Entscheidungsdatum
12.03.2019Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
G314 2208824-1/18E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, serbischer Staatsangehöriger, vertreten durch XXXX, diese vertreten durch die XXXX, gegen die Spruchpunkte III. und IV. des Bescheids des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 01.10.2018, Zl. XXXX, betreffend die Erlassung eines Einreiseverbots und die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung beschlossen und zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids
wird als unzulässig zurückgewiesen.
B) Der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids
wird teilweise Folge gegeben und dieser Spruchpunkt dahingehend abgeändert, dass es zu lauten hat: "Gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 2 Z 7 FPG wird gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen".
C) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer (BF) wurde am 27.09.2018 in XXXX einer Personenkontrolle unterzogen und wegen Überschreitung des visumfreien Aufenthalts festgenommen. Am nächsten Tag wurde er vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) ua zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme vernommen.
Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem BF ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt I.), die Zulässigkeit seiner Abschiebung nach Serbien festgestellt (Spruchpunkt II.), gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 2 Z 6 und 7 FPG ein dreijähriges Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.) und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.). Das Einreiseverbot wurde im Wesentlichen mit der Mittellosigkeit des BF, seinem die visumfreie Aufenthaltsdauer überschreitenden Inlandsaufenthalt zu nicht rein touristischen Zwecken, der Betretung bei der Schwarzarbeit und dem Fehlen einer Kranken- und Unfallversicherung begründet.
Nach der Zustellung dieses Bescheids wurde der BF am 04.10.2018 nach Serbien abgeschoben.
Ausdrücklich nur gegen die Spruchpunkte III. und IV. des Bescheids richtet sich die wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und der Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde mit den Anträgen, eine Beschwerdeverhandlung durchzuführen und die angefochtenen Spruchpunkte ersatzlos zu beheben, in eventu, die Dauer des Einreiseverbots zu reduzieren. Hilfsweise wird auch ein Aufhebungs- und Rückverweisungsantrag gestellt. Der BF begründet die Beschwerde zusammengefasst damit, dass er aufgrund seines Unterhaltsanspruchs gegen seine in Österreich lebende Frau, die berufstätig sei und die er bei der Betreuung des gemeinsamen Kindes unterstütze, nicht mittellos sei. Er sei zwar im Jänner 2017 bei der Schwarzarbeit betreten worden, habe sich aber seither wohlverhalten. Eine Wiederholungsgefahr läge nicht vor, zumal seine Ehefrau nach der Karenzzeit nun wieder für den Unterhalt der Familie sorge. Ein dreijähriges Einreiseverbot sei angesichts seines Privat- und Familienlebens insbesondere aufgrund der persönlichen Beziehung zu seinem 14 Monate alten Sohn unverhältnismäßig. Die Prognosebeurteilung des BFA sei mangelhaft; die Dauer des Einreiseverbots sei nicht nachvollziehbar begründet worden.
Da vom BF keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausgehe und keine Fluchtgefahr bestünde, weil sich Frau und Kind in Österreich aufhielten und er eine Legalisierung seines Aufenthalts im Rahmen eines Aufenthaltstitels nach dem NAG anstrebe, sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu Unrecht aberkannt worden. Ihm sei dadurch die freiwillige Ausreise verwehrt worden, sodass seine Abschiebung, die 18 Monate lang ein Erteilungshindernis für den angestrebten NAG-Titel darstelle, rechtswidrig gewesen sei.
Das BFA legte die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor, wo sie am 05.11.2018 einlangten, und beantragte unter Erstattung einer Gegenäußerung zur Beschwerde deren Abweisung.
Am 07.11.2018 legte das BFA dem BVwG auftragsgemäß eine Kopie des Reisepasses des BF sowie die im Jänner 2017 mit ihm aufgenommene Niederschrift vor.
Am 11.12.2018 langten die vom BVwG angeforderten Einkommensnachweise der Ehefrau des BF ein. Mit den Eingaben vom 19.12.2018 und vom 19.02.2019 wurde das BVwG über gesundheitliche Probleme der Ehefrau des BF, die deshalb seiner Unterstützung bedürfe, informiert.
