Entscheidungsdatum
07.07.2015Index
L92059 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe WienNorm
WSHG §10Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch die Richterin Mag. Lammer über die Beschwerde des Herrn A. B. gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, Stabsstelle Sozialrechtlicher Support, vom 23.3.2015, Zahl: …, betreffend Kostenersatz der vom Sozialhilfeträger Fonds Soziales Wien aufgewendeten Kosten gemäß § 26 Wiener Sozialhilfegesetz (WSHG), zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als der angefochtene Bescheid in seinen Spruchpunkten II) und III) ersatzlos behoben wird.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit dem angefochtenen Bescheid hat der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, den Beschwerdeführer verpflichtet, dem Sozialhilfeträger Fonds Soziales Wien (FSW) Ersatz zu leisten für die Kosten, die dem FSW durch die Finanzierung der Pflege und Betreuung (einschließlich Lebensunterhalt) ab 1.9.2014 bis 31.3.2015 entstanden seien. Die Höhe des Kostenersatzes für den Zeitraum 1.9.2014 bis 31.12.2014, der aufgrund hinreichenden Einkommens von 1.197,34 Euro monatlich zu leisten sei, betrage für diesen Zeitraum 7.269,36 Euro, für den Zeitraum 1.1.2015 bis 31.3.2015 betrage der Kostenersatz aufgrund des hinreichenden Einkommens von 1.235,88 Euro monatlich 5.567,64 Euro (Spruchpunkt I). Die Höhe des Kostenersatzes, der aufgrund hinreichenden Vermögens zu leisten sei, betrage 7.678,80 Euro (Spruchpunkt II). Im Spruchpunkt III wurde festgestellt, dass ab 1.4.2015 kein Rechtsanspruch auf Gewährung von Pflege durch den FSW als zuständigen Träger der Sozialhilfe (§ 34 Abs 3 WSHG) bestehe.
Begründend wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seit 1.9.2014 die Leistung „Allgemeines Wohnen mit Betreuungs- und Pflegeleistung“, also Pflege im Sinne des § 15 WSHG, im Haus C. unter Kostenbeteiligung des FSW als Träger der Pflege nach WSHG in Anspruch genommen habe. Das Pflegeentgelt für das von ihm in Anspruch genommene Pflegeheim habe im Jahr 2014 96 Euro pro Pflegetag und im Jahr 2015 97,82 Euro pro Pflegetag betragen. Der Beschwerdeführer habe im Jahr 2014 Pflegegeld der Stufe 4 in der Höhe von 664,30 Euro monatlich, eine monatliche Pension der D. AG in Höhe von 1.405,95 Euro und eine monatliche Pension der PVA in Höhe von 90,73 Euro bezogen. Im Jahr 2015 beziehe er weiterhin Pflegegeld der Stufe 4 in der Höhe von 664,30 Euro monatlich, eine monatliche Pension der D. AG in Höhe von 1.452,58 Euro und eine monatliche Pension der PVA in Höhe von 92,28 Euro. Er verfüge somit über Mittel und Einkommen, die zum Kostenersatz heranzuziehen seien. Nach der Bestimmung des § 26 WSHG sei der Beschwerdeführer somit verpflichtet, Ersatz für die Kosten der Pflege, Betreuung und des Lebensunterhalts zu leisten, die dem FSW durch die Finanzierung der an ihn erbrachten Leistungen entstehen. Nach den Bestimmungen des Bundespflegegesetzes habe ihm vom Pflegegeld ein Pflegetaschengeld in der Höhe von 10 % der Pflegegeldstufe 3 und gemäß § 13 Abs 9 WSHG vom Einkommen ein angemessenes Taschengeld zur Deckung kleinerer persönlicher Bedürfnisse, wobei als angemessen jedenfalls ein Betrag in der Höhe von 20 % des Einkommens gelte, zu verbleiben. Zu Spruchpunkt II) wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer am 15.4.2014 den Antrag auf Gewährung einer Förderung zum Zwecke der Pflege unterzeichnet habe. In diesem Antrag sei festgehalten, dass er zum Ersatz der für ihn