Entscheidungsdatum
06.03.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W274 2197324-1/28E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch Mag. LUGHOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX1988, iranischer Staatsbürger, XXXX, 8073 Feldkirchen bei Graz, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.05.2018, Zl. 1112567803/160579408/BMI-BFA_STM_AST_01, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht:
Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass er insgesamt zu lauten hat:
"I. Der Antrag auf internationalen Schutz vom 23.04.2016 wird hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen.
II. Der Antrag auf internationalen Schutz wird hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran abgewiesen.
III. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wird nicht erteilt.
IV. Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 iVm mit § 9 BFA-VG wird eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG 2005 erlassen.
V. Es wird gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Iran zulässig ist.
VI. Gemäß § 13 Abs 2 AsylG 2005 hat der Antragsteller das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 19.01.2018 verloren.
VII. Gemäß § 55 Abs 1 a FPG besteht für die freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft des Bescheides."
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Der Beschwerdeführer (BF) stellte am 23.04.2016 beim Anhaltezentrum Vordernberg einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Rahmen der Erstbefragung am 24.04.2016 gab er an, seine Religion wechseln zu wollen. Dies sei im Iran sehr gefährlich. Wenn er erwischt werde, drohe ihm die Todesstrafe.
Bei der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 04.04.2018 gab er zusammengefasst an, sein Leben im Iran sei in Gefahr gewesen, weil er Christ geworden sei. Ein Freund, XXXX XXXX, habe ihn mit dessen armenischem Freund XXXX bekannt gemacht. Sie hätten sich dreimal getroffen und über das Christentum gesprochen, ehe XXXX festgenommen worden sei, da er für das Christentum geworben habe. XXXX habe den BF telefonisch über die Festnahme des XXXXinformiert und ihm mitgeteilt, dass er das Land verlassen wolle. Nach diesem Telefonat habe sich auch der BF in Gefahr gefühlt und beschlossen, das Land zu verlassen. Auf Nachfrage, warum sich der BF trotz der Gefahr mit dem Christentum beschäftigt habe, führte er aus, dass sein Freund XXXX auch Christ geworden sei und ihm sein Verhalten gefallen habe. Auch der BF habe daher Christ werden wollen. In Österreich sei er zum evangelischen Zweig des Christentums gekommen, da die evangelische Kirche im Gegensatz zur katholischen Kirche Dolmetscher gehabt habe. Vor der Taufe habe der BF ein Jahr lang regelmäßig die Kirche besucht und sei durch das gelegentliche Anschauen von Videos auf die Taufe vorbereitet worden. Als inneren Beweggrund, seine Religion zu ändern, gab er an, er wolle seinen Lebensstil ändern.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies das BFA den Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung in den Iran zulässig sei (Spruchpunkt V.), ausgesprochen, dass der BF sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 19.01.2018 verloren habe (Spruchpunkt VI.) und keine Frist für die freiwillige Ausreise festgesetzt (Spruchpunkt VII.). Der Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VIII.). Es habe nicht festgestellt werden können, dass sich der BF ernsthaft mit christlichen Glaubensinhalten auseinandergesetzt habe und dass er vor seiner Ausreise asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt gewesen sei. Auch im Falle einer Rückkehr würde er nicht in eine existenzgefährdende Notsituation geraten oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit bzw. unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein. Der BF sei gesund, arbeitsfähig und könne im Iran auf ein familiäres Netzwerk zurückgreifen. In Österreich liege kein hinreichend schutzwürdiges Privatleben vor.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde mit dem primären Antrag, dem BF den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen.
Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 06.06.2018 wurde der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Die für 07.11.2018 angesetzte mündliche Verhandlung vor dem BVwG wurde aufgrund von Bedenken des BF gegen die Dolmetscherin vertagt und fand schließlich am 17.12.2018 statt. Es wurden der BF als Partei und XXXX (Pfarrer der Evangelischen Pfarrgemeinde Graz-Heilandskirche) als Zeuge einvernommen sowie Urkunden vorgelegt.
Festgestellt wird:
Fallbezogen stellt sich die Situation im Iran derzeit wie folgt dar:
Allgemeine Lage
Iran ist eine islamische Republik mit etwa 80 Millionen Einwohnern. Staatsoberhaupt und Revolutionsführer ist Ayatollah Seyed Als Khamene-i, Präsident seit 2013 Hassan Rohani. Dem Staatsoberhaupt unterstehen u.a. die Revolutionsgarden (Pasdaran) und die mehrere Millionen Mitglieder umfassenden Basij-Milizen. Islamische und demokratische Elemente bestehen nebeneinander. Eine demokratische Verfassung im europäischen Sinn besteht nicht. Die allgemeine Sicherheitslage ist mit Ausnahme der Provinzen Sistan-Belutschistan, Kurdistan und West-Aserbaidschan, in denen es immer wieder zu Konflikten zwischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppen und Anschlägen gegen die Sicherheitskräfte kommt, ruhig, wobei latente Spannungen bestehen. Die verfassungsrechtlich festgeschriebene Unabhängigkeit der Justiz unterliegt Begrenzungen. Vor allem der Sicherheitsapparat nimmt in Einzelfällen massiven Einfluss auf die Urteilsfindung. Allgemein erfüllen Gerichtsverfahren internationale Standards nicht. Obwohl nach der Verfassung primär kodifiziertes Recht anzuwenden ist, kann im Zweifelsfall nach der iranischen Verfassung die Scharia vorrangig angewandt werden. Nach wie vor werden Körperstrafen und Todesstrafe angewandt. Es kommt immer wieder zu willkürlichen Verhaftungen, insbesondere im Zusammenhang mit politischer Überzeugung. Basij-Kräfte sind eine freiwillige paramilitärische Gruppierung, die oft bei der Unterdrückung von Oppositionellen oder der Einschüchterung von Zivilisten, die den strikten Moralkodex nicht befolgen, involviert sind. Die Revolutionsgarden (Sepah-e Pasadaran-e Enghelab-e Islami - IRGC) sind herausragend im Sicherheitasapparat, sie sind eine Parallelarmee und haben Wirtschaft, Politik und Verwaltung durchsetzt. Sie verfügen über eigene Gefängnisse. Mit willkürlichen Verhaftungen muß im Iran gerechnet werden. Auffälliges Hören von (westlicher) Musik, die Äußerung einer eigenen Meinung zum Islam, gemeinsame Autofahrten junger nicht verheirateter Männer und Frauen, gemischtgeschlechtliche Partys oder das Verstoßen gegen Bekleidungsvorschriften kann den Unmut zufällig anwesender Basijs bzw mit diesen sympathisierender Personen hervorrufen. Es kann auch zu einem Verprügeln durch Basij kommen. Die genaue Überwachungskapazität der iranischen Behörden ist unbekannt.
Auch 2017 wurden grausame und unmenschliche Strafen (zB. Peitschenhiebe, Amputationen) vollstreckt. Die Todesstrafe steht auf Mord, Sexualdelikte, gemeinschaftlichen Raub, wiederholten schweren Diebstahl, Drogenschmuggel, schwerwiegende Verbrechen gegen die Staatssicherheit, Abfall vom islamischen Glauben und homosexuelle Handlungen. Der Häufigkeit nach wird sie primär bei Drogendelikten, dann Mord und Sexualdelikten angewandt. Laut AI wurden 2017 mindestens 507 Personen hingerichtet. Auch 2016 war Iran mit hoher Wahrscheinlichkeit das Land mit der weltweit höchsten Hinrichtungszahl im Verhältnis zur Bevölkerung.