Feststellungen:
Der BF ist serbischer Staatsangehöriger. Er kam am XXXX in der serbischen Stadt Leskovac zur Welt. Sein Lebensmittelpunkt befand sich bislang in Serbien, wo auch die Mitglieder seiner Herkunftsfamilie sowie seine Ex-Frau und der gemeinsame, ca. vierjährige Sohn leben. Der BF spricht Serbisch; Deutschkenntnisse können nicht festgestellt werden. Er absolvierte eine Ausbildung zum Autoelektriker und ist gesund und arbeitsfähig. Er verfügt über einen am 30.06.2015 ausgestellten und bis 30.06.2025 gültigen serbischen Reisepass
Am XXXX.2016 heiratete der BF in Leskovac die in XXXX lebende serbische Staatsangehörige XXXX (zuvor XXXX, geborene XXXX), die einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt EU" besitzt. Der BF reiste immer wieder nach Österreich, um seine Ehefrau zu besuchen. Er war von 24.01. bis 10.04.2017, von 01.08. bis 13.11.2017 und von 29.01. bis 18.04.2018 in ihrer Wohnung in XXXX mit Hauptwohnsitz gemeldet; zuvor hatte von 10.08. bis 30.11.2015 eine Nebenwohnsitzmeldung an einer anderen XXXX Adresse bestanden. Ein österreichischer Aufenthaltstitel wurde dem BF nie erteilt; er hat bislang auch noch keinen beantragt. Zunächst bestand er die Deutschprüfung für das Sprachniveau A1 nicht; danach waren die finanziellen Voraussetzungen nicht erfüllt.
Am 21.01.2017 wurde der BF in XXXX bei einer fremdenpolizeilichen Kontrolle auf einer Baustelle in Arbeitskleidung bei der Verrichtung von Arbeiten ohne arbeitsmarktrechtliche Bewilligung angetroffen. Er wurde am selben Tag vor dem BFA zur Überprüfung seines Aufenthalts und zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme vernommen und aufgefordert, sich anzumelden und um die Ausstellung eines Aufenthaltstitels zu kümmern; eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gegen ihn wurde zunächst nicht erlassen.
Die Ehefrau des BF war in Österreich ab 03.10.2016 (unterbrochen von Zeiten des Krankengeldbezugs) als Arbeiterin bei der XXXX vollversichert erwerbstätig. Von 13.06. bis 03.10.2017 bezog sie Wochengeld. Am XXXX.2017 kam der eheliche Sohn des BF,XXXX, in Wien zur Welt. Er ist serbischer Staatsangehöriger und verfügt über einen bis 12.08.2019 gültigen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus".
Zwischen 04.10.2017 und 19.07.2018 bezog die Ehefrau des BF Kinderbetreuungsgeld (EUR 33,88 zuzüglich EUR 6,06 Beihilfe pro Tag). Daneben war sie zwischen 24.11. und 31.12.2017 und zwischen 19.03. und 03.06.2018 geringfügig beschäftigt. Seit 20.07.2018 ist sie wieder bei der XXXX mit einem Beschäftigungsausmaß 32 Stunden pro Woche erwerbstätig. Ihr monatliches Nettoeinkommen beträgt ca. EUR 1.300.
Der BF reiste zuletzt am 23.02.2018 in den Schengenraum ein. Er verließ das Bundesgebiet nach dem Ablauf der zulässigen visumfreien Aufenthaltsdauer nicht, sondern verblieb bei seiner Ehefrau und dem gemeinsamen Kind, und zwar ab 19.04.2018 ohne Wohnsitzmeldung. Die Familie finanzierte den Lebensunterhalt aus den Einkünften seiner Ehefrau.
Bei der Festnahme am 27.09.2018 verfügte der BF über Barmittel von EUR 40. Von 28.09. bis zu seiner Abschiebung am 04.10.2018 wurde er im Polizeianhaltezentrum XXXX in Schubhaft angehalten. Er ist strafgerichtlich unbescholten. Mit Strafverfügung der Landespolizeidirektion XXXX vom 01.10.2018, XXXX, wurde gegen ihn wegen des Aufenthalts im Schengenraum von 23.02. bis 27.09.2018 gemäß § 31 Abs 1 und 1a iVm § 120 Abs 1a FPG eine Geldstrafe von EUR 600 verhängt.
Die Ehefrau des BF verletzte sich Ende 2018 am Knie und leidet außerdem an einem Carpaltunnelsyndrom, das operativ saniert werden sollte. Sie benötigt während des damit verbundenen stationären Krankenhausaufenthalts und in der Zeit danach die Unterstützung des BF, vor allem bei der Betreuung von XXXX.
Abgesehen von Frau und Kind hat der BF keine weiteren familiären, sozialen, beruflichen oder gesellschaftlichen Bindungen in Österreich.
Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang ergibt sich widerspruchsfrei aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und des Gerichtsakts des BVwG.
Name, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit und Geburtsort des BF werden durch seinen in Kopie vorliegenden Reisepass belegt. Er gab gegenüber dem BFA an, dass seine anderen Familienangehörigen, seine Ex-Frau und das gemeinsame Kind in Serbien lebten.
Serbischkenntnisse des BF sind aufgrund seiner Herkunft und der problemlosen Verständigung mit Dolmetschern für diese Sprache plausibel; Anhaltspunkte für andere Sprachkenntnisse sind nicht aktenkundig. Da der BF gegenüber dem BFA erklärte, er sei "beim A1 Kurs durchgefallen", ist davon auszugehen, dass er über keine wesentlichen Deutschkenntnisse verfügt.
Die festgestellte Berufsausbildung des BF ergibt sich ebenfalls aus seinen Angaben gegenüber dem BFA. Das Verfahren hat keine Anhaltspunkte für gesundheitliche Probleme oder Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit des BF ergeben. Aufgrund seines erwerbsfähigen Alters ist demnach davon auszugehen, dass er gesund und arbeitsfähig ist.
Die Heiratsurkunde des BF und die Geburtsurkunde seines jüngeren Sohnes wurden mit der Beschwerde vorgelegt. Die früheren Familiennamen seiner Ehefrau, ihr Aufenthaltstitel und der ihres Sohnes ergeben sich aus dem Fremdenregister. Die Feststellung, dass der BF immer wieder für Besuche bei seiner Ehefrau in das Bundesgebiet einreiste, basiert auf seinen Wohnsitzmeldungen bei ihr laut dem Zentralen Melderegister (ZMR) in Zusammenschau mit den Grenzkontrollstempeln in seinem Reisepass.
Im Fremdenregister ist weder eine österreichische Aufenthaltsgenehmigung noch ein entsprechender Antrag des BF dokumentiert. Dergleichen wird von ihm auch gar nicht behauptet, zumal er vor dem BFA angab, er habe zunächst die Deutschprüfung nicht bestanden und danach sei die Erteilung eines Aufenthaltstitels am Geld gescheitert, was angesichts von Schwangerschaft und Karenz seiner Ehefrau und ihres nicht allzu hohen Einkommens nachvollziehbar ist.
Die Feststellung, dass der BF am 21.01.2017 in XXXX bei der Arbeit ohne entsprechende Bewilligung angetroffen wurde, beruht auf der vor dem BFA aufgenommenen Niederschrift vom 21.01.2017. Der BF trat dem bei der Einvernahme am 28.09.2018 über entsprechenden Vorhalt nicht entgegen und gab die Betretung bei der Schwarzarbeit auch in der Beschwerde zu. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass dies damals zum Anlass für eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gegen ihn genommen wurde; dergleichen ist weder im Akt noch im Fremdenregister dokumentiert.
Die Erwerbstätigkeit und die Einkünfte der Ehefrau des BF werden anhand des Versicherungsdatenauszugs und der dem BVwG übermittelten Einkommensnachweise festgestellt. Der Bezug von Wochengeld und Kinderbetreuungsgeld ist angesichts der Geburt von XXXX am 20.07.2017 gut nachvollziehbar.
