Entscheidungsdatum
07.05.2019Norm
StVO 1960 §4 Abs5Text
Im Namen der Republik!
Erkenntnis
Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Dr. Reinhold Köpfle über die Beschwerde des J H, D-S, vertreten durch Rechtsanwälte Prill & Fidler, D-Bad Krozingen, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft B vom 31.08.2018, Zl X-9-2018/31828, zu Recht erkannt:
Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde insoweit Folge gegeben, als der Spruchpunkt 2. aufgehoben und das Strafverfahren diesbezüglich eingestellt wird und zu Spruchpunkt 3. statt der verhängten Geldstrafe eine Ermahnung gemäß § 17 VwGVG iVm § 45 Abs 1 letzter Satz Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) erteilt wird. Im Übrigen wird der Beschwerde keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
Der gemäß § 64 Abs 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) iVm § 38 VwGVG zu leistende Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens beträgt nunmehr 15 Euro. Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 20 % der über ihn verhängten Geldstrafe, mindestens jedoch 10 Euro zu bezahlen. Daher ergibt sich ein Kostenbeitrag von 30 Euro. Dieser Betrag ist zusammen mit der Geldstrafe und dem Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens an die Bezirkshauptmannschaft B zu entrichten.
Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.
Begründung
1. Im angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten Folgendes vorgeworfen:
„Sie haben nachstehende Verwaltungsübertretung(en) begangen:
Fahrzeug: XXX
1. Sie sind als Lenker des angeführten Fahrzeuges mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden und haben Ihr Fahrzeug nicht sofort angehalten.
2. Sie sind mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden und haben an der Sachverhaltsfeststellung nicht mitgewirkt, da Sie es durch Verlassen der Unfallstelle unmöglich gemacht haben, Ihre körperliche und geistige Verfassung zum Unfallszeitpunkt festzustellen.
3. Sie sind mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden und haben nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigt, obwohl Sie und die beteiligte(n) Person(en), einander ihre Namen und Anschriften nicht nachgewiesen haben.
Tatzeit:
09.07.2018, 10:47 Uhr
Tatort:
B, Pstraße, auf Höhe Straßen-Km XX (S), in Fahrtrichtung S (Talstation der L-Bahn)“
Die Bezirkshauptmannschaft erblickte hierin zu 1. eine Übertretung des § 4 Abs 1 lit a StVO, zu 2. eine Übertretung des § 4 Abs 1 lit c StVO und zu 3. eine Übertretung des § 4 Abs 5 StVO. Es wurde zu 1. und zu 2. jeweils eine Geldstrafe von 150 Euro und für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit jeweils eine Ersatzfreiheitsstrafe von 76 Stunden festgesetzt. Zu 3. wurde eine Geldstrafe von 70 Euro und für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 32 Stunden festgesetzt.
2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Beschwerde erhoben. In dieser bringt er im Wesentlichen vor, es liege kein Verstoß gegen die Rechtsvorschriften gemäß § 4 Abs 1 lit a StVO, § 4 Abs 1 lit c StVO und § 4 Abs 5 StVO vor, da die Voraussetzungen hier nicht vorliegen würden. Dies ergebe sich aus seiner Stellungnahme im Rahmen der Rechtfertigung vom 21.08.2018 als auch der vorgelegten Zeugenaussage des Zeugen J S.
Sowohl er selbst als auch sein Beifahrer J S, hätten von der Unfallkollision nichts bemerkt, weder gehört, noch gesehen, noch taktil bemerkt. Sie seien daher nicht vom objektiven Tatbestandsmerkmal eines Unfallschadens ausgegangen. Auch in subjektiver Hinsicht habe kein Wissen von einem Eintritt eines derartigen Schadens bestanden. Er selbst, als auch sein Beifahrer hätten in der konkreten Situation die erforderliche Aufmerksamkeit im Straßenverkehr walten lassen. Es lägen keine objektiven Umstände vor, die zu Bewusstsein gekommen seien oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermocht hätte. Wie schon dargelegt sei der Straßenverlauf auf dem Weg zur Lbahn sehr eng. Er habe sich beim Entgegenkommen des Busses ordnungsgemäß verhalten und sein Fahrzeug ganz nach rechts gesteuert. Als der Kontakt, veranlasst durch den entgegenkommenden Busfahrer mit dem Spiegel gedroht habe, habe er den Spiegel auch auf Hinweis des Zeugen S eingeklappt. Die entstandene Verkehrssituation sei eine äußerste Stresssituation für ihn gewesen. Er habe eigentlich zurückfahren wollen, sei aber von hinten zugeparkt gewesen, sodass keinerlei Möglichkeit bestanden habe zurückzufahren, als auch vorzufahren. Es habe einzig die Möglichkeit bestanden, nach rechts auszuweichen und sich äußerst am Rand mit seinem Fahrzeug zu platzieren. Dies habe er auch getan. Es sei über die Situation in zweifacher Hinsicht aufs höchste angespannt und erregt gewesen, da ein Ausweichen nach hinten durch das Fehlverhalten der von hinten kommenden Fahrzeuge nicht möglich gewesen sei als auch der Bus sich die Durchfahrt erzwungen habe. Es werde zwar ausgeführt, dass es nicht erheblich sei, wer für den Unfall ursächlich verantwortlich sei. Dies möge auch richtig sein. Jedoch habe er keine Möglichkeit gehabt den Schaden wahrzunehmen. Es werde nochmals betont, dass er weder eine Kollision gesehen, noch gehört, noch eine taktile Berührung bemerkt habe. Dafür möge möglicherweise die geschuldete Situation ausschlaggebend gewesen sein. Dazu habe auch der Zeuge glaubhaft ausgeführt.