aufgewendeten Kosten verpflichtet sei, soweit er über hinreichendes Einkommen oder Vermögen verfüge oder hiezu gelange, und dass der Kostenersatz monatlich im Vorhinein fällig sei. Der Beschwerdeführer sei Eigentümer einer Liegenschaft zu 133/5106 Anteilen mit der Einlagezahl …, Grundbuch E., Bezirksgericht F.. Die Eigentumswohnung des Beschwerdeführers stelle hinreichendes Vermögen im Sinne des § 26 Abs 1 Z 1 WSHG dar und sei daher bei der Bemessung des Kostenersatzanspruches zu berücksichtigen. Zu Spruchpunkt III) wurde ausgeführt, dass gemäß § 10 Abs 1 WSHG Hilfe nur insoweit zu gewähren sei, als das Einkommen und das verwertbare Vermögen des Hilfesuchenden nicht ausreichten, um den Lebensbedarf (§ 11) zu sichern. Gemäß § 11 Abs 1 Z 2 WSHG gehöre Pflege zum Lebensbedarf. Aufgrund des oben angeführten Einkommens und Vermögens sei davon auszugehen, dass sein Einkommen und Vermögen ausreiche, um den Lebensbedarf „Pflege“ zu decken. Es bestehe daher derzeit kein Anspruch auf die Gewährleistung der Sachleistung Pflege auf Kosten des Sozialhilfeträgers.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der Beschwerdeführer im Wesentlichen ausführt, dass er das Heim aus Gründen des Alters und seiner Behinderung angestrebt habe, um Lebenserleichterung zu erreichen. Das genaue Gegenteil sei nun eingetreten, denn noch nie sei sein Leben so problematisch gewesen, als durch diesen Heimeinzug, und dies ohne seine Schuld.
Am 23.6.2015 fand vor dem Verwaltungsgericht Wien eine Verhandlung statt, an der der Beschwerdeführer und ein Vertreter des FSW teilgenommen haben.
Der Beschwerdeführer gab Folgendes an:
„Ich habe die Unterbringung im Pflegeheim angestrebt. Ich wollte aber keine Förderung, weil ich diese Förderung gar nicht brauche. Ich habe zur Jahreswende 2015 eine Kostenliste bekommen, in der alle Tarife angeführt sind. Unterstütztes Wohnen hat einen Tagsatz von 55,75 Euro.
Über Vorhalt, dass dieser Tagsatz für unterstütztes Wohnen gilt, nicht aber für das vom BF bezogene betreute Wohnen (aufgrund der Pflegestufe 4), und für dieses betreute Wohnen ein Tagsatz von 107,60 Euro in dieser Tarifliste ausgewiesen ist: das hat mir damals niemand erklärt, ich hatte überhaupt keine Informationen. Hätte ich gewusst, was das kostet, so wäre ich in das Heim gar nicht eingezogen.
Ich bin am 3.9.2014 in das Pflegeheim eingezogen. Am 17. Oktober 2014 war ich am G.-Platz und wollte dort meinen Betreuungsvertrag aufkündigen und aus dem Heim wieder ausziehen. Ich habe im Betreuungsvertrag eine Kostenaufstellung gefunden. Dieselbe Kostenaufstellung habe ich am 17. Oktober 2014 noch einmal bekommen. Meine Eigentumswohnung wurde immer wieder angesprochen.
Ich habe von meiner Pension und dem Pflegegeld meinen Anteil der Betreuungskosten bezahlt.
Ich wollte meine Eigentumswohnung verkaufen. Der Kaufpreis wäre ganz alleine mir zugestanden, weil ich ja meine Betreuungskosten alleine von meiner Pension und dem Pflegegeld bezahlt hätte und vollständig abgedeckt hätte, bin ich doch davon ausgegangen, dass meine Unterbringung pro Tag 55,75 Euro ausmacht.
Über Vorhalt des Schreibens vom 5.9.2014, in dem unter anderem um schriftliche Mitteilung ersucht wird, ob der Bf die aufgrund der Eigentumswohnung zu bezahlenden Kosten von ca. 1062,66 Euro monatlich begleichen könne oder seitens des Fonds Soziales Wien eine grundbücherliche Sicherstellung veranlasst werden solle: Ich habe auf dieses Schreiben nicht reagiert, wieso sollte ich auch auf so ein Schreiben reagieren.
