Entscheidungsdatum
01.04.2019Norm
BFA-VG §22a Abs1 Z2Spruch
W171 2117896-2/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA Pakistan, vertreten durch RA Dr. Klaus Schimik, gegen die Festnahme und Anhaltung des Beschwerdeführers durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vom 14.03.2016, 09:20 Uhr, bis 16.03.2016, 14:20 Uhr, zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 Z 2 iVm § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.
II. Der Antrag auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.
III. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG iVm VwG-Aufwandersatzverordnung, hat der Beschwerdeführer dem Bund (Bundesminister für Inneres) Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Pakistans, stellte am 09.06.2006 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX wurde der Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch in Bezug auf die Gewährung subsidiären Schutzes abgewiesen, gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Pakistan ausgewiesen. Mit - ordnungsgemäß zugestelltem - Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom XXXX , XXXX , wurde eine dagegen eingebrachte Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung erwuchs in weiterer Folge in Rechtskraft.
1.2. Der Beschwerdeführer beantragte am 08.07.2015 einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG.
1.3. Die pakistanische Vertretungsbehörde stellte dem Beschwerdeführer am 11.09.2015 einen manuellen (handschriftlichen) Reisepass aus. Er wurde am 02.12.2015 mittels Charter nach Pakistan abgeschoben. Die pakistanischen Behörden weigerten sich jedoch, den Beschwerdeführer aufgrund seines handschriftlich ausgestellten Reisepasses zu übernehmen, weshalb er wieder nach Österreich zurückkehrte.
1.4. Am 14.03.2016 wurde der Beschwerdeführer auf Basis eines Festnahmeauftrags vom 07.03.2016 festgenommen und in ein Polizeianhaltezentrum überstellt.
1.5. Mit Schriftsatz vom 14.03.2016 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 und Art. 132 Abs. 2 B-VG. Darin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Beschwerdeführer am 14.03.2016 im Rahmen einer "Befragung über die Erteilung eines Aufenthaltstitels" festgenommen worden sei und seither im Polizeianhaltezentrum zur Vorbereitung der Abschiebung am 16.03.2016 angehalten werde. Die belangte Behörde berufe sich auf einen sechs Jahre alten rechtskräftigen Bescheid, mit dem die Ausweisung aus Österreich verfügt worden sei. Ein derartiger Bescheid liege dem Beschwerdeführer oder seinem Rechtsvertreter nicht vor. Der Beschwerdeführer habe am 08.07.2015 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG gestellt. Bis dato sei über den Antrag nicht entscheiden worden. Die nunmehr verfügte Abschiebung und die dazu angeordnete Festnahme und Anhaltung seien rechtswidrig, da zunächst über den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zu entscheiden sei. Abschließend wurden die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde beantragt, da die Abschiebung eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 8 EMRK darstelle.
1.6. Die Beschwerde langte am 14.03.2016 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
1.7. Der Beschwerdeführer wurde am 16.03.2016 nach Pakistan abgeschoben.
1.8. In einer Stellungnahme vom 16.03.2018 brachte das BFA zur gegenständlichen Beschwerde vor, dass gemäß § 58 Abs. 13 AsylG ein Antrag gemäß § 55 AsylG kein Aufenthalts- oder Bleiberecht begründe. Dieser Antrag könne daher in einem Verfahren nach den 7. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Das Verfahren des Beschwerdeführers sei seit 2010 anhängig. Aufgrund seines bisherigen Verhaltes sei nicht zu erwarten, dass er seiner Ausreiseverpflichtung selbstständig nachkommen werde und habe daher ein Festnahmeauftrag ausgesprochen werden müssen. Es bestehe ein öffentliches Interesse an der Durchsetzung der bestehenden asylrechtlichen Ausweisung.
1.9. Mit Bescheid des BFA vom 18.03.2016 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK vom 09.07.2015 als unzulässig zurückgewiesen.
Der dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX , stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
Mit Bescheid vom 29.11.2016, wurde der Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung erlassen.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX , als unbegründet abgewiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Pakistans und besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft. Er ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG.