Religionsfreiheit, Situation von Christen und Konversion
Da Konversion vom Islam zu einer anderen Religion verboten ist, erkennt die Regierung nur armenische oder assyrische Christen an, da diese Gruppen schon vor dem Islam im Land waren, bzw. es sich um Staatsbürger handelt, die beweisen können, dass ihre Familien schon vor 1979 [Islamische Revolution] Christen waren. Die in der iranischen Verfassung anerkannten "Buchreligionen" (Christen, Juden, Zoroastrier) dürfen ihren Glauben im Land relativ frei ausüben. Eine wichtige Einschränkung ist das Proselytismusverbot, das für alle religiösen Minderheiten gilt. Jegliche missionarische Tätigkeit inklusive des öffentlichen Verkaufs von werbenden Publikationen und der Anwerbung Andersgläubiger ist verboten und wird streng bestraft. Jegliche Missionstätigkeit kann als "mohareb" (Krieg gegen Gott) verfolgt und mit dem Tod bestraft werden. Infolge des Proselytismusverbots wird gegen evangelikale Gruppen ("Hauskirchen") oft hart vorgegangen (Verhaftungen, Beschlagnahmungen, vor ein paar Jahren auch angeblich vollstreckte Todesurteile).
Das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit wird sowohl durch Gesetze als auch im täglichen Leben systematisch verletzt. Personen, die zum Christentum übergetreten sind, erhielten hohe Gefängnisstrafen, die in einigen Fällen von zehn bis 15 Jahren reichten. Unter besonderer Beobachtung stehen insbesondere auch hauskirchliche Vereinigungen, deren Versammlungen regelmäßig aufgelöst und deren Angehörige gelegentlich festgenommen werden. Muslimische Konvertiten und Mitglieder protestantischer Freikirchen sind demgegenüber willkürlichen Verhaftungen und Schikanen ausgesetzt.
Apostasie (d.h. Abtrünnigkeit vom Islam) ist in Iran verboten und mit langen Haftstrafen (bis hin zur Todesstrafe) bedroht. Im iranischen Strafgesetzbuch ist der Tatbestand zwar nicht definiert, die Verfassung sieht aber vor, dass die Gerichte in Abwesenheit einer definitiven Regelung entsprechend der islamischen Jurisprudenz zu entscheiden haben. Dabei folgen die Richter im Regelfall einer sehr strengen Auslegung auf Basis der Ansicht von konservativen Geistlichen wie Staatsgründer Ayatollah Khomenei, der für die Abkehr vom Islam die Todesstrafe verlangte. Konvertierte werden jedoch zumeist nicht wegen Apostasie bestraft, sondern aufgrund anderer Delikte, wie zum Beispiel "moharebeh" ("Waffenaufnahme gegen Gott"), "mofsid-fil-arz/fisad-al-arz" ("Verdorbenheit auf Erden"), oder "Handlungen gegen die nationale Sicherheit". In der Praxis sind Verurteilungen wegen Apostasie selten. Christliche Konvertiten werden normalerweise nicht wegen Apostasie bestraft, sondern Fälle von Konversion werden als Angelegenheiten der nationalen Sicherheit angesehen und diese werden vor den Revolutionsgerichten verhandelt. Konversion wird als politische Aktivität angesehen. Die Todesstrafe ist bei Fällen, die mit Konversion zusammenhängen keine geläufige Bestrafung.
In Bezug auf die Strafverfolgung von Mitgliedern von Hauskirchen besagte eine Quelle, dass eher nur die Anführer von Hauskirchen gerichtlich verfolgt würden, während eine andere Quelle meint, dass auch "low-profile" Mitglieder davon betroffen sein können. Manchmal werden inhaftierte Anführer von Hauskirchen oder Mitglieder auf Kaution entlassen, und wenn es ein prominenter Fall ist, werden diese Personen von den Behörden gedrängt, das Land zu verlassen. Ein Hauskirchenmitglied, das zum ersten Mal festgenommen wird, wird aber normalerweise nach 24 Stunden wieder freigelassen. Die typische Vorgehensweise gegen eine Hauskirche ist, dass der Anführer der Hauskirche verhaftet und wieder freigelassen wird, um die Gemeinschaft anzugreifen und zu schwächen. Es gibt auch für normale Mitglieder das Risiko verhaftet zu werden, allerdings werden diese wieder freigelassen mit der Bedingung, dass sie sich vom Missionieren fernhalten. Wenn sie das Missionieren stoppen, werden die Behörden i.d.R. aufhören, Informationen über sie zu sammeln. Normale Mitglieder von Hauskirchen riskieren, zu regelmäßigen Befragungen vorgeladen zu werden, da die Behörden diese Personen schikanieren und einschüchtern wollen.
Es kann zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass auch ein im Ausland Konvertierter in Iran wegen Apostasie verfolgt wird. Einige Geistliche, die in der Vergangenheit in Iran verfolgt oder ermordet wurden, waren im Ausland zum Christentum konvertiert. Die Tragweite der Konsequenzen für jene Christen, die im Ausland konvertiert sind und nach Iran zurückkehren, hängt von der religiösen und konservativen Einstellung ihres Umfeldes ab. Jedoch wird von familiärer Ausgrenzung berichtet, sowie von Problemen, sich in der islamischen Struktur des Staates zurechtzufinden (z.B. Eheschließung, soziales Leben).
Konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, werden für die Behörden nicht von Interesse sein. Wenn ein Konvertit schon vor seiner Ausreise den Behörden bekannt war, könnte dies anders sein. Wenn er den Behörden nicht bekannt war, dann wäre eine Rückkehr nach Iran kein Problem. Konvertiten, die ihre Konversion aber öffentlich machen, können sich Problemen gegenübersehen. Wenn ein zurückgekehrter Konvertit sehr freimütig über seine Konversion in den Social Media-Kanälen, einschließlich Facebook berichtet, können die Behörden auf ihn aufmerksam werden und ihn bei der Rückkehr verhaften und befragen. Der weitere Vorgang würde davon abhängen, was der Konvertit den Behörden erzählt. Wenn der Konvertit kein "high-profile"-Fall ist und nicht missionarisch tätig ist bzw. keine anderen Aktivitäten setzt, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werden, wird der Konvertit wohl keine harsche Strafe bekommen. Eine Bekanntgabe der Konversion auf Facebook allein, würde nicht zu einer Verfolgung führen, aber es kann durchaus dazu führen, dass man beobachtet wird. Ein gepostetes Foto im Internet kann von den Behörden ausgewertet werden, gemeinsam mit einem Profil und den Aktivitäten der konvertierten Person. Wenn die Person vor dem Verlassen des Landes keine Verbindung mit dem Christentum hatte, würde er/sie nicht verfolgt werden. Wenn eine konvertierte Person die Religion in politischer Weise heranzieht, um zum Beispiel Nachteile des Islam mit Vorteilen des Christentums auf sozialen Netzwerken zu vergleichen, kann das zu einem Problem werden.
