Entscheidungsdatum
09.04.2019Index
41/02 Passrecht FremdenrechtNorm
NAG §2 Abs1 Z12Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag. Tallafuss über die Beschwerde des Herrn A. B., geboren am ... 1966, StA: Iran – Islamische Republik, vertreten durch Rechtsanwältin, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, Magistratsabteilung 35, vom 26. September 2018, Zl. ..., mit welchem 1.) das rechtskräftig abgeschlossene Verfahren aufgrund des Antrages vom 4. Jänner 2016 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot Karte" gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 iVm § 69 Abs. 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz – AVG 1991, BGBl. Nr. 51/1991 idgF von Amts wegen wieder aufgenommen und ausgesprochen wurde, dass das Verfahren in den Stand zurück tritt, in dem es sich vor Erteilung des Aufenthaltstitels am 1. Juli 2016 befunden hat und 2.) der Antrag vom 4. Jänner 2016 auf Erteilung des Aufenthaltstitels "Ausgenommen Erwerbstätigkeit" als Erstantrag gewertet und dieser gemäß § 21 Abs. 1 NAG idgF wegen unzulässiger Inlandsantragstellung abgewiesen wurde, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 15. Februar 2019,
zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang:
1. Der angefochtene Bescheid der belangten Behörde vom 26. September 2018, ..., hat folgenden Spruch:
„1) Das rechtskräftig abgeschlossene Verfahren aufgrund Ihres Antrages vom 4.1.2016 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot Karte“ gemäß § 41 Abs. 2 Z 2 NAG wird gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 iVm § 69 Abs. 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes – AVG 1991, BGBl. 51/1991 idgF. von Amts wegen wiederaufgenommen. Das Verfahren tritt in den Stand zurück, in dem es sich vor Erteilung des Aufenthaltstitels befunden hat.
2) Ihr Antrag vom 4.1.2016 auf Erteilung des Aufenthaltstitels „Ausgenommen Erwerbstätigkeit“ nach dem Bundesgesetz über die Niederlassung und den Aufenthalt in Österreich (Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz – NAG) wird als Erstantrag gewertet und abgewiesen, da die Antragstellung vor der Inlandsbehörde unzulässig war.“
Begründend wird dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer am 4. Jänner 2016 einen Zweckänderungsantrag auf Erteilung einer Bewilligung „Rot-Weiß-Rot Karte – Sonstige Schlüsselkraft“ gemäß § 41 Abs. 2 Z 2 NAG gestellt habe und ihm diese mit Gültigkeit von 1. Juli 2016 bis 1. Juli 2017 erteilt worden sei und der Beschwerdeführer den Aufenthaltstitel am 8. August 2016 behoben habe. Tatsächlich habe er jedoch nie die Tätigkeit als Schlüsselkraft bei der C. aufgenommen. Diese habe den Beschwerdeführer bereits am 3. Juni 2016 abgemeldet. Der Beschwerdeführer habe somit bei der Abholung der Niederlassungsbewilligung mit Sicherheit gewusst, dass er nicht mehr bei der C. beschäftigt sei. Hätte die Behörde Kenntnis davon gehabt, hätte sie dem Beschwerdeführer nie den Aufenthaltstitel ausgefolgt. Die Voraussetzungen des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG lägen somit vor. Der Antrag des Beschwerdeführers vom 3. Jänner 2017 werde als Erstantrag gewertet, der unzulässigerweise im Inland eingebracht worden sei. Berücksichtigungswürdige Gründe im Sinne des § 21 Abs. 3 NAG lägen keine vor. Auch eine Abwägung nach § 11 Abs. 3 NAG falle zu Ungunsten des Beschwerdeführers aus.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die zulässige Beschwerde, in der hinsichtlich des Spruchpunktes 1 im Wesentlichen vorgebracht wird, dass die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme nicht vorlägen. Dass der Beschwerdeführer nicht als Schlüsselkraft beschäftigt worden sei, hätte er nicht zu vertreten gehabt. Nachdem der Beschwerdeführer erkannt habe, dass wirklich keine Möglichkeit mehr auf eine Beschäftigung bestehe, habe er ordnungsgemäß eine weitere Zweckänderung beantragt. Dadurch habe er der Behörde schon Monate vor Ablauf der „Rot-Weiß-Rot Karte“ bekanntgegeben, dass er einen anderen Aufenthaltszweck anstrebe bzw. benötige. Hinsichtlich Spruchpunkt 2 wird ausgeführt, dass die belangte Behörde den Zweckänderungsantrag des Beschwerdeführers vom 3. Jänner 2017 (im Spruch des Bescheides unrichtig mit 4. Jänner 2016 bezeichnet) unzulässigerweise als Erstantrag gewertet habe, obwohl es sich um einen Zweckänderungsantrag handle, der während der Gültigkeit eines bestehenden Aufenthaltstitels nach § 26 NAG gestellt worden sei. Selbst wenn die Wiederaufnahme zulässig wäre und das Verfahren in den Stand zurücktreten würde, in dem es sich vor Erteilung des Aufenthaltstitels nach § 41 Abs. 2 Z 2 NAG befunden habe, wäre der Zweckänderungsantrag vom 3. Jänner 2017 nicht als Erstantrag zu werten, sondern als Abänderung des Zweckänderungsantrages vom 4. Jänner 2016. Dieser Antrag sei während der Gültigkeit der Aufenthaltsbewilligung als Rotationsarbeitskraft gestellt worden. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes seien Zweckänderungsanträge nach Ablauf der Gültigkeit des letzten erteilten Aufenthaltstitel als Verlängerungsanträge zu werten, und zwar unabhängig davon, ob sie kurz vor Ablauf des innegehabten Aufenthaltstitels oder früher gestellt worden seien. Somit wäre von einem nach wie vor offenen Verlängerungs- und Zweckänderungsverfahren auszugehen und somit von einem rechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers. Abgesehen davon, sei der Beschwerdeführer nicht über die Möglichkeit der Stellung eines Zusatzantrages gemäß § 21 Abs. 3 NAG belehrt worden und eine Inlandsantragstellung wäre aus Gründen des Art. 8 EMRK zuzulassen gewesen.
