRUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 11.05.2018, betreffend die Abweisung des Antrages auf rückwirkende Feststellung des Grades der Behinderung, den Beschluss gefasst:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Niederösterreich (in der Folge als "belangte Behörde" bezeichnet), stellte dem Beschwerdeführer am 19.04.2018 einen, bis 30.04.2022 befristeten Behindertenpass mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50% aus. Dem als Bescheid geltenden Behindertenpass legte sie ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 14.04.2018 nach der Einschätzungsverordnung zugrunde, worin die Funktionsbeeinträchtigungen 1) Prostatakarzinom, aktive Überwachung/13.01.04/50% und 2) Schultergelenk, Schultergürtel - Funktionseinschränkung schweren Grades rechts/02.06.05/40% festgestellt und medizinisch ein Gesamtgrad der Behinderung von 50% beurteilt wurden.

Der Beschwerdeführer stellte am 09.05.2018 einen Antrag auf rückwirkende Ausstellung des Behindertenpasses, da das Leiden 1 bereits seit 2009 bestehe, und legte als Beweismittel (nochmals) einen Arztbrief vom 07.07.2010 vor.

Mit E-Mailnachricht vom 09.05.2018 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, dass das Bundesministerium für Finanzen in einem Lohnsteuerwartungserlass festhalte, dass lediglich dann, wenn die Behinderung die Folge eines Ereignisses (zB eines Unfalles, einer Operation oder Spitalsaufenthalt in Folge einer schweren Erkrankung) sei, der festgestellte Grad der Behinderung aus Vereinfachungsgründen für Zwecke der Steuerermäßigung immer rückwirkend bis zum Zeitpunkt des Ereignisses (Unfall, Operation, Spitalsaufenthalt) gelte. In anderen Fällen sei die rückwirkende Feststellung des Grades der Behinderung grundsätzlich nicht möglich. Diesen Vorgaben folgend, würden seitens des Sozialministeriumservice auch nur in oben genannten Ausnahmefällen rückwirkende Bestätigungen des Grades der Behinderung ausgestellt. Ergänzend sei erwähnt, dass auch seitens der Fachabteilung des Ressorts darauf hingewiesen worden sei, dass es ärztlichen Sachverständigen in seriöser Weise nicht möglich sei, valide Aussagen über die vergangene Entwicklung von Funktionsbeeinträchtigungen zu treffen, insbesondere dann nicht, wenn es sich um solche progredienter Natur handle. Die Behörde bedaure, keine andere Mitteilung erteilen zu können.

Unter Hinweis auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ersuchte der Beschwerdeführer mit Antwortmailnachricht ebenfalls vom 09.05.2018 gegebenenfalls um bescheidmäßige Ablehnung seines Antrages. Er führte weiters aus, sein Malignom bewirke die 50%-ige Funktionseinschränkung und bestehe nach dem vorgelegten Arztbrief zumindest seit 07.07.2010. Eine weitere Biopsie liege auch schon aus 2009 vor. Aufgrund der Befundungen aus 2009-2010 stehe daher die Karzinomerkrankung leider seit diesem Zeitpunkt fest.

Ohne weitere medizinische Abklärung wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 11.05.2018 den Antrag des Beschwerdeführers auf rückwirkende Feststellung des Grades seiner Behinderung ab. Begründend führte sie aus, eine rückwirkende Bestätigung könne nur ausgestellt werden, wenn aus vorliegenden Befunden eindeutig das funktionelle Defizit und die Dauer des Bestandes abgeleitet werden könnten. Dies sei generell nur bei unveränderbaren Funktionseinschränkungen, die auf ein bestimmbares Ereignis zurückgeführt werden könnten, möglich. Im gegenständlichen Fall habe eine rückwirkende Feststellung des Grades der Behinderung nicht erfolgen können, da das Ausmaß und die Dauer des funktionellen Defizites nicht auf ein konkretes, bestimmbares Ereignis zurückgeführt werden könnten.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 07.06.2018 fristgerecht eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin führt er nach Darstellung des Verfahrensganges zusammengefasst aus, als konkretes Ereignis (im Sinne des Bescheides) sei zweifelsfrei das übermittelte Ergebnis der Biopsien vom 15.04.2009 bzw vom 08.07.2010 heranzuziehen. Seit diesem Zeitpunkt bestehe leider ein biotopisch gesichertes Prostatakarzinom, welches engmaschig kontrolliert werde (unterer RS Pos. 13.02.02/50%). Da der übermittelte Befund eindeutig das funktionelle Defizit mit einem konkreten Datum ableite, sei die rückwirkende Feststellung des Grades der Behinderung mit dem Datum der Biopsie 08.07.2010 durchzuführen. Der Beschwerde legte er wiederum den Arztbrief vom 07.07.2010 bei.

Am 21.06.2018 legte die belangte Behörde die Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A) Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer eheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Nach dem klaren Wortlaut des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG ist Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung nach dieser Bestimmung das Fehlen notwendiger Ermittlungen des Sachverhaltes seitens der belangten Behörde.

Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, allerdings mit dem Unterschied, dass die Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach § 28 Abs. 3 VwGVG nicht erforderlich ist (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren 2013, § 28 VwGVG, Anm. 11.)

§ 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat.

Wie der Verwaltungsgerichtshof unter anderem bereits in seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, zur Auslegung des § 28 Abs. 3 zweiter Satz ausgeführt hat, wird eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht, vgl Holoubek, Kognitionsbefugnis, Beschwerdelegitimation und Beschwerdegegenstand, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, erster Instanz, 2013, Seite 127, Seite 137; siehe schon Merli, Die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte erster Instanz, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2008, Seite 65, Seite 73 f).

Gemäß der aktuellen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG somit insbesondere auch dann in Betracht, wenn die Behörde bloß ansatzweise ermittelt hat bzw. gravierende Ermittlungslücken im verwaltungsbehördlichen Verfahren bestehen (vgl. nochmals das oben zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063 und zuletzt auch VwGH, 11.05.2017, Zl. Ra 2017/04/0030).

Der angefochtene Bescheid erweist sich in Bezug auf den zu ermittelnden Sachverhalt aus folgenden Gründen als gravierend mangelhaft:

Nach der gegenständlich maßgeblichen aktuellen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, sind nach § 35 Abs. 2 EStG 1988 sowohl die Tatsache der Behinderung als auch das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit bzw. der Grad der Behinderung durch eine amtliche Bescheinigung der zuständigen Stelle nachzuweisen. Diese ist - abgesehen von im Beschwerdefall nicht relevanten Ausnahmen - regelmäßig das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen. Dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach § 40 ff BBG bzw. - im negativen Fall- durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen (§ 35 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988).

Vor dem dargestellten Hintergrund (ein Antrag auf Berücksichtigung von behinderungsbedingten Mehraufwendungen im Wege der Veranlagung - "Jahresausgleich" - kann für fünf Jahre zurück gestellt werden; für die erfolgreiche Geltendmachung ist ein Nachweis durch die belangte Behörde erforderlich) ist mit Blick auf das Gebot eines effektiven Rechtsschutzes ein rechtliches Interesse eines behinderten Menschen an einer rückwirkenden Feststellung des Grads der Behinderung, sei es durch Ausstellung eines Behindertenpasses, sei es durch Erlassung eines - mit Beschwerde an das Verwaltungsgericht anfechtbaren - Bescheids nicht zu bezweifeln, wenn dies - wie im vorliegenden Falls - iSd § 42 Abs. 1 zweiter Satz BBG zum Nachweis von Rechten erforderlich ist. Daran ändert nichts, dass die Feststellung des Grades der Behinderung für vergangene Zeiträume - in praktischer Hinsicht - fallweise schwer gelingen mag (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 11.11.2015, Zl. Ra 2014/11/0109).

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde nicht bezweifelt, dass eine bescheidmäßige rückwirkende Feststellung des Grades der Behinderung grundsätzlich zulässig ist. In der Begründung des Bescheides ging sie jedoch - trotz der mehrfach vorgelegten Befunde, womit der Beschwerdeführer sein Vorbringen, dass sein führendes Leiden bereits seit 2009 bestehe und auch entsprechend objektiviert sei - ohne Befassung eines medizinischen Sachverständigen davon aus, dass "das Ausmaß und die Dauer des funktionellen Defizites nicht auf ein konkretes, bestimmbares Ereignis zurückgeführt werden könne" und deshalb eine rückwirkende Feststellung des Grades der Behinderung nicht erfolgen könne.

Diese Schlussfolgerungen erweisen sich vor dem Hintergrund des vorliegend relevanten Leidendszustandes und der vorliegenden Befunde, welche vom Beschwerdeführer allesamt auch bereits im Rahmen des behördlichen Verfahrens im Rahmen der Begutachtung vorgelegt worden waren, als nicht nachvollziehbar und unvollständig.

Die Pos Nr 13.01.04 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010 zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 251/2012, lautet:

"13.01.04 Operativ nicht entfernte Malignome 50 - 100%

bei laufender Therapie je nach Funktionsstörung

Wird ein Malignom aufgrund der Lokalisation, der Wachstumsrate oder anderer maßgeblicher Umstände

-

nicht operativ entfernt

-

und/oder adjuvant behandelt

-

und engmaschig kontrolliert"

Im Beschwerdefall ordnete der von der belangte Behörde beauftragte Amtssachverständige, ein Arzt für Allgemeinmedizin, das beim Beschwerdeführer vorliegende Prostatakarzinom als Leidenszustand 1) dem unteren Rahmensatz der Positionsnummer Nr 13.01.04 der Anlage zur Einschätzungsverordnung mit einem Einzelgrad der Behinderung von 50% zu. Der Gutachter führte begründend für die Einstufung (im unteren Rahmensatz) aus, dass eine aktive Überwachung besteht, aber Einschränkungen durch das Leiden fehlen.