Im Übrigen wäre es überhaupt nicht in seinem Interesse gewesen, nicht sofort anzuhalten und an der Aufklärung nicht mitzuwirken, da ihm an seinem Fahrzeug, verursacht durch den Busfahrer, Herrn M, ein Schaden entstanden sei. Hätte er nur im Ansatz bemerkt, dass hier eine Berührung der Fahrzeuge stattgefunden habe, hätte er sich sofort bemerkbar gemacht und sein Fahrzeug dort belassen und wäre nicht weitergefahren. Die Voraussetzungen gemäß § 4 Abs 1 lit a StVO würden nicht ansatzweise vorliegen. Die Behauptung, dass er den Schaden taktil spürbar hätte bemerken müssen und er nicht seine volle Aufmerksamkeit als Lenker des Fahrzeuges auf den Straßenverkehr gelenkt hätte, werde bestritten.
Als Beweis werde ein Sachverständigengutachten für den Fall einer Nichtabhilfe beantragt. Auch aufgrund des hier vorliegenden Schadensbildes, hätte er eine Streifberührung nicht bemerken müssen, sogar nicht können. Er habe durch sein Verhalten nicht gegen den Schutzzweck der Norm verstoßen. Es werde fehlerhaft davon ausgegangen, dass er bei Aufwendung der gehörigen Aufmerksamkeit die Kollision hätte wahrnehmen können. Es sei deshalb auch nicht überraschend, dass der Zeuge J S ebenfalls nichts davon bemerkt habe. Herr S habe strafbewehrt und unter Eides statt die Aussage getroffen, dass er von einer Kollision keine Kenntnis gehabt habe und nichts mitbekommen habe.
In Folge dessen liege auch kein Verstoß gegen § 4 Abs 1 lit c StVO vor. Eine Mitwirkung wäre nur möglich gewesen, wenn er Kenntnis von einer Unfallsituation gehabt hätte. Diese habe er – wie oben dargelegt – eben gerade nicht gehabt. Nur aus diesem Grund habe er die Unfallstelle verlassen. Ihm sei nicht klar gewesen, dass es sich hier um eine Unfallstelle gehandelt habe. Seine körperliche und geistige Verfassung zum Unfallszeitpunkt sei einwandfrei gewesen. Dies könne ebenfalls der Zeuge S bestätigen. Man habe sich hier zum Wandern verabredet. Er sei ein geübter Wanderer, der auch Klettersteige problemlos bewältige. Es habe keine Veranlassung gegeben von einer beeinträchtigten körperlichen oder geistigen Verfassung auszugehen.
Auch § 4 Abs 5 StVO sei nicht gegeben. Der Schaden sei durch ihn und den Zeugen S erst am Zielort festgestellt worden. Darauf habe er sich umgehend mit dem Busunternehmen in Verbindung gesetzt und seine persönlichen Daten bekanntgegeben. Die Fahrzeugidentitätsfeststellung sei jederzeit durch die Polizei möglich gewesen. Er habe auf die Aussage des Busunternehmens vertraut, dass diese die Polizei verständigt hätten. Die Verständigung des Busunternehmens habe er selbst nach Kenntnis des Schadens veranlasst. Vorher habe es keine Veranlassung dazu gegeben. Alle erforderlichen Daten, die zu seiner Verfolgung notwendig gewesen wären, seien dem Busunternehmen sofort mitgeteilt worden, nachdem er Kenntnis vom Schaden gehabt habe. Es habe sich nur um einen Sachschaden gehandelt. Die nächste Polizeidienststelle sei ihm nicht bekannt gewesen. Er sei Urlauber gewesen. Gemäß § 4 Abs 5 Satz 2 dürfe eine solche Verständigung gegenüber der Polizei jedoch unterbleiben, wenn eine Identitätsfeststellung der beteiligten Personen erfolge. Dies sei durch den Anruf und durch Hinterlassung der persönlichen Daten an das Busunternehmen gegeben gewesen. Es sei sogar so gewesen, dass er und der Zeuge 2,5 Stunden vor Ort auf die Polizei zur Feststellung des gesamten Sachverhaltes gewartet hätten. Die Polizei sei aber nicht erschienen. Dies könne ihm nicht zum Nachteil gereichen.
In der Zwischenzeit habe er sich nochmals mit dem Busunternehmen in Verbindung gesetzt. Es habe keine Mitteilung gemacht werden können, wann die Polizei erscheine. Die Wartezeit von 2,5 Stunden sei wohl mehr als ausreichend bemessen. Es liege eben kein Verstoß gegen § 4 Abs 5 StVO vor.
Zusammenfassend sei auszuführen, dass hier sämtliche angeführten Tatbestände gemäß dem Straferkenntnisbescheid nicht gegeben seien. Einfach festzustellen, dass er die Kollision taktil hätte merken müssen, reiche aufgrund der konkreten Unfallsituation nicht aus. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass hier irgendwelche objektiven Umstände zu Bewusstsein gekommen seien oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen können, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermocht hätte. Er habe gehörige Aufmerksamkeit auf den Verkehr gerichtet und trotzdem sei ihm nicht zu Bewusstsein gekommen, dass hier von einer Kollision auszugehen sei. Der vermeintliche Kontakt mit dem Spiegel, der keinen Schaden nach sich ziehe, sei unerheblich, da dieser sofort auf Hinweis des Zeugen S eingeklappt worden sei. Auch aus dem sonstigen Ablauf ergebe sich keine Veranlassung von einem derartigen Verstoß auszugehen.