3. Die belangte Behörde traf keine Beschwerdevorentscheidung und legte die Beschwerde dem Verwaltungsgericht Wien samt der Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
4. Das Verwaltungsgericht Wien forderte den Beschwerdeführer in weiterer Folge auf, weitere Unterlagen (wie beispielsweise den Nachweis über Deutschkenntnisse auf A1 Niveau) vorzulegen. Mit Schreiben vom 7. Februar 2019 legte der Beschwerdeführer weitere Unterlagen vor. Als Nachweis seiner Deutschkenntnisse gemäß § 21a NAG legte der Beschwerdeführer ein Universitätsdiplom vom 13. März 2000 der ...-Universität in D. mit beglaubigter Übersetzung vor.
5. Zur weiteren Abklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts führte das Verwaltungsgericht Wien am 15. Februar 2019 eine gemeinsame öffentliche mündliche Verhandlung zu den Verfahren VGW-151/058/15160/2018 und VGW-151/058/15159/2018 (betreffend die Ehegattin des Beschwerdeführers Frau E. F.) durch. In der Verhandlung wurden der Beschwerdeführer und Frau E. F. unter Beiziehung eines Dolmetschers einvernommen. Die belangte Behörde verzichtete bereits im Vorfeld auf die Teilnahme an der Verhandlung und entsandte dementsprechend keinen Vertreter.
6. Der Beschwerdeführer wurde unter Hinweis auf das Nationale Informationszentrum für akademische Anerkennung (Enic-Naric-Austria) in der mündlichen Verhandlung aufgefordert dem Verwaltungsgericht Wien binnen einer Woche den Nachweis zu erbringen, dass er aufgrund des vorgelegten Universitätsdiploms über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002 entspricht. Diese Frist wurde auf Ersuchen des Beschwerdeführers bis 15. März 2019 erstreckt. Der Beschwerdeführer hat dem Verwaltungsgericht Wien bis zum heutigen Tag keinen entsprechenden Nachweis vorgelegt.
II. Sachverhalt:
1. Das Verwaltungsgericht Wien legt seiner Entscheidung folgende Feststellungen zugrunde:
1.1. Der Beschwerdeführer wurde am ... 1966 geboren und ist iranischer Staatsbürger.
1.2. Der Beschwerdeführer befindet sich seit 2011 in Österreich und war von 15. Februar 2011 bis 3. Juni 2016 bei der C. in Wien als Finanzmanager beschäftigt.
Aufgrund seiner Beschäftigung bei der C. in Wien erhielt der Beschwerdeführer durchgehend Aufenthaltsbewilligungen als Rotationskraft (von 31. Dezember 2010 bis 31. Dezember 2011, von 7. Dezember 2011 bis 7. Dezember 2012, von 8. Dezember 2012 bis 8. Dezember 2013, von 9. Dezember 2013 bis 9. Dezember 2014 und von 10. Dezember 2014 bis 10. Dezember 2015). Seine letzte Aufenthaltsbewilligung als Rotationskraft hatte eine Gültigkeit von 11. Dezember 2015 bis 11. Dezember 2016.
Am 4. Jänner 2016 stellte der Beschwerdeführer einen Zweckänderungsantrag auf Erteilung einer Bewilligung „Rot-Weiß-Rot Karte – Sonstige Schlüsselkraft“ gemäß § 41 Abs. 2 Z 2 NAG. Dem Antrag war eine entsprechende Arbeitgebererklärung für den Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot Karte“ der C. beigefügt. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien vom 29. Februar 2016 wurde der Antrag des Beschwerdeführers nach Anhörung des Regionalbeirates gemäß § 12b Z 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz – AuslBG zunächst abgewiesen. Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. In weiterer Folge wurde vom Arbeitsmarktservice Wien am 22. Juni 2016 eine positive Beschwerdevorentscheidung erlassen und der angefochtene Bescheid aufgehoben. Gleichzeitig teilte das Arbeitsmarktservice Wien der belangten Behörde gemäß § 20d Abs. 1 Z 3 AuslBG mit, dass die Voraussetzungen gemäß § 12b Abs. 1 AuslBG für die Zulassung als Schlüsselkraft bei der C. vorliegen. In weiterer Folge wurde dem Beschwerdeführer der Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot Karte – Sonstige Schlüsselkraft“ mit einer Gültigkeit von 1. Juli 2016 bis 1. Juli 2017 erteilt. Der Aufenthaltstitel wurde dem Beschwerdeführer am 8. August 2016 persönlich ausgefolgt. Gleichzeitig setzte die belangte Behörde das Arbeitsmarktservice Wien über die Erteilung des Aufenthaltstitels gemäß § 20d Abs. 1 AuslBG in Kenntnis.
