Entscheidungsdatum
04.04.2019Index
81/01 WasserrechtsgesetzNorm
WRG 1959 §105 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Spielmann über die Beschwerde der AA-GmbH, vertreten durch Rechtsanwältin BB, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 23.01.2019, Zahl *****, betreffend der wasserrechtlichen Bewilligung für eine Zufahrtsstraße im Uferbereich des Flusses CC
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird Folge gegeben, sodass die Auflagen 12, 13 und 14 in Spruchpunkt I/E des angefochtenen Bescheides ersatzlos behoben werden.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahren:
Die AA-GmbH plant eine Betriebserweiterung in Y. Dabei soll im Zuge einer Hallenerweiterung auch eine neue Zufahrtsstraße auf den im Eigentum der AA-GmbH stehenden Grundstücke Nr **1, **2 und **3, alle KG X, im Uferbereich des Flusses CC errichtet werden.
Mit Schreiben vom 08.05.2018 hat die AA-GmbH um die wasser- und naturschutzrechtliche Bewilligung für diese Zufahrtsstraße angesucht. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die beantragte Bewilligung für dieses Straßenbauvorhaben unter Vorschreibung von Auflagen erteilt.
Mit Schreiben vom 20.02.2019 hat die AA-GmbH gegen die Vorschreibung der wasserrechtlichen Auflagen 12, 13 und 14 in Spruchpunkt I/E dieses Bescheides fristgerecht Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol erhoben.
II. Erwägungen:
1. Zur Auflage 12:
Die angefochtene Auflage 12 lautet wie folgt:
„Die Befahrbarkeit des Uferweges bzw. linksseitigen Uferstreifens des Flusses CC, südseitig des Betriebsgebäudes ist für die Bundeswasserbauverwaltung laut dem Einreichprojekt auf einer Breite von 5,0 m bzw. 4,50 m auf Dauer uneingeschränkt und kostenlos sicherzustellen.“
Die belangte Behörde hat diese Auflage mit folgendem Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen begründet:
„Die von der Bundeswasserbauverwaltung errichteten 9 Bruchsteinrippen zum Schutz des Gewerbegebietes haben sich bisher gut bewährt. Um auch die laufende Instandhaltung und das Erreichen der Verbauung bei Soforteinsätzen zukünftig jedenfalls sicherzustellen, wird aus wasserbautechnischer Sicht im Zuge der Hallenerweiterung eine Zufahrtsmöglichkeit mittels schwerer Baufahrzeuge (Bagger, Lkw) verlangt. Neben der baulichen Errichtung der Zufahrt ist daher auch sicherzustellen, dass diese für die Bundeswasserbauverwaltung und Verwaltung des Öffentlichen Wassergutes jederzeit ungehindert, kostenlos und ohne Erschwernisse nutzbar sein muss. In die nun eingereichten Projektunterlagen wurden die Vorgaben hinsichtlich der notwendigen Ufersicherung und Ausbildung des Weges berücksichtigt.“
Im Rahmen des vom Landesverwaltungsgericht durchgeführten Parteigehörs (Schreiben vom 13.03.2019) hat das Baubezirksamt Z mit Schreiben vom 25.03.2019 vorgebracht, dass die Errichtung des beantragten Weges eine Voraussetzung dafür sei, dass die Wasserbauverwaltung auch nach der geplanten Hallenerweiterung die Instandhaltung und Uferbetreuung des Flusses CC durchführen könne. Mit der geplanten Hallenerweiterung bis direkt an den Uferrand wäre ohne die Errichtung des Weges ein uferläufiges Befahren wie bisher unterbunden. Daher sei die Errichtung des Weges als Vorleistung für die geplante Hallenerweiterung zu sehen.
Dazu ist zunächst klarzustellen, dass der angefochtene Bescheid ausschließlich die Errichtung der Zufahrtsstraße auf Eigengrundstücken der Antragstellerin zum Gegenstand hat. Eine allfällige Hallenerweiterung auf dem Betriebsgelände der Antragstellerin ist weder antragsgegenständlich, noch können im vorliegenden Verfahren diesbezügliche Auflagen vorgeschrieben werden. Auflagen gemäß § 105 Abs 1 WRG 1959 sind im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren nur zur Hintanhaltung jener Beeinträchtigungen zulässig, die vom beantragten Vorhaben ausgehen. Dass im vorliegenden Fall die beantragte und bewilligte Zufahrtsstraße zu einer Beeinträchtigung öffentlicher Interessen oder der Interessen der Bundeswasserbauverwaltung führen könnte, kann dem Ermittlungsergebnis nicht entnommen werden. Ganz im Gegenteil hat der wasserbautechnische Amtssachverständige die Errichtung der beantragten Zufahrtsstraße sogar ausdrücklich gefordert. Die angefochtene Auflage 12 zielt jedenfalls nicht auf Beeinträchtigungen ab, die von der beantragten Zufahrtsstraße ausgehen.