3. Das Landesverwaltungsgericht hat in dieser Angelegenheit eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Folgender Sachverhalt steht fest:
Am 09.07.2018 um 10.47 Uhr lenkte der Beschuldigte den Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen XXX in B auf der Pstraße, in Fahrrichtung S (Talstation der Lbahn). Bei StrKm XX (S) kam es zu einer Begegnung mit dem in die Gegenrichtung fahrenden Linienbus mit dem Kennzeichen YYY, welcher von I M gelenkt wurde. Aufgrund der schmalen Fahrbahn war ein problemloses Passieren der beiden Fahrzeuge nicht möglich. Der Beschuldigte lenkte sein Fahrzeug ganz an den Rand der Fahrbahn an die Böschung. Während der Vorbeifahrt des Busses kam es zu einer streifenden Kollision zwischen den beiden Fahrzeugen, wobei der Bus im Bereich des linken hinteren Kotflügels und das Fahrzeug des Beschuldigten am vorderen linken Kotflügel sowie am linken Außenspiegel beschädigt wurden. Die Kollision wäre für den Beschuldigten sowohl visuell als auch akustisch erkennbar gewesen.
Sobald eine Weiterfahrt möglich war, setzte der Beschuldigte seine Fahrt in Richtung Lbahn Talstation fort. Er hielt nach der Kollision nicht an und es kam zu keinem Identitätsnachweis zwischen den Unfallbeteiligten. Auf dem Parkplatz der Talstation bemerkte der Beschuldigte die an seinem Fahrzeug vorhandenen Schäden. Er setzte sich daraufhin telefonisch mit dem Busunternehmen in Verbindung, woraufhin ihm mitgeteilt wurde, dass die Polizei bereits verständigt worden sei. Er selbst nahm keinen Kontakt mit der Polizei auf. Der Beschuldigte wartete daraufhin auf dem Parkplatz der Lbahn Talstation jedenfalls bis zum Eintreffen des nächsten Busses der entsprechenden Buslinie. Er teilte daraufhin dem Lenker dieses Busses seine Daten mit.
Zu einer amtlichen Aufnahme des Unfallgeschehens am Unfallsort kam es nicht.
4. Dieser Sachverhalt wird aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere aufgrund der mündlichen Verhandlung als erwiesen angenommen.
4.1. Der Beschuldigte gab anlässlich der mündlichen Verhandlung an, dass er in der damaligen Situation, als der Bus an seinem Fahrzeug vorbeigefahren sei, gesehen habe, dass der Bus seitlich immer näher an sein Fahrzeug komme. Er habe daher den Außenspiegel des Fahrzeuges umgeklappt dh nach innen geklappt. Er habe sich dabei immer auf den Spiegel konzentriert. Er habe nichts machen können, weder vor- noch zurückfahren, da hinter ihm Autos gestanden seien und vor ihm eine Böschung gewesen sei. Er habe dann noch zu seinem Kollegen gesagt „das war jetzt brenzlig“. Als der Bus vorbeigewesen sei, habe er gedacht, dass Gott sei Dank nichts passiert sei. Er habe auch nichts gehört. Keine Schleifgeräusche und er habe auch nicht gespürt, dass es gewackelt hätte. Sonst wäre er stehen geblieben und nicht weitergefahren. Das Fahrzeug hinter seinem Fahrzeug sei dann etwas zurückgefahren und dann sei der Bus auch an diesem Fahrzeug vorbeigefahren. Er sei dann um die Kurve gefahren und habe nicht mehr auf den Bus geachtet. Erst oben am Parkplatz habe er dann festgestellt, dass an seinem Fahrzeug eine Beule sei. Er habe sich dann bei der Talstation nach der Nummer des Busunternehmers erkundigt und habe dort angerufen. Er habe von seinem Handy aus angerufen. Das sei um 11.39 Uhr gewesen. Die Frau von der Busfirma am anderen Ende der Leitung habe ihm dann gesagt, dass der Vorfall bereits gemeldet worden sei, dass er bekannt sei und dass auch bereits die Polizei verständigt worden sei. Als dann längere Zeit niemand gekommen sei, habe er um 12.24 Uhr noch einmal beim Busunternehmen angerufen. Die Frau habe dann gesagt, dass sie sich gedulden müssen, es würde dauern. Zwischenzeitlich sei ein anderer Bus dieser Buslinie auf den Parkplatz angekommen und dem Fahrer dieses Busses habe er dann alle seine Daten bekanntgegeben.
4.2. Der Zeuge I M sagte in der mündlichen Verhandlung aus, dass er damals mit seinem Bus unterwegs von der Lbahn nach B gewesen sei. In einer Linkskurve sei ihm dann das Fahrzeug des Herrn H entgegengekommen. Die Straße sei in diesem Bereich sehr schmal. Das Fahrzeug des Herrn H sei bereits an der Böschung gestanden. Er sei dann ca mit der halben Länge des Busses am Fahrzeug des Herrn H vorbeigefahren und habe im Rückspiegel gesehen, dass das Fahrzeug des Herrn H in Richtung des Busses rutsche. Zu einer Kollision sei es dabei nicht gekommen. Soweit er es wahrnehmen habe können, habe Herrn H dann den Rückwärtsgang eingelegt und sei etwas zurückgefahren. Er habe dabei den Bus und sein eigenes Fahrzeug beschädigt. Dies habe er im Rückspiegel gesehen. Das Fahrzeug des Herrn H sei dann nach vorne weggefahren. Das Fahrzeug sei am Bus vorbei weitergefahren. Als Herr H weggefahren sei, sei er mit seinem Bus zur nächsten Kurve gefahren, wo er angehalten habe. Im Bus sei eine Frau E anwesend gewesen. Sie sei dann ausgestiegen und mit einem anderen Pkw, der in Richtung Lbahn-Talstation gefahren sei, zurückgefahren und habe dort Herrn H zur Rede gestellt. Das habe ihm Frau E dann später erzählt. Sie sei öfters Fahrgast in seinem Bus. Als er dann stehen geblieben sei, habe er zunächst die Polizei sowie das Busunternehmen (den Bruder seines Chefs) verständigt. Von der Kollision habe er nichts gehört, da es nur eine leichte Streifung gewesen sei.