Grundversorgung, medizinische Versorgung
Die Grundversorgung ist in Iran gesichert, wozu neben staatlichen Hilfen auch das islamische Spendensystem beiträgt. Der Mindestlohn liegt bei ca. 9,3 Mio. IRR im Monat (ca. 200 Euro). Das durchschnittliche Monatseinkommen pro Kopf liegt bei ca. 400 Euro. Die Arbeitslosenrate in Iran betrug im Juni 2016 zwischen 10 und 20%. Ausgebildete Arbeitskräfte finden oft keine ihrer Ausbildung entsprechenden Jobs. Die iranische Wirtschaft ist weitestgehend zentralisiert und steht fast vollständig unter staatlicher Kontrolle. Ein zentraler Faktor der iranischen Wirtschaft sind halbstaatliche religiöse Stiftungen, die Bonyads. Viele davon sind heute international agierende Großkonzerne. Alle angestellten Arbeitnehmer unterliegen einer Sozialversicherungspflicht, die die Bereiche Rente, Unfall und Krankheit umfasst. Es gibt einen Anspruch auf Kindergeld sowie auf Arbeitslosengeld in Höhe von 70-80% des Gehaltes. Die gering verdienenden Teile der iranischen Bevölkerung erhalten zur Sicherung der Grundversorgung monatlich eine "Yarane" von ca. 11€. Es besteht kostenfreie Bildung und Gesundheitsversorgung.
98% aller Iraner haben Zugang zu ärztlicher Versorgung. Die Qualität ist in Teheran und den großen Städten ausreichend bis gut. In vielen Landesteilen ist sie nicht vergleichbar mit europäischem Standard. In jeder Provinz ist mindestens eine medizinische Universität. Die Medizinische Grundversorgung basiert auf ca. 19.000 ländlichen Gesundheitshäusern, ca. 3.000 ländlichen Gesundheitszentren und 730 städtischen öffentlichen Krankenhäusern in jeder größeren Stadt. Obwohl primäre Gesundheitsdienstleistungen kostenlos sind müssen durchschnittlich 55% der Gesundheitsausgaben in bar bezahlt werden. In zahlreichen Apotheken sind die meisten auch in Europa gebräuchlichen Medikamente zu kaufen und nicht sehr teuer.
Rückkehr
Allein der Umstand, dass eine Person einen Asylantrag gestellt hat, löst bei der Rückkehr keine staatlichen Repressionen aus. In der Regel dürften die Umstände der Wiedereinreise den iranischen Behörden gar nicht bekannt werden. Trotzdem kann es in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen. Bisher wurde kein Fall bekannt, in dem Zurückgeführte im Rahmen der Befragung psychisch oder physisch gefoltert wurden. Personen, die das Land illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen haben, können von den iranischen Auslandsvertretungen ein Passersatzpapier bekommen und nach Iran zurückkehren. In Einzelfällen konnte im Falle von Rückkehrern aus Deutschland festgestellt werden, dass diese bei niederschwelligem Verhalten und Abstandnahme von politischen Aktivitäten, mit Ausnahme von Einvernahmen durch die iranischen Behörden unmittelbar nach der Einreise, keine Repressalien zu gewärtigen hatten. Für die Rückkehr nach Iran braucht man eine offizielle Erlaubnis des iranischen Staates. Die Rückkehr wird mit den Behörden von Fall zu Fall verhandelt. Iraner, die im Ausland leben, sich dort öffentlich regimekritisch äußern und dann nach Iran zurückkehren, können von Repressionen bedroht sein (auszugsweise Wiedergabe des Länderinformationsblatts der Staatendokumentation Iran, Gesamtaktualisierung am 03.07.2018, unter Bezugnahme auf die dort genannten Quellen).
Der am XXXX1988 in Teheran geborene, ledige BF wurde als Angehöriger der schiitischen Glaubensrichtung des Islam geboren und sozialisiert, besuchte im Iran sechs Jahre lang die Schule, war beruflich 13 Jahre als Bäcker - immer wieder die Arbeitsstelle wechselnd - tätig und arbeitete für ein Jahr auch bei einer Firma, die Ölfilter für Autos herstellt. Er ist Sohn eines - verstorbenen - kurdischen Vaters und einer ethnisch türkischen Mutter. Er hat 3 Geschwister und wohnte mit der Mutter und den 2 Brüdern im familiären Haus in Shahriar bei Teheran. Nicht festgestellt werden konnte, dass der BF Ende Herbst, Anfang Winter 2015 im Iran über einen Freund, XXXX XXXX, einen armenischen Christen namens XXXX kennen lernte, sich mit diesen dreimal traf und dabei über das Christentum sprach, ebensowenig, dass XXXX als Christ verhaftet und der BF aufgrund dessen überstürzt innerhalb von 3 Tagen, ohne von der Arbeitsstelle noch einmal nach Hause zurückgekommen zu sein, aus dem Iran floh.
Der BF verließ den Iran etwa im Februar 2016 und reiste über die Türkei und die "Balkanroute" im April 2016 ohne gültige Reisedokumente in das österreichische Bundesgebiet ein. Er befand sich zunächst für zwei Wochen in der Betreuungsstelle Ost, Traiskirchen, danach in einer Asylunterkunft in Salzburg und wohnte ab Mai 2016 in einem Flüchtlingsquartier in Leibnitz, wo er Gemeindemitglieder zum Beispiel beim Rasenmähen unterstützte. Danach hielt er sich in einem Flüchtlingsquartier in Graz auf. Zwischen Jänner und März 2018 hatte der BF keine Unterkunft und wohnte bei Freunden. Am 22.03.2018 erfolgte die Anmeldung in der Caritas Obdachlosenunterkunft in Graz. Seit Juni 2018 wohnt der BF in einem Fremdenquartier in Feldkirchen bei Graz. Der BF befindet sich - nach einer diesbezüglichen Unterbrechung - wieder in Grundversorgung.
Er lernte während seines Aufenthalts in Leibnitz einen bereits länger in Österreich lebenden näher genannten Iraner kennen, der den BF und andere frisch angekommene Asylwerber besuchte. Dieser brachte den BF und andere Asylwerber zur evangelischen Kirche in Leibnitz, die er forthin regelmäßig besuchte. Zuvor hatte er eine katholische Kirche besucht, wo es keinen Farsi Dolmetscher gab. Nach einem mehrwöchigen Taufkurs (acht Termine zu je 2,5 Stunden, wobei eine Einheit abgesagt wurde) wurde der BF am 14.05.2017 in der evangelischen Kirche A.B. in Leibnitz getauft. Seit März 2018 besucht er etw einmal im Monat den Gottesdienst in der evangelischen Heilandskirche in Graz. Nach dem Gottesdienst besucht er auch das Pfarrkaffee. Er nimmt auch an einzelnen Veranstaltungen der Pfarre teil. Er hat noch nicht versucht, jemanden vom christlichen Glauben zu überzeugen (BG Brot S 14).
Nicht festgestellt werden konnte, dass er sich bereits im Iran bzw in Österreich durch Besuch zunächst der evangelischen Kirche in Leibnitz, in der er nach etwa 8 Terminen eines Taufkurses am 14.5. 2017 getauft wurde und sodann der Heilandskirche-Graz, so weit innerlich zum Christentum hingewendet hätte, dass er dieses aufrichtig angenommen, für sein Leben als wichtig erkannt hat und das Bedürfnis hätte, dieses unter anderen Lebensverhältnissen - wie einer Rückkehr in den Iran - innerlich (Gebet, Lebensorientierung) und äußerlich (Gottesdienstbesuch, Bekenntnis, Mission) auszuüben.
Nicht festgestellt werden konnte weiters, dass der BF christliche Texte oder Fotos von Jesus Christus bzw. dem Pastor der Kirche in Facebook, Instagram oder anderen sozialen Medien gepostet hat.