1.3. Die Tätigkeit als Schlüsselkraft bei der C. in Wien wurde vom Beschwerdeführer tatsächlich nie aufgenommen, da C. das Dienstverhältnis mit dem Beschwerdeführer Anfang Juni 2016 aufgrund der langen Verfahrensdauer aufgelöst hat. Da der Beschwerdeführer dennoch die Hoffnung hatte mit einem entsprechenden Aufenthaltstitel künftig bei der C. beschäftigt zu werden, behob der Beschwerdeführer am 8. August 2016 die Aufenthaltsbewilligung „Rot-Weiß-Rot Karte – Sonstige Schlüsselkraft“, ohne der belangten Behörde mitzuteilen, dass das Dienstverhältnis mit C. aufgelöst wurde. Erst ein paar Wochen später, als er selbst keine Hoffnung auf eine neuerliche Beschäftigung bei der C. mehr hatte, teilte der Beschwerdeführer der belangten Behörde mit, dass er seinen Job verloren hat. Ihm wurde mitgeteilt, dass er für eine weitere Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung eine gleichwertige Beschäftigung finden müsse. Da der Beschwerdeführer keine gleichwertige Beschäftigung in Aussicht hatte, stellte er bei der belangten Behörde am 3. Jänner 2017 einen Zweckänderungsantrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung „Ausgenommen Erwerbstätigkeit“ gemäß § 44 Abs. 1 NAG.
1.4. Dass im Beschwerdefall eine Überprüfung der Beschäftigung des Beschwerdeführers gemäß § 20d Abs. 2 AuslBG durch die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice durchgeführt wurde und eine entsprechende Verständigung an die belangte Behörde erfolgt wäre, lässt sich den Verwaltungsakten nicht entnehmen.
1.5. Zum Nachweis seiner Deutschkenntnisse hat der Beschwerdeführer seinem Antrag vom 3. Jänner 2017 auf Erteilung des Aufenthaltstitels „Ausgenommen Erwerbstätigkeit“ ein Universitätsdiplom vom 13. März 2000 der ...-Universität in D. beigelegt. Darin wird Folgendes ausgeführt:
„Offizielle Übersetzung aus dem Persischen
Zentralniederlassung der ...-Universität in D.
Nr. ...
Datum: 10.01.2000
(abgestempeltes Lichtbild des Inhabers)
DIPLOM
Abgeschlossenes Bachelorstudium (Karshenasi)
Gemäß dem am 03.12.1995 in der 308. Sitzung des hohen Rates für Planung verabschiedeten Beschluss und Inhalt des Rundschreibens Nr. 22/5070 des Ministeriums für Kultur und Hochschulbildung vom 10.12.1995 wird bescheinigt, dass Herr A. B., Sohn von G., Inhaber des Ausweises Nr. ..., ausgestellt in D., geboren 1966, im Jahr 1994 als Abiturient des Schulzweigs „…“ mit der Note 4913 und dem Rang 112 über die landesweiten Aufnahmeprüfungen zum teilzeitigen Bachelorstudium (Karshenasi) im Fach „…“ zugelassen wurde und bis zum 05.05.1999 insgesamt 135 Studieneinheiten mit der Durchschnittsnote 11.66 (elf 66/100) abgelegt hat.
Dieses Diplom wurde am 13.03.2000 unter Nr. ... im Büro für Absolventenangelegenheiten der Zentralorganisation dieser Universität bestätigt und eingetragen.
…“
Der Beschwerdeführer, mit dem eine Verständigung im Rahmen der mündlichen Verhandlung nur mit Beiziehung eines Dolmetschers möglich war, hat bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides keinen Zusatzantrag gemäß § 21a Abs. 5 NAG eingebracht. Er wurde bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides von der belangten Behörde nicht über die Möglichkeit der Einbringung eines Antrages gemäß § 21a Abs. 5 letzter Satz NAG hingewiesen.
2. Diese Feststellungen ergeben sich aus folgender Beweiswürdigung:
2.1. Das Verwaltungsgericht Wien hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Verwaltungsakten der belangten Behörde, Würdigung des Beschwerdevorbringens und der vom Beschwerdeführer im verwaltungsbehördlichen und verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen sowie durch Einvernahme des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin, Frau E. F., in der mündlichen Verhandlung am 15. Februar 2019 vor dem Verwaltungsgericht Wien. Darüber hinaus wurden vom Verwaltungsgericht Wien verschiedene Registerauszüge (Sozialversicherungsdaten, Zentrales Melderegister, Strafregister, verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen) eingeholt.
2.2. Die Feststellungen zum Verfahrensgang und zu den erteilten Aufenthaltstiteln des Beschwerdeführers ergeben sich aus den verwaltungsbehördlichen Akten.
