TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/10 W102 2163896-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.12.2018
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Entscheidungsdatum

10.12.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §15b Abs1
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §68 Abs1
BFA-VG §17
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a

Spruch

W102 2163896-3/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Werner ANDRÄ, über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.11.2018, Zl XXXX , zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Hazara mit schiitischem Glauben, stellte nach seiner illegalen Einreise in das Bundesgebiet am 02.08.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid vom 26.05.2017, Zl. XXXX , wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkt I. und II.). Weiters sprach sie aus, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt werde. Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und zugleich festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Dem Beschwerdeführer wurde für die freiwillige Ausreise eine Frist von 2 Wochen gewährt (Spruchpunkt IV.).

Gegen diesen Bescheid wurde vom Beschwerdeführer fristgerecht eine Beschwerde erhoben, die mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.08.2018, W102 2163896-1/17E, als unbegründet abgewiesen wurde. Dieses Erkenntnis wurde dem Beschwerdeführer nachweislich am 10.08.2018 zugestellt. Es erwuchs in Rechtskraft. In weiterer Folge wurde vom Beschwerdeführer gegen dieses Erkenntnis zwar ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gestellt, dieser wurde jedoch mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.12.2018, Zl. W102 2163896-2/2E, als unbegründet abgewiesen.

Im Erkenntnis vom 09.08.2018 sprach das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer die Glaubwürdigkeit seines Fluchtvorbringens gänzlich ab. Konkret führte es in der Beweiswürdigung u.a. Folgendes aus:

"Insgesamt war das Vorbringen des Beschwerdeführers der persönlichen Verfolgung durch die Taliban aus folgenden Gründen nicht glaubhaft:

Das Vorbringen erscheint als gesteigert. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer bei der Befragung vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in sexuellen Hintergrund der Körperverletzung im Iran nicht erwähnt hat. Auch in der mündlichen Verhandlung hat der Beschwerdeführer über diesen Vorfall oberflächliche und vage Angaben gemacht.

Darüber hinaus wird die Annahme der Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers durch das widersprüchliche Vorbringen, hinsichtlich seiner Aufenthaltsorte sowie durch den Umstand, dass er noch jahrelang im Iran in der gleichen Stadt wie sein Opfer habe leben können, ohne persönlich bedroht zu werden gestützt. Vor dem Hintergrund seiner Angaben ist diese Ursächlichkeit nicht nachvollziehbar, da er nach dem Vorfall noch jahrelang im Iran gelebt hat.

Auch eine Verfolgung in Afghanistan hat der Beschwerdeführer - selbst bei Annahme eines glaubhaften Vorbringens - nicht glaubhaft gemacht.

Dieser Teil des Vorbringens des Beschwerdeführers scheint konstruiert."

2. Gemäß den eigenen Angaben des Beschwerdeführers hat er am 17.09.2018 (nach Erhalt der ersten negativen Entscheidung über seinen Asylantrag) das Bundesgebiet verlassen und wollte mit dem Zug nach Frankreich reisen. Am 18.09.2018 wurde er jedoch in der Schweiz angehalten und am 22.10.2018 gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 von der Schweiz zurück nach Österreich überstellt.

Daraufhin stellte der Beschwerdeführer am 22.10.20118 einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag). Befragt zu den Gründen für seine neuerliche Asylantragstellung führte der Beschwerdeführer aus: "Die alten Fluchtgründe bleiben aufrecht. Ich möchte nicht nach Afghanistan zurück. Ich habe dort Probleme, ich möchte nicht zurück. Meine Eltern sind verstorben. In Ghazni waren jetzt vor kurzem Unruhen, meine Eltern wurden verletzt, und sind verstorben. Das sind all meine Fluchtgründe, warum ich hier einen Folgeantrag stelle."

3. Mit Verfahrensanordnung vom 24.10.2018, die vom Beschwerdeführer am selben Tag auch übernommen wurde, teilte ihm die belangte Behörde mit, dass beabsichtigt sei, seinen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Am 02.11.2018 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers im Erstaufnahmezentrum Ost. Anlässlich seiner Einvernahme führte der Beschwerdeführer zunächst aus, dass er seine alten Fluchtgründe weiterhin aufrecht halten würde. Er habe neuerlich einen Asylantrag gestellt, weil nunmehr seine Eltern verstorben seien. Er habe nunmehr niemandem mehr in seinem Heimatland. Aufgrund seiner bereits im Erstverfahren vorgebrachten Fluchtgründe, die ihm - seiner Meinung nach zu Unrecht nicht geglaubt worden sei - sei mittlerweile habe auch sein Bruder auf der Flucht.

4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 06.11.2018, Zl. XXXX , wurde auch der zweite Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 22.10.2018 hinsichtlich der der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde auch ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Zusätzlich wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z2 FPG (Spruchpunkt IV.) erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V). Dem Beschwerdeführer wurde keine Frist zur freiwilligen Ausreise gewährt (Spruchpunkt VI.). Schließlich wurde ihm gemäß § 15b Abs. 1 AsylG aufgetragen, ab dem 22.10.2018 in der BS Ost AlBE, Otto Glöckelstraße 24-26, 2514 Traiskirchen, Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt VII.).