Am 26.7.2018 bestätigte die Islamische Religionsgemeinde in Graz, dass der BF nicht als Mitglied der IGGÖ registriert ist und war (Beilage ./E)
Der BF wurde mit gekürzter Urteilsausfertigung des Landesgerichts für Strafsachen Graz am 15.1.2018, rechtskräftig seit 19.1.2018, nach einem Teilgeständnis wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB sowie des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von drei Monaten, bedingt nachgesehen unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt. Nach den Feststellungen hatte er am 25.10.2017 in Graz alkoholisiert und nach einem Joint einen Wirt mit den Worten "Du bist tot, ich bringe dich um" samt einer Schneidebewegung mit der Hand am Hals bedroht und ein Trinkglas, zwei Überwachungskameras und eine Lichtanlage (AS 85ff) zerschlagen.
Am 12.12.2018, somit 5 Tage vor der Gerichtsverhandlung und in dieser unerwähnt, kam es - dokumentiert durch eine Anzeige OZ 20 - zu einem Vorfall am Hauptplatz in Graz, bei dem der BF als Beschuldigter geführt wird, im Zuge einer Auseinandersetzung 2 Personen zu Boden gestoßen und dadurch verletzt und einer Person die Jacke zerrißen zu haben. Alle Auskunftspersonen gaben an, dass der BF mit einem Bekannten alkoholisiert "randaliert und sich aggressiv aufgeführt" habe. Dokumentiert wurde weiters, dass der BF alkoholisiert gewesen sei, gegenüber den einschreitenden Beamten unkooperativ und aggressiv gewesen sei, eine Atemluftuntersuchung verweigert habe und nach kurzer Fixierung auf der PI bei Anzeige auf freiem Fuß entlassen worden sei, wobei er angegeben habe. die Passanten seien grundlos auf ihn losgegangen.
Am 25.2.2019 wurde dem BVwG ein rechtskräftiger Protokolls- und Urteilsvermerk vorgelegt, wonach der BF am 26.10.2017 in Graz einen Polzeibeamten durch die wahrheitswidrige Behauptung, dieser hätte ihm grundlos einen Schlag in das Gesicht versetzt und ihn dadurch am Körper verletzt (blutende Verletzung an der Lippe), des Vergehens der Körperverletzung falsch verdächtigt habe, wobei er gewußt habe, dass die Verdächtigung falsch gewesen sei, sowie hiedurch als Zeuge bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache falsch ausgesagt habe, er habe hiedurch das Vergehen der Verleumdung nach § 297 Abs 1 erster Fall StGB und der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 und 4 StGB begangen. Er wurde unter Bedachtnahme auf 8 Hv 147/17g zu einer Zusatzstrafe von 5 Monaten, bedingt nachgesehen auf 5 Jahre, verurteilt (OZ 26). Dem Urteil lag eine geständige Verantwortung des BF zu Grunde.
Der BF besuchte mehrere Deutsch-Kurse und absolvierte am 14.02.2017 die Prüfung "ÖSD Zertifikat A1". Er nahm an mehreren Integrationskursen teil. Im aktuellen Zeitpunkt ist der BF gesund und arbeitsfähig. Er verfügt zum Entscheidungszeitpunkt über keine relevanten Bindungen zu Österreich. Der BF konnte - mit Ausnahme des Rasenmähens für Gemeindemitglieder in Leibnitz - auch kein freiwilliges Engagement darlegen. Er hat keine Verwandten in Österreich, verfügt aber über einen gewissen Freundes- und Bekanntenkreis im Inland. Der BF hat mit Ausnahme seines nunmehrigen Aufenthalts in Europa sein Leben zum überwiegenden Teil im Iran verbracht, wo er sozialisiert wurde und wo sich nach wie vor seine nächsten Verwandten aufhalten: Die Mutter des BF sowie zwei Brüder und eine Schwester leben nach wie vor im Iran. Zu ihnen besteht Kontakt in nicht näher feststellbarem Ausmaß. Seine Familie besitzt im Iran ein Haus und ein Grundstück. Bis zu seiner Ausreise lebte er gemeinsam mit seinen Eltern in diesem Haus. Es ist daher davon auszugehen, dass er im Falle seiner Rückkehr wieder bei seiner Familie wohnen kann.
Beweiswürdigung:
Die Feststellungen betreffend Person, Personenstand, Staatsangehörigkeit, Herkunft, Religionsbekenntnis im Iran, Schulbildung und Berufstätigkeit des BF sowie zum zum Verlassen seines Herkunftsstaates und die Einreise und den Aufenthalt in Österreich folgen seinen diesbezüglich widerspruchsfreien und insoferne glaubwürdigen Angaben. Dass noch Kontakt des BF zu seiner Mutter besteht, folgt schon daraus, dass er von dieser Urkunden übermittelt bekam (Prot. BFA S 5). Zweifel an der Echtheit der im Verlauf des Verfahrens vorgelegten Dokumente Personalausweis und Führerschein und der sich daraus ergebenden Identität des BF ergaben sich für das Gericht nicht.
Darüber hinaus ist die Glaubwürdigkeit des BF bereits im Allgemeinen aufgrund zahlreicher Widersprüche massiv erschüttert:
Vor dem BFA gab der BF im April 2018 an, er habe ein Haus gehabt, das er seiner Mutter vor der Ausreise übergeben habe, sie habe es verkauft und seine Familie lebe jetzt vom Verkaufserlös. Vor Gericht gab er in diesem Zusammenhang zunächst an, er habe seine Mutter und Brüder nicht unterstützen müssen (Prot. S 4), seine Mutter habe die Pension des 2009 verstorbenen Vaters erhalten, wovon auch die Brüder gelebt hätten. Vor Gericht zum Haus befragt, gab er später an, er habe sein eigenes Haus in der Stadt Quom. Er könne nachweisen, dass es ihm gehöre. Über Nachfrage, ob ihm das Haus immer noch gehöre, gab er sodann sinngemäß an, das Haus sollte auf Raten erworben werden, wofür er Kredite aufgenommen habe, die niemand habe zurückzahlen könne, weshalb der Verkäufer sein "Kündigungsrecht" ausgeübt habe. Es seien teilweise Beträge an die Mutter rückgezahlt worden. Abgesehen davon, dass diese näheren, im Widerspruch zu den früheren Angaben erfolgten Erklärungen erst über dezidierte Nachfrage erfolgten, erscheint es schon nicht vorstellbar, wie der BF, der nach seinen Angaben innerhalb von 3 Tagen geflüchtet und innerhalb dieser Zeit nicht mehr von der Arbeitsstelle nach Hause zurückgekehrt sein soll, das Haus seiner Mutter "übergeben" hätte sollen. Unklar blieb auch, ob in Österreich noch Kontakt des BF zu seiner Mutter bestand. Zunächst verneinte er das vor dem BFA klar (dortiges Prot. S 8), bestritt diese Antwort vor Gericht aber als unrichtig, nachdem er zuvor ausdrücklich angegeben hatte, das Protokoll vor dem BFA angeschaut zu haben, seine Angaben seien richtig protokolliert worden (Prot. S 10 und 3). Es fällt auch auf, dass er von ihr noch Fluchtgeld in die Türkei per Western Union nachgesandt bekommen haben will (Prot S 7), wobei Kontakte zu den Familienangehörigen ab der Ausreise aus dem Iran ausdrücklich vor dem BFA verneint wurden (dort Prot. S 8). Nach ursprünglich diesbezüglicher Bestreitung vor Gericht räumte er sodann ein, es mag sein, dass er im ersten Jahr nach der Flucht keinen Kontakt mit der Familie aufgenommen habe. Dies mutet angesichts der nach seinen Angaben erheblichen von der Mutter zugewendeten Reisekosten von EUR 8.000,-- (Prot. BFA S 10; laut EB EUR 2.000,--) und der behaupteten Wesensänderung durch die Zuwendung zum Christentum, er habe seinen Lebensstil (wohl zum Besseren) ändern wollen (Prot. BFA S 17), er habe vom Christentum die Liebe zu den Nächsten (Prot. Gericht S 13), wenig nachvollziehbar an. Weiters verneinte der BF vor Gericht zunächst die Frage, ob er bis zu seiner Ausreise gearbeitet habe und führte aus, dass er eine Woche zu Hause bleiben habe dürfen; er habe nur bis eine Woche vor seiner Ausreise gearbeitet. Später gab er an, dass er in der Arbeit gewesen sei, als sein Freund ihn angerufen habe und ihm von der Verhaftung des XXXX erzählt habe. Er habe seine Arbeit abbrechen müssen, sei direkt von der Arbeit weggegangen und habe sich vor seiner Flucht auch nicht mehr von seinen Familienmitgliedern persönlich verabschiedet.