Zudem stellt die angefochtene Auflage 12 quasi die kostenlose Einräumung einer dauernden Wegdienstbarkeit zugunsten der Bundeswasserbauverwaltung dar. Die zwangsweise Einräumung einer Dienstbarkeit im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren hat aber nicht im Wege einer Auflage, sondern in einem Verfahren nach §§ 60 ff WRG 1959 zu erfolgen. Um den schädlichen Wirkungen eines Gewässers zu begegnen, könnte die Behörde etwa gemäß § 63 lit a WRG 1959 Dienstbarkeiten begründen, die den Zugang zu einem öffentlichen Gewässer eröffnen oder erheblich erleichtern. Im vorliegenden Fall ist jedoch zur Errichtung der beantragten Zufahrtsstraße, für die ausschließlich Eigengrund der Antragstellerin beansprucht wird, keine zwangsweise Einräumung einer Dienstbarkeit zugunsten Dritter erforderlich.
Im Übrigen sieht § 72 Abs 1 WRG 1959 vor, dass Eigentümer von Grundstücken und Wasserberechtigte das Betreten und Benutzen ihrer Grundstücke für Instandhaltungsarbeiten an Gewässern und zur Ausführung und Instandhaltung von Wasserbauten und Anlagen ohnehin zu dulden haben. Für Maßnahmen, zu denen bereits das Gesetz unmittelbar verpflichtet, bedarf es aber keiner Bescheidauflage. Die bloße Wiederholung von Vorschreibungen, die bereits durch das Gesetz festgelegt sind, kann nicht als Nebenbestimmung angesehen werden (vgl VwGH 07.08.2018, Ra 2018/02/0046).
Die angefochtene Auflage 12 ist somit ersatzlos zu beheben.
2. Zur Auflage 13:
Die angefochtene Auflage 13 lautet wie folgt:
„Für die Gemeinde W ist das uneingeschränkte Gehen und Fahren mit Fahrzeugen aller Art zu den Gp. **2, **4 und **1, alle KG X, auf Dauer kostenlos sicherzustellen, sodass die Gemeinde W keine Verpflichtung zur Herstellung einer öffentlichen Verkehrsfläche in diesem Bereich trifft.“
Diese Auflage wurde aufgrund einer Forderung der Gemeinde W in den Bescheid aufgenommen.
§ 102 Abs 1 WRG 1959 sieht folgende Parteien des wasserrechtlichen Verfahrens vor:
„a) der Antragsteller;
b) diejenigen, die zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollen oder deren Rechte (§ 12 Abs. 2) sonst berührt werden, sowie die Fischereiberechtigten (§ 15 Abs. 1) und die Nutzungsberechtigten im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, sowie diejenigen, die einen Widerstreit (§§ 17, 109) geltend machen; ferner
c) im Verfahren über die Auflassung von Wasseranlagen oder über das Erlöschen von Wasserrechten die im § 29 Abs. 1 und 3 genannten Personen;
d) Gemeinden im Verfahren nach § 111a, sonst nur zur Wahrung des ihnen nach § 13 Abs. 3 und § 31c Abs. 3 zustehenden Anspruches;
e) diejenigen, die als Mitglieder einer Wassergenossenschaft oder eines Wasserverbandes herangezogen werden sollen;
f) im Verfahren über die Auflösung von Wassergenossenschaften oder Wasserverbänden die im § 83 Abs. 3 genannten Personen und Stellen;
g) diejenigen, deren wasserwirtschaftliche Interessen durch ein Regionalprogramm (§ 55g Abs. 1 Z 1) als rechtliche Interessen anerkannt wurden;
h) das wasserwirtschaftliche Planungsorgan in Wahrnehmung der in § 55 Abs. 2 lit. a bis g genannten Aufgaben, nach Maßgabe des § 55 Abs. 5.“
Mit dem angefochtenen Bescheid
? werden ausschließlich Baumaßnahmen auf Eigengrundstücken der Antragstellerin bewilligt,
? wird die Gemeinde W zu keiner Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet,
? werden die Rechte der Gemeinde W iSd § 12 Abs 2 WRG 1959 (rechtmäßig geübte Wassernutzungen, Nutzungsbefugnisse an Privatgewässern und das Grundeigentum) nicht berührt,
? wird keine Bewilligung nach § 111a WRG 1959 (Grundsatzgenehmigung; Detailgenehmigung) erteilt,
? werden die Ansprüche der Gemeinde W nach § 13 Abs 3 WRG 1959 (Entzug des für die Abwendung von Feuersgefahren, für sonstige öffentliche Zwecke oder für Zwecke des Haus- und Wirtschaftsbedarfes erforderlichen Wassers) nicht berührt und
? werden die Ansprüche der Gemeinde W nach § 31c Abs 3 WRG 1959 (Beeinträchtigung der Trinkwasserversorgung) nicht berührt.