In der Beweiswürdigung kam die belangte Behörde, unter Berücksichtigung der bereits im Vorverfahren festgestellten Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers und mangels Nachweis für das tatsächliche Bestehen der vom Beschwerdeführer behaupteten Rückkehrbefürchtungen, sowie aufgrund der Feststellungen zur innerstaatlichen Fluchtalternative, zu dem Schluss, dass der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren im Wesentlichen seine bereits im ersten (rechtskräftig abgeschlossenen) Verfahren vorgebrachten Fluchtgründe weiterhin aufrecht hält. Dies wurde vom Beschwerdeführer in seiner Befragung auch selbst zugegeben. Die Angaben des Beschwerdeführers seien im gegenständlichen Verfahren zu keinem Zeitpunkt genügend substantiiert, um darin einen neuen Sachverhalt erblicken zu können. Der Umstand, dass der Bruder des Beschwerdeführers aufgrund seiner damaligen, unglaubwürdigen Fluchtgeschichte Afghanistan nun Jahre später habe verlassen müssen, sei nicht nachvollziehbar. Betreffend den geschilderten Tod seiner Eltern sei anzumerken, dass er dies emotionslos und ohne jegliche Details vorbrachte. Dass es dem Beschwerdeführer unmöglich gewesen sei nähere Details hinsichtlich des Todes seiner Eltern in Erfahrung zu bringen sei ebenfalls unglaubwürdig. Die belangte Behörde gelangt zu dem Schluss, dass die vom Beschwerdeführer neu ins Treffen geführten Aspekte (weiterhin) jeder Glaubwürdigkeit entbehren und somit keinen berücksichtigungswürdigen neuen Sachverhalt darstellen. Der objektive und entscheidungsrelevante Sachverhalt sei unverändert, weshalb entschiedene Sache iSd § 68 AVG vorliege. Konkret zu den Rückkehrbefürchtungen befragt, habe der Beschwerdeführer ebenfalls keine ihn konkret persönlich treffende Bedrohung glaubhaft machen können, sondern habe er abermals lediglich pauschal ausgeführt, Angst um sein Leben zu haben. Insgesamt gelangte die belangte Behörde daher zu dem Schluss, dass ein neuer Sachverhalt, welcher im gegenständlichen Fall eine anders lautende Entscheidung in der Sache rechtfertigen würde, im konkreten Fall nicht vorliegt.

5. Dieser Bescheid wurde vom Beschwerdeführer nachweislich am 08.11.2018 übernommen. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer - unterstützt durch einen bevollmächtigten Vertreter - fristgerecht in vollem Umfang wegen Rechtwidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften, wegen unrichtiger Beweiswürdigung, unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie falscher und unvollständiger Sachverhaltserhebung, Beschwerde und erstattete im Wesentlichen folgendes Vorbringen:

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde habe sich der zugrunde liegende Sachverhalt sehr wohl insofern maßgeblich verändert, als sich die Sicherheitslage in Afghanistan verschlechtert habe und der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nunmehr auf sich alleine gestellt wäre. Im gegenständlichen Verfahren seien daher im Vergleich zum rechtskräftig abgeschlossenen Erstverfahren des Beschwerdeführers neue Umstände zu Tage getreten. Die zurückweisende Entscheidung sei daher rechtswidrig. Auch bei der Änderung der Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers handle es sich um eine wesentliche Änderung des Sachverhalts und nicht bloß um eine Änderung von Nebenumständen. Bereits allein aufgrund der geänderten Umstände im Herkunftsstaat hätte die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers nicht zurückweisen dürfen, sondern hätte eine inhaltliche Prüfung durchführen müssen. Der bekämpfte Bescheid sei auch inhaltlich rechtswidrig, da die belangte Behörde in ihrer Entscheidung verkannt habe, dass der Beschwerdeführer durch eine Rückkehrentscheidung in seinen Rechten nach Art. 8 EMRK verletzt werden würden. Die belangte Behörde habe eine mangelhafte Interessenabwägung vorgenommen und sei daher zu Unrecht zu dem Schluss gelangt, dass die Verhängung einer Rückkehrentscheidung zulässig sei. Hinsichtlich des Ausspruches betreffend die Anordnung der Unterkunftnahme gemäß § 15b AsylG (Spruchpunkt VII.) wird nach allgemeinen Ausführungen wonach diese Bestimmung sowohl unions- als auch verfassungswidrig sei, moniert, dass die belangte Behörde die Anordnung zur Unterkunftnahme in keinster Weise begründete. Es werde beantragt festzustellen, dass die Anordnung zur Unterkunftnahme in rechtswidriger Weise erfolgte und den Spruchpunkt VII. ersatzlos zu beheben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige aus Afghanistan stammende Beschwerdeführer ist Angehöriger der Volksgruppe der Hazara mit schiitischem Glaubensbekenntnis. Nach seiner illegalen Einreise in das Bundesgebiet stellte er am 02.08.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom 26.05.2017 als unbegründet abgewiesen. Die dagegen fristgerecht erhobene Beschwerde wurde in weiterer Folge mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.08.2018 als unbegründet abgewiesen. Daraufhin verließ der Beschwerdeführer am 17.09.2018 das Bundesgebiet, wurde aber am 18.09.2018 in der Schweiz angehalten und am 22.10.2018 wieder nach Österreich überstellt, wo er sodann am selben Tag einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag) stellte. Als Grund für die neuerliche Antragstellung gab er zum einen an, dass seine Eltern mittlerweile verstorben seien und sein Bruder ebenfalls auf der Flucht sei, weshalb er bei einer Rückkehr nach Afghanistan auf sich alleine gestellt wäre. Zudem machte er auch die schlechter gewordene allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan geltend.