Folgende Überlegungen führten darüber hinaus zur Negativfeststellung hinsichtlich der behaupteten Fluchtgeschichte sowie einer inneren Konversion noch im Iran bzw später in Österreich:
Schon die Formulierung des Fluchtgrundes anläßlich der Erstbefragung, "ich wollte meine Religion wechseln", indiziert - bei aller Skepsis gegen die mutmaßlichen Umstände des Zustandekommens solcher Protokollierungen im Rahmen massenhafter Asylanträge zum damaligen Zeitpunkt - eine große Unverbindlichkeit bei der vom BF als alleinigem Asylgrund genannten Konversion. Vor Gericht gab der BF an, er sei seit 3 Jahren (d.h. seit ca. Dezember 2015) vom Christentum innerlich überzeugt (Prot. S 6). Im Zusammenhalt mit seiner Angabe vor dem BFA, das erste Treffen mit XXXX sei Ende Herbst/Anfang Winter 2015 (d.h. seit November/Dezember 2015) gewesen - die spätere Angabe vor Gericht (Ende Sommer, Anfang Herbst 2015, Prot. S 6) erscheint insoferne gänzlich unglaubwürdig - müßte er also bereits auf Grund eines einzigen Treffens mit einer fremden Person von einem - wenn auch nicht besonders strenggläubigen - Muslim zum - überzeugten - Christen mutiert sein. Die weiteren 2 Treffen sollen ja in 2- 3 wöchigem Abstand, also wohl eher erst Anfang 2016, erfolgt sein (Prot. Gericht S 6). Ein solcher plötzlicher Glaubenswechsel setzt nach dem Verständnis des Gerichts besondere Umstände, wie ein einschneidendes persönliches Ereignis oder eine Art "Bekehrungserlebnis" voraus. Nichts davon schildert der BF auch nur ansatzweise: Er gibt vor dem BFA an, "dieser
erzählte interessante Sachen über das Christentum ... er sagte mir,
dass meine Sünden vergeben werden, wenn ich an Jesus Christus glaube" (BFA S 12). Darauf, welche Sünden ihn drückten, ging der BF nicht ein (BVwG S 13). Nachdem der BF angab, damals auch keine Bibel gehabt zu haben, diese sei im Iran auch nicht über Internet abrufbar gewesen, bleibt danach offen, was konkret auf den BF derartig attraktiv gewirkt haben soll, dass er sich auf einen im Iran bekanntermaßen gefährlichen spontanen Glaubenswechsel eingelassen hätte. Der BF ließ auch offen, welche Gleichnisse (BVwG S 6) ihn so fasziniert haben sollen. Wieso sollte ihm XXXX auch so viel über das Christentum erzählen, wenn er dem BF nicht vertraute (BVwG S 6)? Auf die Frage, wann er erstmals betete, antwortete der BF zunächst gänzlich unverbindlich (BVwG S 6 und 7) und gab dann - ungeachtet der Konfessionsfrage an sich nachvollziehbar - an, bei der Bootsüberquerung über das Meer. Allerdings sind die geschilderten Umstände nicht mit einem ernsthaften Gebet in Einklang zu bringen ("Alle anderen haben nach Allah gerufen. Wir haben sie aber ausgelacht. Sie wollten wissen, wieso wir lachen. Daraufhin haben
wir ein Kreuzzeichen gemacht ... Die Flüchtlinge hatten Panik").
Diese Angaben deuten auf ein Mißverständnis hinsichtlich der Bedeutung von Religion ganz allgemein und einen spöttischen Umgang mit der Glaubensüberzeugung anderer hin, sind aber keineswegs geeignet, eine bereits im Iran vollzogene Konversion gerade auf Grund einer Begeisterung für die Nächstenliebe zu untermauern. Widersprüchlich war der BF auch, wenn er sodann als Fluchtgrund einen einzigen Anruf von XXXX nennt, bei dem ihm dieser gesagt habe, XXXX sei festgenommen worden. Ausdrücklich verneinte der BF zunächst, erfahren zu haben, wann XXXX festgenommen worden sein soll ("Ich wollte es schon wissen, aber er sagte mir, dass ich keine weiteren Fragen stellen darf, BVwG S 8). In weiterer Folge gab er an, XXXX sei an dem Tag festgenommen worden, an dem der BF mit XXXX telefoniert hatte (BVwG S 9). Wieso der BF die vom gerichtlich zertifizierten Gutachter übersetzte Frage zuvor nicht richtig verstanden haben will, bleibt angesichts der spezifischen Antwort dazu offen. Selbst bei Wahrannahme dieser Fluchtgeschichte wäre eine derart überstürzte Abreise nach einem nur einmaligen Telefonat mit der Mutter auch in Ansehung der behaupteten Regelungsbedürftigkeit der Vermögenssachen (Haus) kaum plausibel. Insgesamt ist dem BF daher nicht gelungen, seine Fluchtgeschichte und seine in diesem Zusammenhang erhobene Behauptung einer (inneren) Konversion im Iran auch nur glaubhaft zu machen.