4.3. Der Zeuge J S hat angegeben, dass er seine eidesstattliche Erklärung vom 09.08.2018 zu seiner Zeugenaussage erhebe. Ergänzend führte er aus, dass in dieser Situation damals, als der Bus bereits neben ihnen gestanden sei, Herrn H zunächst seine Aufmerksamkeit nach hinten gerichtet habe, nachdem ihm der Busfahrer angedeutet habe zurückzufahren. In diesem Moment sei der Bus noch nicht neben ihnen gewesen, sondern noch etwas vor ihnen. Nachdem Herr H wegen anderer Fahrzeuge nicht zurückfahren habe können, sei er Richtung Hang ausgewichen. Der Bus sei dann an ihrem Fahrzeug vorbei und habe sich immer mehr dem Außenspiegel ihres Fahrzeuges genähert. Ihr Fahrzeug habe völlig blockiert gestanden und es habe sich in keine Richtung bewegt. Auf seinen Hinweis hin habe Herr H dann die Scheibe hinuntergedreht und mit seiner Hand den Außenspiegel eingeklappt. Dass dabei eine Berührung mit dem Spiegel stattgefunden habe, habe er zu diesem Zeitpunkt nicht bemerkt. Der Bus sei ruckweise an ihnen vorbeigefahren. Er habe während dieses gesamten Manövers nichts gesehen, gehört oder gespürt, dass es in irgendeiner Weise zu einer Kollision gekommen wäre. Als der Bus dann vorbeigefahren sei, sei Herr H weitergefahren. Der Bus sei dann hinter der Kurve verschwunden. Er habe seinen Blick nach vorne gerichtet. Er habe nicht gesehen, ob der Bus dann weitergefahren sei oder nicht.
4.4. Aus der in der Verhandlung dargelegten Stellungnahme des verkehrstechnischen Amtssachverständigen vom 26.02.2019 ergibt sich, dass der Eintritt des gegenständlichen Schadensbildes für den Beschuldigten jedenfalls visuell und akustisch erkennbar gewesen wäre. Die Kollisionsstelle an sich sei vom Lenkerplatz aus für den Beschuldigten direkt einsehbar. Zudem sei während der Kollisionsphase mit Sicherheit ein Geräusch, welches ebenfalls für den Beschuldigten erkennbar bzw merkbar gewesen wäre, entstanden.
4.5. Mit Stellungnahme vom 29.03.2019 hat sich der Beschuldigte nochmals zur verkehrstechnischen Stellungnahme geäußert und vorgebracht, dass die technische Stellungnahme nicht den wissenschaftlichen Standards entspreche. Es sei weder etwas zur Stellung der Fahrzeuge ausgesagt worden noch zu einer eventuellen Geschwindigkeit oder inwieweit hier eine Verursachung von wem ausgegangen sei. Es werde einzig und allein auf das Ergebnis abgestellt, dass der Beschuldigte den Schaden visuell und akustisch hätte wahrnehmen können. Es sei damit nicht auf die einzelne Situation konkret eingegangen worden, noch sei etwas zur Lautstärke der hörbaren Kollision gesagt worden. Es sei auch nicht klar, wie der Sachverständige darauf komme, dass der Beschuldigte den Schaden vom Lenkerplatz aus hätte sehen können. Der Schaden am Kotflügel links sei vom Lenkerplatz aus nicht einsehbar. Man hätte diesfalls einen Augenscheintermin anberaumen und eine Gegenüberstellung der Fahrzeuge durchführen müssen, wenn es darauf ankomme, sogar in der konkreten Verkehrssituation. Auch der seitliche Streifschaden sei für den Beschuldigten beim Vorbeifahren nicht ersichtlich gewesen.
Auch werde angezweifelt, ob man den Unfall hätte hören können. Der Beschuldigte habe sich in einer Stresssituation aufgrund der speziellen Verkehrslage in einem fremden Gebiet befunden. Zum anderen hätte das Motorengeräusch des Busses berücksichtigt werden müssen.
Nicht festgehalten sei, wer überhaupt den Schaden verursacht habe. Nur der Schadensverursacher könnte tatsächlich Fahrerflucht begangen haben. Der Schaden sei aber hier vom Busfahrer verursacht worden. Dieser habe sich die Vorfahrt aus Sicht des Beschuldigten erzwungen. Wenn dieser stehen geblieben wäre oder er dem Beschuldigten die Möglichkeit eröffnet hätte, vorbeizufahren, wäre es zu keinem Kontakt zwischen den Fahrzeugen gekommen. Nochmals werde darauf hingewiesen, dass beim Erreichen der Talstation der Beschuldigte sofort Kontakt mit dem Busunternehmen aufgenommen habe und das Busunternehmen mitgeteilt habe, dass man die Polizei verständigt habe. Die Identitätsfeststellung sei jederzeit gewährleistet gewesen.