Die Feststellung, dass der BF zuletzt am 23.02.2018 in den Schengenraum einreiste, ergibt sich aus dem entsprechenden Einreisestempel in seinem Reisepass, der ihm bei der Einvernahme am 28.09.2018 auch vorgehalten wurde, und der Aufenthaltsdauer laut der aktenkundigen, vom BF nicht bekämpften Strafverfügung vom 01.10.2018. Der BF behauptete zwar vor dem BFA, er sei erst wenige Tage zuvor eingereist, konnte dies aber weder durch entsprechende Grenzkontrollstempel noch durch andere Beweismittel belegen. In diesem Zusammenhang wird auf Art 12 Schengener Grenzkodex hingewiesen, wonach davon auszugehen ist, dass ein Drittstaatsangehöriger (wie der BF) die zulässige Aufenthaltsdauer überschritten hat, wenn er in einem Schengen-Mitgliedstaat ohne entsprechenden Ein- oder Ausreisestempel angetroffen wird und nicht durch andere glaubhafte Nachweise belegen kann, dass er die zulässige Aufenthaltsdauer eingehalten hat, z.B. durch Beförderungsnachweise oder Belege für seinen Aufenthalt außerhalb der Schengen-Staaten.
Aus dem ZMR ergibt sich, dass der BF nach dem XXXX.2018 nur zwischen XXXX. und XXXX.2018 über eine Wohnsitzmeldung im Polizeianhaltezentrum XXXX verfügte. Da er vor dem BFA am 28.09.2018 angab, er habe sich bei seiner Ehefrau aufgehalten, ergibt sich zwangsläufig, dass er sich dort nach dem 18.04.2018 ohne Wohnsitzmeldung aufhielt. Dafür spricht auch, dass er damals erklärte, er werde sich "am Montag" anmelden.
Der BF schilderte vor dem BFA, er habe seinen Lebensunterhalt vom Einkommen seiner Frau bestritten. Dies ist grundsätzlich plausibel und nachvollziehbar, zumal keine anderen finanziellen Mittel aktenkundig sind. Die Feststellung der Barmittel, über die er bei seiner Festnahme Ende September verfügte, beruht ebenfalls auf seinen Angaben vor dem BFA.
Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des BF geht aus dem Strafregister hervor, die Bestrafung wegen nicht rechtmäßigen Aufenthalts aus der aktenkundigen Strafverfügung vom 01.10.2018, die laut der Mitteilung des Polizeikommissariats XXXX vom 19.10.2018 rechtskräftig ist.
Die gesundheitlichen Probleme der Ehefrau des BF werden anhand der mit den Eingaben vom 19.12.2018 und vom 19.02.2018 übermittelten medizinischen Unterlagen festgestellt.
Anhaltspunkte für über die Feststellungen hinausgehende Anbindungen des BF im Bundesgebiet sind nicht aktenkundig.
Rechtliche Beurteilung:
Der BF ist als Staatsangehöriger von Serbien Fremder iSd § 2 Abs 4 Z 1 FPG und Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG.
Die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, die Rückkehrentscheidung und die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung des BF nach Serbien werden in der Beschwerde nicht bekämpft. Diese richtet sich ausdrücklich nur gegen die Spruchpunkte III. und IV. des angefochtenen Bescheids.
Zu Spruchteil A):
Gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist.
Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG hat das BVwG der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.
Gemäß § 55 Abs 4 FPG hat das BFA von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs 2 BFA-VG aberkannt wurde.
Mangels Anfechtung der vom BFA erlassenen Rückkehrentscheidung erwuchs diese in Rechtskraft. Da somit keine Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung iSd § 18 Abs 2 BFA-VG vorliegt, kommt die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG nicht in Betracht, ebensowenig die nachträgliche Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids ist daher als unzulässig zurückzuweisen. Insoweit entfällt die beantragte Beschwerdeverhandlung gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG.
Da der BF aufgrund einer durchsetzbaren und mittlerweile rechtskräftigen Rückkehrentscheidung in seinen Herkunftsstaat abgeschoben wurde, war seine Abschiebung nicht rechtswidrig.
Zu Spruchteil B):
Gemäß § 53 FPG kann das BFA mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot, also die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der EU (außer Irlands und des Vereinigten Königreichs) sowie Islands, Norwegens, der Schweiz und Liechtensteins einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten, erlassen, wenn der Drittstaatsangehörige die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet. Die Dauer des Einreiseverbots ist abhängig vom bisherigen Verhalten des Drittstaatsangehörigen. Dabei ist zu berücksichtigen, inwieweit sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Das Vorliegen einer für die Verhängung eines Einreiseverbots relevanten Gefahr ist nach der demonstrativen Aufzählung des § 53 Abs 2 Z 1 bis 9 FPG (soweit hier relevant) z.B. dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag (§ 53 Abs 2 Z 6 FPG) oder wenn er bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, er hätte nach den Bestimmungen des AuslBG für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der er betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen (§ 53 Abs 2 Z 7 FPG). In diesen Fällen kann ein Einreiseverbot für höchstens fünf Jahre erlassen werden.
Ein Einreiseverbot ist nicht zwingend mit jeder Rückkehrentscheidung zu verbinden (vgl VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0207). Es ist dann zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Aufenthalt stelle eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Dabei ist sowohl für die Frage, ob überhaupt ein Einreiseverbot zu verhängen ist, als auch für die Bemessung seiner Dauer eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose vorzunehmen, in die das Gesamtverhalten des Betroffenen einzubeziehen ist. Aufgrund konkreter Feststellungen ist eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick worauf die Annahme einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gerechtfertigt ist. Es ist weiters in Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, ob private oder familiäre Interessen des Betroffenen der Verhängung eines Einreiseverbots in der konkreten Dauer entgegenstehen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 53 FPG K 10, 12; vgl auch VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289).
Das gegen die BF erlassene Einreiseverbot wurde auf § 53 Abs 1 iVm Abs 2 Z 6 und 7 FPG gestützt und mit dem Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel und mit der Betretung bei einer unerlaubten Erwerbstätigkeit Anfang 2017 begründet.
Das Vorhandensein ausreichender Unterhaltsmittel für die beabsichtigte Aufenthaltsdauer hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, wobei insoweit auch die Verpflichtung besteht, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mitteln nachzuweisen, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen (VwGH 21.12.2010, 2009/21/0157).
Gemäß Art 6 Abs 4 Schengener Grenzkodex werden die Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts nach der Dauer und dem Zweck des Aufenthalts und unter Zugrundelegung der Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung in dem betreffenden Mitgliedstaat nach Maßgabe eines mittleren Preisniveaus für preisgünstige Unterkünfte bewertet, die um die Zahl der Aufenthaltstage multipliziert werden. Die Feststellung ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts kann anhand von Bargeld, Reiseschecks und Kreditkarten erfolgen, die sich im Besitz des Drittstaatsangehörigen befinden. Sofern in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen, können auch Verpflichtungserklärungen und - im Falle des Aufenthalts eines Drittstaatsangehörigen bei einem Gastgeber - Bürgschaften von Gastgebern im Sinne des nationalen Rechts Nachweise für das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts darstellen.
Der BF hat hier zwar zunächst keine Nachweise für das Vorhandensein ausreichender Unterhaltsmittel beigebracht und insbesondere das Einkommen seiner Ehefrau nicht von sich aus nachgewiesen. Die daraus grundsätzlich abzuleitende Gefährdung öffentlicher Interessen ist aber deshalb signifikant reduziert, weil er einen Unterhaltsanspruch gegen seine Ehefrau hat, die sich rechtmäßig in Österreich aufhält, nach dem Bezug von Kinderbetreuungsgeld und Einkünften aus geringfügiger Beschäftigung seit Juli 2018 wieder einer vollversicherten Erwerbstätigkeit nachgeht und somit über ein regelmäßiges Einkommen aus legalen Quellen verfügt (siehe dazu z.B. VwGH 30.08.2018, Ra 2018/21/0129). Da der BF während seines Aufenthalts im Bundesgebiet auch in der Wohnung seiner Ehefrau Unterkunft nahm, ist davon auszugehen, dass die Familie bei einer entsprechend bescheidenen Lebensführung über ausreichende finanzielle Mittel verfügte, um vorübergehend auch für seinen Unterhalt aufzukommen. Das Einreiseverbot kann daher nicht auf § 53 Abs 2 Z 6 FPG gestützt werden.
Das BFA ist aber zu Recht davon ausgegangen, dass der Tatbestand des § 53 Abs 2 Z 7 FPG erfüllt ist, zumal der BF am 21.01.2017 bei einer fremdenpolizeilichen Kontrolle bei der Beschäftigung auf einer Baustelle ohne die dafür erforderliche Bewilligung nach dem AuslBG betreten wurde.
Die Erfüllung eines Tatbestandes nach § 53 Abs 2 FPG indiziert, dass der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nicht nur geringfügig gefährdet. Diese Gefährdungsannahme ist beim Tatbestand des § 53 Abs 2 Z 7 FPG auch bereits bei einmaliger Verwirklichung berechtigt. Umstände, die im vorliegenden Fall gegen diese Annahme sprechen könnten, sind nicht hervorgekommen (VwGH 24.05.2018, Ra 2017/19/0311), zumal sich der BF danach nicht (wie in der Beschwerde vorgebracht) wohlverhielt, sondern gegen die öffentliche Ordnung verstieß, indem er die zulässige visumfreie Aufenthaltsdauer beträchtlich überschritt und sich mehrere Monate lang nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt. Dazu kommt, dass der BF versuchte, durch seinen prolongierten Aufenthalt ohne Wohnsitzmeldung und ohne den Versuch, diesen zu legalisieren, die Regelungen über eine geordnete Zuwanderung und den "Familiennachzug" zu umgehen, zumal er am 21.01.2017 nachdrücklich auf die Notwendigkeit einer behördlichen Wohnsitzmeldung und eines Aufenthaltstitels für einen 90 Tage in 180 Tagen überschreitenden Aufenthalt hingewiesen worden war. Angesichts dieses Fehlverhaltens muss gegen ihn trotz seines Familienlebens in Österreich und seiner strafgerichtlichen Unbescholtenheit ein Einreiseverbot erlassen werden.
Es wird dem BF möglich sein, die Kontakte zu seiner Ehefrau über diverse Kommunikationsmittel (wie z.B. Internet und Telefon) aufrechtzuerhalten und die persönliche Beziehung zu ihr und dem gemeinsamen Sohn bei Besuchen (in Serbien oder anderen Staaten außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs der Rückkehrentscheidung und des Einreiseverbots) zu pflegen. Da Frau und Kind beide serbische Staatsangehörige sind, sind häufige Besuche in Serbien möglich. Der BF kann sich auch dort um seinen Sohn kümmern, wenn dies seiner Frau aus gesundheitlichen Gründen (z.B. nach der geplanten Operation) nicht möglich ist.
Die Dauer des Einreiseverbots ist aber in Stattgebung des entsprechenden Eventualantrags in der Beschwerde auf zwei Jahre zu reduzieren, weil dies dem Fehlverhalten des BF entspricht (zumal nur ein Tatbestand des § 53 Abs 2 FPG erfüllt ist) und seinen erheblichen familiären Interessen an einem Aufenthalt bei Frau und Kind in Österreich Rechnung trägt.
§ 21 Abs 7 BFA-VG erlaubt das Unterbleiben einer Verhandlung sogar dann, wenn deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt anhand der Aktenlage und des Beschwerdevorbringens geklärt werden konnte und auch bei einem positiven Eindruck vom BF bei einer mündlichen Verhandlung keine andere Entscheidung möglich wäre, kann die beantragte Beschwerdeverhandlung auch insoweit entfallen. Von deren Durchführung ist keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten, zumal ohnehin von der Richtigkeit der in der Beschwerde aufgestellten Behauptungen des BF zu seinem Familienleben in Österreich und zur Unterhaltspflicht seiner Ehefrau ausgegangen wird und er vom BFA zu seiner Beschäftigung am 21.01.2017 befragt wurde.
Zu Spruchteil C): Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist nicht zu zulassen, weil das BVwG keine qualifizierte Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen hatte und sich an bestehender höchstgerichtlicher Rechtsprechung orientieren konnte.
Schlagworte
Einreiseverbot, familiäre Interessen, InteressenabwägungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:G314.2208824.1.00Zuletzt aktualisiert am
13.05.2019