2.3. Die Feststellungen zum Beschäftigungsverhältnis des Beschwerdeführers bei der C., zur Beendigung dieses Beschäftigungsverhältnisses sowie zum Zweckänderungsantrag vom 3. Jänner 2017 ergeben sich aus den Verwaltungsakten, dem eingeholten Sozialversicherungsauszügen und den Aussagen des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien. Dass der Beschwerdeführer der belangten Behörde nicht unmittelbar bei der Ausfolgung des Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot Karte– Sonstige Schlüsselkraft“, sondern erst einige Wochen danach mitteilte, dass er seine Beschäftigung bei der C. verloren hat, ergibt sich aus den glaubwürdigen Aussagen der Ehegattin des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien. Sowohl der Beschwerdeführer als auch die Ehegattin des Beschwerdeführers gaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien übereinstimmend und glaubwürdig an, dass sie der belangten Behörde den Jobverlust mitgeteilt hätten und den Zweckänderungsantrag zu einem Zeitpunkt gestellt hätten, als sie keine Hoffnung mehr auf eine Beschäftigung des Beschwerdeführers hatten.
2.4. Die Feststellungen zu Punkt 1.5. ergeben sich aus dem vorgelegten Universitätsdiplom vom 13. März 2000. Dass der Beschwerdeführer weder über die Möglichkeit der Stellung eines Zusatzantrages gemäß § 21a Abs. 5 NAG belehrt wurde, noch, dass er einen solchen Antrag gestellt hat, ergibt sich aus den Verwaltungsakten.
III. Rechtliche Beurteilung
1. Anzuwendende Rechtsvorschriften:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes – NAG, BGBl. I Nr. 100/2005 (§ 8, § 11, § 24, § 28, § 41, § 44 und § 77 Abs. 1 Z 1 idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 145/2017, § 2 und § 21 und § 21a idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 56/2018, § 25 idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2013), lauten auszugsweise:
„Begriffsbestimmungen
§ 2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist
1. bis 10. …
11. Verlängerungsantrag: der Antrag auf Verlängerung des gleichen oder Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels (§ 24) nach diesem Bundesgesetz;
12. Zweckänderungsantrag: der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels mit anderem Zweckumfang während der Geltung eines Aufenthaltstitels (§ 26);
13. Erstantrag: der Antrag, der nicht Verlängerungs- oder Zweckänderungsantrag (Z 11 und 12) ist;
14. bis 22. …
(2) bis (7) …
…
Arten und Form der Aufenthaltstitel
§ 8. (1) Aufenthaltstitel werden erteilt als:
1. Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“, der zur befristeten Niederlassung und zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit, für die eine schriftliche Mitteilung oder ein Gutachten gemäß §§ 20d Abs. 1 Z 1 bis 4 oder 24 AuslBG erstellt wurde, berechtigt;
2. bis 4. …
5. „Niederlassungsbewilligung – ausgenommen Erwerbstätigkeit“, die zur befristeten Niederlassung ohne Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt;
6. „bis 12. …
(2) bis (4) …
…
Allgemeine Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel
§ 11. (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nicht erteilt werden, wenn
1. gegen ihn ein aufrechtes Einreiseverbot gemäß § 53 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;
2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;
3. gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;
4. eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;
5. eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder
6. er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.
(2) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nur erteilt werden, wenn
1. der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;
2. der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;
3. der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;
4. der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;
5. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden;
6. der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, rechtzeitig erfüllt hat, und
7. in den Fällen der §§ 58 und 58a seit der Ausreise in einen Drittstaat gemäß § 58 Abs. 5 mehr als vier Monate vergangen sind.
(3) Ein Aufenthaltstitel kann trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 7 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;
4. der Grad der Integration;
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(4) bis (7) …
…
Verfahren bei Erstanträgen
§ 21. (1) Erstanträge sind vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen. Die Entscheidung ist im Ausland abzuwarten.
(2) bis (7) …
Nachweis von Deutschkenntnissen
§ 21a. (1) Drittstaatsangehörige haben mit der Stellung eines Erstantrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 2, 4, 5, 6, 8, 9 oder 10 Kenntnisse der deutschen Sprache nachzuweisen. Dieser Nachweis hat mittels eines allgemein anerkannten Sprachdiploms einer durch Verordnung gemäß Abs. 6 oder 7 bestimmten Einrichtung zu erfolgen, in welchem diese schriftlich bestätigt, dass der Drittstaatsangehörige über Kenntnisse der deutschen Sprache zumindest zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau verfügt. Das Sprachdiplom darf zum Zeitpunkt der Vorlage nicht älter als ein Jahr sein.
(2) Abs. 1 gilt auch für Drittstaatsangehörige, die einen Antrag auf erstmalige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 2, 4, 5, 6, 8, 9 oder 10 im Zuge eines Verfahrens gemäß § 24 Abs. 4 oder § 26 stellen.