Der Beschwerdeführer reiste am 09.06.2006 illegal nach Österreich ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen, zugleich wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Pakistan nicht zuerkannt und wurde er gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Pakistan ausgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom XXXX , abgewiesen und erwuchs am 29.07.2009 in Rechtskraft.
Am 07.03.2016 wurde gegen den Beschwerdeführer ein Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG erlassen. Am 14.03.2016 wurde der Beschwerdeführer um 09:20 festgenommen und um 11:16 Uhr in das Polizeianhaltezentrum XXXX überstellt. Am 14.03.2016 übermittelte das Bundesamt den Abschiebeauftrag - Luftweg für den 16.03.2016, 13:40 Uhr.
Der Beschwerdeführer befand sich von 14.03.2016, 11:16 Uhr bis 15.03.2016, 07:30 Uhr, im Polizeianhaltezentrum XXXX und vom 15.03.2016, 08:32 Uhr bis 16.03.2016, 14:20 Uhr im Polizeianhaltezentrum XXXX . Am 16.03.2016 um 13:40 Uhr wurde der Beschwerdeführer per Charterflug nach Pakistan abgeschoben.
Gegen den Beschwerdeführer wurde keine Schubhaft verhängt.
2. Beweiswürdigung:
Die Angaben zum Verfahrensgang ergeben sich aus den Verwaltungs- und Gerichtsakten.
Die Zustellung und damit die Rechtskraft der Entscheidung des Asylgerichtshofes vom XXXX , ergibt sich insbesondere aus den im Akt aufliegenden Zustellbestätigungen. Die Entscheidung wurde dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 29.07.2009 und dem Beschwerdeführer selbst am 03.08.2009 zugestellt.
Die Angaben zur Festnahme, Anhaltung und Abschiebung des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem Akteninhalt und einem Auszug aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu Spruchpunkt I.:
3.1.1. Gemäß § 9 Abs. 2 FPG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl; über Beschwerden gegen Entscheidungen der Landespolizeidirektionen entscheiden, soweit nicht anderes bestimmt ist, gemäß § 9 Abs. 1 FPG die Verwaltungsgerichte der Länder.
Gemäß § 7 Abs. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht u. a. über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Z 1) sowie über Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG (§§ 34 - 47 BFA-VG) und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG (Z 3).
Gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG hat der Fremde das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist (Z 1), wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde (Z 2) oder wenn gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde (Z 3).
Während der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung VwGH 26.1.2001, 2000/02/0340, zu § 72 Abs. 1 FrG 1997 noch davon ausging, dass mit Anhaltung nur die Anhaltung in Schubhaft gemeint war, subsumierte der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VwGH 19.5.2011, 2009/21/0214, zu § 82 Abs. 1 FPG aF eine Anhaltung ohne Erlassung eines Schubhaftbescheides ausdrücklich unter § 82 Abs. 1 Z 2 FPG, weil diese Bestimmung nicht nur für Beschwerden gegen die Anhaltung in Schubhaft, "sondern für jede Beschwerde, die sich gegen eine auf das FPG gestützte Anhaltung richtet," zur Verfügung stand. Gleiches hat auch für die Anfechtungsbefugnis gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG zu gelten, der ausweislich der Erläuterungen (RV 2144 BlgNR 24. GP) § 82 Abs. 1 FPG aF entspricht (vgl. Szymansiki, § 22a BFA-VG Anm. 1, in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht, 2014).
Die Beschwerde richtet sich ausdrücklich gegen die Festnahme und Anhaltung des Beschwerdeführers; es liegt daher eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 2 BFA-VG vor.
3.1.2. Gemäß § 39 FPG sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, einen Fremden unter bestimmten Voraussetzungen zum Zwecke der Vorführung vor die Landespolizeidirektion festzunehmen und bis zu 24 Stunden anzuhalten.
Der Fremde hat gemäß § 82 FPG das Recht, das Landesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme oder Anhaltung anzurufen, wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist (Z 1) oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wurde oder wird (Z 2). Zur Entscheidung ist gemäß § 83 FPG in den Fällen des § 82 Z 2 FPG das Landesverwaltungsgericht zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung angeordnet hat. In den Fällen des § 82 Z 1 FPG richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Festnahme (vgl. Schmalzl in Schrefler-König/Szymanski [Hrsg.], Fremdenpolizei- und Asylrecht, FPG § 82 Anm. 5; § 83 Anm. 2; VwGH 27.05.2010, 2008/21/0602).
Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind nach § 40 Abs. 1 BFA-VG ermächtigt, einen Fremden zum Zweck der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen, gegen den ein Festnahmeauftrag (§ 34) besteht (Z 1), wenn dieser Auflagen gemäß §§ 56 Abs. 2 oder 71 Abs. 2 FPG verletzt (Z 2) oder der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 3). In den Fällen der Abs. 1 und 2 kann gemäß § 40 Abs. 3 BFA-VG die Festnahme unterbleiben, wenn gewährleistet ist, dass der Fremde das Bundesgebiet unverzüglich über eine Außengrenze verlässt. Das Bundesamt ist gemäß § 40 Abs. 4 BFA-VG ohne unnötigen Aufschub über die erfolgte Festnahme zu verständigen. Die Anhaltung eines Fremden ist in den Fällen der Abs. 1 Z 2 und 3 und Abs. 2 bis zu 48 Stunden und in den Fällen des Abs. 1 Z 1 bis zu 72 Stunden zulässig; darüber hinaus ist Freiheitsentziehung nur gemäß § 77 Abs. 5 FPG oder in Schubhaft gemäß § 76 FPG möglich. Dem festgenommenen Fremden ist die Vornahme der Festnahme über sein Verlangen schriftlich zu bestätigen.
Ein Festnahmeauftrag kann gemäß § 34 Abs. 3 BFA-VG gegen einen Fremden auch dann erlassen werden, wenn die Voraussetzungen zur Verhängung der Schubhaft nach § 76 FPG oder zur Anordnung gelinderer Mittel gemäß § 77 Abs. 1 FPG vorliegen und nicht aus anderen Gründen die Vorführung vor das Bundesamt erfolgt (Z 1), wenn er seiner Verpflichtung zur Ausreise (§§ 52 Abs. 8 und 70 Abs. 1 FPG) nicht nachgekommen ist (Z 2), wenn gegen den Fremden ein Auftrag zur Abschiebung (§ 46 FPG) erlassen werden soll (Z 3) oder wenn er, ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zu eigenen Handen zugestellten Ladung gemäß § 46 Abs. 2a FPG, in der dieses Zwangsmittel angedroht war, zur Befragung zur Klärung seiner Identität und Herkunft, insbesondere zum Zweck der Einholung eines Ersatzreisedokumentes bei der zuständigen ausländischen Behörde durch die Behörde, nicht Folge geleistet hat (Z 4). Der Festnahmeauftrag ergeht laut § 34 Abs. 5 BFA-VG in Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehlsgewalt; er ist aktenkundig zu machen. Die Anhaltung auf Grund eines Festnahmeauftrages darf 72 Stunden nicht übersteigen und ist nach Durchführung der erforderlichen Verfahrenshandlungen zu beenden. In den Fällen der Abs. 1 bis 4 ist dem Beteiligten gemäß § 34 Abs. 6 BFA-VG auf sein Verlangen sogleich oder binnen der nächsten 24 Stunden eine Durchschrift des Festnahmeauftrages zuzustellen. Das Bundesamt hat die Erlassung und den Widerruf eines Festnahmeauftrags gemäß § 34 Abs. 9 BFA-VG den Landespolizeidirektionen bekannt zu geben.
Der Beschwerdeführer wurde am 14.03.2016 um 09:20 Uhr auf Basis eines Festnahmeauftrags gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG festgenommen und ins Polizeianhaltezentrum XXXX überstellt. Der Abschiebeauftrag - Luftweg für den 16.03.2016, 13:40 Uhr wurde am selben Tag erlassen. Es besteht daher kein Zweifel, dass die Sicherheitsorgane mit der Anhaltung des Beschwerdeführers bis zur Abschiebung am 16.03.2016 sowie mit der in dieser Zeit vorgenommenen Überstellung ins Polizeianhaltezentrum Roßauer Lände am 15.03.2016 und der Verbringung zum Flughafen Wien-Schwechat am 16.03.2016 entsprechend den Aufträgen des Bundesamtes gehandelt haben (VwGH 03.09.2015, Ro 2015/21/0025) und sich die in Beschwerde gezogene Anhaltung durch das Bundesamt gestützt auf die Bestimmungen der §§ 34, 40 BFA-VG auf den Zeitraum 14.03.2016, 09:20, bis 16.03.2016, 14:20, bezieht.