Ich habe dann auf den Bescheid der MA 40 gewartet und habe dann auch mit Schreiben vom 22.12.2014 diesbezüglich urgiert. Ich bin dann noch einmal Anfang 2015 zur Ma 40 gegangen und habe dort nochmals vorgesprochen. Ich wurde auch diesmal vertröstet, dass der Akt aus der H.-gasse angefordert werden muss. Ich habe auf den Bescheid gewartet und bin deshalb nicht schon vorher ausgezogen. Heute würde ich nicht mehr auf diesen Bescheid warten und hätte meinen Betreuungsvertrag gleich aufgekündigt. Ich habe den Bescheid Anfang April 2015 bekommen und habe dann den Betreuungsvertrag mit 30. April 2015 aufgekündigt und bin dann auch am 30. April 2015 aus dem Pflegeheim ausgezogen und in meine Wohnung eingezogen. Die Essenssituation im Heim würde ich als unzumutbar bezeichnen, ich bin jeden Tag zusätzlich entweder in meine Wohnung gefahren und habe mir dort ein Essen zubereitet oder ich war zusätzlich noch in einem Gasthaus essen. Ich habe seit dem 17. Oktober 2014 nichts mehr in die neu eingerichtete Wohnung im Pflegeheim gebracht, ich habe alle Sachen in meiner Wohnung gelassen. Ich hatte keinen Fernseher und kein Telefon, weil ich diese nicht von der Wohnung ins Heim transportieren wollte.“
Der Vertreter des FSW führte im Anschluss an die Angaben des Beschwerdeführers zu den Spruchpunkten II) und III) aus, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides aufgrund des unbefristeten Heimvertrages seine Eigentumswohnung zu eigenen Wohnzwecken nicht benötigt und es sich daher bei der Eigentumswohnung um ein verwertbares Vermögen im Sinne des § 26 Abs 1 Z 1 WSHG gehandelt habe. Da der Beschwerdeführer aber nunmehr seit 30.4.2015 seine Eigentumswohnung wieder zur Deckung seines eigenen Wohnbedarfes benötige, handle es sich nun um nicht verwertbares Schonvermögen, welches für den Kostenersatz nicht heranzuziehen sei.
Die maßgeblichen Bestimmungen des Wiener Sozialhilfegesetzes lauten:
§ 10. (1) Hilfe ist nur insoweit zu gewähren, als das Einkommen und das verwertbare Vermögen des Hilfesuchenden nicht ausreichen, um den Lebensbedarf (§ 11) zu sichern.
(2) Als nicht verwertbar gelten Gegenstände, die zur persönlichen Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit oder zur Befriedigung kultureller Bedürfnisse in angemessenem Ausmaß dienen.
(3) Die Verwertung des Einkommens oder Vermögens darf nicht verlangt werden, wenn dadurch die Notlage verschärft oder von einer vorübergehenden zu einer dauernden würde.
(4) Hat ein Hilfesuchender Vermögen, dessen Verwertung ihm vorerst nicht möglich oder nicht zumutbar ist, können Hilfeleistungen von der Sicherstellung des Ersatzanspruches abhängig gemacht werden, wenn die Rückzahlung voraussichtlich ohne Härte möglich sein wird.
§ 26. (1) Der Empfänger der Hilfe ist zum Ersatz der für ihn aufgewendeten Kosten verpflichtet,
1. soweit er über hinreichendes Einkommen oder Vermögen verfügt oder hiezu gelangt, oder
2. wenn er innerhalb der letzten drei Jahre vor der Zeit der Hilfeleistung, weiters während der Hilfeleistung oder innerhalb von drei Jahren nach ihrer Beendigung durch Rechtshandlungen oder diesbezüglich wirksame Unterlassungen, wie etwa die Unterlassung des Antrittes einer Erbschaft, die Mittellosigkeit selbst verursacht hat.
