Entscheidungsdatum
08.04.2019Norm
ASVG §410Spruch
W209 2002944-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Reinhard SEITZ als Einzelrichter in der Beschwerdesache der XXXX GmbH, z.Hd. XXXX , XXXX , XXXX , gegen den Bescheid der Wiener
Gebietskrankenkasse vom 14.02.2013, GZ: VA-VR 04856368/13-Dr.Re, betreffend die Verpflichtung zur Nachentrichtung von Beiträgen, Sonderbeiträgen und Umlagen i.H.v. € 8.170,72 an die Wiener
Gebietskrankenkasse beschlossen:
A)
Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit bekämpftem Bescheid vom 14.02.2013 verpflichtete die belangte Behörde (im Folgenden: WGKK) die Beschwerdeführerin zur Nachentrichtung von Beiträgen, Sonderbeiträgen und Umlagen i.H.v. €
8.170,72. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass bei der Beschwerdeführerin betreffend die Beitragsjahre 2008 bis 2010 eine gemeinsame Prüfung lohnabhängiger Abgaben (GPLA) durchgeführt worden sei. Dabei hätten für 20 Dienstnehmer Schmutzzulagen sowie für einen Dienstnehmer eine Abrechnungsdifferenz nachverrechnet werden müssen. Die Beitragsdifferenzen seien der Beschwerdeführerin mit Nachtrag 09/2011 vom 31.10.2011 vorgeschrieben worden, von dieser bislang aber noch nicht bezahlt worden. In der Folge sei mit der Beschwerdeführerin für die Beiträge zur Schmutzzulage einvernehmlich ein Drittel der vom Dienstgeber zum Gesamtentgelt gewährten Zulagen als Bemessungsgrundlage herangezogen worden, pro Dienstnehmer im Durchschnitt etwa € 1.000,--.
2. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Einspruch an den Landeshauptmann von Wien. Der Einspruch wurde damit begründet, dass den Dienstnehmern keine beitragspflichtige Schmutzzulage gebührt habe. Darüber hinaus sei die von der WGKK herangezogene Bemessungsgrundlage von € 1.000,-- pro Dienstnehmer unrichtig. Diese sei im Zuge der Prüfung einvernehmlich festgelegt worden. Damit erweise sie sich als unrichtig. Darüber hinaus fehle eine Begründung, weshalb eine Abrechnungsdifferenz i.H.v. € 113,47 vorgeschrieben worden sei.
3. Mit Schreiben vom 27.11.2013 legte die WGKK den Einspruch unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens dem Landeshauptmann von Wien zur Entscheidung vor und ersuchte diesen um Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides. Begründend wurde ausgeführt, dass die Kasse durch Einsichtnahme in die Lohnunterlagen der Beschwerdeführerin nunmehr in die Lage sei, die Schmutzzulagen entgegen der ursprünglich vereinbarten 1/3-Lösung zur Gänze der Beitragspflicht zu unterziehen, wodurch sich die Gesamtforderung auf € 24.427,61 erhöhe.
4. Am 06.03.2014 einlangend legte das Amt der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 40, bei dem das Einspruchsverfahren seit 03.12.2013 anhängig war, den nunmehr als Beschwerde zu wertenden Einspruch unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor, wo die gegenständliche Rechtssache aufgrund einer Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses mit Wirkung vom 03.09.2018 der Gerichtsabteilung W209 neu zugewiesen wurde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zu Grunde gelegt:
Im Rahmen einer GPLA betreffend die Beitragsjahre 2008 bis 2010 wurde festgestellt, dass von der Beschwerdeführerin im Beitragsjahr 2008 20 Dienstnehmern Schmutzzulagen ausbezahlt wurden und dafür keine Beiträge entrichtet wurden.
Die WGKK führte keine Ermittlungen durch, um die Höhe der den einzelnen Dienstnehmern gewährten Schmutzzulagen festzustellen, sondern "einigte" sich mit der steuerlichen Vertretung der Beschwerdeführerin, als Bemessungsgrundlage ein Drittel der Beitragsgrundlagen heranzuziehen.
2. Beweiswürdigung:
Die Unterlassung notwendiger Ermittlungen zur Feststellung der Höhe der geleisteten Schmutzzulagen durch Einsichtnahme in die Lohnkonten ergibt sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes und wird von der WGKK in der Beschwerdevorlage selbst eingeräumt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde mit 01.01.2014 (Art. 151 Abs. 51 Z 6 B-VG) das Bundesverwaltungsgericht (Art. 129 B-VG) eingerichtet.
Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG geht die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei sonstigen Behörden anhängigen Verfahren, in denen diese Behörden sachlich in Betracht kommende Oberbehörde oder im Instanzenzug übergeordnete Behörde sind, mit Ausnahme von Organen der Gemeinde, auf die Verwaltungsgerichte über. Im konkreten Fall ist somit die Zuständigkeit des Landeshauptmannes von Wien, bei welchem das gegenständliche Verfahren mit Ablauf des 31. Dezember 2013 anhängig war, mit 1. Jänner 2014 auf das Bundesverwaltungsgericht übergegangen.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch einen Senat vorgesehen ist. Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind.
Im vorliegenden Fall wurde ein Beitragsbescheid beantragt. Es liegt somit eine Angelegenheit vor, die auf Antrag eine Senatszuständigkeit unter Beteiligung fachkundiger Laienrichter begründet. Mangels Stellung eines entsprechenden Antrages hat die Entscheidung jedoch mittels Einzelrichter zu erfolgen.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A)
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer eheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Wie der Verwaltungsgerichtshof u.a. in seinem Erkenntnis vom 16.10.2015, Ra 2015/08/0042, zur Auslegung des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG ausgeführt hat, kommt eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen insbesondere dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt hat oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden.
Vorliegend räumte die WGKK selbst ein, notwendige Ermittlungen unterlassen zu haben, indem sie es unterließ, in die Lohnkonten Einsicht zu nehmen, um die volle Höhe der den Dienstnehmern gewährten Schmutzzulagen feststellen zu können. Darüber hinaus findet sich im angefochtenen Bescheid keine Begründung, weshalb die WGKK die gewährten Schmutzzulagen als beitragspflichtig erachtet.
Durch die Unterlassung der notwendigen Ermittlungen hat die WGKK den entscheidungswesentlichen Sachverhalt nicht festgestellt und damit keine für eine Entscheidung in der Sache nach § 28 Abs. 2 VwGVG ausreichenden brauchbaren Ermittlungsergebnisse geliefert, was das Bundesverwaltungsgericht dazu berechtigt, von einer Entscheidung in der Sache abzusehen und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
Vor dem Hintergrund dieses Ergebnisses konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Bemessungsgrundlage, Ermittlungspflicht, Kassation, mangelndeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W209.2002944.1.00Zuletzt aktualisiert am
15.05.2019