4.6. Die Feststellung, dass die Kollision für den Beschuldigten wahrnehmbar gewesen wäre, stützt sich auf die verkehrstechnische Stellungnahme, welche vollständig, frei von Widersprüchen und schlüssig ist. Sie entspricht den Denkgesetzen und den Erfahrungen des täglichen Lebens. In einer solchen Verkehrssituation wie der gegenständlichen, ist es nachvollziehbar, dass der Lenker des jeweiligen Fahrzeuges seine Aufmerksamkeit besonders auf jene Punkte richtet, welche dem knapp vorbeifahrenden Fahrzeug am nächsten sind. So hat zB auch der Zeuge S angegeben, dass er den Beschuldigten darauf hingewiesen habe, dass dieser besser den Seitenspiegel einklappe, da es dort knapp werde. Dies spricht jedenfalls dafür, dass der Beschuldigte seine Aufmerksamkeit nicht ununterbrochen dorthin gelenkt hatte, da ihm nach eigenen Angaben die vor Einklappen des Seitenspiegels eingetretene streifende Kollision nicht aufgefallen ist. Da der Beschuldigte den Seitenspiegel in Folge eingeklappt hat, wäre es ihm auch möglich gewesen den Schaden am Seitenspiegel wahrzunehmen. Die Aussage des Zeugen M, dass er selbst die Kollision nicht akustisch wahrnehmen habe können, steht der entsprechenden Feststellung des Sachverständigen nicht entgegen, wenn man berücksichtigt, dass der Schaden an dem vom Zeugen gelenkten Linienbus im hinteren Bereich entstanden ist, während der Schaden am Fahrzeug des Beschuldigten am vorderen Kotflügel sowie am Seitenspiegel und somit in der Nähe des Lenkerplatzes entstanden ist. Auch sonst ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, die Ausführungen des verkehrstechnischen Amtssachverständigen zu entkräften. Insbesondere hat der Beschuldigte nicht ausgeführt, welche Erkenntnisse hinsichtlich der Wahrnehmbarkeit des Sachschadens aus einer Gegenüberstellung der Fahrzeuge zu erwarten wären; dies vor dem Hintergrund, dass die Tatsache der Kollision sowie die dadurch eingetretenen Schäden nicht bestritten werden. Darüber hinaus können die entstandenen Schäden durch die von der Polizei angefertigten Lichtbilder eindeutig objektiviert werden.
Die Feststellungen zum Verhalten des Beschuldigten nach der Kollision stützen sich auf die insoweit glaubwürdigen Angaben des Beschuldigten. Die Tatsache, dass der Beschuldigte seine Daten einem anderen Buslenker der Buslinie bekanntgegeben hat, wurde auch von der Polizei im Rahmen der Sachverhaltsfeststellung erhoben.
Der polizeilichen Anzeige kann nicht entnommen werden, dass es am Unfallort zu einer Aufnahme des Unfallgeschehens gekommen ist. Insbesondere wurden die Lichtbilder betreffend die Beschädigungen am Linienbus offensichtlich nicht an der Unfallstelle aufgenommen. Somit konnte festgestellt werden, dass es zu keiner Unfallaufnahme an der Unfallstelle selbst gekommen ist.
Im Übrigen ist der Sachverhalt unstrittig.
5.1. Gemäß § 99 Abs 2 lit a Straßenverkehrsordnung 1990 (StVO), BGBl Nr 159/1960, idF BGBl I Nr 39/2013, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 36 Euro bis 2.180 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen, der Lenker eines Fahrzeuges, dessen Verhalten am Unfallfort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, sofern er den Bestimmungen des § 4 Abs 1 und 2 zuwider handelt, insbesondere nicht anhält, nicht Hilfe leistet oder herbeiholt oder nicht die nächste Polizeidienststelle verständigt.
Gemäß § 4 Abs 1 lit a StVO, BGBl Nr 159/1960, idF BGBl I Nr 50/2012, haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall mit ursächlichem Zusammenhang steht, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten.
Unter einem Verkehrsunfall ist jedes plötzliche mit dem Straßenverkehr ursächlich zusammenhängende Ereignis, das sich auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr ereignet und einen Personen- oder Sachschaden zur Folge hat, anzusehen (vgl VwGH 20.04.2001, 99/02/0176).
Unter Personen, deren Verhalten mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, sind jene zu verstehen, deren Verhalten örtlich und zeitlich unmittelbar Bedingung für das Entstehen des Unfalles ist, unabhängig davon ob dieses Verhalten rechtswidrig oder schuldhaft war bzw unter Strafsanktion steht. Die Delikte des Abs 1 bzw Abs 5 können daher von einer Person begangen werden, die am Zustandekommen eines Unfalles selbst kein Verschulden trifft (VwGH 30.01.1978, ZVR 1979/36).
Bei der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhanges ist die sich der Eliminationsmethode bedienende Äquivalenztheorie (conditio sine qua non) maßgebend. Die Frage der Rechtswidrigkeit oder des Verschuldens ist dabei nicht zu prüfen (Pürstl, StVO-ON14.01 § 4 Rz 4).
Nach dem festgestellten Sachverhalt hat der Beschuldigte sein Fahrzeug am rechten Straßenrand gehalten, um den Bus passieren zu lassen. Das Halten des Fahrzeuges an der gegenständlichen Stelle war in diesem Fall ursächlich iSd Äquivalenztheorie für den entstanden Sachschaden an beiden Fahrzeugen, da die Straße offenbar an dieser Stelle nicht breit genug war um ein gefahrloses Passieren beider Fahrzeuge aneinander vorbei zu ermöglichen. Somit stand das Verhalten des Beschuldigten in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem gegenständlichen Unfallereignis. Ob den Beschuldigten an der Verursachung des Unfalles auch ein Verschulden trifft, ist nicht Gegenstand des Tatbestandes des § 4 Abs 1 lit a StVO.
Voraussetzung für die Anhalte- und Meldepflicht der lit a und des Abs 5 ist als objektives Tatbildmerkmal der Eintritt wenigstens eines Sachschadens und in subjektiver Hinsicht das Wissen von dem Eintritt eines derartigen Schadens, wobei der Tatbestand schon dann gegeben ist, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit Sachbeschädigung zu erkennen vermochte (VwGH 23.05.2002, 2001/03/0417).