Sein Antrag vom 22.10.2018 wurde in der Folge mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 06.11.2018 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer seit Rechtskraft der letzten Entscheidung über seinen ersten Asylantrag kein neues entscheidungsrelevantes individuelles Vorbringen glaubhaft dartun konnte. Er bezieht sich in seinem (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz auf den Tod seiner Eltern und der Flucht seines Bruders. Diesem Vorbringen wurde von der belangten Behörde jedoch - insbesondere aufgrund der vagen Vermutungen und pauschalen Äußerungen des Beschwerdeführers im Laufe des Verfahrens - (erneut) die Glaubwürdigkeit zur Gänze abgesprochen.

Der Beschwerdeführer ist alleinstehend, ledig und hat keine Sorgepflichten. Er ist gesund und arbeitsfähig. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer über eine abgeschlossene Schulausbildung verfügt. Der Beschwerdeführer konnte jedoch bereits einige Arbeitserfahrung sammeln, so war er in Afghanistan als Schafhirte und im Iran als Steinmetz tätig. Der Beschwerdeführer hat keine Verwandten oder sonstige engere Bezugspersonen in Österreich oder im sonstigen Europa.

Eine nachhaltige, umfassende und fortgeschrittene Integration des Beschwerdeführers während seines bisherigen Aufenthaltes im Bundesgebiet konnte nicht festgestellt werden. Der Beschwerdeführer hat mehrere Deutschkurse besucht und spricht mittlerweile bereits etwas Deutsch. Er ist nicht Mitglied in einem Verein, hat sich jedoch in der Vergangenheit ehrenamtlich engagiert. Der Beschwerdeführer bezieht in Österreich Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung. Er geht in Österreich keiner Beschäftigung nach. Er hat weder eine Beschäftigungsbewilligung noch eine Einstellungszusage.

Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich bescholten, er wurde zu einer bedingten Haftstrafe verurteilt.

Es kann nicht festgestellt werden, dass in der Zwischenzeit Umstände eingetreten sind, wonach dem Beschwerdeführer in Afghanistan aktuell mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit seiner Person drohen würde, oder ihm im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre. Der Beschwerdeführer leidet an keiner zwischenzeitlich aufgetretenen lebensbedrohlichen oder im Herkunftsland nicht behandelbaren Krankheit.

Zwischenzeitlich kam es auch zu keiner entscheidungswesentlichen Änderung der Situation in Afghanistan, eine Lageänderung wurde vom Beschwerdeführer in seinem zweiten Asylverfahren vor der belangten Behörde zudem auch nicht vorgebracht.

Im Entscheidungszeitpunkt konnte auch keine sonstige aktuelle Gefährdung des Beschwerdeführers in seinem Herkunftsstaat festgestellt werden.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, seiner Volks- und Religionszugehörigkeit, schulischen und beruflichen Werdeganges sowie zu seiner Familie und seinem Gesundheitszustand stützen sich zum einen auf seine Angaben im Asylverfahren und zum anderen ergeben sich diese aus den Feststellungen des rechtskräftigen Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.08.2018.

Die Feststellung zum (neuerlichen) Fluchtvorbringen gründet sich insbesondere auf die Einvernahme des Beschwerdeführers, sowie dem Protokoll der Erstbefragung des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren.

Die strafrechtliche Bescholtenheit ergibt sich aus dem hg. eingeholten aktuellen Strafregisterauszug vom 10.12.2018.

Die Feststellungen zum Gang des ersten Asylverfahrens sowie des gegenständlichen Asylverfahrens und des darin vorgebrachten Fluchtvorbringens werden auf Grundlage der entsprechenden Akte der belangten Behörde getroffen.

Die seitens der belangten Behörde im Rahmen der gegenständlichen Entscheidung getroffenen Feststellungen zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers werden in Bezug auf die Person des Beschwerdeführers als weiterhin aktuell angesehen. Die von der belangten Behörde von verschiedenen allgemein anerkannten Institutionen herangezogenen Berichte liegen dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vor und decken sich im Wesentlichen mit dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichts, das sich aus der ständigen Beachtung der aktuellen Quellenlage (Einsicht in aktuelle Berichte zur Lage im Herkunftsstaat) ergibt. Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht somit kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A I.)

3.1. Abweisung der Beschwerde gegen die Zurückweisung des Folgeantrages

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet.

"Entschiedene Sache" iSd. § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (vgl. VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235; 17.09.2008, 2008/23/0684; 11.11.2008, 2008/23/1251; 19.02.2009, 2008/01/0344 und 06.11.2009, 2008/19/0783). Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern. Es kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen nach § 28 AsylG - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Bei der Prüfung des Vorliegens der entschiedenen Sache ist von der rechtskräftigen Vorentscheidung auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit derselben nochmals zu überprüfen (VwGH 24.05.2016, Ra 2016/03/0050). Bei der Beurteilung der Identität der Sache ist zudem in primär rechtlicher Betrachtungsweise festzuhalten, ob in den entscheidungsrelevanten Fakten eine wesentliche Änderung eingetreten ist (VwGH 24.03.2011, 2007/07/0155). Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den eine positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (vgl. VwGH 22.12.2005, 2005/20/0556 und 26.07.2005, 2005/20/0343 mwN).

Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (vgl. VwGH 10.06.1998, 96/20/0266). Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nicht anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. zB VwGH 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2007, 2004/20/0100; 17.09.2008, 2008/23/0684; 19.02.2009, 2008/01/0344 und 06.11.2009, 2008/19/0783).

Wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, ist eine neue Sachentscheidung auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegensteht (vgl. VwGH 10.06.1998, 96/20/0266; 15.10.1999, 96/21/0097; 25.04.2007, 2004/20/0100 und 17.09.2008, 2008/23/0684).

Eine neue Sachentscheidung ist, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegensteht.

Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Asylwerbers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (vgl. VwGH vom 21.11.2002, 2002/20/0315, in dem weitere von der Rechtsprechung entwickelte Rechtssätze zu § 68 AVG, insbesondere mit Beziehung auf das Asylverfahren, wiedergegebenen werden, und daran anschließend VwGH vom 20.03.2003, 99/20/0480 mwN; vgl. auch VwGH vom 25.04.2002, 2000/07/0235; VwGH vom 04.11.2004, 2002/20/0391, VwGH vom 15.03.2006, 2006/18/0020; VwGH vom 25.04.2007, 2005/20/0300 und 2004/20/0100).

Da sich der Antrag auf internationalen Schutz auch auf die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten richtet, sind auch Sachverhaltsänderungen, die ausschließlich subsidiäre Schutzgründe betreffen, bei den Asylbehörden geltend zu machen, zumal nur sie dem Asylwerber diesen Schutzstatus zuerkennen können. Die zur Rechtslage des § 8 Asylgesetz 1997 ergangene gegenteilige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa VwGH 09.11.2004, 2004/01/0280, mwN) ist daher im Anwendungsbereich des AsylG 2005 nicht mehr zutreffend. Vielmehr sind für Folgeanträge nach dem AsylG 2005 die Asylbehörden auch dafür zuständig, Sachverhaltsänderungen in Bezug auf den subsidiären Schutzstatus einer Prüfung zu unterziehen (VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344).

Für das Bundesverwaltungsgericht ist demnach Sache des gegenständlichen Verfahrens ausschließlich die Frage, ob sich die maßgebliche Sach- und Rechtslage seit der Stellung des gegenständlichen Antrags auf internationalen Schutz geändert hat. Es hat daher entweder - falls entschiedene Sache vorliegt - das Rechtsmittel abzuweisen oder - falls dies nicht zutrifft - den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben. Die Rechtsmittelinstanz darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (VwGH 30.05.1995, 93/08/0207).

Vor dem Hintergrund der oben dargelegten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich, dass sich in Hinblick auf die Frage der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und des Status des subsidiär Schutzberechtigten die maßgebliche Sach- und Rechtslage zwischen der Rechtskraft der ersten rechtskräftig gewordenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.08.2018 und der Erlassung des nunmehr angefochtenen Bescheides vom 06.11.2018 bzw. der gegenständlichen Entscheidung nicht geändert hat.

Anlässlich seiner zweiten Asylantragstellung hat der Beschwerdeführer zwar dahingehend ein neues Vorbringen erstattet, als er bei einer nunmehrigen Rückkehr nach Afghanistan aufgrund des Todes seiner Eltern und der Flucht seines Bruders aus Afghanistan auf sich alleine gestellt wäre. Abgesehen davon, dass es sich hierbei - in Bezug auf sein ursprüngliches Fluchtvorbringen - lediglich um eine Modifizierung unerheblicher Nebenumstände handelt, die an der Identität der Sache nichts zu ändern vermag, weist die behauptete Sachverhaltsänderung - wie bereits aus den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid in zutreffender Weise hervorgeht - keinen "glaubhaften Kern" auf, dem Asylrelevanz zukommt und an den eine positive Entscheidungsprognose anknüpfen könnte. So führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid begründend aus, dass auch die vom Beschwerdeführer neu ins Treffen geführten Aspekte weiterhin jeder Glaubwürdigkeit entbehren und keinen berücksichtigungswürdigen neuen Sachverhalt darstellen würden.

Vor dem Hintergrund der von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen zu den Verhältnissen im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers kann auch nicht angenommen werden, dass in der Zwischenzeit Umstände eingetreten wären, wonach der Beschwerdeführer nach einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre.

Wie eingangs dargelegt, beschränkt sich die Überprüfungskompetenz des erkennenden Gerichts im Falle einer zurückweisenden Entscheidung der belangten Behörde wegen entschiedener Sache auf die Frage, ob die Zurückweisung zu Recht erfolgte. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass eine seit Rechtskraft des ersten Asylverfahrens behauptete Lageänderung im Herkunftsstaat der Zurückweisung des Folgeantrags dann entgegenstehen würde, wenn nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, dass demnach eine andere Beurteilung in Bezug auf die Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten erfolgen könnte (Hinweis E vom 12. Oktober 2016, Ra 2015/18/0221; vgl. VwGH 25.04.2017, Ra 2016/01/0307). Dass sich im Hinblick auf die Gewährung von subsidiärem Schutz seit Rechtskraft des ersten Asylverfahrens eine relevante Lageänderung im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers ergeben hätte, die vom Beschwerdeführer behauptet aber von der belangten Behörde nicht berücksichtigt worden wäre, ist jedoch ebenfalls nicht hervorgekommen.

Eine relevante Lageänderung hinsichtlich der allgemeinen Sicherheitslage, wonach jeder Afghane im Falle seiner Rückkehr in seiner Heimat bereits gefährdet wäre, kann aus den Feststellungen der belangten Behörde nicht erkannt werden. Die belangte Behörde geht in zutreffender Weise nach wie vor davon aus, dass Kabul und andere Provinzhauptstädte, die unter staatlichem Einfluss stehen, als vergleichsweise sicher beurteilt werden können. Trotz der vermehrt stattfindenden öffentlichkeitswirksamen Anschlägen, ist der dort vorherrschenden Konflikt nicht von einem solchen Ausmaß, dass eine Person bloß aufgrund ihrer Anwesenheit bereits einen ernsthaften Schaden iSd § 8 AsylG bzw. Art. 15 der Statusrichtlinie erleiden würde. In der Beschwerde wurde zwar pauschal auf eine Verschlechterung der allgemeinen Lage hingewiesen, ohne dies jedoch näher zu konkretisieren und auszuführen, weshalb sich diese vermeintliche Lageänderung gerade konkret auf die Person des Beschwerdeführers besonders auswirken würde. Zudem berücksichtigte die belangte Behörde allfällige Änderungen betreffend die Sicherheits- und Versorgungssituation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers ohnedies von Amts wegen, indem sie ihrer Entscheidung über den Folgeantrag des Beschwerdeführers die Bezug habenden Länderfeststellungen zu Grunde legte und unter Heranziehung der von der Staatendokumentation laufend aktualisierten Länderfeststellungen zu dem Ergebnis kam, dass sich die den Beschwerdeführer betreffende allgemeine maßgebliche Lage in seinem Herkunftsland seit rechtskräftigem Abschluss des Erstverfahrens nicht geändert habe.

Insgesamt betrachtet liegt weder im Hinblick auf die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten noch im Hinblick auf die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ein neu entstandener relevanter Sachverhalt vor, weswegen die belangte Behörde keine neue Sachentscheidung treffen durfte, sodass sie den gegenständlichen Folgeantrag zutreffend wegen entschiedener Sache zurückwies.

3.2. Zur Rückkehrentscheidung und Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und von Amts wegen ein Aufenthalts-titel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 (Duldung) vorliegt.

3.2.1. Zum Ausspruch gemäß § 57 AsylG

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 2 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG hat das Bundesamt im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsange-hörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiter-hin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder 3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer diese Voraussetzungen verwirklicht (Z 1: Duldung seit mind. einem Jahr; Z 2:

Erforderlichkeit der Anwesenheit zur Gewährleistung der Strafverfolgung oder Anspruchsdurchsetzung; Z 3: Eigenschaft als Opfer von Gewalt und Erforderlichkeit zum Schutz vor Gewalt) sind weder geltend gemacht worden noch im Verfahren sonstwie hervorgekommen, weshalb das Bundesverwaltungsgericht der im Bescheid ausgesprochenen Nichtzuerkennung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" nicht entgegentreten kann.

3.2.2. Zur Rückkehrentscheidung

3.2.2.1. Rechtslage

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 (i.e. Feststellung der Unzulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung aus dem Titel der Art. 2 oder 3 EMRK bzw. 6. oder 13. ZPEMRK in Fällen des Vorliegens von Aberkennungs-gründen) vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.

§ 9 Abs. 1 BFA-VG normiert, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, einer Ausweisung gemäß § 66 FPG oder eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig ist, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs. 2 Z 1-9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

Gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet abzusprechen, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG auf Dauer unzulässig ist.

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

3.2.2.2. Rechtsprechung

Stellt die Maßnahme der Rückkehrentscheidung einen unverhältnismäßigen Eingriff in die nach Art. 8 EMRK geschützten Rechte dar, ist zu unterscheiden, ob daraus gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG die Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung auf Dauer resultiert (wovon dann aus-zugehen ist, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- oder Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind) oder ob dabei Umstände vorliegen, welche die Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung wegen einer drohenden Verletzung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK nur vorübergehend befürchten lassen, in welchem Fall die Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorübergehend für unzulässig zu erklären ist, wodurch der Aufenthalt des Fremden im Bundesgebiet "geduldet" (§ 46a Abs. 1c FPG) wird (vgl. VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146).

Stellt eine aufenthaltsbeendende Maßnahme hingegen keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die nach Art. 8 EMRK geschützten Rechte dar, dann folgt daraus nicht nur deren Zulässig-keit im Grunde des § 9 BFA-VG, sondern auch, dass die Erteilung eines Aufenthaltstitels (oder die Duldung) zur Aufrechterhaltung des Privat- und/oder Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geboten ist (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101 mit Hinweis auf die zur früheren Rechtslage ergangenen Erkenntnisse VwGH 22.10.2009, 2009/21/0293 und VwGH 27.05.2010, 2010/21/0142).

Der Verwaltungsgerichtshof erkennt in seiner ständigen Rechtsprechung, dass bei der Beurteilung, ob im Falle der Erlassung einer Rückkehrentscheidung in das durch Art. 8 EMRK geschützte Privat- und Familienleben des oder der Fremden eingegriffen wird, eine gewichten-de Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen ist, die auf alle Umstände des Einzelfalls Bedacht nimmt (vgl. VwGH 28.04.2014, Ra 2014/18/0146-0149, mwN). Maßgeblich sind dabei etwa die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität sowie die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, weiters der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert sowie die Bindungen zum Heimatstaat (vgl. VwGH 22.07.2011, 2009/22/0183).

Das persönliche Interesse nimmt grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthalts des Fremden zu. Die bloße Aufenthaltsdauer ist freilich nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit dazu genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren. Bei der Einschätzung des persönlichen Interesses ist auch auf die Auswirkungen, die eine Aufenthaltsbeendigung auf die familiären oder sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 22.01.2013, 2011/18/0036; VwGH 10.11.2015, Ro 2015/19/0001, mwN; zur Übertragbarkeit der zu früher geltenden Rechtslagen des FPG ergangenen Rechtsprechung zur Interessenabwägung bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen auf die seit 1. Jänner 2014 geltende Rechtslage nach dem BFA-VG vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).