Der Gemeinde W kommt daher im vorliegenden wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren keine Parteistellung zu.
Sofern die Gemeinde W im Rahmen des vom Landesverwaltungsgericht durchgeführten Parteigehörs (Schreiben vom 13.03.2019) mit Schreiben vom 15.03.2019 vertragliche Verpflichtungen der Antragstellerin und raumordnungsrechtliche Interessen der Gemeinde vorbringt, werden keine wasserrechtlich geschützten Rechte der Gemeinde ins Treffen geführt. Überhaupt tangiert die angefochtene Auflage 13 keine wasserrechtlich geschützten Rechte der Gemeinde.
Die angefochtene Auflage 13 ist somit ersatzlos zu beheben.
3. Zur Auflage 14:
Die angefochtene Auflage 14 zugunsten des Fischereiberechtigten DD lautet wie folgt:
„Es muss durchgehender freier Zugang zum Gewässer, wie derzeit, gewährleistet sein.“
Diese Auflage wurde aufgrund eines Begehrens des Fischereiberechtigten in den Bescheid aufgenommen.
Dazu ist zunächst klarzustellen, dass Fischereiberechtigte gemäß § 102 Abs 1 lit b WRG 1959 Parteistellung im wasserrechtlichen Verfahren haben. Gemäß § 15 Abs 1 WRG 1959 sind Fischereiberechtigte jedoch darauf beschränkt, anlässlich der Bewilligung von Vorhaben mit nachteiligen Folgen für ihre Fischwässer Maßnahmen zum Schutz der Fischerei zu begehren. Dem Begehren ist Rechnung zu tragen, insoweit hiedurch das geplante Vorhaben nicht unverhältnismäßig erschwert wird. Nach der Judikatur erlegt § 15 Abs 1 WRG 1959 den Fischereiberechtigten selbst die Obliegenheit auf, dem projektierten Vorhaben mit solchen konkretisierten Vorschlägen zu begegnen, die sich nach Maßgabe des § 15 WRG 1959 dazu eignen, in die Bewilligung des beantragten Vorhabens durch Vorschreibung von Auflagen Eingang zu finden (vgl VwGH 25.10.2012, 2011/07/0153). Im vorliegenden Verfahren ist also zu prüfen, ob der Fischereiberechtigte mit der Auflage 14 eine geeignete Maßnahme zum Schutz seiner Fischerei begehrt hat (vgl VwGH 15.09.2005, 2005/07/0071).
Weder dem eingereichten Projekt noch dem Ermittlungsergebnis oder der Stellungnahme des Fischereiberechtigten kann entnommen werden, dass sich die beantragte Zufahrtsstraße nachteilig auf die Fischwässer des Fischereiberechtigten auswirken könnte. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das beantragte Vorhaben den Zugang zu einem Fischereigewässer behindern könnte. Insbesondere sieht das Vorhaben keine Errichtung von Zäunen, Mauern oder ähnlichen Hindernissen vor. Auch im Rahmen des vom Landesverwaltungsgericht durchgeführten Parteigehörs (Schreiben vom 13.03.2019) hat der Fischereiberechtigte nicht dargetan, inwiefern sich die bewilligte Zufahrtsstraße nachteilig auf seine Fischwässer auswirken könnte.
Sollte mit der angefochtenen Auflage 14 beabsichtigt sein, die Antragstellerin zu einer aktiven Handlung zu verpflichten (zB bauliche Adaptierungen des beantragten Vorhabens oder aktives Freihalten des Gewässerzuganges), entspricht sie nicht dem Bestimmtheitsgebot des § 59 Abs 1 AVG. Es bleibt völlig offen, welcher Zugang wo und wie freizuhalten ist.
Im Übrigen haben Fischereiausübungsberechtigte gemäß § 23 Abs 1 Tiroler Fischereigesetz 2002 das Recht, zur Durchführung von Tätigkeiten, die für die Ausübung der Fischerei erforderlich sind, fremde Grundstücke und Anlagen im unbedingt notwendigen Ausmaß zu betreten und zu benützen, wenn diese Tätigkeiten sonst nicht oder nur mit einem unverhältnismäßig großen Aufwand durchgeführt werden könnten. Für Maßnahmen, zu denen bereits das Gesetz unmittelbar verpflichtet, bedarf es aber keiner Bescheidauflage. Die bloße Wiederholung von Vorschreibungen, die bereits durch das Gesetz festgelegt sind, kann nicht als Nebenbestimmung angesehen werden (vgl VwGH 07.08.2018, Ra 2018/02/0046).
Auch die angefochtene Auflage 14 ist somit ersatzlos zu beheben.
III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag. Spielmann
(Richter)
Schlagworte
Auflage; NebenbestimmungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2019.44.0461.4Zuletzt aktualisiert am
14.05.2019