3.1.3. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zur Prüfung der Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 2 BFA-VG gegen die dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurechenbare Anhaltung gemäß § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG iVm § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG vom 14.03.2016, 09:20, bis 16.03.2016, 14:20, zuständig.
3.1.4. Die gesonderte Anfechtung eines Festnahmeauftrages kommt jedenfalls nach vollzogener Festnahme schon zur Vermeidung von Doppelgleisigkeiten nicht in Betracht (VwGH 03.09.2015, Ro 2015/21/0025); bei der Überprüfung der Festnahme ist allerdings zu prüfen, ob die Festnahme rechtswidrig war, weil der zugrundeliegende Festnahmeauftrag nicht hätte ergehen dürfen oder weil er jedenfalls vor seinem Vollzug zu widerrufen gewesen wäre (VwGH 25.10.2012, 2010/21/0378).
Das Bundesamt erließ am 07.03.2016 einen Festnahmeauftrag gegen den Beschwerdeführer, der nicht österreichischer Staatsbürger sondern pakistanischer Staatsangehöriger ist, weil ein Auftrag zur Abschiebung beabsichtigt war und gegen den Beschwerdeführer eine durchsetzbare Ausweisung bestand. Die Voraussetzungen des § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG waren somit erfüllt.
Gemäß § 58 Abs. 13 AsylG begründen Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 AsylG kein Aufenthalts- oder Bleiberecht und stehen der Erlassung oder Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. Und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Der Antrag des Beschwerdeführers vom 08.07.2015 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG stand daher der Durchsetzbarkeit der seit 27.09.2009 rechtskräftigen Ausweisung nicht entgegen.
3.1.5. Nach Art. 5 Abs. 1 EMRK hat jedermann ein Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf einem Menschen nur in den Fällen des Abs. 1 lit. a bis f und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden.
Art. 1 PersFrBVG gewährleistet dieses Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit) ebenfalls. Nach Art. 1 Abs. 2 PersFrBVG darf niemand aus anderen als den in diesem BVG genannten Gründen oder auf andere als die gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden. Der Entzug der persönlichen Freiheit darf nach Art. 1 Abs. 3 PersFrBVG nur vorgesehen werden, wenn dies nach dem Zweck der Maßnahme notwendig ist. Er ist nur zulässig, wenn und soweit dies nicht zum Zweck der Maßnahme außer Verhältnis steht. Nach Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG darf die persönliche Freiheit einem Menschen auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden, wenn dies notwendig ist, um eine beabsichtigte Ausweisung oder Auslieferung zu sichern.
Die Anhaltung eines Fremden ist in den Fällen der § 40 Abs. 1 Z 1 gemäß Abs. 4 BFA-VG bis zu 72 Stunden zulässig.
Dabei handelt es sich aber - wie bei § 39 FPG (vgl. VwGH 12.09.2013, 2012/21/0204) - um eine Maximalfrist. Auch im Bereich fremdenpolizeilicher Festnahmen ist die Behörde schon aus verfassungsrechtlichen Gründen verpflichtet, die Anhaltedauer so kurz als möglich zu halten und im Interesse einer kurzen Haftdauer die dafür notwendigen und ihr zumutbaren organisatorischen und personellen Maßnahmen zu treffen.
Der Beschwerdeführer wurde am 14.03.2016 um 09:20 Uhr auf Basis eines Festnahmeauftrags gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG festgenommen. Das Bundesamt hatte zum Zeitpunkt der Erlassung des Festnahmeauftrags am 07.03.2016 bereits den (nächstmöglichen) Flug und die Abschiebung organisiert; das Verfahren wurde sohin sehr zügig geführt. Die Anhaltung im Rahmen des § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG dauerte insgesamt 53 Stunden. Die Dauer der Anhaltung war damit nicht unverhältnismäßig.