Der Verwaltungsgerichtshof hat schon wiederholt darauf hingewiesen, dass die Aufenthalts-dauer nur eines von mehreren im Zuge der Interessenabwägung zu berücksichtigenden Kriterien darstellt, weshalb auch nicht gesagt werden kann, dass bei Unterschreiten einer bestimmten Mindestdauer des Aufenthalts in Österreich jedenfalls von einem deutlichen Überwiegen der öffentlichen Interessen an der Beendigung des Aufenthalts im Bundesgebiet gegenüber den gegenteiligen privaten Interessen auszugehen ist (zB VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055 bis 0058). Allerdings hat er auch betont, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (s zB VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0070 mit Hinweisen auf VwGH 21.01.2016, Ra 2015/22/0119; 10.05.2016, Ra 2015/22/0158; 15.03.2016, Ra 2016/19/0031).

Es entspricht zudem der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass das durch eine soziale Integration erworbene Interesse an einem Verbleib in Österreich in seinem Gewicht gemindert ist, wenn der Fremde keine genügende Veranlassung gehabt hatte, von einer Erlaubnis zu einem dauernden Aufenthalt auszugehen (vgl. etwa VwGH 17.04.2013, 2013/22/0106, mwN). Grundsätzlich ist nach negativem Ausgang des Asylverfahrens - infolge des damit einhergehenden Verlustes des vorläufig während des Verfahrens bestehenden Rechts zum Aufenthalt und sofern kein anderweitiges Aufenthaltsrecht besteht - der rechtmäßige Zustand durch Ausreise aus dem Bundesgebiet wiederherzustellen (vgl. VwGH 19.02.2014, 2013/22/0028; 15.12.2015, Ra 2015/19/0247).

Zu prüfen ist daher, ob eine Rückkehrentscheidung mit Art. 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig ist und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme.

3.2.2.3. Anwendung im Beschwerdefall

Die Erlassung der Rückkehrentscheidung liegt zur Durchsetzung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften im öffentlichen Interesse, das im Lichte von Art. 8 Abs. 2 EMRK als Interesse "an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung" eingestuft werden kann. Gegen die genannten Regeln verstoßen Fremde, die nach dem negativen Ausgang des Asylverfahrens über kein weiteres Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügen und unrechtmäßig in diesem verbleiben. Dem genannten öffentlichen Interesse kommt ein hoher Stellenwert zu (vgl. VwGH 15.12.2015, Ra 2015/19/0247 mwN).

Der Beschwerdeführer befindet sich seit dem Sommer 2015 in Österreich und reiste vor seiner Antragstellung illegal in das Bundesgebiet ein. Sein in Österreich verbrachter Aufenthalt war insofern unsicher, als er rechtlich ausschließlich auf der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz beruhte, wobei ihm bereits sein erster Antrag vom Bundesverwaltungsgericht rechtskräftig abgewiesen wurde und auch seinem neuerlichen Antrag (Folgeantrag) von der belangten Behörde mit Bescheid vom 06.11.2018 und auch vom Bundesverwaltungsgericht nicht stattgegeben wurde. Der Beschwerdeführer ist in Afghanistan geboren und ist im Kreis seiner afghanischen Familie aufgewachsen. Er hat - mit Ausnahme seines verhältnismäßig kurzen Aufenthalts im Iran - sein gesamtes Leben bis zu seiner Ausreise in Afghanistan verbracht. Der Beschwerdeführer spricht Dari. Er ist mit den in seinem Herkunftsland bestehenden Traditionen und Bräuchen bestens vertraut. Der Beschwerdeführer verfügt über keine Familienangehörigen oder sonstige besonders enge Bezugspersonen im Bundesgebiet oder im sonstigen Europa. Der Beschwerdeführer kann sich somit nicht darauf berufen, dass die Rückkehrentscheidung in sein Recht auf Achtung des Familienlebens eingreift; insofern, als er von seinem derzeitigen örtlichen und sozialen Umfeld in Österreich getrennt wird, kann aber angenommen werden, dass diese Maßnahme in sein Recht auf Achtung des Privatlebens eingreift (§ 9 Abs. 2 Z 2, 3 BFA-VG).