Es kommt daher entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht darauf an, ob er selbst die Kollision tatsächlich wahrgenommen hat, sondern darauf ob ihm eine Wahrnehmung der Kollision bei gehöriger Aufmerksamkeit möglich gewesen wäre. Wie bereits ausgeführt, kann aufgrund der verkehrstechnischen Stellungnahme davon ausgegangen werden, dass die Kollision für den Beschwerdeführer bei entsprechender Aufmerksamkeit wahrnehmbar gewesen wäre. Darüber hinaus hat der Lenker eines Fahrzeuges bei und nach riskanten Fahrmanövern, bei welchen die dringende Gefahr besteht, dass es zu einer Kollision mit einem anderen Straßenverkehrsteilnehmer kommen kann, den Geschehnissen um sein Fahrzeug die volle Aufmerksamkeit zuzuwenden und sich zu vergewissern, ob sein Fahrverhalten für einen Verkehrsunfall ursächlich gewesen ist. Unterlässt er dies, so ist sein Nichtwissen von einem von ihm derart verursachten Unfall verschuldet (VwGH 26.05.1993, 92/03/0125). Aufgrund der Aussage des Beschuldigten ist auch davon auszugehen, dass ihm die Gefahr einer entsprechenden Kollision durchaus bewusst war, da er nach dem Passieren des Buses zu seinem Beifahrer etwas in der Art sagte, dass es sich dabei um eine „brenzlige“ Situation gehandelt habe.
Der Beschuldigte wäre demnach verpflichtet gewesen, sein Fahrzeug an der Unfallstelle anzuhalten, und sich zu vergewissern, ob es zu einer Kollision mit Sachschaden gekommen ist. Die Verpflichtung zum sofortigen Anhalten wird auch dadurch nicht außer Kraft gesetzt, dass der Unfallgegner nicht ebenfalls sofort anhält (VwGH 21.12.1992, 91/03/0298). Dass sich das Fahrzeug des Beschuldigten laut seinem Vorbringen zum Zeitpunkt der Kollision im Stillstand befunden haben soll, spielt keine Rolle, da es auch nicht ausreicht, wenn das Fahrzeug kurzfristig an der Unfallstelle zum Stillstand gebracht wird, im Übrigen aber – ohne sich um die gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen zu kümmern – mit dem Fahrzeug die Unfallstelle wieder verlassen wird (VwGH 16.04.1997, 96/03/0334).
Bei der Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs 2 lit a iVm § 4 Abs 1 lit a StVO handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, da lediglich der Verstoß gegen die Handlungspflicht des § 4 Abs 1 lit a StVO unter Strafe gestellt wird und nicht der Eintritt eines bestimmten Erfolges verlangt wird. Fahrlässiges Handeln des Beschuldigten wird daher gemäß § 5 Abs 1 VStG vermutet. Dem Beschuldigten ist es nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass ihn hinsichtlich dieser Verwaltungsübertretung kein Verschulden trifft.
Der Beschuldigte hat daher den Tatbestand des § 4 Abs 1 lit a sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht erfüllt und war das angefochtene Straferkenntnis in Hinblick auf den Spruchpunkt 1. zu bestätigen.
5.2. Gemäß § 99 Abs 2 lit a Straßenverkehrsordnung 1990 (StVO), BGBl Nr 159/1960, idF BGBl I Nr 39/2013, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 36 Euro bis 2.180 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen, der Lenker eines Fahrzeuges, dessen Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, sofern er den Bestimmungen des § 4 Abs 1 und 2 zuwider handelt, insbesondere nicht anhält, nicht Hilfe leistet oder herbeiholt oder nicht die nächste Polizeidienststelle verständigt.
Gemäß § 4 Abs 1 lit c StVO, BGBl Nr 159/1960, idF BGBl I Nr 50/2012, haben alle Personen deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken.
Die Mitwirkungspflicht iSd § 4 Abs 1 lit c StVO besteht dann, wenn es zu einer amtlichen Aufnahme des Tatbestandes kommt oder zu kommen hat. Wenn ein Identitätsnachweis nicht erfolgt ist, besteht Verständigungspflicht nach § 4 Abs 5 StVO, welche auch eine Mitwirkungspflicht zur Folge hat (VwGH 23.02.1976, 0285/74).
Eine Übertretung nach § 4 Abs 1 lit c StVO kann durch unterschiedliche Verhaltensweisen begangen werden. Ein Verstoß gegen § 4 Abs 1 lit c StVO liegt nicht nur beim Verlassen der Unfallstelle vor Eintreffen der von einem Unfallbeteiligen herbeigerufenen Polizei oder Gendarmerie sondern etwa auch beim Alkoholgenuss nach dem Unfall oder beim Nichtbelassen des Fahrzeuges an der Unfallstelle vor (VwGH 25.03.1994, 93/02/0324).
Der Tatbestand des § 4 Abs 1 lit c kann daher auch durch das Verlassen der Unfallstelle erfüllt werden. Voraussetzung ist, dass die persönliche Anwesenheit des Unfallbeteiligten an der Unfallstelle noch zur ordentlichen Erhebung des Sachverhaltes notwendig war. Die Verpflichtung zur Mitwirkung an der Feststellung des Sachverhaltes reicht nur soweit, als es zur Feststellung von Sachverhaltselementen insbesondere zur Sicherung von Spuren am Unfallort oder sonst konkreter Beweismittel, auch an der Person des beteiligten Fahrzeuglenkers erforderlich ist, so etwa, ob er zur Lenkung des am Verkehrsunfall beteiligten Fahrzeuges berechtigt war oder ob er äußerlich den Anschein erweckt, dass er sich geistig und körperlich in einem zur Lenkung des Kraftfahrzeuges geeigneten Zustand befindet (vgl VwGH 20.02.1991, 90/02/0152).