(3) Der Nachweis gilt überdies als erbracht, wenn
1. die Voraussetzungen zur Erfüllung des Moduls 1 oder 2 der Integrationsvereinbarung (§§ 9 und 10 IntG) vorliegen oder
2. …
(4) Abs. 1 gilt nicht für Drittstaatsangehörige,
1. die zum Zeitpunkt der Antragstellung unmündig sind,
2. denen auf Grund ihres physischen oder psychischen Gesundheitszustandes die Erbringung des Nachweises nicht zugemutet werden kann; dies hat der Drittstaatsangehörige durch ein amtsärztliches Gutachten oder ein Gutachten eines Vertrauensarztes einer österreichischen Berufsvertretungsbehörde nachzuweisen; steht kein oder kein geeigneter Vertrauensarzt zur Verfügung, hat der Drittstaatsangehörige diesen Nachweis durch ein Gutachten eines sonstigen von der österreichischen Berufsvertretungsbehörde bestimmten Arztes oder einer von dieser bestimmten medizinischen Einrichtung zu erbringen,
3. die Familienangehörige von Inhabern eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 41 Abs. 1, 42, 43c oder 45 Abs. 1, letztere sofern der Zusammenführende ursprünglich einen Aufenthaltstitel gemäß §§ 41 Abs. 1, 42 oder 43c innehatte, sind,
4. die Familienangehörige von Asylberechtigten sind und einen Aufenthaltstitel „Rot–Weiß–Rot – Karte plus“ gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 lit. c beantragen oder
5. die gemäß § 9 Abs. 5 Z 3 IntG auf die Stellung eines weiteren Verlängerungsantrages nach dem ersten Verlängerungsantrag unwiderruflich verzichten.
(5) Die Behörde kann auf begründeten Antrag eines Drittstaatsangehörigen von einem Nachweis nach Abs. 1 absehen:
1. im Fall eines unbegleiteten Minderjährigen (§ 2 Abs. 1 Z 17) zur Wahrung des Kindeswohls, oder
2. zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK (§ 11 Abs. 3).
Die Stellung eines solchen Antrages ist nur bis zur Erlassung des Bescheides zulässig. Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.
(5a) Beabsichtigt die Behörde den Antrag nach Abs. 5 zurück- oder abzuweisen, so hat die Behörde darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.
(6) und (7) …
…
Verlängerungsverfahren
§ 24. (1) Verlängerungsanträge (§ 2 Abs. 1 Z 11) sind vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels, frühestens jedoch drei Monate vor diesem Zeitpunkt, bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen; § 23 gilt. Danach gelten Anträge als Erstanträge. Nach Stellung eines Verlängerungsantrages ist der Antragsteller, unbeschadet der Bestimmungen nach dem FPG, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Über die rechtzeitige Antragstellung kann dem Fremden auf begründeten Antrag eine einmalige Bestätigung im Reisedokument angebracht werden, die keine längere Gültigkeitsdauer als drei Monate aufweisen darf. Diese Bestätigung berechtigt zur visumfreien Einreise in das Bundesgebiet. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, Form und Inhalt der Bestätigung durch Verordnung zu regeln.
(2) …
(3) Fremden ist im Rahmen eines Verlängerungsverfahrens ein Aufenthaltstitel mit dem gleichen Aufenthaltszweck zu erteilen, wenn die Voraussetzungen für diesen weiterhin vorliegen.
(4) Mit einem Verlängerungsantrag (Abs. 1) kann bis zur Erlassung des Bescheides ein Antrag auf Änderung des Aufenthaltszwecks des bisher innegehabten Aufenthaltstitels oder auf Änderung des Aufenthaltstitels verbunden werden. Sind die Voraussetzungen für den beantragten anderen Aufenthaltszweck oder Aufenthaltstitel nicht erfüllt, ist darüber gesondert mit Bescheid abzusprechen und der bisherige Aufenthaltstitel mit dem gleichen Aufenthaltszweck zu verlängern, soweit die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen.
(5) Stellt der Fremde entgegen § 9 Abs. 5 Z 3 IntG einen weiteren Verlängerungsantrag, hat die Behörde den Antrag ohne weiteres abzuweisen.
…
Zweckänderungsverfahren
§ 26. Wenn der Fremde den Aufenthaltszweck während seines Aufenthalts in Österreich ändern will, hat er dies der Behörde im Inland unverzüglich bekannt zu geben. Eine Zweckänderung ist nur zulässig, wenn der Fremde die Voraussetzungen für den beantragten Aufenthaltstitel erfüllt und ein gegebenenfalls erforderlicher Quotenplatz zur Verfügung steht. Sind alle Voraussetzungen gegeben, hat der Fremde einen Rechtsanspruch auf Erteilung dieses Aufenthaltstitels. Liegen die Voraussetzungen nicht vor, ist der Antrag abzuweisen; die Abweisung hat keine Auswirkung auf das bestehende Aufenthaltsrecht.
…
Rückstufung und Entziehung eines Aufenthaltstitels
§ 28. (1) bis (5) …
(5) Aufenthaltstitel sind zu entziehen, wenn die besonderen Erteilungsvoraussetzungen des 2. Teiles nicht mehr vorliegen. Von einer Entziehung kann abgesehen werden, wenn ein Fall des § 27 Abs. 1 bis 3 vorliegt oder dem Fremden im Rahmen eines Zweckänderungsverfahrens (§ 26) ein anderer Aufenthaltstitel zu erteilen ist. § 10 Abs. 3 Z 1 gilt.
