TE Bvwg Beschluss 2019/1/28 L510 2133858-4

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Veröffentlicht am 28.01.2019
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Entscheidungsdatum

28.01.2019

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
AVG §68 Abs1
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

L510 2133858-4/6E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. INDERLIETH in dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.01.2019, Zl. XXXX, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes des XXXX, geb. XXXX, StA: Irak, beschlossen:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 iVm. § 22 Abs. 10 AsylG 2005 sowie § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Antragsteller (AS) hat am 30.04.2015 in Österreich erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Dabei brachte er im Wesentlichen vor, dass er von zwei Offizieren bedroht worden sei, weil er ihnen XXXX habe. Es sei deswegen zu einem telefonischen Streit gekommen, davon sei Mitgliedern des Daesh berichtet worden, weshalb diese ihn hätten töten wollen, weil sie ihn verdächtigen würden, er arbeite mit der Polizei zusammen.

2. Mit Bescheid vom 10.08.2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag gemäß den §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ab, erteilte dem Antragsteller gem. § § 57 AsylG keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gem. § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage eine Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

3. Eine gegen diese Entscheidung eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 08.02.2018, Zl. L524 2133858-1/11E, als unbegründet abgewiesen.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der vom AS vorgebrachte Fluchtgrund mangels Glaubhaftigkeit der Entscheidung nicht zugrunde gelegt wird. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der AS vor seiner Ausreise aus seiner Heimat in dieser einer aktuellen sowie unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt war oder er im Falle seiner Rückkehr dorthin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen ausgesetzt wäre.

Gegen dieses Erkenntnis wurde durch den AS eine außerordentliche Revision beim VwGH eingebracht. Mit Beschluss des VwGH v. 25.04.2018 wurde die Revision zurückgewiesen.

4. Am 04.04.2018 brachte der AS einen Folgeantrag im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG ein. Am 04.04.2018 wurde er erstbefragt. Im Wesentlichen legte er dar, dass sein Bruder und seine Mutter bzw. seine Herkunftsfamilie aktuell in einem Flüchtlingslager im Nordirak leben würden. "Die Soldaten" (gemeint: jene Polizeioffiziere, von denen er behaupteter Weise ehemals bedroht worden sei) hätten erfahren, dass sein Bruder mit ihm in Kontakt stehe und hätten diesen bedroht und gewollt, dass der AS zurückkomme. Er habe Angst vor diesen Polizisten, die ihn schon früher bedroht und erpresst hätten.

Im Rahmen der Einvernahme vom 15.05.2018 berichtigte er diese Angaben insoweit, als sein Bruder und seine Mutter entführt worden seien und er nicht wisse wo sie sich nun aufhalten. Nur seine Schwägerin und deren Kinder sowie zwei Schwestern von ihm seien in einem Flüchtlingslager im Nordirak bzw. Erbil. In der Folge legte er die Kopie eines Drohbriefs des IS vor, der zwar aus dem Jahr 2015 stamme, als ihm vom IS sein Geschäft weggenommen worden sei, der sich aber bis 2018 im Haus der Herkunftsfamilie befunden habe und erst im April 2018 von einem Cousin dort aufgefunden worden sei, als dieser die Familie des Bruders in das Flüchtlingslager gebracht habe. Der Bruder selbst sowie die Mutter seien schon im März 2018 entführt worden. Zuvor im Oktober 2017 seien seinem Bruder von den Polizisten, die nach dem BF schon 2014 wegen XXXX gesucht hätten, die Füße bzw. ein Fuß gebrochen worden. Alles dies, ausgenommen die Entführung des Bruders und der Mutter, habe er bereits vor Abschluss des ersten Verfahrensgangs gewusst und auch schon vorgebracht. Bei einer Rückkehr in die Heimat wäre er von den Polizeioffizieren und dem IS bedroht.

Der Antrag des AS auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.05.2018 gemäß § 68 AVG Abs. 1 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem AS gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG 2005 erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig sei. Unter Spruchpunkt III. wurde ausgesprochen, dass gemäß § 55 Absatz 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe. Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG wurde gegen ihn ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Eine dagegen eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 11.07.2018, GZ: L502 2133858-2, gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG iVm § 68 Abs. 1 AVG 1991, BGBl. I Nr. 51/1991 idgF und § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46, 53 und § 55 Abs. 1a FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen und erwuchs in Rechtskraft.

Es wurde folgend ausgeführt:

"Soweit der BF im gg. Folgeverfahren nun abermals behauptete, er sei ehemals von Polizeioffizieren aus genannten Gründen bedroht worden bzw. würde er von diesen sowie Angehörigen des IS bei einer Rückkehr neuerlich bedroht sein, stand diesem behaupteten Sachverhalt - unabhängig von der Frage der Glaubhaftigkeit desselben - schon das Prozesshindernis der entschiedenen Sache insofern entgegen, als sich der BF damit auf ein schon im ersten Verfahrensgang vorgetragenes und ihm bekannt gewesenes Geschehen bezog, wie er selbst auch zuletzt in seiner Einvernahme verdeutlichte.

Darüber hinaus kam die belangte Behörde aus Sicht des erkennenden Gerichtes auf schlüssige Weise zum Ergebnis, dass dem nunmehr neu behaupteten Verfolgungsszenario, nämlich der Entführung seines Bruders und seiner Mutter durch seine früheren Verfolger, auch der für eine allfällige inhaltliche Prüfung erforderliche glaubhafte Kern fehlte, an den allenfalls eine Schutzgewährung anknüpfen hätte können."

5. Am 09.01.2019 wurde der AS im Rahmen der Dublin III-VO aus Frankreich nach Österreich rücküberstellt.

6. Am 09.01.2019 stellte der AS nunmehr gegenständlichen dritten Antrag auf internationalen Schutz, der als Folgeantrag gewertet wurde. In der Erstbefragung führte er aus, dass die gleichen Fluchtgründe wie damals gelten würden. Jedoch seien seine Mutter und ihr Bruder XXXX am 11.07.2018 vom irakischen Militär umgebracht worden. Er habe im Irak niemanden mehr.

Dem AS wurde mit Verfahrensanordnung vom 09.01.2019 gem. § 15b AsylG iVm § 7 VwGVG mitgeteilt, dass er ab 09.01.2019 im Quartier XXXX, Unterkunft zu nehmen hat.

Dem AS wurde am 11.01.2019 eine Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 AsylG und § 15a AsylG sowie § 52a Abs. 2 BFA-VG ausgefolgt.

7. Bei der am 21.01.2019 erfolgten Einvernahme beim Bundesamt gab der AS zur neuerlichen Antragstellung im Wesentlichen Folgendes an:

"[...]

LA: Wie verstehen Sie den anwesenden Dolmetscher?

VP: Ich kann den Dolmetscher gut verstehen.

LA: Anmerkung: Sie haben jederzeit die Möglichkeit, zurückzufragen. Haben Sie das verstanden?

VP: Ja.

LA: Es wurde Ihnen das Info- und Belehrungsblatt zum Ermittlungsverfahren (Wahrheits- und Mitwirkungspflicht, vertrauliche Behandlung, Konsequenzen von Falschaussagen, Rechtsberater, Ablauf der Niederschrift, Meldepflichten, etc.) in einer verständlichen Sprache bereits im Zuge der Erstbefragung zur Kenntnis gebracht und mit Ihnen gemeinsam erläutert. Haben Sie den Inhalt verstanden und sind Ihnen die damit verbundenen Rechte und Pflichten bewusst?

VP: Ja.

LA: Liegen Befangenheitsgründe oder sonstigen Einwände gegen die anwesenden Personen vor?

VP: Nein.

LA: Haben Sie gegen den Rechtsberater, der Ihnen für diese Einvernahme zur Seite gestellt wird, Einwände?

VP: Nein.

LA: Haben Sie eine ausführliche Rechtsberatung in Anspruch genommen?

VP: Ja, am 18.01.2019.

LA: Haben Sie bereits ein Beratungsgespräch zur freiwilligen Rückkehr absolviert?

VP: Nein.

LA: Sie haben eine Ladung zu einem Beratungsgespräch zur freiwilligen Rückkehr zur freiwilligen Rückkehr erhalten. Sie werden hiermit belehrt, diesen Termin wahrzunehmen. Haben Sie das verstanden?

VP: Ja.

LA: Sind Sie bereit, allenfalls unterstützt freiwillig in Ihr Heimatland zurückzukehren?

VP: Nein.

LA: Sind Sie derzeit in ärztlicher Behandlung oder nehmen Sie regelmäßig Medikamente?

VP: Nein. Ich habe Alpträume, habe Angststörungen und halte es in geschlossenen Räumen nicht aus.

LA: Leiden Sie an lebensbedrohenden Krankheiten?

VP: Nein.

LA: Haben Sie Beweismittel oder Dokumente, die Sie vorlegen können und bis jetzt noch nicht vorgelegt haben?

VP: Nein.

Zur Person:

Ihre Identität steht fest.

Sie heißen XXXX, geboren am XXXX in Mosul/Irak, StA: Irak.

Sie sind Moslem sunnitischer Strömung und gehören der Volksgruppe der Araber an.

Sie sind ledig und haben keine Kinder bzw. Unterhaltspflichten.

Ihre Kernfamilie und weitere Verwandte befinden sich im Irak.

Im Bundesgebiet haben Sie keine Familienangehörigen.

Sie haben in Österreich keine besonderen sozialen Kontakte, die Sie an Österreich binden.

Sie sind in Österreich nicht Mitglied in Vereinen oder Organisationen.

Sie sind gesund und arbeitsfähig.

Sie haben in Ihrem Heimatland ca. 12 Jahre Schule absolviert.

Sie konnten in Ihrem Heimatland als selbstständiger Verkäufer bereits Berufserfahrung sammeln.

Sie sind in Österreich strafrechtlich unbescholten.

Sie sind spätestens am 30.04.2015 illegal in das Bundesgebiet eingereist. Zwischenzeitlich waren Sie von Anfang August 2018 bis 09.01.2019 außerhalb des Bundesgebietes aufhältig.

Sie sind in Österreich nicht erwerbstätig.

Sie leben in Österreich in der Grundversorgung und sind nicht selbsterhaltungsfähig.

Sie haben auch in Frankreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

LA: Sie haben am 14.01.2019 eine Verfahrensanordnung gem. § 29 Abs. 3 Z 4 und 6 AsylG erhalten, womit Ihnen mitgeteilt wurde, dass beabsichtigt ist, Ihren Antrag auf internationalen Schutz gem. § 68 AVG zurückzuweisen und den faktischen Abschiebeschutz aufzuheben. Sie haben nunmehr Gelegenheit zur geplanten Vorgangsweise des Bundesamtes Stellung zu nehmen. Was spricht gegen die aufenthaltsbeendende Maßnahme, über die bereits rechtkräftig abgesprochen worden ist?

VP: Mir wurde im ersten Verfahren Unrecht erfahren, ich habe die Richterin in Linz und den Dolmetscher beim Bundesverwaltungsgericht im Zuge der Erstbefragung im zweiten Verfahren am 04.04.2018 bei der Polizei angezeigt. Zehn Tage nach der Verhandlung habe ich die negative Entscheidung bekommen. Ich habe einen ägyptischen Dolmetscher zur Verhandlung mitgebracht, der die Fehler des Gerichtsdolmetschers aufgezeigt hat, aber die Richterin hat ihm nicht geglaubt und die Richterin drohte ihn aus der Verhandlung zu entfernen, was sie aber dann nicht gemacht hat. Ich habe mich gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts beschwert, ich habe für € 900,-- einen Anwalt engagiert, aber auch die Beschwerde wurde zurückgewiesen.

LA: In der Erstbefragung im gegenständlichen Asylverfahren am 09.01.2019 haben Sie angegeben, keine neuen Fluchtgründe zu haben. Zudem seien Ihre Mutter und ein Bruder im Sommer 2018 vom irakischen Militär umgebracht worden. Sie haben niemanden im Irak und Ihr Leben sei bei einer Rückkehr in Gefahr. Halten Sie diese Aussagen weiterhin aufrecht?

VP: Ja.

LA: Wie haben Sie vom behaupteten Tod Ihrer Mutter und einem Ihrer Brüder erfahren?

VP: Ich bekam einen Anruf eines Cousins mütterlicherseits.

LA: Haben Sie dazu Aufzeichnungen?

VP: Nein, ich habe in Frankreich eine neue SIM-Karte eingesetzt und dadurch alle Kontakte verloren.

LA: Ihre Vorverfahren zu den Zahlen XXXX und XXXX wurden in zweiter Instanz rechtskräftig negativ entschieden. Im Erstverfahren hat der Verwaltungsgerichtshof Ihre Revision zurückgewiesen. Sie haben keine neuen entscheidungsrelevanten Fluchtgründe vorgebracht. Warum stellen Sie erneut einen Antrag auf internationalen Schutz?

VP: Ich kann nicht in den Irak, ich werde dort mit dem Umbringen bedroht. Muss ich denn sterben damit man mir glaubt? Ich habe hier eine Zeit lang auf der Straße, nachdem ich keine Grundversorgung mehr hatte. Ich habe so viel ausgehalten, damit ich nicht zurückkehren muss.

LA: Ihnen wurden die Länderfeststellungen zu Ihrem Herkunftsstaat übermittelt, gleichzeitig wurden Sie aufgefordert, bis zur heutigen Einvernahme zu den Feststellungen zum Irak schriftlich Stellung zu nehmen. Dies haben Sie nicht wahrgenommen. Wollen Sie nunmehr eine mündliche Stellungnahme zu den Feststellungen zum Irak abgeben?

VP: Ich weiß nicht mehr viel über den Irak, ich habe dort niemanden mehr.

Vorhalt: Das von Ihnen dargebrachte Vorbringen ist nicht geeignet, einen neuen asylrelevanten Sachverhalt zu begründen, es ist beabsichtigt, Ihren Asylantrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung steht Ihnen nicht zu. Was möchten Sie dazu angeben?

VP: Mir wurde Unrecht, die Richterin und der Dolmetscher haben sich verschworen und mir absichtlich kein Asyl gegeben, wo bleibt die Menschlichkeit, ich bin ein Vertriebener. Für mich gibt es keinen Unterschied zwischen dieser Richterin und dem IS, die mich vertrieben haben. Die einen wollen mich umbringen, die andere will mich in den Irak abschieben. Wie kann ich jetzt zu meinem Recht kommen?

Auf Nachfrage erklärt die VP ausreichend Gelegenheit gehabt zu haben, die Gründe für den Asylantrag vollständig und umfassend zu schildern und auch alle sonstigen Hindernisse darzulegen, die einer Rückkehr ins Heimatland entgegenstehen. Die VP ergänzt, dass sie bei einer Rückkehr in den Irak sofort am Flughafen umgebracht worden würde. Meine Mutter und ein Bruder wurden umgebracht, ein anderer Bruder hat sich der Familie des getöteten Bruders angenommen und diese sind in Flüchtlingslager gegangen, ein weiterer Bruder ist in die Türkei geflüchtet.

LA: Was werden Sie tun, wenn Ihr Asylantrag negativ beschieden wird?

VP: In den Irak kann ich sowieso nicht zurückkehren, ich werde einen neuen Antrag stellen oder Sie geben mir ein Dokument mit dem ich in ein Land meiner Wahl gehen kann. Wenn nicht dann bleibe ich obdachlos hier auf der Straße. Ich will einfach in Österreich arbeiten und keine finanzielle Unterstützung vom Staat haben. Ich bin auch bereit dazu eine Erklärung abzugeben. Ich möchte eine Aufenthaltsgenehmigung.

LA: Ich beende jetzt die Befragung. Hatten Sie Gelegenheit alles vorzubringen, was Ihnen wichtig erscheint?

VP: Ich möchte am Leben bleiben, ich möchte nicht sterben.

LA: Haben Sie den Dolmetscher einwandfrei verstanden, konnten Sie der Einvernahme folgen?

VP: Ja.

LA: Es wird Ihnen nunmehr die Niederschrift rückübersetzt und Sie haben danach die Möglichkeit noch etwas richtig zu stellen oder hinzuzufügen.

Anmerkung: Die gesamte Niederschrift wird wortwörtlich rückübersetzt.

LA: Haben Sie nun nach Rückübersetzung Einwendungen gegen die Niederschrift selbst, wurde alles richtig und vollständig protokolliert?

VP: Ja.

LA: Möchten Sie noch etwas hinzufügen, richtig stellen oder ergänzen?

VP: Nein.

..."

Im Folgenden verkündete das Bundesamt mündlich den Bescheid mit dem der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 iVm § 22 Abs. 10 AsylG, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, aufgehoben wurde.

8. Am 25.01.2019 langte der Verwaltungsakt bei der zuständigen Gerichtsabteilung des BVwG, zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes, ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person:

Die Identität des AS steht fest. Der Name ist XXXX, geboren am XXXX in Mossul/Irak. Er ist Staatsangehöriger des Irak und Angehöriger der arabischen Volksgruppe, muslimisch sunnitischen Glaubens. Der AS ist ledig und hat keine Kinder. Er hat sechs Jahre die Volksschule, drei Jahre die Mittelschule und drei Jahre das Gymnasium besucht. Von 1998 bis 2001 war er beim Militär. Er hat in Mossul einen XXXX betrieben und dort XXXX gekauft, verkauft und repariert. Im Herkunftsstaat leben seine Familienangehörigen, wozu auch seine Mutter zählt. Der AS ist gesund und arbeitsfähig.

In Österreich hat er keine besonderen Anknüpfungspunkte. Er ist in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig, sondern lebt von der Grundversorgung.

Der Antragsteller brachte insgesamt 3 Asylanträge in Österreich ein. Eine besondere Integration kam im Verfahren nicht hervor.

Er war von Anfang August 2018 bis 09.01.2019 außerhalb von Österreich aufhältig und stellte in Frankreich einen Antrag auf internationalen Schutz von wo er nach Österreich rücküberstellt wurde.

Er hat eine auf das Asylgesetz gestützte Aufenthaltsberechtigung in Österreich und verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung.

Zu den Gründen für die Anträge auf internationalen Schutz sowie zur voraussichtlichen Entscheidung im nunmehrigen Verfahren:

Der AS begründete den ersten Asylantrag damit, dass er von zwei Offizieren bedroht worden sei, weil er ihnen XXXX habe. Es sei deswegen zu einem telefonischen Streit gekommen, davon sei Mitgliedern des Daesh berichtet worden, weshalb diese ihn hätten töten wollen, weil sie ihn verdächtigen würden, er arbeite mit der Polizei zusammen.

Im Zuge der Einvernahme zum zweiten Asylantrag brachte der Antragsteller vor, dass sein Bruder und seine Mutter entführt worden seien und er nicht wisse wo sie sich nun aufhalten. Nur seine Schwägerin und deren Kinder sowie zwei Schwestern von ihm seien in einem Flüchtlingslager im Nordirak bzw. Erbil. In der Folge legte er die Kopie eines Drohbriefs des IS vor, der zwar aus dem Jahr 2015 stamme, als ihm vom IS sein Geschäft weggenommen worden sei, der sich aber bis 2018 im Haus der Herkunftsfamilie befunden habe und erst im April 2018 von einem Cousin dort aufgefunden worden sei, als dieser die Familie des Bruders in das Flüchtlingslager gebracht habe. Der Bruder selbst sowie die Mutter seien schon im März 2018 entführt worden. Zuvor im Oktober 2017 seien seinem Bruder von den Polizisten, die nach dem BF schon 2014 wegen XXXX gesucht hätten, die Füße bzw. ein Fuß gebrochen worden. Alles dies, ausgenommen die Entführung des Bruders und der Mutter, habe er bereits vor Abschluss des ersten Verfahrensgangs gewusst und auch schon vorgebracht. Bei einer Rückkehr in die Heimat wäre er von den Polizeioffizieren und dem IS bedroht.

In der Einvernahme zum dritten Antrag gab er an, dass die selben Fluchtgründe vorliegen würden, jedoch seine Mutter und ein Bruder im Sommer 2018 vom irakischen Militär umgebracht worden wären. Er habe niemanden im Irak und sein Leben sei bei einer Rückkehr in Gefahr. Dies hätte er von einem Cousin mütterlicherseits telefonisch erfahren.

Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt hat sich seit Rechtskraft des Vorverfahrens nicht wesentlich geändert. Der AS hat keinen glaubhaften asylrelevanten Sachverhalt vorgebracht, welcher nach Rechtskraft des Zweitverfahrens unter bereits erfolgter Berücksichtigung des Erstverfahrens (§ 3 und § 8 rechtskräftig samt Rückkehrentscheidung) entstanden ist und ist ein solcher auch nicht aus der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ersichtlich.

Der AS ist im arbeitsfähigen Alter und die elementare Grundversorgung im Herkunftsland ist gewährleistet.

Der neue Antrag auf internationalen Schutz wird voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.

Zur Gefährdungssituation bei einer Abschiebung:

Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände konnte nicht festgestellt werden, dass die Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung in den Irak eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für den AS als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Irak:

Das BFA legte seiner Entscheidung aktuelle Berichte zur abschiebungsrelevanten Lage im Irak zugrunde.

2. Beweiswürdigung:

Das BVwG hat aus dem vorgelegten Verwaltungsakt Beweis erhoben.

Das Bundesamt führte beweiswürdigend betreffend die Feststellungen zur Person aus, dass diese aus den vorliegenden Akteninhalten entnommen wurden und vom AS in der nunmehrigen Einvernahme nicht abgeändert bzw. als falsch aufgezeigt worden seien.

Nach Ansicht des BVwG kann der diesbezüglichen Beurteilung des Bundesamtes nicht entgegengetreten werden. Die Feststellungen ergeben sich aus einer Gesamtschau der Verfahren aufgrund der bisherigen 3 Asylantragstellungen.

Betreffend die Gründe für die voraussichtliche Entscheidung legte das Bundesamt dar:

"Der Feststellung wurde Ihr Vorbringen in den Vorverfahren sowie Ihr heutiges Vorbringen zugrunde gelegt.

Ihr nunmehriges Vorbringen bezog sich auf Ihr Vorbringen in den Vorverfahren. Es hat sich bezüglich Ihrer Fluchtgründe im Wesentlichen nichts geändert. Zudem seien Ihre Mutter und ein Bruder im Sommer 2018 vom irakischen Militär umgebracht worden. Sie haben niemanden im Irak und Ihr Leben sei bei einer Rückkehr in Gefahr. Dies hätten Sie von einem Cousin mütterlicherseits telefonisch erfahren.

Dieser Hinweis auf ein Telefonat mit Ihrem Cousin ist jedoch nicht geeignet, die behauptete Bedrohungssituation zu bescheinigen, dies schon im Hinblick darauf, dass Sie diese Informationen auf telefonischem Wege nicht aufgezeichnet haben. Der bloß allgemeine Hinweis auf ein in der Vergangenheit mit Ihrer Familie geführtes Telefonat kann nicht als neu entstandenes Beweismittel gewertet werden. Es liegen nämlich keinerlei Aufzeichnungen über das Telefonat vor und kann vom Bundesamt daher nicht nachvollzogen werden, ob das behauptete Telefonat tatsächlich geführt wurde.

Im nunmehrigen Asylantrag haben Sie offenbar die wiederholte Aufrollung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt.

In diesem Zusammenhang wird darüber hinaus betont, dass Ihr Vorbringen in den Vorverfahren nicht für asylrelevant befunden wurde.

Die erkennende Behörde kann sohin nur zum zwingenden Schluss kommen, dass der objektive und entscheidungsrelevante Sachverhalt unverändert ist. Es liegt sohin entschiedene Sache im Sinne von § 68 AVG vor.

Mangels Änderung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts wird voraussichtlich eine Zurückweisung des Folgeantrags erfolgen

Anzumerken ist noch, dass der Maßstab für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes § 12 a (2) lediglich eine Prognoseentscheidung ist und diese aufgrund ihres Vorbringens eine voraussichtliche Zurückweisung bedingt, da keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts erkennbar ist.."

Seitens des BVwG wird den Darlegungen des BFA nicht entgegengetreten. Es entspricht der Richtigkeit, dass die bP mit ihrem nunmehrigen Vorbringen gerade an jenen Sachverhalt anknüpft, welcher bereits im ersten und auch im zweiten Verfahren rechtskräftig für Unglaubhaft festgestellt wurde. Vor diesem Hintergrund stellt die nunmehrige Darlegung der bP, dass ihre Mutter und ein Bruder im Sommer 2018 vom irakischen Militär umgebracht worden seien lediglich eine abermalige Steigerung ihres Vorbringens dar, welche vor dem Hintergrund der Vorverfahren nicht geeignet ist, einen glaubhaften Kern zu entfalten. Es wird somit davon ausgegangen, dass die Mutter und der angesprochene Bruder nach wie vor im Irak leben.

Betreffend die Feststellungen zur Gefährdungssituation stellte das Bundesamt dar, dass die Lage im Herkunftsstaat, bezogen auf das individuelle Vorbringen seit der Entscheidung über den vorherigen Antrag auf internationalen Schutz, im Wesentlichen unverändert geblieben ist. Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt habe sich seit Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert. Es wurde auch darauf hingewiesen, dass der AS im Zuge des nunmehrigen Verfahrens keine neu entstandenen Beweismittel vorgelegt habe, die zu einem abweichenden Verfahrensergebnis führen könnten. Aufgrund der Feststellungen zur Lage im Herkunftsland in Verbindung mit dem Vorbringen drohe keine Verletzung wie in § 12a Abs. 2 Z. 3 AsylG, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, beschrieben. Der neue Antrag auf internationalen Schutz werde voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.

Nach Ansicht des BVwG kann der diesbezüglichen Beurteilung des Bundesamtes nicht entgegengetreten werden. Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage und ist die darauf resultierende Beweiswürdigung bzw. Prognose schlüssig.

Betreffend die Feststellungen in Bezug auf Art. 8 EMRK führte das Bundesamt an, dass diese aufgrund ihrer nicht anzuzweifelnden Angaben getroffen worden seien.

Diesbezüglich ist dem BFA beizupflichten. Seit den rechtskräftigen Entscheidungen gegenüber den vorherigen Verfahren kamen keine Umstände zu Tage, aus welchen sich wesentlich andere Feststellungen ergeben hätten.

Zur Lage in seinem Herkunftsstaat legte das Bundesamt dar, dass sich die Feststellungen aus den unbedenklichen objektiven Zusammenstellungen und Auskünften der österreichischen Staatendokumentation ergeben würden. Dem wird seitens des BVwG beigetreten. Im Zuge der Einvernahme hatte der AS zudem die Möglichkeit, eine Stellungnahme zu den Länderinformationsblättern abzugeben.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

§ 12 a Abs. 2 AsylG normiert, dass, wenn ein Fremder einen Folgeantrag stellt und kein Fall des Absatz 1 vorliegt, das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben kann, wenn

1. gegen ihn eine aufrechte Rückkehrentscheidung oder Ausweisung besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 22 Abs. 10 AsylG ergehen solche Entscheidungen des Bundesamtes betreffend die Aufhebung des Abschiebeschutzes gem. § 12a Abs. 2 AsylG mündlich in Bescheidform.

§ 22 BFA-VG lautet:

Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes

(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden.

Daraus folgt:

Im konkreten Fall liegt ein Folgeantrag iSd § 2 Abs. 1 Z. 23 AsylG vor. Darunter ist ein jeder einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag nachfolgender weitere Antrag zu verstehen. Das Vorverfahren wurde mit GZ: L502 2133858-2 rechtskräftig abgeschlossen und der dritte Antrag danach gestellt.

Die darin verhängte Rückkehrentscheidung ist aufrecht. Dies wurde auch im Verfahren nicht bestritten.

Der AS verfügt über kein sonstiges Aufenthaltsrecht. Sein nunmehriger Antrag auf internationalen Schutz ist voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, da kein neuer Sachverhalt vorgebracht wurde und sich dieser auf die schon im Erst- und Zweitverfahren behandelten Fluchtgründe bezog, bzw. das Vorbringen keinen Glaubhaften Kern hatte. Die Erlangung der faktischen Notwendigkeiten für eine Abschiebung steht unmittelbar bevor, dem AS wurde bereits mittels Verfahrensanordnung mitgeteilt, dass er gem. § 15b AsylG iVm § 7 VwGVG ab 09.01.2019 im Quartier XXXX, Unterkunft zu nehmen hat.

Auch hat sich die allgemeine Lage im Herkunftsstaat, auch unter Berücksichtigung aktuellster, als notorisch zu erachtender Lageentwicklung, nicht entscheidungswesentlich nachteilig geändert.

Bezüglich einer eventuell vorliegenden Integration in Österreich führte das Bundesamt aus, dass der AS in Österreich kein Familienleben führt. Die Kernfamilie lebt im Irak. Der AS hat in Österreich keine maßgeblichen sozialen Kontakte.

Dem Bundesamt wird dem nicht entgegengetreten, wenn man insbesondere bedenkt, dass die bP zuletzt gar nicht in Österreich aufhältig war. Seit der rechtskräftigen Entscheidung im vorherigen Verfahren ist etwa ein halbes Jahr vergangen, in welchem sich die bP kaum mehr in Österreich aufhielt. Es wurde selbst durch die bP keine besondere Integration dargelegt.

Die im vorigen Verfahren rechtskräftig getroffenen Feststellungen zum Eingriff in das Privat- und Familienleben sind jedenfalls noch gegeben. Dort wurde dargelegt, dass der AS im Bundesgebiet weiterhin weder über familiäre oder außergewöhnliche private Bindungen noch sonstige maßgebliche wirtschaftliche oder soziale Anknüpfungspunkte verfügt. Eine allfällig eingetretene Selbsterhaltungsfähigkeit durch Erwerbstätigkeit war nicht erkennbar. Letztlich kann sich auch das beharrliche Verweilen des AS nach negativer Entscheidung über seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz samt Rückkehrentscheidung in Zusammenschau mit der nunmehr zweiten unbegründeten Stellung eines Antrages hinsichtlich der Verlängerung der Aufenthaltsdauer auf nunmehr über drei Jahre nicht zu seinen Gunsten auswirken. Diese Umstände müssen wie auch die inzwischen durch das gewöhnliche soziale Leben erworbenen Deutschkenntnisse des BF daher im Rahmen der Interessensabwägung des Gerichtes hinter die zu berücksichtigenden öffentlichen Interessen zurücktreten.

Seitens des BVwG wird festgestellt, dass sich gegenständlich der AS zudem wiederum in der Grundversorgung befindet.

Gegenständlich ist somit im Falle einer Abschiebung ein wenn auch nur geringfügiger Eingriff in das Recht auf Privateben gegeben. Die Merkmale Privatleben und Familienleben sind bei einer Abwägung der öffentlichen Interessen an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts gegenüber den persönlichen Interessen des Antragstellers am Verbleib im Bundesgebiet gleichwertig zu berücksichtigen.