Die Dauer des vorliegenden Asylverfahrens übersteigt mit knapp dreieinhalb Jahren nicht das Maß dessen, was für ein rechtsstaatlich geordnetes, den Vorgaben an Sachverhaltsermittlungen und Rechtsschutzmöglichkeiten entsprechendes Asylverfahren angemessen ist und nicht von unangemessenen behördlichen Verzögerungen gekennzeichnet war (vgl. VfSlg. 19.752/2013; § 9 Abs. 2 Z 9 BFA-VG). Es ist festzuhalten, dass nicht festgestellt werden konnte, dass der Beschwerdeführer seine bisherige im Bundesgebiet verbrachte Zeit derart genutzt hat, dass von einer bereits eingetretenen tiefgehenden Integration gesprochen werden könnte. Auch wenn der Beschwerdeführer in Österreich bereits einige Kontakt geknüpft hat, so dass ihm daraus ein gewisses Interesse an Kontinuität erwachsen sein kann, erscheint dies im vorliegenden Falls allerdings nicht sehr stark ausgeprägt (§ 9 Abs. 2 Z 3 BFA-VG). Der Beschwerdeführer (und sein Umfeld) musste(n) sich zudem während dieser Zeit bei allfälligen Integrationsschritten seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte (wie zB Ausbildung, Spracherwerb, Freundschaften) bewusst sein (§ 9 Abs. 2 Z 8 BFA-VG). Der Beschwerdeführer ist ein junger, erwachsener, gesunder und arbeitsfähiger Mann. Er verbrachte sein ganzes bisheriges Leben bis zur Ausreise (Sommer 2015) in seinem Herkunftsstaat Afghanistan, womit von einem engen Bezug zu dem sprachlichen, sozialen und kulturellen Umfeld auszugehen ist. Von einer langjähren und/oder entsprechend tief verfestigten Sozialisation in Österreich kann bei der vorliegenden Aufenthaltsdauer, auch unter Berücksichtigung der nachgewiesenen Kontakte und Aktivitäten in Österreich nicht gesprochen werden (§ 9 Abs. 2 Z 4 BFA-VG). Zu guter Letzt ist auch die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers zu erwähnen, die zu Gunsten des öffentlichen Interesses an der Rückkehrentscheidung und zu Lasten der Interessen des Beschwerdeführers zu veranschlagen ist (§ 9 Abs. 2 Z 6 und 7 BFA-VG).

Aus alledem ergibt sich, dass die dem Beschwerdeführer zumutbare, wenn auch allenfalls mit Schwierigkeiten behaftete Rückkehrsituation in seinen Herkunftsstaat kein Überwiegen seiner Interessen am Verbleib in Österreich aufzuzeigen vermag, da sich der Beschwerdeführer unter den oben dargestellten Umständen bei einer Rückkehr wieder in die afghanische Gesellschaft eingliedern wird können.

Vor diesem Hintergrund ist bei einer Gesamtschau davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet das persönliche Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens des Beschwerdeführers jedenfalls als im Sinne des Art 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig angesehen werden kann. Auch sind sonst keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung unzulässig wäre.

Aus diesem Grund sind auch die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach § 55 AsylG nicht gegeben.

3.2.4. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei. Für die gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung gilt der Maßstab des § 50 FPG (VwGH 15.09.2016, Ra 2016/21/0234). Wird in einem Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz im Zusammenhang mit einer Rückkehrentscheidung eine amtswegige Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG getroffen (bzw. vom BVwG überprüft), so ist diese Feststellung, soweit sie sich auf den Herkunftsstaat bezieht, (wegen der inhaltlichen Übereinstimmung des Prüfungsmaßstabs) nur die Konsequenz der Nichtgewährung von Asyl und von subsidiärem Schutz. In dieser Konstellation kommt ihr demnach nur die Funktion zu, den Zielstaat der Abschiebung festzulegen (vgl. VwGH 15.09.2016, Ra 2016/21/0234).

Zur Beurteilung im Lichte des § 52 Abs. 9 FPG kann - zumal dazu auch nichts gesondert vorgebracht wurde und auch (iSd. § 50 Abs. 3 FPG) keine Empfehlung des EGMR vorliegt - auf die Ausführungen iZm. § 8 AsylG verwiesen werden (vgl. auch VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0119). Der auf § 52 Abs. 9 FPG 2005 gestützte Ausspruch der belangten Behörde erfolgte daher zu Recht.

3.3. Gemäß § 55 Abs. 1a FPG besteht eine Frist für die freiwillige Ausreise für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG nicht.

3.4. Zur Anordnung zur Unterkunftnahme (Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides)

3.4.1. Mit Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 15b Abs. 1 AsylG aufgetragen, ab dem 22.10.2018 in dem Quartier "BS Ost AlBE, Otto Glöckelstraße 24-26, 2514 Traiskirchen" Unterkunft zu nehmen.

3.4.2. Die relevante Bestimmung des § 15 b AsylG lautet:

"Anordnung der Unterkunftnahme

§ 15b. (1) Einem Asylwerber kann mittels Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) des Bundesamtes aus Gründen des öffentlichen Interesses, der öffentlichen Ordnung oder aus Gründen der zügigen Bearbeitung und wirksamen Überwachung des Antrags auf internationalen Schutz aufgetragen werden, in einem von der für die Grundversorgung zuständigen Gebietskörperschaft zur Verfügung gestellten Quartier durchgängig Unterkunft zu nehmen. Über die Verfahrensanordnung ist im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(2) Bei der Beurteilung, ob Gründe des öffentlichen Interesses oder der öffentlichen Ordnung vorliegen, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob

1. Voraussetzungen zum Verlust des Aufenthaltsrechts gemäß § 13 Abs. 2 oder für eine Entscheidung gemäß § 2 Abs. 4 GVG-B 2005 vorliegen,

2. der Antrag auf internationalen Schutz sich auf einen Staat gemäß § 19 BFA-VG bezieht oder

3. vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine Rückkehrentscheidung gegen den Drittstaatsangehörigen rechtskräftig erlassen wurde.

(3) Bei der Beurteilung, ob aus Gründen der zügigen Bearbeitung und wirksamen Überwachung des Antrags auf internationalen Schutz die Unterkunftnahme anzuordnen ist, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Asylwerber seinen Mitwirkungsverpflichtungen gemäß § 15 nachgekommen ist oder ob weitere Erhebungen zur Identität erforderlich sind.