Zu einer amtlichen Aufnahme des Tatbestandes hat es insbesondere dann zu kommen, wenn es sich um einen Unfall handelt, bezüglich dessen eine Verständigungspflicht iSd § 4 Abs 2 StVO 1960 besteht. Darüber hinaus aber auch dann, wenn ein am Unfall Beteiligter die Intervention eines Organes des öffentlichen Sicherheitsdienstes verlangt oder wenn ein am Tatort zufällig anwesendes Sicherheitsorgan aus eigenem Antrieb eine Tatbestandsaufnahme vornimmt oder deren Vornahme veranlasse. In diesen Fällen ist die amtliche Aufnahme des Tatbestandes an der Unfallstelle bzw die Notwendigkeit einer solchen von wesentlicher Bedeutung. Besteht eine derartige Notwendigkeit nicht und kommt es auch nicht zur amtlichen Tatbestandsaufnahme an der Unfallstelle, ist eine Verpflichtung, an der Feststellung des Sachverhaltes durch Verbleiben an der Unfallstelle mitzuwirken, nicht gegeben (VwGH 22.04.1998, 97/03/0353).
Beim gegenständlichen Unfall mit bloßem Sachschaden musste es demnach nicht zwingend zu einer amtlichen Aufnahme des Tatbestandes zu kommen. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass es tatsächlich zu einer solchen gekommen ist.
Dem Beschuldigten kann daher eine Übertretung des § 4 Abs 1 lit c StVO durch bloßes Verlassen der Unfallstelle nicht angelastet werden. Dementsprechend war der Spruchpunkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses aufzuheben und das Strafverfahren diesbezüglich einzustellen.
5.3. Gemäß § 99 Abs 3 lit b StVO, BGBl Nr 159/1960, idF BGBl I Nr 39/2013, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer in anderer als der in Abs 2 lit a bezeichneten Weise gegen die Bestimmungen des § 4 verstößt, insbesondere die Herbeiholung einer Hilfe nicht ermöglicht, den bei einem Verkehrsunfall entstanden Sachschaden nicht meldet oder als Zeuge eines Verkehrsunfalles nicht Hilfe leistet.
Gemäß § 4 Abs 5 StVO, BGBl Nr 159/1960, idF BGBl I Nr 50/2012, haben, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die in Abs 1 genannten Personen die nächste Polizeidienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die in Abs 1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.
Wie bereits zu § 4 Abs 1 lit a StVO ausgeführt, ist Voraussetzung für die Meldepflicht gemäß Abs 5 der unfallbedingte Eintritt eines Sachschadens als objektives Tatbestandsmerkmal und in subjektiver Hinsicht das Wissen vom Eintritt eines derartigen Schadens, wobei der Tatbestand schon dann verwirklicht ist, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermocht hätte. Es liegen daher auch die Voraussetzungen für die Meldepflicht gemäß § 4 Abs 5 StVO vor.
Ein Nachweis der Identität zwischen den beiden Unfallbeteiligten hat nicht stattgefunden. Dies auch deshalb, weil der Beschuldigte nach der Kollision nicht angehalten hat. Es bestand demnach die Pflicht, den Sachschaden der nächsten Polizeidienststelle zu melden. Dieser Pflicht ist der Beschuldigte nicht nachgekommen, weshalb er den Tatbestand des § 99 Abs 3 lit b iVm § 4 Abs 5 StVO in objektiver Hinsicht erfüllt hat.
Das Tatbild der aus § 4 Abs 5 StVO abzuleitenden Verwaltungsübertretung besteht in der Unterlassung der Meldung eines Verkehrsunfalles mit ausschließlichem Sachschaden und darin, dass diese Meldung nicht ohne unnötigen Aufschub erstattet wird (vgl VwGH 11.05.2004, 2004/02/0003). Weitere Voraussetzungen für die Strafbarkeit sind nicht vorgesehen, insbesondere wird nicht der Eintritt eines bestimmten Erfolges gefordert. Es handelt sich demnach um ein Ungehorsamsdelikt. Fahrlässiges Handeln wird daher nach § 5 Abs 1 VStG vermutet. Es wäre Sache des Beschuldigten gewesen mangelndes Verschulden glaubhaft zu machen. Dies ist dem Beschuldigten nicht gelungen. Insbesondere kann das Vorbringen des Beschuldigten, dass er Urlauber war und ihm daher die nächste Polizeidienststelle nicht bekannt gewesen sei, nicht berücksichtigt werden. Es wäre dem Beschuldigten in diesem Falle zumutbar gewesen, sich nach der nächsten Polizeidienststelle zu erkundigen bzw deren Telefonnummer in Erfahrung zu bringen (vgl etwa VwGH 27.09.1989, 89/02/0027). Auch die Tatsache, dass der Beschuldigte dem Busunternehmen per Telefon bzw dem Lenker eines anderen Linienbusses persönlich seine Daten mitteilte, kann den erforderlichen Identitätsnachweis gegenüber dem Unfallgegner bzw dem Geschädigten nicht ersetzen. Überhaupt ist ein „Nachweis“ der Identität telefonisch gar nicht möglich (vgl VwGH 13.02.1978, 1853/76). Eine Meldung nach § 4 Abs 5 StVO muss zwar nicht persönlich erfolgen, sondern kann auch durch einen Boten erstattet werden, wobei dieser auch der Zweitbeteiligte sein kann. Um eine ordnungsgemäße Meldung erstatten zu können, wäre es allerdings erforderlich gewesen, dass dem als Boten fungierenden Unfallgegner die persönlichen Daten des Beschuldigten bekannt gewesen wären (VwGH 23.07.1999, 99/02/0087). Der Beschuldigte kann sich daher auch nicht darauf berufen, dass der Unfall bereits durch den Unfallgegner der Polizei gemeldet wurde.
Der Beschuldigte hat daher den Tatbestand einer Übertretung des § 4 Abs 5 StVO auch in subjektiver Hinsicht erfüllt.
6. Nach § 45 Abs 1 letzter Satz VStG kann die Behörde, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung und das Verschulden des Beschuldigten gering sind, anstatt die Einstellung zu verfügen, dem Beschuldigten unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.
Ungeachtet der Formulierung „kann“ ist davon auszugehen, dass der Beschuldigte bei Vorliegen der Voraussetzungen einen Rechtsanspruch auf die Anwendung des § 45 Abs 1 letzter Satz VStG hat (vgl die Judikatur zur Vorgängerbestimmung des § 21 VStG idF vor BGBl I Nr 33/2013; zB VwGH 29.11.2007, 2007/09/0229).
Die Ermahnung des Beschuldigten ist zwar keine Strafe, sie ist gleichwohl nur für jene Fälle vorgesehen, in welchen an sich die Voraussetzungen für die Verhängung einer Strafe gegeben sind (Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 45 Rz 3). Wie bereits unter Pkt 5.3. ausgeführt, hat der Beschuldigte den Tatbestand des § 99 Abs 3 lit b iVm § 4 Abs 5 StVO sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht erfüllt.
Schutzzweck des § 4 Abs 5 StVO ist, dass bei einem Unfallereignis die unfallbeteiligten Personen bzw der durch einen Unfall Geschädigte Kenntnis von der Identität des anderen Unfallbeteiligten bzw des Unfallverursachers erlangen können. Es soll diesen Personen die Möglichkeit gegeben werden, ohne unnötigen Aufwand und Schwierigkeiten klarstellen zu können, mit wem sie sich hinsichtlich der Schadensregulierung in der Folge auseinanderzusetzen haben werden.
Hinsichtlich der Übertretung gemäß § 4 Abs 5 StVO ist von geringem Verschulden des Beschuldigen auszugehen. Dieser ist zwar der Meldepflicht nach Abs 5 nicht nachgekommen, jedoch hat er kurz nach dem Vorfall, nachdem er den Schaden an seinem Fahrzeug festgestellt hatte, mit dem geschädigten Busunternehmen sogleich Kontakt aufgenommen und seine Daten – wenn auch nicht nachweislich – bekanntgegeben. Weiters hat er seine Daten gegenüber einem anderen Busfahrer desselben Unternehmens bekanntgegeben. Der Beschuldigte hat sich daher bemüht dem Geschädigten seine Daten zukommen zu lassen, auch wenn dies einen Identitätsnachweis nicht ersetzt und die Meldepflicht nach § 4 Abs 5 StVO bereits entstanden war. Mit der Benachrichtigung des Busunternehmens hat der Beschuldigte auch das Rechtsziel des § 4 Abs 5 erfüllt, da dem geschädigten Busunternehmen nunmehr bekannt war, mit wem es sich hinsichtlich der Schadensregulierung auseinanderzusetzen haben wird. Es war daher auch die Beeinträchtigung des Rechtsgutes als gering zu beurteilen. Es liegen daher die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ermahnung gemäß § 45 Abs 1 letzter Satz VStG vor. Die Ermahnung scheint erforderlich um den Beschuldigten von weiteren Straftaten dieser Art abzuhalten.
7. Gemäß § 19 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) iVm § 38 VwGVG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Schutzzweck des § 4 Abs 1 lit a StVO ist es, festzustellen ob aus einem Verkehrsunfall ein Schaden resultiert und Verpflichtungen nach § 4 Abs 1 lit b, Abs 2 oder Abs 5 StVO bestehen. Der Beschuldigte hat mit seinem Verhalten diesem Schutzzweck zuwidergehandelt.
Hinsichtlich der Übertretung des § 4 Abs 1 lit a StVO ist von fahrlässigem Handeln des Beschuldigten auszugehen. Bei der Strafbemessung war als Milderungsgrund die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers zu berücksichtigen. Straferschwerungsgründe sind keine hervorgetreten.
Der Beschuldigte hat angegeben, dass er verheiratet sei. Er sei Rentner und habe ein monatliches Nettoeinkommen von ca 1.500 Euro. Er besitze ein Haus bzw eine Eigentumswohnung und einen Pkw. Schulden habe er keine.
Unter Würdigung des vorgetragenen Sachverhaltes und unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers findet das Landesverwaltungsgericht die von der Behörde zu Spruchpunkt 1. festgesetzte Strafe schuld-, tat-, vermögens- und einkommensangemessen.
8. Zur Zulässigkeit der Revision zu Spruchpunkt 1. und 2. des behördlichen Straferkenntnisses:
Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Zur Zulässigkeit der Revision zu Spruchpunkt 3. des behördlichen Straferkenntnisses:
Gemäß § 25a Abs 4 VwGG ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten nach Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG nicht zulässig, wenn in einer Verwaltungsstrafsache oder einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wurde. Im vorliegenden Fall durfte eine Geldstrafe von bis zu 726 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden. Auch wurde im Erkenntnis keine Geldstrafe verhängt sondern lediglich eine Ermahnung ausgesprochen. Eine Revision wegen Verletzung in Rechten gemäß Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG ist daher nicht zulässig.
Schlagworte
Verkehrsunfall, Ermahnung, Meldepflicht, Nachweis Name und AdresseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGVO:2019:LVwG.1.541.2018.R15Zuletzt aktualisiert am
14.05.2019