Dies gelang ihm auch nicht in Bezug auf ein Ausleben oder einen Erwerb einer inneren Glaubensüberzeugung als Christ in Österreich:
Zwar ist objektiviert, dass der BF nach einiger Zeit über einen anderen Iraner zur evangelischen Kirche seines damaligen Aufenthaltsortes Leibnitz gelangte, dort Gottesdienste und zwischen 5.7.2016 und 8.6.2017 insgesamt 8 Mal einen Taufvorbereitungskurs, gehalten von Pfarrerin XXXX, besuchte, am 14.5.2017 dort die Taufe empfing und seit etwa März 2018 - von seinem nunmehrigen Wohnort Feldkirchen bei Graz aus - die Heilandskirche der Evangelischen Pfarrgemeinde A.B. und H.B. Graz (Gottesdienste, Kirchenkaffee und gelegentlich Veranstaltungen) besucht (Taufschein AS 181, "Seelsorgliche Stellungnahme des Evangelischen Pfarramts Leibnitz AS 358ff, Pfarramtliche Bestätigung Graz-Heilandskirche Beilage ./I, Zeuge XXXX). Trotz dieser Umstände und der durch den Pfarrer der Heilandskirche Graz, dem ZeugenXXXX, glaubwürdig dargestellten äußeren Umstände des Gemeindebesuchs des BF, machten auch diese Umstände eine innere Konversion nicht glaubhaft: Die durchaus individuellen schriftlichen Ausführungen der Pfarrerin XXXX haben lediglich Bescheinigungscharakter und sind daher in erster Linie geeignet, die darin dargelegten äußeren Umstände glaubhaft zu machen. Bezüglich der Ernsthaftigkeit des Glaubens des BF verließ sich der einzige Zeuge bei Gericht, Pfarrer XXXX, in erster Linie auf seine Kollegin (XXXX). Davon, dass der BF trotz mancher Unstimmigkeiten und Weggänge anderer Farsi-Sprachiger "hartnäckig" bei der Gemeinde in Leibnitz blieb und auch trotz räumlicher Entfernung die Kirche in Graz aufsuchte, ist auszugehen. Den Zeitraum der Taufvorbereitung in Leibnitz sah der Zeuge XXXX kritisch. Er gab an, über die Zeit des BF im Iran nichts zu wissen. Als Hinweise auf die Ernsthaftigkeit des Glaubens des BF (wie der Richter, so kann sich auch der Pfarrer nur an Indizien orientieren) sah der Zeuge, dass der BF (nicht näher präzisiert und wohl in der Kirche mit-) betet und eine Bibel besitzt. Dabei handelt es sich nicht um besonders herausragende, griffige Glaubensindizien.
In der Beschwerde ging der BF selbst davon aus, lediglich einmal im Monat die Heilandskirche zu besuchen (dort S 23). Der BF ist, wenn er in der Beschwerde ausführt, er habe zu keiner Zeit vorgebracht, dass eine Konversion schon im Iran stattgefunden habe (Beschwerde S 21), darauf hinzuweisen, dass er bei Gericht Ende 2018 auf die Frage, seit wann er Christ sei, antwortete, "seit 3 Jahren", also seit 2015, als er noch im Iran war. Er ergänzte, seit 3 Jahren innerlich vom Christentum überzeugt zu sein. Nach Ansicht des Gerichts kann dies nur als Behauptung einer damaligen Konversion verstanden werden.
Im Rahmen der Befragung über Glaubensmotivation und Glaubenswissen zeigte sich der BF mäßig Informiert (Esel als christliches Hauptsymbol; Lieblingsbibelstelle: "Wo Jesus Weizen anpflanzt"; Was trug Moses zum Christlichen Glauben bei?: "Das weiß ich nicht.", BFA S 15), dies obwohl den zehn Geboten laut Bestätigung der Pfarrerin ein eigener Kurstag gewidmet war. Den Taufkurs erlebte er gar nicht als solchen, seiner Ansicht nach wurden nur Videos auf dem Laptop gezeigt (BFA S 14). Er konnte keines der (beiden) evangelisch anerkannten Sakramente nennen (auch dem soll eine Einheit des Taufkurses gewidmet gewesen sein). Andere einfache Fragen wurden richtig beantwortet.
Objektiviert ist eine rechtskräftige Verurteilung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 3 Monaten wegen gefährlicher Drohung und Sachbeschädigung, begangen am 25.10.2017 in Graz. Alkoholisiert und nach einem Joint bedrohte er einen Wirt mit den Worten "Du bist tot, ich bringe dich um" samt einer Schneidebewegung mit der Hand am Hals und zerschlug ein Trinkglas, zwei Überwachungskameras und eine Lichtanlage (AS 85ff). Am 12.12.2018, somit 5 Tage vor der Gerichtsverhandlung und in dieser unerwähnt, kam es - dokumentiert durch eine Anzeige OZ 20 - zu einem Vorfall am Hauptplatz in Graz, bei dem der BF als Beschuldigter geführt wird, im Zuge einer Auseinandersetzung 2 Personen zu Boden gestoßen und dadurch verletzt zu haben und einer Person die Jacke zerrißen zu haben. Alle Auskunftspersonen gaben an, dass der BF mit einem Bekannten alkoholisiert "randaliert und sich aggressiv aufgeführt" habe. Dokumentiert wurde weiters, dass der BF alkoholisiert gewesen sei, gegenüber den einschreitenden Beamten unkooperativ und aggressiv gewesen sei, eine Atemluftuntersuchung verweigert habe und nach kurzer Fixierung auf der PI bei Anzeige auf freiem Fuß entlassen worden sei, wobei er angegeben habe, die Passanten seien grundlos auf ihn losgegangen. Für den BF gilt diesbezüglich die Unschuldsvermutung. Von der Tatsache eines durch ihn bzw einen Mittäter zumindest alkoholisiert provozierten Vorfalls, bei dem es zu einer Rangelei kam, wird aber ausgegangen.
Objektiviert ist mittlerweise weiters eine wohl mit dem Vorfall am 25.10.2017 in Zusammenhang stehende rechtskräftig festgestellte Verleumdung eines Polizisten sowie eine falsche Beweisaussage.
Die Tatsache einer Konversion bedingt kein fehlerloses Vorleben. Es sind nach Ansicht des Gerichts aber alle Umstände zur Würdigung, ob von einer inneren Konversion auszugehen ist, heranzuziehen. Der BF "rechtfertigte" sich für die Drohung und Sachbeschädigung vor dem BFA damit, bevor er nach Graz gekommen sei, sei er in einem Dorf mit schlechter Versorgung untergebracht gewesen. Erst in Graz habe er die österreichischen Gesetze und Regeln kennenlernen können. Tatsache ist, dass der BF laut Bestätigung der evangelischen Pfarrerin bereits im Juli 20016 im Rahmen des Taufkurses eine eigene Veranstaltung zum Thema "Aggression - Gewalt - Sünde" absolviert hatte (AS 359) und im Zeitraum vom 27.2.2017 bis 30.6.2017 beim BFI das Seminar "Sich der eigenen Fähigkeiten bewußt werden und gezielt einsetzen" und "Sicher im Alltag, fit für Ausbildung und Beruf" absolvierte. Schon dieser Rechtfertigungsversuch klammert die selbst behauptete, zuvor erfolgte Hinwendung zum christlichen Glauben, der wesentlich auch mit Handlungsvorgaben gegenüber Mitmenschen und wohl auch Ablehnung von Substanzmißbrauch einhergeht, gänzlich aus. Er gab als Beweggrund für den christlichen Glauben an, die Nächstenliebe sei wichtig, er wolle seinen Lebensstil ändern (BFA S 179), das Christentum beruhige ihn, wichtig sei ihm die Liebe zu den Nächsten (BVwG S 13). All diese Behauptungen stehen im Gegensatz dazu, dass der BF offenbar über einen längeren Zeitraum und bis dato ein Problem mit unkontrollierbarem Alkoholgebrauch und in diesem Zusammenhang erfolgten Impulsdurchbrüchen hat. Darüber hinaus verleumdete er einen Beamten und machte eine falsche Beweisaussage, obwohl er schon vor dem BFA als wesentliches Merkmal seines neuen Lebensstils angab, nicht zu lügen (BFA, S 17).
Der BF verneinte selbst vor Gericht, versucht zu haben, jemanden vom Christentum zu überzeugen.
