TE Bvwg Beschluss 2019/4/5 W216 2213289-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.04.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

05.04.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W216 2213289-1/7E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marion STEINER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Benedikta TAURER sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Bettina PINTER als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , bevollmächtigt vertreten durch den Kriegsopfer- und Behindertenverband für Wien, Niederösterreich und Burgenland (KOBV), gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 05.12.2018, OB: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, in nicht-öffentlicher Sitzung beschlossen:

A)

Das Verfahren wird gemäß §§ 28 Abs. 1 und 31 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) iVm § 13 Abs. 7 AVG eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin beantragte am 05.10.2018 beim Sozialministeriumservice (im Folgenden: belangte Behörde) die Ausstellung eines Behindertenpasses.

2. Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wurde der Antrag der Beschwerdeführerin mit Bescheid der belangten Behörde vom 05.12.2018 gemäß §§ 40, 41 und 45 BBG abgewiesen, da die Beschwerdeführerin mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 40 v.H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien dem ärztlichen Sachverständigengutachten sowie der ebenfalls eingeholten ärztlichen Stellungnahme zu entnehmen, welche einen Bestandteil der Begründung bilden würden. Als Beilage zum Bescheid wurden der Beschwerdeführerin das eingeholte Sachverständigengutachten sowie die ärztliche Stellungnahme übermittelt.

3. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin durch ihre bevollmächtigte Vertretung mit Schreiben vom 16.01.2019 das Rechtsmittel der Beschwerde, in der sie - unter Beilage medizinischer Unterlagen - dem Ergebnis des eingeholten Sachverständigengutachtens entgegentritt.

4. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt langten am 18.01.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

5. Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes wurde in weiterer Folge eine neuerliche Begutachtung der Beschwerdeführerin durch eine Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Unfallchirurgie veranlasst. In dem daraufhin auf Basis einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin erstatteten Gutachten vom 08.03.2019 führte die Sachverständige mit näherer Begründung im Ergebnis aus, dass der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin 20 v.H. betrage.

6. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.03.2019 wurden die Beschwerdeführerin und die belangte Behörde über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und ihnen in Wahrung des Parteiengehörs Gelegenheit eingeräumt, binnen zwei Wochen eine Stellungnahme dazu abzugeben.

7. Mit am 28.03.2019 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangtem Schreiben vom 27.03.2019 gab die Beschwerdeführerin durch ihre bevollmächtigte Vertretung bekannt, dass die Beschwerde vom 16.01.2019 zurückgezogen werde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Nach Einräumung des Parteiengehörs seitens des Bundesverwaltungsgerichtes zog die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 28.03.2019 die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid zurück.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde zurückgezogen hat, ergibt sich aus dem unmissverständlichen Inhalt ihrer schriftlichen Eingabe vom 28.03.2019. Durch die von der Beschwerdeführerin gewählte Formulierung wurde durch die Beschwerdeführerin unzweifelhaft der Wegfall des Interesses an der Fortführung des Verfahrens bekundet.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung eines fachkundigen Laienrichters ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4

BBG.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Einstellung des Verfahrens:

3.2. Gemäß § 7 Abs. 2 VwGVG ist eine Beschwerde nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat. Eine Zurückziehung der Beschwerde durch den Beschwerdeführer ist in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich (Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 7 VwGVG, K 6).

Dasselbe folgt sinngemäß aus § 17 VwGVG iVm § 13 Abs. 7 AVG.

Die Annahme, eine Partei ziehe die von ihr erhobene Berufung zurück, ist nur dann zulässig, wenn die entsprechende Erklärung keinen Zweifel daran offen lässt. Maßgebend ist daher das Vorliegen einer in dieser Richtung eindeutigen Erklärung (vgl. z.B. VwGH 22.11.2005, 2005/05/0320, zur insofern auf die Rechtslage nach dem VwGVG übertragbaren Judikatur zum AVG).

Eine solche eindeutige Erklärung lag im gegenständlichen Fall vor, da die Beschwerdeführerin die Zurückziehung - wie im Rahmen der Beweiswürdigung bereits dargelegt wurde - schriftlich eindeutig zum Ausdruck gebracht hat.

3.3. In welchen Fällen "das Verfahren einzustellen" ist (§ 28 Abs. 1 VwGVG), regelt das VwGVG nicht ausdrücklich. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht, worunter auch der Fall der Zurückziehung der Beschwerde zu subsumieren ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 28 VwGVG, Anm. 5).

Der angefochtene Bescheid ist aufgrund der von der Beschwerdeführerin erklärten Zurückziehung der Beschwerde rechtskräftig geworden. Damit ist einer Sachentscheidung insoweit die Grundlage entzogen, weshalb mit Beschluss die Einstellung des betreffenden Beschwerdeverfahrens auszusprechen war.

3.4. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Die Einstellung des Beschwerdeverfahrens wegen Zurückziehung der Beschwerde ist ihrem Wesen nach mit einer Zurückweisung vergleichbar. Für eine Zurückweisung sieht § 24 Abs. 1 Z 1 VwGVG ausdrücklich die Möglichkeit des Entfalls der mündlichen Verhandlung vor.

Die mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG aber auch deshalb unterbleiben, weil der Sachverhalt aus dem Verwaltungsakt in Verbindung mit der Beschwerde und der Eingabe vom 28.03.2019 hinreichend geklärt ist. Art. 6 Abs. 1 EMRK steht dem Entfall der mündlichen Verhandlung nicht entgegen. Die Verfahrensgarantie des "fair hearing" iSd Art. 6 Abs. 1 EMRK kommt nicht zur Anwendung, wenn einer Entscheidung in der Sache Prozesshindernisse entgegenstehen (vgl. hiezu die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 17.063/2003 und 19.175/2010 sowie des Verwaltungsgerichtshofes VwGH 21.11.2012, 2008/07/0161 und VwGH 23.06.2014, 2013/12/0224, je mwH). Diese Judikatur ist aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes auch auf Fälle übertragbar, in denen ein Erledigungsanspruch (erst) nach Beschwerdeeinbringung verloren geht.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. zur Einstellung bei Zurückziehung etwa VwGH 22.11.2005, 2005/05/0320; 29.04.2015, Fr 2014/20/0047). Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Verfahrenseinstellung, Zurückziehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W216.2213289.1.00

Zuletzt aktualisiert am

15.05.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten