TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/5 W228 2173188-1

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Veröffentlicht am 05.02.2019
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Entscheidungsdatum

05.02.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52

Spruch

W228 2173188-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald WÖGERBAUER als Einzelrichter in der Beschwerdesache des XXXX , geboren am XXXX .1986 , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.09.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.01.2019 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

III. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wird hinsichtlich des Spruchteils betreffend die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

IV. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides hinsichtlich des Spruchteils betreffend die Rückkehrentscheidung und Abschiebung sowie gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und die Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 52 FPG in Verbindung mit § 9 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt.

V. Dem Beschwerdeführer wird gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, hat sein Heimatland verlassen, ist illegal in das Bundesgebiet eingereist und hat am 23.08.2014 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 23.08.2014 gab der Beschwerdeführer zu seinem Fluchtgrund an, dass er Probleme mit den Taliban gehabt habe. Im Falle einer Rückkehr hätte er Angst umgebracht zu werden.

Der Beschwerdeführer wurde am 18.04.2017 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er an, dass er aus der Provinz Parwan stamme. Er habe zehn Jahre lang die Schule besucht. Im Sommer 1378 habe er in den Iran flüchten müssen, weil die Taliban die Jugendlichen in den Kampf mitgenommen hätten. Er habe in der Folge elf Jahre lang im Iran gelebt und dort als Fliesenleger gearbeitet. Im Jahr 1389 sei er wieder nach Afghanistan zurückgekehrt und habe bis 11.01.1393 in Afghanistan gelebt. Zu seinem Fluchtgrund befragt, führte der Beschwerdeführer aus, dass die drei Söhne von XXXX im 5. Monat 1389 auf das Elternhaus von XXXX , einem Freund des Beschwerdeführers, geschossen hätten, wobei ein Cousin von XXXX getötet worden sei. Zwischen der Familie von XXXX und den Söhnen von XXXX bestehe eine Blutfehde und da der Beschwerdeführer ein guter Freund von XXXX sei, sei er von den Söhnen des XXXX mit dem Tod bedroht worden. Jene hätten behauptet, dass der Beschwerdeführer mit der Familie XXXX zusammenarbeite. Am 23.12.1392 sei der Beschwerdeführer bei Freunden eingeladen gewesen und seien an diesem Abend die Söhne von XXXX zum Elternhaus des Beschwerdeführers gekommen und hätten ihn festnehmen wollen. Sie hätten den Vater und die Brüder des Beschwerdeführers geschlagen. In der Nacht habe seine Mutter ihn informiert, dass er flüchten müsse. Er sei daraufhin nach Kabul zu seinem Onkel gefahren. Die Söhne von XXXX seien zur Regierung gegangen und hätten einen Antrag gestellt, dass der Beschwerdeführer festgenommen werde. Der Bürgermeister habe diesen Antrag unterschrieben. Mit diesem Brief seien die Söhne vom XXXX am 09.01.1393 zum Elternhaus des Beschwerdeführers gekommen und hätten gesagt, dass sie den Beschwerdeführer festnehmen werden. Der Vater des Beschwerdeführers habe den Beschwerdeführer über diesen Haftbefehl informiert und habe der Beschwerdeführer am 11.01.1393 Afghanistan verlassen.

Mit nunmehr angefochtenem Bescheid vom 27.09.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteiltund gemäß § 10 Abs.1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Weiters wurde ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zu seinem Fluchtgrund, zur Situation im Falle seiner Rückkehr und zur Lage in seinem Herkunftsstaat. Es habe keine glaubhafte Gefährdungslage festgestellt werden können. Der Beschwerdeführer habe keine Verfolgung glaubhaft machen können. Dem Beschwerdeführer könne eine Rückkehr nach Afghanistan zugemutet werden. Durch sein großes Familiennetzwerk in Afghanistan sei nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in eine ausweglose Lage geraten würde. Der Beschwerdeführer verfüge zudem über eine mehrjährige Schulbildung sowie mehrjährige Berufserfahrung als Fliesenleger und habe sich bereits viele Jahre selbstständig versorgt.

Gegen verfahrensgegenständlich angefochtenen Bescheid wurde mit Schreiben der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers vom 07.10.2017 Beschwerde erhoben. Darin wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan wegen seiner Involvierung in eine Blutfehde einer befreundeten Familie mit der Familie eines einflussreichen Milizkommandanten mit dem Umbringen bedroht worden sei. Der Beschwerdeführer habe plausibel dargelegt, dass ihm aufgrund der Hineinziehung in diesen langjährigen Streit Gefahr drohe. Er habe ausführlich die politischen Verbindungen der Personen, die ihn bedroht hätten, erklärt, ebenso wie die Gründe, warum seine Angehörigen noch in Afghanistan leben könnten. Es sei nicht richtig, dass der Beschwerdeführer keine ausreichenden Angaben über die fluchtauslösenden Ereignisse machen habe können. Keine Beachtung finde in der Beweiswürdigung auch die Tatsache, dass allein schon aus den UNHCR Richtlinien bezüglich afghanischer Flüchtlinge eine Verfolgungssituation glaubwürdig erscheine. Der Beschwerdeführer wäre zudem aufgrund seines langjährigen Aufenthalts in Österreich in Gefahr, als verwestlicht wahrgenommen zu werden und drohe ihm auch aus diesem Grund im Falle einer Rückkehr asylrelevante Verfolgungsgefahr. Jedenfalls wäre dem Beschwerdeführer aufgrund der allgemein schlechten Sicherheitslage in Afghanistan subsidiärer Schutz zuzuerkennen gewesen. In weiterer Folge wurde auf diverse Berichte zur allgemeinen Lage in Afghanistan verwiesen.

Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt langten am 12.10.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Am 15.11.2017 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine mit 14.11.2017 datierte Urkundenvorlage ein, mit welcher diverse Bestätigungen und Empfehlungsschreiben vorgelegt wurden.

Am 28.03.2018 übermittelte die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers einen ärztlichen Befund sowie eine Therapiebestätigung an das Bundesverwaltungsgericht.

Am 22.06.2018 langte ein Arbeitsvertrag vom 04.05.2018 sowie Lohnbestätigungen beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 09.07.2018 Dr. XXXX zum Sachverständigen aus dem Fachgebiet Afghanistan bestellt.

Am 03.10.2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein mit 25.09.2018 datiertes Gutachten von Dr. XXXX ein.

Am 05.12.2018 übermittelte die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers eine Bestätigung der Cafe Konditorei XXXX vom 07.07.2018, in welcher der Beschwerdeführer tätig war.

In einer Stellungnahme der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers vom 14.01.2019 wurde ausgeführt, dass die aktuellen Berichte deutlich belegen würden, dass die Sicherheitslage Afghanistans eine tiefgreifende Verschlechterung erfahren habe. Es wurden allgemeine Ausführungen zur Situation in Afghanistan getätigt und wurde auf das Gutachten von Friederike Stahlmann verwiesen. Nicht nur dieses Gutachten, sondern auch andere Berichte würden belegen, dass die Situation von jungen afghanischen Männer ein menschenwürdiges Leben in Afghanistan nicht zulasse. Weiters wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr einer Verfolgungsgefahr aufgrund von Blutrache ausgesetzt wäre. Zudem wäre er als Person, die als verwestlicht angesehen werde, einer Lebensgefahr ausgesetzt.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde in der gegenständlichen Rechtssache am 18.01.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Beisein des Beschwerdeführers und seiner Rechtsvertretung, sowie eines Dolmetschers für die Sprache Dari durchgeführt. Die belangte Behörde entschuldigte ihr Fernbleiben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsbürger, geboren XXXX .1986. Er wurde in der Provinz Parwan geboren, ist dort aufgewachsen und hat zehn Jahre lang die Schule besucht. Im Alter von ca. 16 Jahren ist der Beschwerdeführer in den Iran gegangen, wo er in der Folge elf Jahre lang gelebt und als Fliesenleger gearbeitet hat. Danach ist er nach Afghanistan zurückgekehrt und hat vor seiner Ausreise nach Europa noch ca. drei Jahre lang in Afghanistan gelebt. In diesem Zeitraum hielt sich der Beschwerdeführer die meiste Zeit bei seinem Onkel mütterlicherseits in Kabul auf, war jedoch auch regelmäßig bei seiner Familie im Heimatdorf in Parwan aufhältig. Er hat auch in diesen drei Jahren in Afghanistan als Fliesenleger gearbeitet.

Die Kernfamilie des Beschwerdeführers lebt nach wie vor im Heimatdorf in der Provinz Parwan. Eine seiner Schwestern lebt in Baghlan. Ein Onkel väterlicherseits und drei Onkel mütterlicherseits des Beschwerdeführers leben in Kabul. Eine Tante des Beschwerdeführers lebt in Mazar-e Sharif.

Der Beschwerdeführer ist volljährig und ledig. Er ist arbeitsfähig. Der Beschwerdeführer ist Tadschike, ist sunnitischer Moslem und spricht Dari.

Der Beschwerdeführer leidet an einer Anpassungsstörung sowie an einer längeren depressiven Reaktion und befindet sich seit 27.11.2017 laufend in psychotherapeutischer Behandlung. Er leidet jedoch an keinen schweren chronischen oder akuten Krankheiten oder anderen Leiden oder Gebrechen.

Der Beschwerdeführer befindet sich seit spätestens 23.08.2014 in Österreich. Er ist illegal in das Bundesgebiet eingereist. Es halten sich keine Familienangehörigen oder Verwandten des Beschwerdeführers in Österreich auf.

Der Beschwerdeführer hat von 04.05.2018 bis 31.10.2018 als Arbeiter in der XXXX Cafe-Konditorei GmbH tätig. Er verfügt über eine Einstellzusage bei der XXXX Cafe-Konditorei GmbH.

Der Beschwerdeführer hat mehrere Deutschkurse besucht, hat die Prüfung auf dem Niveau B1 abgelegt und verfügt über gute Sprachkenntnisse. Er ist als ehrenamtlicher Mitarbeiter beim Österreichischen Roten Kreuz tätig. Der Beschwerdeführer nahm während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet an zahlreichen integrativen Aktivitäten teil, knüpfte soziale Kontakte und ist bereits gut in die österreichische Gesellschaft integriert. Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.

Es wird festgestellt, dass dem Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Afghanistan keine Verfolgungsgefahr durch die Söhne des XXXX aufgrund von Blutfehde droht.

Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer als Rückkehrer mit westlicher Orientierung in Afghanistan einer Verfolgung nicht ausgesetzt wäre.

Im Falle einer Verbringung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat droht diesem kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (in der Folge EMRK).

Die Wohnraum- und Versorgungslage ist in Mazar-e Sharif sehr angespannt. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Ansiedelung in der Stadt Mazar-e Sharif kann der Beschwerdeführer jedoch grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Er kann selbst für sein Auskommen und Fortkommen sorgen.

Es herrscht derzeit im Westen und Norden Afghanistans - darunter die Provinzen Herat und Balkh - eine Trockenperiode (Dürre). Es kommt zwar zu Wasserknappheit und einer unzureichenden Wasser- bzw. Lebensmittelversorgung im Umland von Mazar-e Sharif und in den ländlichen Gebieten der Provinz Herat, darüber, dass es auch in den Städten Mazar-e Sharif oder Herat keine ausreichende Wasser- oder Lebensmittelversorgung gäbe, ist den aktuellen Berichten jedoch nichts zu entnehmen, zumal insbesondere die Städte Herat und Mazar-e Sharif lediglich der IPC-Kategorie 2 (stressed) zugeordnet sind und die Prognose keine Verschlechterung abzeichnet. Jedenfalls wird auch über entsprechende - teilweise auch international unterstützte - staatliche Reaktionen und Hilfsmaßnahmen berichtet.

Jedoch entwickelt sich die Stadt Mazar-e Sharif wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Im Juni 2017 wurde ein großes Projekt ins Leben gerufen, welches darauf abzielt, die Armut und Arbeitslosigkeit in der Provinz Balkh zu reduzieren. Zudem liegen die Löhne für Gelegenheitsarbeiten in der Stadt Mazar-e Sharif klar über dem Fünfjahresdurchschnitt. Die Provinz Balkh zählt daher zu den stabilsten Provinzen Afghanistans.

Auch wenn die Verwirklichung grundlegender sozialer und wirtschaftlicher Bedürfnisse, wie etwa der Zugang zu Arbeit, Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung aufgrund der aktuellen Dürre nur sehr eingeschränkt möglich ist, so ist die Versorgung der afghanischen Bevölkerung in der Stadt Mazar-e Sharif dennoch zumindest grundlegend gesichert.

Es ist dem Beschwerdeführer möglich nach anfänglichen Schwierigkeiten nach einer Ansiedlung in der Stadt Mazar-e Sharif Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können.

Zur Situation im Herkunftsland Afghanistan wird Folgendes festgestellt:

Parwan

Parwan gehört zu den volatilen Provinzen Afghanistans, in der Talibanaufständische in einigen abgelegenen Distrikten aktiv sind. Aus unruhigen Distrikten in der Provinz Parwan wird von Straßenbomben, Selbstmordangriffen, gezielten Tötungen und anderen terroristischen Angriffen berichtet. Deshalb werden Anti-Terrorismus Operationen durchgeführt, um die Aufständischen zu verdrängen. Talibanaufständische führen in einigen Teilen der Provinz Angriffe auf die Sicherheitskräfte aus.

Im gesamten Jahr 2017 wurden 77 zivile Opfer (20 getötete Zivilisten und 57 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Blindgänger/Landminen, gefolgt von gezielten Tötungen und Bodenoffensiven. Dies bedeutet einen Rückgang von 31% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016.

Militärische Operationen werden in der Provinz durchgeführt; dabei werden Talibankämpfer getötet und Waffen gefunden. Auch werden Luftangriffe durchgeführt. Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Taliban finden statt.

Talibanaufständische sind in abgelegenen Distrikten der Provinz Parwan aktiv. Die Distrikte Seyagerd/Ghorband und Shinwari zählten im November 2017 zu den umkämpften Distrikten der Provinz.

Mazar-e Sharif:

Mazar-e Sharif ist die Hauptstadt der Provinz Balkh. Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana und Pul-e-Khumri und ist gleichzeitig ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst.

In Mazar-e Sharif gibt es einen internationalen Flughafen, durch den die Stadt sicher zu erreichen ist.

Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans, sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan. Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften.

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.382.155 geschätzt.

Als "verwestlicht" wahrgenommene Personen:

Berichten zufolge werden Personen von regierungsfeindlichen Kräften angegriffen, die vermeintlich Werte und/oder ein Erscheinungsbild angenommen haben, die mit westlichen Ländern in Verbindung gebracht werden, und denen deshalb unterstellt wird, die Regierung und die internationale Gemeinschaft zu unterstützen. UNHCR ist der Ansicht, dass - je nach den Umständen des Einzelfalls - für solche Personen, die tatsächlich oder vermeintlich mit der Regierung oder mit der internationalen Gemeinschaft einschließlich der internationalen Streitkräfte verbunden sind, oder diese tatsächlich oder vermeintlich unterstützen, ein Bedarf an internationalem Flüchtlingsschutz aufgrund ihrer (zugeschriebenen) politischen Überzeugung oder aufgrund anderer relevanter Gründe bestehen kann.

Dokumentierte Fälle eines gezielten Vorgehens gegen zurückkehrende Afghanen auf Grundlage einer "Verwestlichung", weil diese in Europa gereist wären oder dort gelebt hätten, westliche Ausweisdokumente in ihrem Besitz oder Ideen angenommen hätten, welche als "unafghanisch", "westlich" oder "europäisch" angesehen werden, sind spärlich. Uneinheitliche Beschreibungen aus Quellen nennen vereinzelte Berichte vermeintlicher Entführungen oder sonstige, auf Einzelne abzielende Verfolgungshandlungen, oder, dass nicht für jede Person ein Risiko besteht, aber, dass solche Handlungen vorkommen, wobei allerdings der Grad und die Verbreitung schwierig zu quantifizieren sind, oder aber, dass Verfolgung nicht spezifisch vorkomme wegen des Asylwerbens oder des Bereisens westlicher Länder.

2. Beweiswürdigung:

Hinsichtlich der Herkunft, Volksgruppenzugehörigkeit, Sprache, Arbeitsfähigkeit stützt sich das Bundesverwaltungsgericht auf die Angaben des Beschwerdeführers.

Die Feststellung betreffend die gesundheitliche Beeinträchtigung des Beschwerdeführers sowie die psychotherapeutische Behandlung beruht auf den vorgelegten Befunden sowie auf der Bestätigung vom 08.01.2019.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan einer Verfolgung durch die Söhne des XXXX aufgrund von Blutfehde ausgesetzt wäre, ist aus folgenden Erwägungen nicht glaubhaft:

Zunächst ist anzumerken, dass der Beschwerdeführer seinen nunmehrigen Hauptfluchtgrund, nämlich die Verfolgung durch die Söhne des XXXX aufgrund von Blutfehde, bei der Erstbefragung mit keinem Wort erwähnte, sondern gab er dort an, dass er seine Heimat aufgrund von Problemen mit den Taliban verlassen habe. Auch wenn den Angaben im Zuge der Erstbefragung kein allzu großes Gewicht zukommt, ist dennoch festzuhalten, dass das völlige Nichterwähnen des später vorgebrachten Hauptfluchtgrundes gegen die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers sowie für ein gesteigertes Vorbringen spricht.

Es erscheint unter Miteinbeziehung der Ausführungen der Länderberichte zum Thema Blutfehde nicht glaubwürdig, dass die Söhne des XXXX den Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in ganz Afghanistan verfolgen sollten, zumal - wäre eine Verfolgungsgefahr des Beschwerdeführers in ganz Afghanistan aufgrund von Blutrache tatsächlich gegeben - kein männlicher Verwandter des Beschwerdeführers, insbesondere jene ohne Behinderung, in Ruhe und unbehelligt in Afghanistan leben könnte. Der Beschwerdeführer hat jedoch im gesamten Verfahren keinerlei Verfolgungshandlungen gegen seine männlichen Angehörigen vorgebracht. Vielmehr hat er in der Einvernahme vor der belangten Behörde selbst angegeben, dass seine ganze Familie seit seiner Ausreise aus Afghanistan keinerlei Probleme mehr gehabt habe.

Zudem ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer keine konkret gegen ihn gerichteten Verfolgungshandlungen vorbrachte. Die angeblichen telefonischen Bedrohungen hätten seinen Angaben zufolge im Jahr 1389 begonnen und hat der Beschwerdeführer dennoch bis 1393 in Afghanistan leben können, ohne dass ein Übergriff gegen ihn stattgefunden habe. Hätten die Söhne des XXXX tatsächlich ein so großes Interesse an der Person des Beschwerdeführers wie von ihm behauptet, so wäre davon auszugehen, dass sie in den drei Jahren, welche zwischen Beginn der Bedrohungen und der Ausreise des Beschwerdeführers vergangen sind, eine konkrete Verfolgungshandlung gegen den Beschwerdeführer gesetzt hätten, insbesondere zumal der Beschwerdeführer selbst angab, sich entweder in Kabul bei seinem Onkel oder bei seinen Eltern in Parwan aufgehalten zu haben. Es hätte den Söhnen des XXXX sohin möglich sein müssen, den Beschwerdeführer zu finden.

Zum Gutachten von Dr. XXXX ist auszuführen, dass dieses grundsätzlich nicht geeignet ist, die Unglaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers zu untermauern, da z.B. die Erhebungen zu dem - laut Gutachten nicht vorliegenden - Haftbefehl nicht im Detail aufgeschlüsselt wurden. Daher wurde das Gutachten in die Würdigung des erkennenden Richters nicht einbezogen.

In einer Gesamtschau erscheint eine konkrete Bedrohung des Beschwerdeführers aufgrund von Blutrache durch die Söhne des XXXX jedoch nicht glaubhaft.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer als Rückkehrer mit westlicher Orientierung in Afghanistan keiner Verfolgung aus diesem Grund ausgesetzt wäre, ergibt sich aus seinem diesbezüglich lediglich völlig allgemein gehaltenen Vorbringen, mit dem er mögliche Gewalthandlungen gegen seine Person nicht hinreichend substantiiert aufzuzeigen vermochte.

Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat ergeben sich aufgrund des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation (Gesamtaktualisierung am 29.06.2018) dem EASO-Bericht "Afghanistan Security Situation - Update" vom Mai 2018 und der UNHCR-RL vom 30.08.2018.

Soweit in der Stellungnahme vom 14.01.2019 auf das Gutachten von Friederike Stahlmann vom 28.03.2018 verwiesen wird, in dem ausführlich die (insbesondere für Rückkehrer ohne soziale Netzwerke) bestehenden Schwierigkeiten des Zugangs zu Ressourcen darlegt werden, ist darauf hinzuweisen, dass diese Ausführungen in den oben angeführten Länderfeststellungen ohnehin Deckung finden. Die humanitären Verhältnisse in Afghanistan beruhen auf einer Vielzahl von Faktoren, darunter die allgemeine wirtschaftliche Lage und die Versorgungslage betreffend Nahrung, Wohnraum, Gesundheitsversorgung, Umweltbedingungen wie Klima und Naturkatastrophen sowie die Sicherheitslage. In einer Gesamtbetrachtung kann den Erkenntnismitteln zur Lage in Afghanistan auch in Ansehung des in der Stellungnahme verwiesenen Gutachtens von Friederike Stahlmann nicht entnommen werden, dass alleine der Umstand einer Rückkehr aus dem westlichen Ausland bei fehlenden Netzwerken vor Ort einer Existenzsicherung in der Stadt Mazar-e Sharif entgegenstünde.

Die Feststellungen zu den Folgen einer Ansiedlung des Beschwerdeführers in der Stadt Mazar-e Sharif, ergeben sich - unter Berücksichtigung der von UNHCR aufgestellten Kriterien für das Bestehen einer internen Schutzalternative für Afghanistan - aus den o. a. Länderberichten zu Mazar-e Sharif.

Der Beschwerdeführer verfügt über eine mehrjährige Schulbildung sowie langjährige Berufserfahrung als Fliesenleger. Er ist zudem im erwerbsfähigen Alter, volljährig, alleinstehend und arbeitsfähig. Das Gericht geht daher auf Grund dieser Umstände davon aus, dass sich der Beschwerdeführer nach anfänglichen Schwierigkeiten, in Mazar-e Sharif niederlassen und sich dort eine Existenz ohne unbillige Härte aufbauen könnte.

Die Feststellungen zu den Aktivitäten des Beschwerdeführers in Österreich sowie zur abgelegten Deutschprüfung ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers sowie aus den vorgelegten Bestätigungen.

Die Feststellung betreffend die Tätigkeit des Beschwerdeführers in der XXXX Cafe-Konditorei ergibt sich aus dem HVB-Versicherungsdatenauszug. Die Feststellung betreffend die Einstellungszusage ergibt sich aus dem Schreiben der XXXX Cafe-Konditorei vom 07.07.2018, in welchem ausgeführt wird, dass der Beschwerdeführer, wenn er in Österreich bleiben darf, eine Arbeitsstelle in der Cafe Konditorei bekomme. Die Feststellung betreffend die guten Sprachkenntnisse des Beschwerdeführers ergibt sich insbesondere aus dem Eindruck, den sich der erkennende Richter im Zuge der mündlichen Verhandlung verschaffen konnte. Die Feststellungen zu den sonstigen integrativen Aktivitäten ergeben sich aus den vor dem Bundesamt sowie im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Bestätigungen.

Dass der Beschwerdeführer in Österreich über zahlreiche soziale Kontakte verfügt und bereits gut in die österreichische Gesellschaft integriert ist, ergibt sich aus seinen Angaben, welche durch zahlreiche vorgelegte Unterstützungsschreiben bestätigt werden. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht waren 2 österreichische Unterstützer als Zuhörer anwesend, welche dadurch ein Interesse an der Integration des Beschwerdeführers zu indizieren scheinen.

In Zusammenschau mit den vorgelegten Beweismitteln und unter Berücksichtigung des dem erkennenden Richter vermittelten Eindrucks während der mündlichen Verhandlung, insbesondere zu seinen Zukunftsplänen in Österreich, ist aufgrund der diesbezüglichen glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers, dass er in Österreich wieder arbeiten wolle und in Österreich Fuß fallen wolle - unter Berücksichtigung der Persönlichkeitskonstellation des Beschwerdeführers und des Lebensverlaufes seit seiner Einreise - insgesamt von einer positiven Prognose auszugehen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn (Z 1) der der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder (Z 2) die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Letztere Variante traf unter Berücksichtigung der in ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 VwGVG vertretenen Ansicht über den prinzipiellen Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auf die gegenständliche Konstellation zu (vgl. dazu etwa VwGH 28.07.2016, Zl. Ra 2015/01/0123).

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides

Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht gemäß § 3 AsylG 1991 setzt positiv getroffene Feststellungen von Seiten der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 11.06.1997, Zl. 95/01/0627). Im Asylverfahren stellt das Vorbringen des Asylwerbers die zentrale Entscheidungsgrundlage dar. Dabei genügen aber nicht bloße Behauptungen, sondern bedarf es, um eine Anerkennung als Flüchtling zu erwirken, hierfür einer entsprechenden Glaubhaftmachung durch den Asylwerber (vgl. VwGH 04.11.1992, Zl. 92/01/0560). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Aufgabe des Asylwerbers, durch ein in sich stimmiges und widerspruchsfreies Vorbringen, allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel, einen asylrelevanten Sachverhalt glaubhaft zu machen (VwGH 25.03.1999, 98/20/0559).

So erscheint es im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht unschlüssig, wenn den ersten Angaben, die ein Asylwerber nach seiner Ankunft in Österreich macht, gegenüber späteren Steigerungen erhöhte Bedeutung beigemessen wird (vgl. VwGH 08.07.1993, Zl. 92/01/1000; VwGH 30.11.1992, Zl. 92/01/0832; VwGH 20.05.1992, Zl. 92/01/0407; VwGH 19.09.1990, Zl. 90/01/0133). Der Umstand, dass ein Asylwerber bei der Erstbefragung gravierende Angriffe gegen seine Person unerwähnt gelassen hat (hier Schläge, Ziehen an den Haaren, Begießen mit kaltem Wasser) spricht gegen seine Glaubwürdigkeit (VwGH 16.09.1992, Zl. 92/01/0181). Die gilt umso mehr für Widersprüche (vgl. zur Erstbefragung nach § 19 Abs. 1 AsylG 2005 auch VwGH 02.01.2017, Zl. Ra 2016/18/0323, Rz 8). Auch unbestrittene Divergenzen zwischen den Angaben eines Asylwerbers bei seiner niederschriftlichen Vernehmung und dem Inhalt seines schriftlichen Asylantrages sind bei schlüssigen Argumenten der Behörde, gegen die in der Beschwerde nichts Entscheidendes vorgebracht wird, geeignet, dem Vorbringen des Asylwerbers die Glaubwürdigkeit zu versagen (Vgl. VwGH 21.06.1994, Zl. 94/20/0140). Eine Falschangabe zu einem für die Entscheidung nicht unmittelbar relevanten Thema (vgl. VwGH 30.09.2004, Zl. 2001/20/0006, zum Abstreiten eines früheren Einreiseversuchs) bzw. Widersprüche in nicht maßgeblichen Detailaspekten (vgl. VwGH vom 23.01.1997, Zl. 95/20/0303 zu Widersprüchen bei einer mehr als vier Jahre nach der Flucht erfolgten Einvernahme hinsichtlich der Aufenthaltsdauer des BFs in seinem Heimatdorf nach seiner Haftentlassung) können für sich allein nicht ausreichen, um daraus nach Art einer Beweisregel über die Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers die Tatsachenwidrigkeit aller Angaben über die aktuellen Fluchtgründe abzuleiten (vgl. dazu auch VwGH 26.11.2003, Zl. 2001/20/0457). Auch oberflächlich und allgemein gehaltene Angaben, welche jeden konkreten, (insbesondere zeitlich) nachprüfbaren Anhaltspunkt vermeiden, und die trotz mehrfacher Aufforderungen, Details zu schildern, erfolgen, sind grundsätzlich geeignet, in einer schlüssigen Begründung zur Verneinung der Glaubwürdigkeit dieser Angaben betreffend eine drohende individuelle Verfolgung herangezogen zu werden (vgl. etwa VwGH 26.06.1996, Zl. 95/20/0205).