In Ansehung der Gesamtheit aller sowohl den Zeitraum im Iran als auch in Österreich betreffender Umstände ist es dem BF nicht gelungen, eine innere Konversion in dem in den Feststellungen näher ausgeführten Sinn auch nur glaubhaft zu machen. Die Bestätigung, dass er nicht Mitglied der IGGÖ ist und war, ist weder ein zwingender Hinweis auf eine Verfolgungsproblematik im Iran, zumal eine Publizität dieser Tatsache weder behauptet noch evident ist, noch eine wesentliche Stütze der Behauptung einer inneren Konversion, weil sie allein auf äußere Umstände gerichtet ist.
Der BF konnte auch nicht glaubhaft darlegen, dass er christliche Fotos und Texte in sozialen Medien geteilt hat, die ein weiteres Indiz seiner Konversion und eine Gefährdung bei einer Rückkehr sein könnten. In der gesamten mündlichen Verhandlung vor Gericht erwähnte er von sich aus nicht, derartige Inhalte veröffentlicht zu haben. Erst auf Nachfrage seines Rechtsberaters gegen Ende der Verhandlung bejahte er die Frage, ob er seinen Glauben öffentlich gemacht habe. Bei dem Vorbringen des BF zur Preisgabe seines Glaubens in sozialen Medien handelt es sich daher um erst sehr spät gemachte Angaben. Der BF gab an, er könne diese Inhalte mangels Internetzuganges in der Verhandlung dem Gericht nicht zeigen. Zunächst ist davon auszugehen, dass er - würde durch die angebliche Veröffentlichung von Bildern oder Texten für ihn tatsächlich eine Gefahr bestehen - entsprechende Beweismittel (etwa ausgedruckte Fotos oder Fotos am Handy, die auch offline zugänglich sind) vorgelegt hätte. Bei der Frage, was er wann aus welchem Grund gepostet habe, blieb er unklar und widersprüchlich. Er sprach sehr allgemein von religiösen Phrasen und Flyern und konnte nicht schlüssig darstellen, ob ihm diese Postings auf Grund eines kaputten Handys jetzt zugänglich seien oder nicht.
Nach den Länderfeststellungen würde selbst das Teilen vereinzelter Fotos auf Facebook oder Instagram, die auf eine angebliche Konversion hinzuweisen geeignet sein, keine akute, gegen den BF gerichtete Bedrohungssituation nach sich ziehen. So führt die Bekanntgabe einer Konversion auf Facebook allein nicht zu einer Verfolgung. Laut Länderfeststellungen könnte es zwar sein, dass die betreffende Person aus diesem Grund beobachtet wird. Hatte die Person vor dem Verlassen des Landes aber keine - bekannte -Verbindung mit dem Christentum (wie hier), würde sie nicht verfolgt werden. Aus den Länderfeststellungen ist letztlich auch zu schließen, dass nur iranische Staatsangehörige, die sich als Folge ihrer missionarischen Betätigung für das Regime deutlich von der breiten Masse abheben (Kirchenführer, in der Öffentlichkeit besonders aktive Personen), Gefahr laufen, dass sich die iranischen Sicherheitsbehörden und die Justiz mit ihnen befassen. Das behauptete Verhalten des BF erweist sich aber nicht als derart markant, dass es geeignet erscheint, einen erhöhten Ermittlungsaufwand bei den iranischen Behörden auszulösen. Ein asylrelevantes Verfolgungsrisiko wäre selbst bei Vorliegen der behaupteten Postings nicht gegeben.
Eine Rückkehr in den Iran allein ist nicht mit der Gefahr einer Verfolgung verbunden. Alleine aus dem Umstand, dass der BF einen Asylantrag in Österreich gestellt hat, löst bei der Rückkehr keine staatlichen Repressalien aus.
Der BF legte eine Bestätigung über das bestandene "ÖSD Zertifikat A1" sowie einige Bestätigungen über die Teilnahme an unterschiedlichen Deutsch- und Integrationskursen (zB. Bestätigung über die Teilnahme am Werte- und Orientierungskurs des Österreichischen Integrationsfonds vom 20.11.2017, Seminarbestätigung "Basisbildung - Sicher im Alltag, Fit für Ausbildung und Beruf" des Bfi vom 31.12.2017) vor. Zuletzt gab der BF vor dem Gericht an, gesund zu sein. Daraus im Zusammenhalt mit seinen Angaben, dass er in Österreich sein Deutsch verbessen und dann entscheiden möchte, was er beruflich mache, geht hervor, dass er im aktuellen Zeitpunkt arbeitsfähig und -willig ist. Bestätigungen über das freiwillige Engagement des BF sind weder aktenkundig noch behauptet. Da er bis zu seiner Ausreise aus dem Iran im Haus seiner Familie wohnte, ist davon auszugehen, dass er auch im Falle seiner Rückkehr wieder dort wohnen kann.
Die Feststellungen zur Situation im Iran beruhen auf dem LIB in der zitierten Fassung.
Auf Grund der durch die Beweisaufnahme im Beschwerdeverfahren erweiterten Tatsachengrundlage erübrigt sich ein näheres Eingehen auf die Beweisrüge in der Beschwerde. Zu ergänzen ist lediglich:
Inwiefern, wie in der Beschwerde behauptet, das BFA kausal für die Nichtzuerkennung von Asyl von "veralteten Länderberichten" ausgeht, erschließt sich nicht, weil der Kern der "Iran-Problematik", die Verfolgung bei Apostasie und christlicher Betätigung nicht geborener Christen, seit Jahren unverändert besteht, aber jedenfalls die Feststellung eines Glaubensabfalls bzw einer inneren Konversion bedingt, was hier zu verneinen war.
Dem Umstand, ob sich die Beantwortung der Frage nach der Religion vor dem BFA ("Ich bin schiitischer Moslem") auf die Zeit vor einer Konversion bezog, kommt im Hinblick auf die zahlreichen, die Unglaubwürdigkeit einer inneren Konversion stützenden Umstände, keine wesentliche Bedeutung zu. Die Ausführungen des BFA auf S 67 des bekämpften Bescheides zu den "Gründen des Taufzeugnisses" sind als Mutmaßungen zu werten. Der Vorwurf einer "freizügigen
Ausstellung solcher und ähnlicher Schreiben ... im Sinne eines
häufigen Standarprozederes evangelikaler Gemeinden in Österreich" ist eine grobe Verkennung der durch eine öffentliche Urkunde dokumentierten Taufe durch eine evangelische Kirche A.B. in Österreich und in Inhalt und Formulierung - mangels jedweder konkreten Begründung - eine grob unsachliche Unterstellung gegenüber Organen einer staatlich anerkannten Kirche. Auch dieser Umstand kann aber, ebenso wie die Mutmaßung über die Begründung der Absichten des BF, warum er in Österreich Asyl beantragt hat (B S 69), nichts daran ändern, dass eine innere Konversion nicht feststellbar war.
Rechtlich folgt:
Gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
Gemäß Abs 2 kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Heimatstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).
Gemäß Abs 3 ist der Antrag abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative offensteht oder ein Asylausschlussgrund gesetzt wurde.
Gemäß § 2 Abs 1 Z 11 und 12 AsylG 2005 ist Verfolgung jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art 9 Statusrichtlinie (RL 2011/95/EU), Verfolgungsgrund ein in Art 10 Statusrichtlinie genannter Grund.
Nach Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Nach Art 9 der Statusrichtlinie muss eine Verfolgungshandlung iSd Genfer Flüchtlingskonvention aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sein, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellt oder in einer Kulminierung unterschiedlicher Maßnahmen bestehen, die so gravierend sind, dass eine Person davon in ähnlicher Weise betroffen ist.