(6) Aufenthaltstitel gemäß §§ 41, 42, 43a Abs. 1 Z 1, 58 und 58a sind überdies zu entziehen, wenn die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice der Behörde mitteilt, dass die jeweiligen Voraussetzungen gemäß §§ 12 bis 12c, 14 oder 18a AuslBG nicht länger vorliegen. Im Falle der Entziehung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 58 oder 58a ist der Bescheid auch der aufnehmenden Niederlassung gemäß § 2 Abs. 13 AuslBG zuzustellen.
…
Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“
§ 41. (1) Drittstaatsangehörigen kann ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ erteilt werden, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und eine schriftliche Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemäß § 20d Abs. 1 Z 1 AuslBG vorliegt.
(2) Drittstaatsangehörigen kann ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ erteilt werden, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und
1. …
2. eine schriftliche Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemäß § 20d Abs. 1 Z 3 AuslBG,
3. bis 5. …
vorliegt.
(3) Entscheidungen über die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte“ sind von der zuständigen Niederlassungs- und Aufenthaltsbehörde und der zuständigen Behörde gemäß §§ 20d oder 24 AuslBG unverzüglich, längstens jedoch binnen acht Wochen ab Einbringung des Antrages, zu treffen. Von der Einholung einer schriftlichen Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle oder eines Gutachtens der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice ist abzusehen, wenn der Antrag
1. wegen eines Formmangels oder Fehlens einer Voraussetzung gemäß §§ 19 bis 24 zurück- oder abzuweisen ist oder
2. wegen zwingender Erteilungshindernisse (§ 11 Abs. 1) abzuweisen ist.
(4) …
(5) Der Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ ist für die Dauer von zwei Jahren auszustellen. Weist der Arbeitsvertrag im Falle des Abs. 1 oder Abs. 2 Z 1 bis 3 eine kürzere Dauer auf, ist der Aufenthaltstitel für einen um drei Monate über die Dauer des Arbeitsvertrags hinausgehenden Zeitraum, längstens jedoch für zwei Jahre auszustellen.
…
Niederlassungsbewilligung – ausgenommen Erwerbstätigkeit“
§ 44. (1) Drittstaatsangehörigen kann eine „Niederlassungsbewilligung – ausgenommen Erwerbstätigkeit“ erteilt werden, wenn
1. sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen,
2. ein Quotenplatz vorhanden ist und
3. deren feste und regelmäßige monatliche Einkünfte der Höhe nach dem Zweifachen der Richtsätze des § 293 ASVG entsprechen.
(2) …
…
Strafbestimmungen
§ 77. (1) Wer
1. eine Änderung des Aufenthaltszweckes während der Gültigkeit des Aufenthaltstitels der Behörde nicht ohne unnötigen Aufschub bekannt gibt (§ 26) oder Handlungen setzt, die vom Zweckumfang nicht erfasst sind (§ 8 Abs. 4);
2. bis 5. …
begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 50 Euro bis zu 250 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu einer Woche, zu bestrafen.
(2) und (3) …“
§ 20d des Ausländerbeschäftigungsgesetzes – AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975 idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 66/2017, lautet:
„Zulassungsverfahren für besonders Hochqualifizierte, Fachkräfte, sonstige Schlüsselkräfte, Studienabsolventen und Künstler
§ 20d. (1) Besonders Hochqualifizierte, Fachkräfte sowie sonstige Schlüsselkräfte und Studienabsolventen haben den Antrag auf eine „Rot-Weiß-Rot – Karte“, Schlüsselkräfte gemäß § 12c den Antrag auf eine „Blaue Karte EU“ und ausländische Künstler den Antrag auf eine „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ gemeinsam mit einer schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, die im Antrag angegebenen Beschäftigungsbedingungen einzuhalten, bei der nach dem NAG zuständigen Behörde einzubringen. Der Antrag kann auch vom Arbeitgeber für den Ausländer im Inland eingebracht werden. Die nach dem NAG zuständige Behörde hat den Antrag, sofern er nicht gemäß § 41 Abs. 3 Z 1 oder 2 NAG zurück- oder abzuweisen ist, unverzüglich an die nach dem Betriebssitz des Arbeitgebers zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Prüfung der jeweiligen Zulassungsvoraussetzungen zu übermitteln. Die regionale Geschäftsstelle hat den Regionalbeirat anzuhören und binnen vier Wochen der nach dem NAG zuständigen Behörde – je nach Antrag – schriftlich zu bestätigen, dass die Voraussetzungen für die Zulassung
1. als besonders Hochqualifizierter gemäß § 12
2. als Fachkraft gemäß § 12a,
3. als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1,
4. als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 2 (Studienabsolvent),
5. als Schlüsselkraft gemäß § 12c (Anwärter auf eine „Blaue Karte EU“) oder
6. als Künstler gemäß § 14
erfüllt sind. Die nach dem NAG zuständige Behörde hat die regionale Geschäftsstelle über die Erteilung des jeweiligen Aufenthaltstitels unter Angabe der Geltungsdauer zu verständigen. Bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen hat die regionale Geschäftsstelle die Zulassung zu versagen und den diesbezüglichen Bescheid unverzüglich der nach dem NAG zuständigen Behörde zur Zustellung an den Arbeitgeber und den Ausländer zu übermitteln.
(2) Die Zulassung gemäß Abs. 1 gilt für die Beschäftigung bei dem im Antrag angegebenen Arbeitgeber im gesamten Bundesgebiet. Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat unverzüglich nach Beginn der Beschäftigung die Anmeldung zur Sozialversicherung zu überprüfen. Entspricht diese nicht den für die Zulassung maßgeblichen Voraussetzungen, ist die nach dem NAG zuständige Behörde zu verständigen (§ 28 Abs. 6 NAG). Bei einem Arbeitgeberwechsel vor Erteilung einer „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ (§ 41a NAG) ist Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.
(3) und (4) …“
§ 9 des Integrationsgesetzes – IntG, BGBl. I Nr. 68/2017, idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 86/2017, lautet auszugsweise:
„Modul 1 der Integrationsvereinbarung
§ 9. (1) Drittstaatsangehörige (§ 2 Abs. 1 Z 6 NAG) sind mit erstmaliger Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2, 4, 5, 6, 8, 9 oder 10 NAG zur Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung verpflichtet. Diese Pflicht ist dem Drittstaatsangehörigen nachweislich zur Kenntnis zu bringen.
(2) Der Erfüllungspflicht gemäß Abs. 1 haben Drittstaatsangehörige binnen zwei Jahren ab erstmaliger Erteilung des Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2, 4, 5, 6, 8, 9 oder 10 NAG nachzukommen. Unter Bedachtnahme auf die persönlichen Lebensumstände des Drittstaatsangehörigen kann der Zeitraum der Erfüllungspflicht auf Antrag mit Bescheid verlängert werden. Diese Verlängerung darf die Dauer von jeweils zwölf Monaten nicht überschreiten; sie hemmt den Lauf der Fristen nach § 14.
(3) Für die Dauer von fünf Jahren ab Ablauf der Gültigkeit des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2, 4, 5, 6, 8, 9 oder 10 NAG werden bereits konsumierte Zeiten der Erfüllungspflicht auf den Zeitraum der Erfüllungspflicht gemäß Abs. 2 angerechnet.
(4) Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige
1. einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 11 vorlegt,
2. einen gleichwertigen Nachweis gemäß § 11 Abs. 4 über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung vorlegt,
3. über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht,
4. einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 NAG besitzt oder
5. als Inhaber eines Aufenthaltstitels „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ gemäß § 43a NAG eine künstlerische Tätigkeit in einer der unter § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 Kunstförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 146/1988, genannten Kunstsparte ausübt; bei Zweifeln über das Vorliegen einer solchen Tätigkeit ist eine diesbezügliche Stellungnahme des zuständigen Bundesministers einzuholen.
Die Erfüllung des Moduls 2 (§ 10) beinhaltet das Modul 1.
(5) bis (7) …
§ 64 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002 – UG, BGBl. Nr. 120/2002, idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 129/2017, lautet:
„§ 64. (1) Die allgemeine Universitätsreife ist durch eine der folgenden Urkunden nachzuweisen:
1. ein österreichisches Reifeprüfungszeugnis (einschließlich eines Zeugnisses über die Berufsreifeprüfung) oder ein österreichisches Reife- und Diplomprüfungszeugnis oder ein nach schulrechtlichen Vorschriften nostrifiziertes Reifeprüfungszeugnis,
2. ein anderes österreichisches Zeugnis über die Zuerkennung der Studienberechtigung für eine bestimme Studienrichtungsgruppe an einer Universität, Pädagogischen Hochschule oder Fachhochschule;
3. ein ausländisches Zeugnis, das einem dieser österreichischen Zeugnisse auf Grund einer völkerrechtlichen Vereinbarung oder auf Grund der Entscheidung des Rektorats im Einzelfall gleichwertig ist;
4. eine Urkunde über den Abschluss eines mindestens dreijährigen Studiums an einer anerkannten inländischen oder ausländischen postsekundären Bildungseinrichtung;
5. in den künstlerischen Studien die Bestätigung über die positiv beurteilte Zulassungsprüfung;
6. ein nach den Bestimmungen der „International Baccalaureate Organization“ erworbenes „IB Diploma“;
7. ein Europäisches Abiturzeugnis gemäß Art. 5 Abs. 2 der Vereinbarung über die Satzung der Europäischen Schulen, BGBl. III Nr. 173/2005.“
§ 69 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes – AVG, BGBl. Nr. 51/1991, idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 33/2013 lautet auszugsweise:
„Wiederaufnahme des Verfahrens
§ 69. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:
1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder
2. bis 4. …
(2) …
(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.
(4) …
2. Zu Spruchpunkt 1 (Wiederaufnahme des Verfahrens):
2.1. Zum Wiederaufnahmegrund des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG:
2.1.1. Gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 3 AVG ist die amtswegige Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ohne zeitliche Einschränkung zulässig, wenn der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist.
2.1.2. Im Beschwerdefall wurde die Erteilung des Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot Karte – Sonstige Schlüsselkraft“ weder durch Fälschung einer Urkunde, noch durch ein falsches Zeugnis, oder durch eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt; in Betracht kommen könnte im vorliegenden Fall ausschließlich der Tatbestand der Erschleichung gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 AVG. Unter einem Erschleichen im Sinne des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG ist ein vorsätzliches – nicht bloß kausales oder bloß fahrlässiges – Verhalten der Partei im Zuge des Verfahrens zu verstehen, das darauf abzielt, einen für sie günstigen Bescheid zu erlangen, wobei es sich um die Aufstellung unrichtiger Behauptungen oder um das Verschweigen relevanter Umstände handeln kann. Das Verschweigen wesentlicher Umstände ist dem Vorbringen unrichtiger Angaben gleichzusetzen (VwGH 26. Februar 2013, 2009/22/0081, VwGH 22. März 2012, 2011/07/0228). Dabei muss die Behörde auf die Angaben der Partei angewiesen sein und eine solche Lage bestehen, dass ihr nicht zugemutet werden kann, von Amts wegen noch weitere, der Feststellung der Richtigkeit der Angaben dienliche Erhebungen zu pflegen. Wenn es die Behörde verabsäumt, von den ihr im Rahmen der Sachverhaltsermittlungen ohne besondere Schwierigkeiten offenstehenden Möglichkeiten Gebrauch zu machen, schließt dieser Mangel es aus, auch objektiv unrichtige Parteiangaben als ein Erschleichen des Bescheides im Sinne des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG zu werten.
2.1.3. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Wien liegen die Voraussetzungen des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG im Beschwerdefall nicht vor:
Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer bei der Antragstellung am 4. Jänner 2016 keine falschen Angaben gemacht oder wesentliche Umstände verschwiegen, um einen für ihn günstigen Bescheid zu erlangen. Er hat im Verfahren weder wissentlich unwahre Angaben gemacht, noch wesentliche Umstände in der Absicht verschwiegen, das Zustandekommen der Entscheidungsgrundlage zu beeinflussen und sich dadurch einen ihm sonst nicht gebührenden Vorteil zu verschaffen (vgl. VwGH 10. April 1985, 83/09/0159). Erst bei der Ausfolgung des Aufenthaltstitels am 8. August 2016 hat der Beschwerdeführer der belangten Behörde verschwiegen, dass er vor wenigen Wochen seine Beschäftigung bei C. verloren hat; dies jedoch in der Hoffnung, durch den erteilten Aufenthaltstitel wieder bei der C. angestellt zu werden, zumal er dort schon seit vielen Jahren beschäftigt war. Er hatte somit bei der Ausfolgung des Aufenthaltstitels nach wie vor die Hoffnung bei der C. als sonstige Schlüsselkraft beschäftigt zu werden. Eine absichtliche Irreführung der belangten Behörde durch Verschweigen wesentlicher Umstände um die Entscheidungsgrundlage zu seinen Gunsten zu beeinflussen, liegt somit nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Wien nicht vor (vgl. VwGH 5. Juli 1968, 0343/67, VwGH 7. Juli 1992, 90/08/0164). Dies auch vor dem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer bereits ein paar Wochen nach Erteilung des Aufenthaltstitels, als er selbst keine Hoffnung mehr auf eine neuerliche Anstellung bei der C. hatte, der Behörde mitgeteilt hat, dass er seine Beschäftigung verloren hat. Jedenfalls ab diesem Zeitpunkt hätte die belangte Behörde die Möglichkeit gehabt ein Entziehungsverfahren nach § 28 Abs. 5 NAG einzuleiten (eine Überprüfung der Beschäftigung gemäß § 20d Abs. 2 AuslBG und eine entsprechende Verständigung gemäß § 28 Abs. 6 NAG erfolgte im Beschwerdefall nicht) bzw. im Sinne des vom Beschwerdeführer am 3. Jänner 2017 gestellten Antrages, ein Zweckänderungsverfahren durchzuführen (vgl. in diesem Zusammenhang die Erläuterungen zur RV 330, BlgNR XXIV GP, 46f, wonach von der Entziehung abgesehen werden kann, wenn dem Fremden im Rahmen eines Zweckänderungsverfahrens ein anderer Aufenthaltstitel zu erteilen ist; denkbar sind hier Fälle, in denen der Inhaber einer Aufenthaltsbewilligung für Studierende sein Studium niemals aufnimmt). Da der Beschwerdeführer der belangten Behörde, nachdem er die Hoffnung auf eine weitere Anstellung bei der C. aufgegeben hat, mitgeteilt hat, dass er keine Aussicht auf Aufnahme der Beschäftigung als sonstige Schlüsselkraft hat, und in weiterer Folge ordnungsgemäß eine Zweckänderung beantragt hat, liegen die Voraussetzungen des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Wien im Beschwerdefall nicht vor. Allenfalls könnte eine Verletzung des § 77 Abs. 1 Z 1 NAG in Betracht kommen, wonach eine Änderung des Aufenthaltszwecks nicht ohne unnötigen Aufschub bekannt zu geben ist; aufgrund der vom Verwaltungsgericht Wien getroffenen Feststellungen wird ein derartiger Verstoß im Beschwerdefall aber wohl zu verneinen sein.
Da somit eine Erschleichung gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 AVG im Beschwerdefall zu verneinen ist, war der Spruchpunkt 1 des angefochtenen Bescheides aufzuheben.
3. Zu Spruchpunkt 2 (Abweisung des Antrags auf Erteilung des Aufenthaltstitels „Ausgenommen Erwerbstätigkeit“):