Es ist daher - auch vor dem Hintergrund der tatsächlich erfolgten Abschiebung innerhalb der für die Anhaltung im Rahmen der Festnahme vorgesehenen Höchstfrist - der belangten Behörde nicht vorzuwerfen, wenn sie davon ausging, dass die Abschiebung tatsächlich in Frage kommt und innerhalb der vorgesehenen Frist bewerkstelligt werden konnte (vgl. zur Schubhaft VwGH 26.09.2007, 2007/21/0253; 23.10.2008, 2006/21/0128; 11.06.2013, 2013/21/0024).
3.1.6. Aus diesen Gründen ist die Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 2 iVm § 40 Abs. 1 Z 1 und § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG als unbegründet abzuweisen. Die Erledigung der Beschwerde hinsichtlich der behaupteten Rechtswidrigkeit der Abschiebung bleibt einer gesonderten Entscheidung vorbehalten.
3.2. Zu Spruchpunkt II. und III., Kostenentscheidung:
3.2.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).
Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.
Dem Beschwerdeführer gebührt als unterlegene Partei daher kein Kostenersatz, die belangte Behörde ist auf Grund der Beschwerdeabweisung obsiegende Partei und hat Anspruch auf Kostenersatz.
3.2.2. Nach § 35 Abs. 4 VwGVG gelten als Aufwendungen gemäß Abs. 1 die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat (Z 1), die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren (Z 2), sowie die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand (Z 3). Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat gemäß Abs. 5 den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht. Aufwandersatz ist laut Abs. 7 auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.
Die belangte Behörde beantragt in der Beschwerdevorlage den Ersatz von Vorlage- und Schriftsatzaufwand.
§ 1 VwG-AufwErsV bestimmt die Höhe des zu ersetzenden Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei mit €
57,40 und die Höhe des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei € 368,80.
Der Beschwerdeführer hat der belangten Behörde daher Kosten iHv €
426,20 zu ersetzen.
3.3. Eine gesonderte Entscheidung über die in der Beschwerde vom 14.03.2016 beantragte aufschiebende Wirkung konnte angesichts der Abschiebung des Beschwerdeführers am 16.03.2016 um 14:20 entfallen. Aufgrund der Sprachkenntnis des Beschwerdeführers konnte eine Übersetzung der wesentlichen Teile des Erkenntnisses und der Rechtsmittelbelehrung entfallen.
3.4. Entfall einer mündlichen Verhandlung
Der Verfassungsgerichtshof hat in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der bis 31.12.2013 geltenden Fassung unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 GRC ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11 ua.).
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12.03.2012, U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstanziiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.
Die Beschwerde stützt sich bei der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Anhaltung auf zwei Gründe: Einerseits auf die Behauptung, dass dem Beschwerdeführer das Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom XXXX mit dem eine rechtskräftige Ausweisung aus dem Bundesgebiet verfügt wurde, nicht zugestellt worden sei. Dies konnte auf Basis der Aktenlage widerlegt werden. Andererseits brachte der Beschwerdeführer vor, dass Festnahme und Anhaltung rechtswidrig seien, da zunächst über seinen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG entscheiden werden hätte müssen. Diesem Argument steht die Bestimmung des § 58 Abs. 13 entgegen, wonach Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 AsylG kein Aufenthalts- oder Bleiberecht begründen und der Erlassung oder Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegenstehen.
Da im gegenständlichen Fall somit der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und der maßgebliche Sachverhalt in der Beschwerde nicht substantiiert bestritten wurde, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Wie zu Spruchpunkt I. ausgeführt sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in Bezug auf Spruchpunkt I. nicht zuzulassen. Im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage in den übrigen Spruchpunkten war die Revision gleichfalls nicht zuzulassen.
Schlagworte
Abschiebung, Festnahme, Festnahmeauftrag, Kostenersatz, Schubhaft,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W171.2117896.2.00Zuletzt aktualisiert am
14.05.2019