Die amtswegigen Ermittlungspflichten im Asylverfahren sind im § 18 Abs. 1 AsylG 2005 geregelt, der inhaltlich nahezu wortgleich der Vorgängerbestimmung des § 28 AsylG 1997 entspricht. Der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 Abs. AsylG 1997 folgend stellt diese Gesetzesstelle eine Konkretisierung der aus § 37 AVG in Verbindung mit § 39 Abs. 2 AVG hervorgehende Verpflichtung der Verwaltungsbehörden dar, den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen, begründet aber keine über den Rahmen der angeführten Vorschriften hinausgehende Ermittlungspflicht (vgl. VwGH 08.04.2003, Zl. 2002/01/0522). Grundsätzlich obliegt es dem Asylwerber, alles Zweckdienliche, insbesondere seine wahre Bedrohungssituation in dem seiner Auffassung nach auf ihn zutreffenden Herkunftsstaat, für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung vorzubringen (Vgl. VwGH 31.05.2001, Zl. 2001/20/0041; VwGH 23.07.1999, Zl. 98/20/0464). Nur im Fall hinreichend deutlicher Hinweise im Vorbringen eines Asylwerbers auf einen Sachverhalt, der für die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung im Sinne der Flüchtlingskonvention in Frage kommt, hat die Behörde gemäß § 28 AsylG 1997 in geeigneter Weise auf eine Konkretisierung der Angaben des Asylwerbers zu dringen. Aus dieser Gesetzesstelle kann aber keine Verpflichtung der Behörde abgeleitet werden, Asylgründe, die der Asylwerber gar nicht behauptet hat, zu ermitteln (Vgl. VwGH 14.12.2000, Zl. 2000/20/0494; VwGH 06.10.1999, Zl. 98/01/0311; VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0222). Die Ermittlungspflicht der Behörde geht auch nicht soweit, den Asylwerber zu erfolgversprechenden Argumenten und Vorbringen anzuleiten (vgl. VwGH vom 21.09.2000, Zl. 98/20/0361; VwGH 04.05.2000, Zl. 99/20/0599)

Aufgrund der Beweiswürdigung ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, wohlbegründete Furcht vor Verfolgung aus Gründen der GFK glaubhaft zu machen:

Wie bereits in der Beweiswürdigung hinlänglich ausgeführt wurde, ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, sein behauptetes individuelles Fluchtvorbringen, im Herkunftsland von den Söhnen des XXXX aufgrund einer Blutfehde eine konkrete Verfolgung befürchten zu müssen, glaubhaft zu schildern.

Soweit der Beschwerdeführer behauptete, aufgrund seiner "westlichen" Lebenseinstellung asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt zu sein, so kommt seinem Vorbringen schon deshalb keine Glaubhaftigkeit zu, weil es ihm nicht gelungen ist, eine "westliche" Orientierung in einer ihn in Afghanistan exponierenden Weise glaubhaft zu machen. Der Beschwerdeführer vermochte nicht, eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen. Im Übrigen ist aus den vorhandenen Länderberichten nicht ableitbar, dass alleine ein Aufenthalt in Europa und eine westliche Geisteshaltung bei Männern bei einer Rückkehr nach Afghanistan bereits mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung asylrelevanter Intensität auslösen würden (vgl. hierzu auch die hg. Ausführungen in BVwG 07.11.2016, W169 2007031-1, Pkt. I.8.); die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung, wie es der Beschwerdeführer angibt, genügt dafür nicht (vgl. VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0185, mwN).

Aus dem Vorbringen zur "westlichen Einstellung" wurde somit aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts keine die Intensität von Abschnitt A Z 2 der GFK erreichende Verfolgung bei Rückkehr an den angenommenen Zielort glaubhaft gemacht.

Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides

Wird ein Asylantrag "in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten" abgewiesen, so ist dem Asylwerber gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, "wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde". Nach § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung dieses Status mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 AsylG 2005 zu verbinden.

Gemäß Art. 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden. Letzteres wurde wiederum durch das Protokoll Nr. 6 beziehungsweise Nr. 13 zur Abschaffung der Todesstrafe hinfällig. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Gemäß § 8 Abs. 3 und 6 AsylG 2005 ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich dieses Status abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offensteht oder wenn der Herkunftsstaat des Asylwerbers nicht festgestellt werden kann. Daraus und aus mehreren anderen Vorschriften (§ 2 Abs. 1 Z 13, § 10 Abs. 1 Z 2, § 27 Abs. 2 und 4 AsylG 2005) ergibt sich, dass dann, wenn dem Asylwerber kein subsidiärer Schutz gewährt wird, sein Antrag auf interanationalen Schutz auch in dieser Beziehung förmlich abzuweisen ist.

Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("a sufficiently real risk") im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, Zl. 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294; 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438; 30.05.2001, Zl. 97/21/0560). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (vgl. VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427; 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028; siehe dazu vor allem auch EGMR 20.07.2010, N. gg. Schweden, Zl. 23505/09, Rz 52ff; 13.10.2011, Husseini gg. Schweden, Zl. 10611/09, Rz 81ff).

Im Fall des Beschwerdeführers ergeben sich aus den Feststellungen zu seiner persönlichen Situation vor dem Hintergrund der spezifischen Länderfeststellungen keine konkreten Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Hindernisses der Rückverbringung in seinen Herkunftsstaat Afghanistan.

Der Beschwerdeführer stammt aus der Provinz Parwan, welche - wie aus den Länderberichten ableitbar - eine der Provinzen mit volatiler Sicherheitslage in Afghanistan ist. Eine Rückkehr des Beschwerdeführers in seine Heimatprovinz ist daher nicht möglich.

Trotz der weiterhin als instabil zu bezeichnenden allgemeinen Sicherheitslage scheint eine Rückkehr nach Afghanistan im Hinblick auf die regional und sogar innerhalb der Provinzen von Distrikt zu Distrikt unterschiedliche Sicherheitslage nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Der Beschwerdeführer kann nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes, unter Berücksichtigung der von UNHCR aufgestellten Kriterien für das Bestehen einer internen Schutzalternative für Afghanistan, in zumutbarer Weise auf die Übersiedlung in andere Landesteile Afghanistans, konkret in die Stadt Mazar-e Sharif, verwiesen werden:

Was die Sicherheitslage betrifft, wird seitens des erkennenden Gerichts im Hinblick auf die Länderfeststellungen zwar nicht verkannt, dass die Situation (auch) in der Stadt Mazar-e Sharif nach wie vor angespannt ist. Dennoch ist festzuhalten, dass die afghanische Regierung die Kontrolle über die Hauptstadt Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktszentren hat. Darüber hinaus ist Mazar-e Sharif über den Luftweg aufgrund des vorhandenen Flughafens eine sicher erreichbare Stadt.

Aus dem vorliegenden Berichtsmaterial geht hervor, dass Anschläge, insbesondere auf Einrichtungen mit Symbolcharakter, nicht auszuschließen sind und in unregelmäßigen Abständen auch stattfinden. Hierzu ist auszuführen, dass die weltweit zu verzeichnende Zunahme von Terroranschlägen für sich alleine betrachtet noch nicht die Schlussfolgerung zu tragen vermag, dass die Ausweisung in einen von Terroranschlägen betroffenen Staat automatisch gegen Art. 3 EMRK verstoßen würde bzw. für den Betroffenen unzumutbar wäre. Die verzeichneten Anschläge ereignen sich hauptsächlich im Nahebereich staatlicher Einrichtungen und richten sich mehrheitlich gezielt gegen die Regierung und internationale Organisationen sowie Restaurants, Hotels oder ähnliche Einrichtungen, in denen vorwiegend ausländische Personen verkehren. Die genannten Gefährdungsquellen sind in reinen Wohngebieten nicht anzunehmen, weshalb die Sicherheitslage in der Stadt Mazar-e Sharif nach wie vor als ausreichend sicher zu bewerten ist.

Auch wenn die Verwirklichung grundlegender sozialer und wirtschaftlicher Bedürfnisse, wie etwa der Zugang zu Arbeit, Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung häufig nur sehr eingeschränkt möglich ist, so ist die Versorgung der afghanischen Bevölkerung in diesen Städten dennoch zumindest grundlegend gesichert.

Laut den Richtlinien des UNHCR müssen die schlechten Lebensbedingungen sowie die prekäre Menschenrechtslage von intern vertriebenen afghanischen Staatsangehörigen bei der Prüfung der Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative berücksichtigt werden, wobei angesichts des Zusammenbruchs des traditionellen sozialen Gefüges der Gesellschaft auf Grund jahrzehntelang währender Kriege, massiver Flüchtlingsströme und interner Vertreibung hierfür jeweils eine Einzelfallprüfung notwendig ist (zur Indizwirkung von UNHCR-Richtlinien vgl. u.a. VwGH 10.12.2014, Ra 2014/18/0103).

Wie festgestellt wurde, ist der Beschwerdeführer arbeitsfähig sowie im erwerbsfähigen Alter. Die medizinischen Einschränkungen, die die Arbeitsfähigkeit offensichtlich nicht berühren, sollten sich ebenso verringern, da "die Ungewissheit des Ausgangs seines Verfahrens" mit der Rechtskraft dieser Entscheidung wegfällt. Er verfügt über eine mehrjährige Schulausbildung und hat sowohl im Iran als auch in Afghanistan viele Jahre lang als Fliesenleger gearbeitet und sich so seinen Unterhalt selbständig verdient. Der Beschwerdeführer gehört auch keinem Personenkreis an, von dem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, die ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. Zudem ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer über ein familiäres Netzwerk in Afghanistan verfügt. Die Kernfamilie des Beschwerdeführers lebt nach wie vor im Heimatdorf in der Provinz Parwan. Eine seiner Schwestern lebt in Baghlan. Ein Onkel väterlicherseits und drei Onkel mütterlicherseits des Beschwerdeführers leben in Kabul. Eine Tante des Beschwerdeführers lebt in Mazar-e Sharif. Es ist davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer in Mazar-e Sharif innerhalb kurzer Zeit Ortskenntnisse aneignen kann. Der Beschwerdeführer kann auch Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen. Es ist deshalb auch nicht zu befürchten, dass er bereits unmittelbar nach seiner Rückkehr und noch bevor er in der Lage wäre, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen, in eine existenzbedrohende bzw. wirtschaftlich ausweglose Lage geraten würde.

In Zusammenschau ergibt sich, dass für den Beschwerdeführer die Möglichkeit für eine den durchschnittlichen afghanischen Verhältnissen entsprechende einfache Lebensführung realistisch ist und keine konkreten Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre. Unter diesen Gesichtspunkten kann davon ausgegangen werden, dass er auch nach seiner Rückkehr in seine Heimat in der Lage sein wird, sich seinen Lebensunterhalt zu sichern.

Dem Beschwerdeführer ist es daher aufgrund der dargelegten Umstände möglich, sich im Mazar-e Sharif - etwa auch durch Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten, wobei ihm seine jahrelange Berufserfahrung zu Gute kommt - eine Existenz aufzubauen und diese zu sichern sowie eine (einfache) Unterkunft zu finden. Dafür, dass der Beschwerdeführer in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse (z.B. Nahrung, Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre, gibt es keine hinreichenden Anhaltspunkte.

Der Beschwerdeführer hat auch nicht mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos dargelegt, dass gerade ihm im Falle einer Rückführungsmaßnahme eine Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (VwGH 19.0.2017, Ra 2017/19/0095).

Unter Berücksichtigung der Länderberichte und der persönlichen Situation des Beschwerdeführers ist in einer Gesamtbetrachtung nicht zu erkennen, dass er im Fall seiner Abschiebung nach Afghanistan und einer Ansiedlung in der Stadt Mazar-e Sharif in eine ausweglose Lebenssituation geraten und real Gefahr laufen würde, eine Verletzung seiner durch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der durch die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention geschützten Rechte zu erleiden. Es liegen keine exzeptionellen Gründe vor, die einer Ansiedlung in der Stadt Mazar-e Sharif entgegenstehen würden. Die Prüfung der maßgeblichen Kriterien führt im konkreten Fall zu dem Ergebnis, dass dem Beschwerdeführer eine Ansiedlung in der Stadt Mazar-e Sharif möglich und auch zumutbar ist.

Tatsächlich ist den aktuellen UNHCR Richtlinien vom 30.08.2018 zu entnehmen, dass junge alleinstehende Männer, ohne besondere Vulnerabilität, sich auch ohne familiäre Unterstützung in urbanen oder semi-urbanen Gebieten mit ausreichender Infrastruktur und unter staatlicher Kontrolle niederlassen können. Eine solche Infrastruktur und staatliche Kontrolle ist in der Stadt Mazar-e Sharif vorhanden, sodass nach den aktuellen UNHCR-Richtlinien eine Ansiedlung des Beschwerdeführers in der Stadt Mazar-e Sharif möglich und auch zumutbar ist.

Das Gericht verkennt zwar nicht, dass aufgrund einer Trockenperiode (Dürre) derzeit die Situation in den Provinzen Herat und Balkh angespannt ist und es zu Wasserknappheit und einer unzureichenden Wasser- bzw. Lebensmittelversorgung im Umland von Mazar-e Sharif und in den ländlichen Gebieten der Provinz Herat kommt. Jedoch ist den Länderberichten nicht zu entnehmen, dass die Grundversorgung der Bevölkerung (mit Nahrungsmittel und Trinkwasser) in den Städten Mazar-e Sharif und Herat generell nicht mehr gewährleistet oder das Gesundheitsversorgungssystem zusammengebrochen wäre. Weder wird in den in das Verfahren eingeführten Berichten eine bestehende (oder unmittelbar drohende) Hungersnot noch eine (herannahende) humanitäre Katastrophe in den Städten Mazar-e Sharif und Herat geschildert.

Auch wenn die Verwirklichung grundlegender sozialer und wirtschaftlicher Bedürfnisse, wie etwa der Zugang zu Arbeit, Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung aufgrund der aktuellen Dürre daher nur sehr eingeschränkt möglich ist, so ist der Zugang zu Unterkunft, grundlegender Versorgung wie sanitärer Infrastruktur, Gesundheitsdiensten und Bildung sowie Erwerbsmöglichkeiten in der Stadt Mazar-e Sharif grundsätzlich gegeben.

Die Situation aufgrund der Dürre in der Stadt Mazar-e Sharif ist daher nicht so gelagert, dass schon alleine die Rückkehr eines Asylwerbers dorthin eine ernsthafte Bedrohung für die durch Art. 3 EMRK geschützten Rechte bedeuten würde.

Zu der diagnostizierten Anpassungsstörung bzw. depressiven Reaktion ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer an keiner dermaßen akuten oder schwerwiegenden Erkrankung leidet, welche im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat allenfalls zu einer Überschreitung der hohen Eingriffsschwelle des Art. 3 EMRK führen könnten.

Die Rückverbringung des Beschwerdeführers nach Afghanistan steht daher nicht im Widerspruch zu § 8 Abs. 1 AsylG 2005, weshalb dem Beschwerdeführer nach den genannten Bestimmungen der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan nicht zuzuerkennen ist.

Spruchpunkt III. und IV. des Bescheides - Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß dem 7. Hauptstück des AsylG - Rückkehrentscheidung - Zulässigkeit der Abschiebung

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige. Der Beschwerdeführer ist als Staatsangehöriger von Afghanistan kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu. Im vorliegenden Verfahren liegt auch kein Fall der §§ 8 Abs 3a oder 9 Abs 2 AsylG vor.

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Der Beschwerdeführer befindet sich seit Oktober 2015 im Bundesgebiet und ist sein Aufenthalt nicht geduldet. Er ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG liegen daher nicht vor.

§ 9 BFA-VG normiert den Schutz des Privat- und Familienlebens betreffend:

"(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, eine der Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes von mehr als fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG liegt vor, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten iSd § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005, sondern zB. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.3.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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