Vor dem Hintergrund der vorliegenden Befunde ist diese Einstufung als nachvollziehbar und richtig zu werten. Sie wurde vom Beschwerdeführer in dem hier nicht gegenständlichen, der Ausstellung des Passes zugrunde liegenden Verfahren auch gar nicht bestritten.

Im nunmehrigen Verfahren betreffend die rückwirkende Feststellung des Grades der Behinderung ist jedoch zusammengefasst strittig, ob dieser Leidenszustand, somit ein nicht entferntes, engmaschig kontrolliertes Prostatakarzinom, welches keine Einschränkungen verursacht, auch bereits in der Vergangenheit bestanden hat.

Zur Untermauerung seines Vorbringens legte der Beschwerdeführer im Verfahren, und zwar auch schon im erstinstanzlichen Verfahren, mehrere Befunde vor, aus welchen sich starke Anhaltspunkte dafür ergeben, dass das Prostatakarzinom bereits seit mehreren Jahren vorliegen dürfte. So ist etwa sowohl im Befund der urologischen Abteilung des XXXX vom 07.07.2010, Seite 2, dokumentiert, dass eine Stanzbiopse am 15.04.2019 das Carzinom gezeigt habe und am 08.07.2010 eine weitere Stanzbiopsie stattgefunden habe (Seite1). Weiters ergibt sich aus der Diagnoseliste des ärztlichen Entlassungsberichtes XXXX vom 17.07.2017 ebenfalls das Vorliegen eines Prostatakarzinoms, welches 2009 gesichert wurde und in 3-monatiger Observation stehe.

Unter Berücksichtigung der rechtlichen Grundlagen für die Einschätzung dieses führenden Leidens des Beschwerdeführers erweist sich somit die - ohne im Akt dokumentierte Ermittlungsschritte getroffene - Begründung der belangten Behörde, dass "das Ausmaß und die Dauer des funktionellen Defizites nicht auf ein konkretes, bestimmbares Ereignis zurückgeführt werden könne" und deshalb eine rückwirkende Feststellung des Grades der Behinderung nicht erfolgen könne, als nicht nachvollziehbar und unschlüssig.

Anlässlich des konkreten und belegten Vorbringens des Beschwerdeführers hätte die belangte Behörde im Rahmen ihrer Ermittlungspflicht weitere Ermittlungen anstellen müssen, zumal ohne weitere (ergänzende) gutachterliche Beurteilung nicht ausgeschlossen werden kann, dass die vorgelegten Beweismittel zu einer Änderung der Beurteilung führen könnten, da sie das Vorbringen des Beschwerdeführers untermauern. Die belangte Behörde verabsäumte es daher, ihrer Entscheidung ein vollständiges, schlüssiges und widerspruchsfreies Sachverständigengutachten zu Grunde zu legen.

Die seitens des Bundesverwaltungsgerichtes erforderliche Überprüfung im Rahmen der freien Beweiswürdigung ist auf dieser Grundlage daher nicht möglich. Das bisherige Ermittlungsverfahren vermag die verwaltungsbehördliche Entscheidung nicht zu tragen.

Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde sohin eine entsprechende neuerliche Begutachtung, welche nachvollziehbar auf die vorgelegten Befunde und die Frage, ob der führende Leidenszustand des Beschwerdeführers, somit ein nicht entferntes, engmaschig kontrolliertes Prostatakarzinom, welches keine Einschränkungen verursacht, auch bereits in der Vergangenheit bestanden hat, eingeht, einholen müssen. Von den Ergebnissen des weiteren Ermittlungsverfahrens wird der Beschwerdeführer mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme in Wahrung des Parteiengehörs in Kenntnis zu setzen sein.

Aus den dargelegten Gründen ist davon auszugehen, dass die belangte Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat und sich der vorliegende Sachverhalt zur Beurteilung des Grades der Behinderung als so mangelhaft erweist, dass weitere Ermittlungen bzw. konkretere Sachverhaltsfeststellungen erforderlich sind.

Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens durch das Bundesverwaltungsgericht kann - im Lichte der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 VwGVG - nicht im Sinne des Gesetzes liegen. Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden" wäre, ist - angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes und angesichts der im gegenständlichen Fall unterlassenen Sachverhaltsermittlungen - nicht ersichtlich.

Im Übrigen scheint die Zurückverweisung der Rechtssache an die belangte Behörde auch vor dem Hintergrund der seit 01.07.2015 geltenden Neuerungsbeschränkung in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gemäß § 46 BBG als geboten.

Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben. Da der maßgebliche Sachverhalt im zu beurteilenden Fall noch nicht feststeht und vom Bundesverwaltungsgericht auch nicht rasch und kostengünstig festgestellt werden kann, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Ermittlungspflicht, Gutachten, Kassation, mangelnde
Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W133.2198801.1.00

Zuletzt aktualisiert am

15.05.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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