Zusammenfassend ist nochmals festzuhalten, dass der Antragsteller im April 2015 erstmals in Österreich einen Asylantrag stellte. Er reiste ursprünglich rechtswidrig in das Bundesgebiet ein und konnte seinen Aufenthalt lediglich durch die Stellung wiederholter unbegründeter Anträge auf internationalen Schutz vorübergehend legalisieren. Insgesamt stellte er 3 Asylanträge. Ein schützenswertes Familienleben liegt nicht vor. Der Antragsteller begründete sein Privatleben zu einem Zeitpunkt, als der Aufenthalt durch die Stellung unbegründeter Asylanträge vorübergehend legalisiert wurde. Auch war der Aufenthalt des Antragstellers zum Zeitpunkt der Begründung der Anknüpfungspunkte im Rahmen des Privatlebens ungewiss und nicht dauerhaft, sondern auf die Dauer der Asylverfahren beschränkt. Ebenso stünde es dem Antragsteller frei, so wie jedem anderen Fremden auch, sich um eine legale Wiedereinreise und einen legalen Aufenthalt zu bemühen. Aus dem Akteninhalt kam nicht hervor, dass er selbsterhaltungsfähig ist. Vielmehr lebt er von der Grundversorgung. Er beherrscht die deutsche Sprach soweit, dass eine gewisse Verständigung im Alltag möglich ist, jedoch war es ihm nicht möglich, seinen Antrag ohne die Beiziehung eines Dolmetschers zu begründen. Der Antragsteller hat in Österreich keine besonderen sozialen Kontakte. Er verbrachte er den überwiegenden Teil seines Lebens im Irak, wurde dort sozialisiert und spricht die dortige Mehrheitssprache auf muttersprachlichem Niveau. Ebenso lebt seine Kernfamilie im Irak, weshalb nicht zu erkennen ist, weshalb es ihm im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht möglich sein sollte, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren, wobei zu berücksichtigen ist, dass der AS gesund und arbeitsfähig ist und sich in einem arbeitsfähigen Alter befindet. Die strafrechtliche Unbescholtenheit wirkt neutral. Der Antragsteller stellte bereits seinen dritten Asylantrag. Der VwGH hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt. Trotz seines mehrjährigen Aufenthaltes, welcher zudem seitens des Antragstellers durch eine Ausreise und eine Asylantragstellung in Frankreich unterbrochen wurde, ist nach Maßgabe einer Interessensabwägung somit davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts des Antragstellers im Bundesgebiet das persönliche Interesse am Verbleib im Bundesgebiet deutlich überwiegt und daher durch eine Abschiebung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt.

Im vorliegenden Fall konnten auch seitens des Antragstellers keine akut existenzbedrohenden Krankheitszustände oder Hinweise einer unzumutbaren Verschlechterung der Krankheitszustände im Falle einer Überstellung in den Irak belegt werden, respektive die Notwendigkeit weitere Erhebungen seitens des Bundesverwaltungsgerichts. Es ergaben sich aus der Aktenlage keine Hinweise auf das Vorliegen schwerer Erkrankungen.

Bereits im Vorverfahren wurde festgestellt, dass bei einer Rückkehr bzw. Abschiebung in das Herkunftsland keine Verletzung der hier maßgeblichen Rechtsgüter droht. Da sich die allgemeine Lage wie auch die persönlichen Verhältnisse und der gesundheitliche Zustand seit der letzten Entscheidung des Bundesamtes nicht entscheidungswesentlich geändert haben, kann davon ausgegangen werden, dass eine Abschiebung in den Herkunftsstaat Irak für ihn zu keiner Bedrohung der angeführten Rechtsgüter führen wird.

Die Feststellung der Zulässigkeit der in Rechtskraft erwachsenen Rückkehrentscheidung ist nach wie vor nicht anzuzweifeln.

Aufgrund der Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Verbindung mit dem Vorbringen kann somit davon ausgegangen werden, dass keine Verletzung wie in § 12a Abs. 2 Z 3 beschrieben, droht.

Es liegen somit alle Voraussetzungen für eine Aufhebung des Abschiebeschutzes vor, sodass die Rechtmäßigkeit derselben zu bestätigen war.

Gem. § 22 Abs. 1 BFA-VG konnte eine Verhandlung entfallen. Auf Grund der Aktenlage ergaben sich keine konkreten Anhaltspunkte, dass dessen ungeachtet eine Verhandlung zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlich wäre.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz,
faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag,
Identität der Sache, Privat- und Familienleben, real risk, reale
Gefahr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L510.2133858.4.00

Zuletzt aktualisiert am

13.05.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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