Unter anderem können als Verfolgung folgende Handlungen gelten:
? Anwendung physischer oder psychischer, einschließlich sexueller Gewalt,
? gesetzliche, administrative, polizeiliche und/oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder diskriminierend angewandt werden,
? unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
? Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
? Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter den Anwendungsbereich des Art 12 Abs 2 fallen und
? Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.
Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Antragstellers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob der Antragsteller tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.
Nach den alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union bindenden normativen Vorgaben des Artikel 10 Absatz 1 b der Statusrichtlinie kann einem Flüchtling nicht zugesonnen werden, sich bei der Religionsausübung auf das "Forum Internum" zu beschränken, somit seinen Glauben heimlich auszuüben. Diesem muss die öffentliche Ausübung des christlichen Glaubens in Lehre, Gottesdienst und Sakramentsverwaltung möglich sein (Forum Externum)".
Der VwGH hat sich mehrfach mit drohender Verfolgung von zum christlichen Glauben konvertierten Muslimen im Iran befasst (zB. Erkenntnis vom 19.12.2001, 2000/20/0369; Ra 2014/01/0117). Danach kommt es darauf an, ob der Asylwerber bei weiterer Ausführung des inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, aus diesem Grund mit einer die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktion belegt zu werden. Feststellungen zu behaupteten aktuell bestehenden Glaubensüberzeugung sind im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von - allfälligen - Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln (Erkenntnis des VwGH vom 23.6.2015, Ra 2014/01/0117 mwN).
Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:
Da weder jene Umstände, die als Fluchtgrund behauptet wurden (Verbindung zu einem Christen im Iran), noch eine innere Konversion vom Islam zum Christentum im Iran oder in Österreich festgestellt werden konnten, liegt kein auf die oben dargestellten Rechtsgründe zu stützender Asylgrund, auch kein Nachfluchtgrund, vor.
Zu Spruchpunkt II.:
Gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 ist einem Fremden bei Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz in Bezug auf den Status des Asylberechtigten der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 und 13 bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.
Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("sufficiently real risk") im Herkunftsland zu verstehen (VwGH 19.2.2004, 99/20/0573). Die reale Gefahr muß sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um den Anwendungsbereich des Art 3 EMRK zu erreichen (zB. VwGH 26.6.1997, 95/21/0294). Die bloße Möglichkeit einer Art 3 EMRK widersprechenden Behandlung in dem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs 1 AsylG 2005 als unzulässig erscheinen zu lassen. Es müssen konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (zB: VwGH 27.02.2001, 98/21/0427).
Der VwGH erkennt in ständiger Rechtsprechung, dass der Asylwerber das Bestehen einer aktuellen Bedrohung der relevanten Rechtsgüter, hinsichtlich derer der Staat nicht willens oder in der Lage ist, Schutz zu bieten, glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (zB. VwGH 26.6.1997, 95/18/1291). Diese Mitwirkungspflicht bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.9.1993, 93/18/0214).
Die aktuelle Lage im Iran stellt sich derzeit nicht so dar, dass ein generelles Abschiebehindernis bzw. eine generelle Gefährdung aus Sicht der EMRK (Art. 2 und 3) gegeben ist. Gegenteiliges ist auch den aktuellen Länderberichten zu entnehmen, wonach die Sicherheitslage im Iran allgemein als ruhig bezeichnet werden kann und es nur in vereinzelten Regionen unregelmäßig zu Zwischenfällen mit terroristischem Hintergrund oder zu Konflikten zwischen iranischen Sicherheitskräften und anderen Gruppierungen kommt. In diesem Zusammenhang ist auch auf das Urteil des EGMR vom 09.03.2010, Fall R.C., Appl. 41.827/07 zu verweisen, wonach zwar die im Iran herrschende, sehr angespannte Situation nicht außer Acht gelassen werden dürfe, in welcher der Respekt für die grundlegenden Menschenrechte seit den Wahlen 2009 erheblich abgenommen habe, diese schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen allein die Rückführung eines Iraners in seinen Herkunftsstaat aber noch nicht als unzulässig iSd Art. 3 EMRK erscheinen lassen.
Der BF konnte auch darüber hinaus insgesamt keine individuellen Umstände glaubhaft machen, die im Falle einer Rückführung in den Iran die reale Gefahr einer Verletzung aus Art. 2 oder 3 EMRK entspringenden Rechte (oder der anderen im Lichte von § 8 AsylG 2005 relevanten Grundrechte) für maßgeblich wahrscheinlich erscheinen lassen.
Bei dem BF handelt es sich um einen arbeitsfähigen und gesunden jungen Mann, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Er spricht die Sprache der Majoritätsbevölkerung Farsi und verfügt im Herkunftsstaat auch über Angehörige (Mutter, zwei Brüder, eine Schwester), zu denen er in Kontakt steht und bei denen er vor seiner Ausreise gewohnt hat. Es sind jedenfalls keine Gründe ersichtlich, warum er als Erwachsener im Iran keiner Erwerbstätigkeit nachgehen können sollte, hat er dies doch bisher auch getan. Er ist im Iran aufgewachsen, dort mehrere Jahre zur Schule gegangen und hat als Bäcker seinen Lebensunterhalt verdient.
Fallbezogen liegen auch keine Hinweise für das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) vor und die Grundversorgung der Bevölkerung ist gesichert, weshalb aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 bzw. 3 EMRK abgeleitet werden kann.
An dieser Stelle ist gleichfalls auf die jüngste Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, in welcher dieser darauf hinweist, dass - ausgehend von der Rechtsprechung des EuGH zur Statusrichtlinie - vom subsidiären Schutz nur Fälle realer Gefahr, einen auf ein Verhalten eines Akteurs iSd Art. 6 Statusrichtlinie zurückzuführenden ernsthaften Schaden iSd Art. 15 Statusrichtlinie zu erleiden, sowie Bedrohungen in einem bewaffneten Konflikt umfasst sind. Nicht umfasst ist dagegen die reale Gefahr jeglicher, etwa auf allgemeine Unzulänglichkeiten im Heimatland zurückzuführender Verletzung von Art. 3 EMRK. Dem nationalen Gesetzgeber ist es verboten, Bestimmungen zu erlassen oder beizubehalten, die einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten, unabhängig von einer Verursachung durch Akteure oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Herkunftsstaat, zuerkennen. Die Bestimmung des § 8 AsylG 2005 ist daher richtlinienkonform auszulegen (VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106).
Fallbezogen ist der BF durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat nicht in seinen Rechten nach Art. 2 und 3 EMRK oder den relevanten Zusatzprotokollen verletzt. Weder droht ihm im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten Rechte nach der EMRK. Eine solche Gefahr hat der BF weder glaubhaft gemacht, noch ist eine solche von Amts wegen hervorgekommen oder dem Bundesverwaltungsgericht bekannt. Selbiges gilt für die reale Gefahr, der Todesstrafe unterworfen zu werden.
Im Hinblick auf die gegebenen Umstände kann daher ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erkannt werden.
Zu den Spruchpunkten III. - V.:
Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine der oben genannten Entscheidungen mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung der Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§ 8 Abs 3 a oder 9 Abs 2 AsylG 2005 vorliegt.
Unter den in § 57 Abs. 1 AsylG 2005 genannten Voraussetzungen ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen.