TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/15 L516 2201746-1

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Veröffentlicht am 15.11.2018
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Entscheidungsdatum

15.11.2018

Norm

AuslBG §12a
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

L516 2201746-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Paul NIEDERSCHICK als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Dr. Erhard PRUGGER und Mag. Rudolf MOSER als Beisitzer im Verfahren über die Beschwerde der XXXX gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice,

Regionale Geschäftsstelle Linz, vom 12.06.2018, Zahl GZ: 08114 /

XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben. Die zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat der nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zuständigen Behörde schriftlich zu bestätigen, dass der Mitbeteiligte XXXX die Voraussetzungen für die Zulassung als Fachkraft gemäß § 12a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) erfüllt.

B)

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der südafrikanische Staatsangehörige XXXX , geb XXXX (in der Folge: Mitbeteiligter) stellte am 10.04.2018 im Wege der Österreichischen Botschaft Pretoria den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot-Karte" gem § 41 Abs 2 Z 1 NAG (Fachkraft im Mangelberuf) für die berufliche Tätigkeit als "Kraftfahrzeugtechniker" bei der Beschwerdeführerin.

2. Das AMS wies diesen Antrag mit gegenständlich angefochtenem Bescheid gemäß § 12a AuslBG ab. Begründend führte das AMS aus, dass statt der erforderlichen Mindestpunktezahl von 55 nur 20 Punkte anzurechnen gewesen seien. Das AMS vergab dabei für die Kriterien gemäß Anlage B des AuslBG folgende Punkte: Qualifikation: 0 Punkte / Ausbildungsadäquate Berufserfahrung: 0 Punkte / Sprachkenntnisse: 10 Punkte / Alter (37 Jahre): 10 Punkte.

3. Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

4. Das AMS legte dem Bundesverwaltungsgericht am 24.07.2018 die Verwaltungsakten vor. Gleichzeitig teilte das AMS mit, es liege keine einer österreichischen Berufsausbildung vergleichbare Berufsausbildung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt)

1.1. Der Mitbeteiligte ist Staatsangehöriger von Südafrika, wo er sich nach wie vor aufhält und

-

hat in seinem Herkunftsstaat von 1998-2000 das XXXX besucht und das "National Certificate, N1-N3 Mechanical Engineering" erlangt;

-

hat von 2005-2011 insgesamt 102 Harley-Davidson-Workshops, Kurse und Ausbildungsmodule an der "Harley-Davidson University" am NEW College, Bromsgrove, Birmingham, in Großbritannien absolviert und im Jahr 2010 mit dem Abschluss "Harley-Davidson Master of Technology" die höchste Qualifikation erworben, die bei Harley-Davidson erreicht werden kann;

-

ist seit 2005 durchgehend bei verschiedenen Harley-Davidson Werkstätten ua als "Master Technician"; seit 2011 führt er in Südafrika selbstständig seine eigene Motorradwerkstätte, in der er nicht nur für Motorräder der Marke Harley-Davidson sondern auch für andere Marken, wie Honda, Yamaha, Suzuki, Kawasaki und Triumph, Diagnosen, Reparaturen, Restaurierungen und Anpassen von Motorrädern an die individuellen Wünsche von Kunden ("Customizing") vornimmt;

-

spricht Muttersprachlich Englisch;

-

war im Antragszeitpunkt 37 Jahre alt;

-

hat mit der Beschwerdeführerin für die Tätigkeit als Kraftfahrzeugtechniker eine monatliche Entlohnung von brutto €

3.500,-- vereinbart.

2. Beweiswürdigung

Die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen

2.1. Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsverfahrensaktes des AMS zum gegenständlichen Verfahren, welcher unter anderem die vom Beschwerdeführer bzw für diesen vorgelegten Unterlagen und Nachweise beinhalten, insbesondere die Diplome der Harley-Davidson University, die Referenzschreiben der früheren Ausbildner jener Einrichtung sowie der bisherigen Arbeitgeber, die Bestätigung des Country Managers von Harley-Davidson für Deutschland und Österreich darüber, dass der Beschwerdeführer die höchste Qualifikation bei Harley-Davidson erreicht hat sowie der Liste der einzelnen absolvierten Ausbildungsmodule. Die vom Mitbeteiligten gemachten Angaben und vorgelegten Dokumente wurden vom AMS nicht in Zweifel gezogen und sind somit unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu A)

Stattgabe der Beschwerde

Entscheidungswesentliche Bestimmungen

3.1. Gemäß § 12a AuslBG werden Ausländer in einem in der Fachkräfteverordnung (§ 13) festgelegten Mangelberuf zu einer Beschäftigung als Fachkraft zugelassen, wenn sie eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung nachweisen können (Z 1), die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage B angeführten Kriterien erreichen (Z 2), für die beabsichtigte Beschäftigung das ihnen nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Mindestentgelt zuzüglich einer betriebsüblichen Überzahlung erhalten (Z3) und sinngemäß die Voraussetzungen des § 4 Abs 1 mit Ausnahme der Z 1 erfüllt sind. Die Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall entfällt.

3.2. Gem § 13 Abs 1 AuslBG legt der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz im Falle eines längerfristigen Arbeitskräftebedarfs, der aus dem im Inland verfügbaren Arbeitskräftepotenzial nicht abgedeckt werden kann, zur Sicherung des Wirtschafts- und Beschäftigungsstandortes im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend durch Verordnung für das nächstfolgende Kalenderjahr Mangelberufe fest, in denen Ausländer als Fachkräfte gemäß § 12a zugelassen werden können. Als Mangelberufe kommen Berufe in Betracht, für die pro gemeldeter offener Stelle höchstens 1,5 Arbeitsuchende vorgemerkt (Stellenandrangsziffer) sind. Berufe mit einer Stellenandrangsziffer bis zu 1,8 können berücksichtigt werden, wenn weitere objektivierbare Mangelindikatoren, insbesondere eine erhöhte Ausbildungsaktivität der Betriebe festgestellt werden oder der betreffende Beschäftigungszweig eine überdurchschnittlich steigende Lohnentwicklung aufweist. Die von Arbeitskräfteüberlassern gemäß § 3 Abs. 2 AÜG gemeldeten offenen Stellen sind bei der Ermittlung der Stellenandrangsziffer gesondert auszuweisen.

3.3. Die Anlage B, auf die § 12a Z 2 AuslBG Bezug nimmt, lautet in der Fassung des BGBl I Nr 66/2017:

Zulassungskriterien für sonstige Schlüsselkräfte gemäß § 12a Z 1

Kriterien

Punkte

Qualifikation

maximal anrechenbare Punkte: 30

abgeschlossene Berufsausbildung im Mangelberuf

20

allgemeine Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120

25

Abschluss eines Studiums an einer tertiären Bildungseinrichtung mit dreijähriger Mindestdauer

30

 

 

ausbildungsadäquate Berufserfahrung

maximal anrechenbare Punkte: hier 20

Berufserfahrung (pro Jahr)

2

Berufserfahrung in Österreich (pro Jahr)

4

 

 

Sprachkenntnisse Deutsch

maximal anrechenbare Punkte: 15

Deutschkenntnisse zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau

5

Deutschkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung

10

Deutschkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung

15

 

 

Sprachkenntnisse Englisch

maximal anrechenbare Punkte: 10

Englischkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung

5

Englischkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung

10

 

 

Alter

maximal anrechenbare Punkte: 10

bis 30 Jahre

15

bis 40 Jahre

10

 

 

Summe der maximal anrechenbaren Punkte

90

erforderliche Mindestpunkteanzahl

55

3.4. Die

berufliche Qualifikation als Kraftfahrzeugmechaniker ist in der Fachkräfteverordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz für das Jahr 2018 (BGBl II 377/2017) als Mangelberuf im Sinne des § 13 AuslBG, in dem Ausländer als Fachkräfte gemäß § 12a AuslBG zugelassen werden können, ausgewiesen.

Zum gegenständlichen Verfahren

3.5. Der Gesetzgeber sieht als Mindestanforderung für eine abgeschlossene Berufsausbildung iSd § 12a Z 1 AuslBG einen österreichischen Lehrabschluss oder eine vergleichbare Ausbildung vor (VwGH 25.01.2013, 2012/09/0068).

3.6. Gemäß § 5 Abs 1 lit c des Berufsausbildungsgesetzes (BAG), ist ein Lehrberuf eine Tätigkeit (neben anderen Erfordernissen), deren sachgemäße Erlernung mindestens zwei Jahre erfordert. Gemäß § 6 Abs 1 BAG beträgt die Dauer der Lehrzeit in einem Lehrberuf in der Regel drei Jahre. Gem 6 Abs 3 BAG ist die Dauer der Lehrzeit verwandter Lehrberufe gegenseitig anrechenbar. Gem 6 Abs 6 BAG hat der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend mit Verordnung die Lehrberufe, die in einer verkürzten Lehrzeit erlernt werden können sowie das Ausmaß der Verkürzung, die allenfalls notwendige Vorbildung und die Grundzüge, wie diese verkürzte Ausbildung gestaltet werden muss, festzulegen.

3.7. Nach den Regelungen zur Ausbildung in Lehrberufen in Österreich beträgt die Lehrzeit für den Lehrberuf Kraftfahrzeugtechnik (ältere Berufsbezeichnung laut Berufslexikon des AMS:

KraftfahrzeugmechanikerIn; siehe www.berufslexikon.at) dreieinhalb bzw vier Jahre (Lehrberufsliste, Verordnung BGBl II Nr 268/1975 idF BGBl II Nr 224/2018, Anlage 1; Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Berufsausbildung im Lehrberuf Kraftfahrzeugtechnik (Kraftfahrzeugtechnik-Ausbildungsordnung), BGBl II Nr 408/2008 idF BGBl II Nr 141/2013).

3.8. Fallbezogen hat der Mitbeteiligte in seinem Herkunftsstaat von 1998-2000 ein zweijähriges berufsbildendes College besucht, dort das "National Certificate, N1-N3 Mechanical Engineering" erlangt und von 2005-2011 insgesamt 102 Harley-Davidson-Workshops und Ausbildungsmodule an der "Harley-Davidson University" am NEW College, Bromsgrove, Birmingham, in Großbritannien absolviert und nach mehrjähriger Ausbildung im Jahr 2010 mit dem Abschluss "Harley-Davidson Master of Technology" die höchste Qualifikation erworben, die bei Harley-Davidson erreicht werden kann. Während dieser Ausbildung war der Beschwerdeführer seit 2005 durchgehend bei verschiedenen Harley-Davidson Werkstätten in unterschiedlichen technischen Positionen, ua als "Master Technician" praktisch tätig. Seit 2011 führt er in Südafrika selbstständig seine eigene Motorradwerkstätte, in der er nicht nur für Motorräder der Marke Harley-Davidson sondern auch für andere Marken, wie Honda, Yamaha, Suzuki, Kawasaki und Triumph, Diagnosen, Reparaturen, Restaurierungen und Anpassen von Motorrädern an die individuellen Kundenwünsche ("Customizing") vornimmt.

Der Mitbeteiligte weist damit nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes im Gegensatz zur Ansicht der belangten Behörde eine Ausbildung vor, die mit einem österreichischen Lehrabschluss im Lehrberuf Kraftfahrzeugtechnik (Motorradtechnik) vergleichbar ist, da die vom Mitbeteiligten absolvierte Ausbildung sowohl hinsichtlich der Dauer als auch den Ausbildungsinhalten nach zusammen mit der während der Ausbildung erworbenen mehrjährigen Berufspraxis der Ausbildung für den Lehrberuf Kraftfahrzeugtechnik im Bereich Motorradtechnik entspricht. Eine formale Gleichstellung mit einer inländischen Berufsausbildung ist nicht erforderlich.

Berechnet ab der im Jahr 2010 erworbenen Qualifikation "Harley-Davidson Master of Technology" verfügt der Beschwerdeführer zudem über rund acht volle Jahr an ausbildungsadäquater Berufserfahrung nach Erreichen dieser Qualifikation.

Zu den bereits vom AMS zuerkannten 20 Punkten für die Kriterien Alter und Sprachkenntnisse Englisch sind somit weitere 20 Punkte für das Kriterium abgeschlossene Berufsausbildung im Mangelberuf sowie 16 Punkte für das Kriterium ausbildungsadäquate Berufserfahrung anzurechnen, was eine Gesamtpunktezahl von 56 Punkte ergibt. Damit wird die erforderliche Mindestpunktezahl von 55 Punkten überschritten.

3.9. Anhaltspunkte, dass mit der gebotenen monatlichen Bruttoentlohnung das kollektivvertraglich gebührende Entgelt zuzüglich einer allfälligen betrieblichen Überzahlung unterschritten würde, sind den Verwaltungsakten nicht zu entnehmen.

3.10. Da auch sonst keine Anhaltspunkte vorliegen, welche die Zulassung des Beschwerdeführers zu einer Fachkraft im beantragten Mangelberuf ausschließen würden, ist der bekämpfte Bescheid zu beheben und der belangten Behörde aufzutragen, der nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zuständigen Behörde unverzüglich eine Meldung nach § 20d Abs 1 Z 2 AuslBG zu erstatten.

Entfall der mündlichen Verhandlung

3.11. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte im gegenständlichen Fall gemäß § § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG entfallen, da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

Zu B)

Revision

3.12. Da die Rechtslage eindeutig ist, ist die Revision nicht zulässig (vgl VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).

3.13. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Berufsausbildung, Berufserfahrung, Fachkräfteverordnung,
Qualifikation

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L516.2201746.1.00

Zuletzt aktualisiert am

13.05.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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