(4) Die Anordnung der Unterkunftnahme gilt bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz, solange dem Asylwerber das Quartier zur Verfügung gestellt wird, es sei denn, dem Asylwerber wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt oder ein Aufenthaltstitel nach dem 7. Hauptstück erteilt. Bezieht sich die Anordnung auf eine Betreuungseinrichtung des Bundes, so tritt sie mit Zuweisung des Asylwerbers an eine Betreuungsstelle eines Bundeslandes außer Kraft.

(5) Dem Asylwerber sind die Anordnung gemäß Abs. 1 und die Folgen einer allfälligen Missachtung nachweislich zur Kenntnis zu bringen."

3.4.3. Bei der Beurteilung, ob Gründe des öffentlichen Interesses oder der öffentlichen Ordnung vorliegen, ist gemäß Abs 2 Z 3 leg cit insbesondere zu berücksichtigen, ob "vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz [bereits] eine Rückkehrentscheidung gegen den Drittstaatsangehörigen rechtskräftig erlassen wurde". Festzuhalten ist, dass eine derartige Entscheidung nicht mit einer Freiheitsbeschränkung oder -Entziehung verbunden ist, zumal sich der Asylwerber weiterhin im Bundesgebiet frei bewegen kann.

Nachdem der Beschwerdeführer bereits nach dem Erhalt der ersten negativen Entscheidung über seinen Antrag auf internationalen Schutz (mit dem auch eine Rückkehrentscheidung ausgesprochen wurde) versucht hat das Bundesgebiet zu verlassen und sich nach Frankreich abzusetzen, kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie im vorliegenden Fall aus Gründen des öffentlichen Interesses eine Unterkunftnahme angeordnet hat. Für diese Anordnung sind daher jedenfalls Gründe des öffentlichen Interesses bzw. der öffentlichen Ordnung gegeben, weshalb die belangte Behörde zu Recht von ihrem Ermessen iSd § 15b AsylG Gebrauch machte. Für das Bundesverwaltungsgericht ergaben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die belangte Behörde ihr Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes geübt hätte.

Der Vollständigkeit halber ist auszuführen, dass diese Anordnung mit der rechtskräftigen Erledigung seines Antrages auf internationalen Schutz zeitlich determiniert ist und dies durch die Erledigung seiner Beschwerde mit verfahrensgegenständlichem Erkenntnis erfolgt.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes VII. des angefochtenen Bescheides abzuweisen war.

Aus den angeführten Gründen war die Beschwerde somit insgesamt als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt A II.)

3.5. Zurückweisung des Antrages auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung

Gemäß § 16 Abs. 2 BFA-VG kommt einer Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und diese mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist (Z 1), ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung bereits besteht (Z 2) oder eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 2 FPG erlassen wird (Z 3), sowie einem diesbezüglichen Vorlageantrag die aufschiebende Wirkung nicht zu, es sei denn, sie wird vom Bundesverwaltungsgericht zuerkannt.

Gemäß § 16 Abs. 4 BFA-VG ist eine Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen oder abgewiesen wurde, oder mit der eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 2 FPG erlassen wurde, der die aufschiebende Wirkung nicht zukommt, durchsetzbar. Mit der Durchführung der mit einer solchen Entscheidung verbundenen aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der die bereits bestehende Rückkehrentscheidung umsetzenden Abschiebung ist bis zum Ende der Rechtsmittelfrist, wird ein Rechtsmittel ergriffen bis zum Ablauf des siebenten Tages ab Einlangen der Beschwerdevorlage, zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Beschwerdevorlage und von der Gewährung der aufschiebenden Wirkung in Kenntnis zu setzen.

Gemäß § 17 Abs. 1 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und diese Zurückweisung mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist (Z 1) oder eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung bereits besteht (Z 2) sowie der Beschwerde gegen eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 2 FPG jeweils binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen durch Beschluss die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die aufenthaltsbeendende Maßnahme lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

Gemäß § 17 Abs. 2 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht über eine Beschwerde gegen eine zurückweisende Entscheidung nach Abs. 1 oder gegen eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 2 FPG binnen acht Wochen zu entscheiden.

Einer Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz, die mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist oder bei welcher bereits eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung besteht, kommt demnach gemäß § 16 Abs. 4 BFA-VG ex lege die aufschiebende Wirkung für einen Zeitraum von einer Woche ab Beschwerdevorlage an das Bundesverwaltungsgericht zu. Nach Ablauf der Frist endet die aufschiebende Wirkung, es sei denn, das Bundesverwaltungsgericht hat innerhalb der Frist mit Beschluss die aufschiebende Wirkung bis zum Ende des Verfahrens in der Hauptsache gewährt. Die genannten Vorschriften sehen jedoch kein Antragsrecht des Asylwerbers auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung vor.

Ausgehend davon kam dem Beschwerdeführer im vorliegenden Fall kein Antragsrecht in Bezug auf die begehrte Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu. Aus diesem Grund war der Antrag zurückzuweisen (vgl. dazu auch VwGH vom 21.02.2017, Fr 2016/18/0024).

3.6. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Nur der Vollständigkeit halber wird an dieser Stelle angemerkt, dass vom Beschwerdeführer kein Antrag auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt wurde.

Nach § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Gemäß Art. 47 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (2010/C 83/02) - im Folgenden: GRC - hat jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, das Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungen bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen. Zufolge Abs. 2 leg. cit. hat jede Person ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Jede Person kann sich beraten, verteidigen und vertreten lassen.

Nach Art. 52 Abs. 1 GRC muss jede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen nur vorgenommen werden, wenn sie notwendig sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwoh

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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