TE Vwgh Erkenntnis 1999/3/23 99/05/0045

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Veröffentlicht am 23.03.1999
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Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L80004 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Oberösterreich;
L81704 Baulärm Umgebungslärm Oberösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82004 Bauordnung Oberösterreich;
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauO OÖ 1994 §31 Abs4;
BauRallg;
ROG OÖ 1994 §30;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der G.F. Lell Gesellschaft m.b.H. & Co KG in Ansfelden, vertreten durch Hager, Teuchtmann, Rechtsanwälte in Linz/Urfahr, Hauptstraße 33, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 12. Januar 1999, Zl. BauR-012281-1998/STÖ/ Lg, betreffend Nachbareinwendungen im Bauverfahren (mitbeteiligte Parteien:

1. Memis Musa in Ansfelden, Freindorferstraße 39; 2. Stadtgemeinde Ansfelden, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 13. Juli 1998 wurde auf Grund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens, insbesondere der am 19. März 1998 durchgeführten mündlichen Bauverhandlung, gemäß § 35 Abs. 1 O.ö. Bauordnung 1994 die Baubewilligung für den Abbruch und Neubau eines Wohnhauses mit Garage und Errichtung einer Senkgrube auf der Parzelle Nr. 2756/2, KG Ansfelden, entsprechend den bei der mündlichen Bauverhandlung aufgelegenen und als solche gekennzeichneten Planunterlagen erteilt.

Die im Bauverfahren vorgetragenen Einwendungen der Beschwerdeführerin,

a) dass das gegenständliche Gebiet als Hochwasserabfluß gelte und keine Unterkellerungen erlaubt seien;

b) dass durch das geplante Bauvorhaben der Hochwasserabflußbereich erheblich behindert werde und es dadurch zu Beschädigungen bzw. zur Schwächung des Dammes kommen könne;

c) dass die Zufahrt für die Müllabfuhr und den Grubendienst nicht möglich sei (Brücke mit 3,5 t Beschränkung);

d) dass der Anschluß an das öffentliche Verkehrswegenetz nach der O.ö. Bauordnung nicht gegeben sei;

e) dass der im Hochwasserabflußbereich gelegene Brunnen bei Hochwasser kein einwandfreies Trinkwasser enthalte;

f) dass im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan das gegenständliche Grundstück als Grünland ausgewiesen und somit gemäß O.ö. Raumordnungsgesetz der Neubau nicht zulässig sei,

wurden als unzulässig zurückgewiesen.

Der dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde mit Bescheid vom 28. September 1998 keine Folge.

Die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung wurde im wesentlichen damit begründet, daß den Nachbarn nach den Bestimmungen der O.ö. Bauordnung 1994 im Rahmen des baubehördlichen Bewilligungsverfahrens nur ein beschränktes Mitspracherecht zustehe. Durch die Erteilung einer Baubewilligung könne daher der Nachbar nur dann in seinen Rechten verletzt worden sein, wenn die Baubehörde eine von ihr wahrzunehmende Bestimmung mißachtet habe, auf deren Einhaltung dem Nachbarn ein subjektiv-öffentliches Recht zustehe. Soweit sich das Vorstellungsvorbringen auf Belange der Abwasserbeseitigung (Abwasserbeseitigung durch Senkgrube) und Belange des Wasserrechtes (Bau im Hochwasserabflußbereich) beziehe, gingen diese Einwendungen insoferne ins Leere, als den Nachbarn nach ständiger Rechtsprechung kein subjektives Nachbarrecht aus Vorschriften über die Sicherstellung der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung erwachse bzw. der Nachbar nicht zu Recht das Fehlen einer wasserrechtlichen Bewilligung rügen könne. Ebenso besitze der Nachbar im baubehördlichen Verfahren kein Recht auf Schutz von Brunnen hinsichtlich Wasserversorgung und Wasserqualität. Seine Rechte könne der Nachbar allenfalls in einem Verfahren nach den Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes wahrnehmen. Die diesbezüglichen Einwendungen seien daher von der Baubehörde zu Recht als unzulässig zurückgewiesen worden. Soweit sich das Vorbringen der Beschwerdeführerin inhaltlich gegen den Flächenwidmungsplan richte, gehöre dieser dem Rechtsbestand an und sei daher von den Baubehörden und auch von der belangten Behörde anzuwenden. Ein Widerspruch des Bauvorhabens zu der für das Grundstück vorgesehenen Widmung werde nicht behauptet.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführerin macht in materieller Hinsicht eine Verletzung im Recht auf Nichtzurückweisung der erhobenen Einwendungen nach der O.ö. Bauordnung und im Recht auf Nichterhöhung des Haftungsausmaßes im Rahmen der Gefährdungshaftungstatbestände des Wasserrechtsgesetzes als Betreiber einer wasserrechtlich bewilligten Anlage geltend. In der Beschwerde wird nicht bestritten, daß die im angefochtenen Bescheid angeführten Einwendungen der Beschwerdeführerin richtig bzw. vollständig wiedergegeben worden seien. Zu diesen Einwendungen hat aber die belangte Behörde, wie auch schon die Baubehörden, zutreffend die Auffassung vertreten, daß es sich dabei nicht um Nachbarrechte im Sinne der O.ö. Bauordnung 1994 handelt. Gemäß § 31 Abs. 4 O.ö. Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66, sind öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungsplanes oder Bebauungsplanes stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Hiezu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen. Zutreffend verweist die belangte Behörde darauf, daß der Nachbar nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu die in Hauer, Der Nachbar im Baurecht5, 319 f, zitierte Judikatur) im baurechtlichen Verfahren kein Mitspracherecht aus Vorschriften über die Sicherstellung der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung ableiten kann. Wenn die Beschwerdeführerin die Eignung des Baugrundstückes in Frage stellt, weil es nach ihrer Ansicht im Hochwasserabflußgebiet liege, spricht sie damit ein Kriterium an, das gemäß § 5 Abs. 3

O.ö. Bauordnung 1994 bei der Entscheidung über die Erteilung einer Bauplatzbewilligung zu berücksichtigen ist. Auch aus § 5 Abs. 3 O.ö. Bauordnung 1994 (insbesondere im Hinblick auf die im vorliegenden Fall von der Beschwerdeführerin aufgeworfene Frage der Eignung betreffend die natürlichen Gegebenheiten eines Grundstückes für eine zweckmäßige Bebauung) kann kein Nachbarrecht abgeleitet werden, das allenfalls im Baubewilligungsverfahren releviert werden könnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1990, Zl. 90/05/0018). Dem Nachbarn steht auch kein Mitspracherecht in bezug auf die verkehrsmäßige Erschließung eines Grundstückes zu (vgl. die zu anderen Bauordnungen ergangenen hg. Erkenntnisse vom 24. April 1997, Zl. 96/06/0101, und vom 23. Februar 1999, Zl. 96/05/0141). Sofern die Beschwerdeführerin die Widmungswidrigkeit des Neubaues auf dem als Grünland gewidmeten Baugrundstück geltend macht, ist darauf zu verweisen, daß § 30 O.ö. Raumordnungsgesetz betreffend die Grünlandwidmung dem Nachbarn kein Mitspracherecht einräumt. Sofern die Beschwerdeführerin Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der für das vorliegende Grundstück maßgeblichen Widmung erhebt, ist ihr entgegenzuhalten, daß die Behörde aus der Sicht der von ihr erhobenen Einwendungen den Flächenwidmungsplan bei ihrer Entscheidung nicht anzuwenden hatte, dieser also weder im Rahmen der Entscheidung der Berufungsbehörde über die Berufung der Beschwerdeführerin noch für die belangte Behörde und den Verwaltungsgerichtshof im Rahmen ihrer Überprüfung präjudiziell war.

Da die Beschwerdeführerin mit den im Bauverfahren erhobenen Einwendungen keine ihr gemäß der O.ö. Bauordnung 1994 zustehenden Nachbarrechte geltend gemacht hat, erübrigte sich ein näheres Eingehen auf die übrigen Beschwerdeausführungen. Das auch in materieller Hinsicht geltend gemachte, eingangs erwähnte, auf das WRG gestützte Recht stellt kein gemäß der Oö Bauordnung 1994 geschütztes Nachbarrecht dar. Zu den im übrigen geltend gemachten Verletzungen von Verfahrensrechten, genügt es darauf zu verweisen, daß eine Verletzung einer Partei in Verfahrensrechten immer nur insoweit in Betracht kommt, als dadurch deren subjektiv-öffentliche Rechte beeinträchtigt werden (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 12. Oktober 1995, Zl. 94/06/0081). Die prozessualen Rechte einer Partei dienen der Durchsetzung ihrer materiellen Rechte, sodaß Erstere nicht weiter gehen können als Letztere.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 23. März 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999050045.X00

Im RIS seit

03.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

08.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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