Der Ersatz darf insoweit nicht verlangt werden, als dadurch der Erfolg der Hilfeleistung gefährdet würde.
Aus dem Akteninhalt in Verbindung mit den Angaben des Beschwerdeführers ergibt sich folgender Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer hat am 15.4.2014 einen Antrag auf Förderung für stationäre Pflege und Betreuung oder betreutes Wohnen beim FSW eingebracht und wurde ihm ab 1.9.2014 eine Förderung für allgemeines Wohnen mit Betreuungs- und Pflegeleistung gewährt. Der Beschwerdeführer nahm in der Zeit vom 1.9.2014 bis 30.4.2015 diese Leistung im Haus C. in Wien, J.-gasse, in Anspruch. Im Jahr 2014 betrug das Pflegeentgelt pro Pflegetag 96 Euro, im Jahr 2015 97,82 Euro pro Pflegetag. Unter Heranziehung des Pflegegeldes der Stufe 4 in Höhe von 664,30 Euro monatlich, der monatlichen Pension der D. AG in Höhe von 1.405,95 Euro und der monatlichen Pension der PVA in Höhe von 90,73 Euro war nach Abzug des Pflegegeldtaschengeldes (dieses beträgt 44,30 Euro monatlich und entspricht 10 % des Pflegegeldes der Stufe 3) sowie nach Abzug eines Taschengeldes gemäß § 13 Abs 9 WSHG in Höhe von 20 % der beiden Pensionen im Jahr 2014 von einem hinreichenden Einkommen des Beschwerdeführers in Höhe von 1.197,34 Euro monatlich auszugehen. Im Jahr 2015 betrug das hinreichende Einkommen des Beschwerdeführers 1.235,88 Euro monatlich. Die dem Beschwerdeführer daher im Spruchpunkt I) des angefochtenen Bescheides aufgrund seines hinreichenden Einkommens mit 7.269,36 Euro (für den Zeitraum 1.9.2014 bis 31.12.2014) und mit 5.567,64 Euro (für den Zeitraum 1.1.2015 bis 31.3.2015) festgesetzte Ersatzpflicht erfolgte somit zu Recht.
Hinsichtlich der dem Beschwerdeführer im Spruchpunkt II) des angefochtenen Bescheides auferlegten Ersatzpflicht aufgrund verwertbaren Vermögens in Höhe von 7.678,80 Euro wird Folgendes festgestellt:
Der Beschwerdeführer ist Eigentümer einer „Eigentumswohnung“ in Wien, K.-gasse, die ihm seit 30.4.2015 wieder als Unterkunft dient und somit zur Deckung seines Wohnbedarfes erforderlich ist. Bei diesem Liegenschaftsvermögen des Beschwerdeführers handelt es sich somit um „Schonvermögen“, das einer Verwertung entzogen ist, und das somit auch kein verwertbares Vermögen darstellt.
Da der Beschwerdeführer somit nicht über ein hinreichendes verwertbares Vermögen im Sinne des § 26 Abs 1 Z 1 WSHG verfügt, mit dem er in der Lage wäre, der ihm im Spruchpunkt II) auferlegten Ersatzpflicht nachzukommen, war hinsichtlich Spruchpunkt II) spruchgemäß zu entscheiden.
Da aufgrund der obigen Feststellungen auch davon auszugehen war, dass der Beschwerdeführer entgegen der im Spruchpunkt III) getroffenen Feststellung nicht über ein derartiges Einkommen und verwertbares Vermögen verfügt, das ausreichen würde, um den Lebensbedarf „Pflege“ des Beschwerdeführers ab 1.4.2015 zu decken, war der Beschwerde auch hinsichtlich Spruchpunkt III) Folge zu geben und dieser Spruchpunkt ersatzlos zu beheben.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Sozialhilfe; Pflegegeld; Hilfsbedürftigkeit; Kostenersatz; Betreuungsleistung; Pflegeleistung; Rückersatz; Zweckgebundenheit; verwertbares Vermögen; ErsatzpflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2015:VGW.141.035.5703.2015Zuletzt aktualisiert am
13.05.2019