TE Vwgh Erkenntnis 1999/3/23 98/02/0303

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Veröffentlicht am 23.03.1999
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Index

L67006 Ausländergrunderwerb Grundverkehr Steiermark;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);

Norm

ABGB §1098;
GVG Stmk 1993 §2 Abs2;
GVG Stmk 1993 §5;
GVG Stmk 1993 §8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck, im Beisein der Schriftführerin Mag. Böhm, über die Beschwerde der HS in W, vertreten durch Dr. Kurt Klein und Partner, Rechtsanwälte in Graz, Grazbachgasse 39/III, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Grundverkehrslandeskommission vom 15. Juli 1998, Zl. 8-22 So 3/6-98, betreffend grundverkehrsbehördliche Genehmigung (mitbeteiligte Partei: B. Gen.m.b.H, vertreten durch Dr. Karl Schwaiger in Rottenmann), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 15. Juli 1998 versagte die belangte Behörde dem Erwerb des Grundeigentums durch die mitbeteiligte Partei (im folgenden: Käuferin) an näher genannten, im Eigentum der Beschwerdeführerin stehenden Liegenschaften im Gesamtausmaß von 18.879 m2 in der KG N. auf Grund des Kaufvertrages vom 31. Juli 1997 gemäß § 8 Abs. 1 und 3 des Steiermärkischen Grundverkehrsgesetzes, LGBl. Nr. 134/93 (GVG), die grundverkehrsbehördliche Genehmigung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die belangte Behörde hat ein Gutachten ihres landwirtschaftlichen Amtssachverständigen eingeholt, in welchem dieser zusammenfassend zu dem Schluß kam, es handle sich bei den kaufgegenständlichen Liegenschaften nicht um landwirtschaftliche Grundstücke. Im angefochtenen Bescheid vertrat die belangte Behörde die Auffassung, dem Gutachten des landwirtschaftlichen Amtssachverständigen sei nicht zu folgen, und begründete die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung damit, daß die land- und forstwirtschaftlichen Flächen der Beschwerdeführerin im Ausmaß von 29,6553 ha einen landwirtschaftlichen Betrieb darstellten. Die Beschwerdeführerin bewirtschafte die forstlichen Flächen unter Beiziehung von Hilfskräften und habe die landwirtschaftlichen Grundstücke verpachtet. Die verpachteten Flächen bildeten weiterhin einen Teil des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes der Beschwerdeführerin. Die Verpachtung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes stelle schon für sich allein eine landwirtschaftliche Erwerbstätigkeit dar, wobei durch die Haltung von Reitpferden auf den verpachteten Grundstücken zweifelsfrei eine typische landwirtschaftliche Nutzung im Rahmen des Betriebes der Beschwerdeführerin gegeben sei. Eine persönliche Identität des Nutzers der landwirtschaftlichen Grundstücke mit dem Betriebsinhaber sei solange nicht erforderlich, als die rechtliche Verfügungsgewalt des Betriebsinhabers über die zur Nutzung vergebenen Grundstücke noch gegeben sei. Diese Verfügungsgewalt habe die Beschwerdeführerin jedenfalls noch inne. Im Hinblick darauf, daß es sich somit um land- und forstwirtschaftliche Grundstücke handle, könne die grundverkehrsbehördliche Genehmigung nicht erteilt werden, weil es sich bei der Käuferin um eine juristische Person handle, deren Zweck nicht auf den Betrieb einer Land- und Forstwirtschaft ausgerichtet sei, weshalb § 8 Abs. 3 GVG einer Genehmigung entgegenstehe.

Die Beschwerdeführerin macht in der Beschwerde geltend, die vertragsgegenständlichen Liegenschaften seien an einen Reitsportclub verpachtet, der diese Grünflächen als Reitparcours nütze. Diese Nutzung der Grundstücke stelle, da es am wesentlichen Merkmal eines landwirtschaftlichen Betriebes fehle, keine typische land- und forstwirtschaftliche Nutzung dar. Der Reitclub habe die Grundstücke lediglich zur Ausübung des Reitsportes in der Freizeit und für die damit verbundene Unterbringung der Pferde gepachtet; zusätzlich betreibe der Club einen kleinen Gastgewerbebetrieb, in dem keine durch landwirtschaftliche Nutzung gewonnenen Produkte veräußert würden. Auch der landwirtschaftliche Amtssachverständige sei davon ausgegangen, daß die Nutzung durch den Reitclub nicht als landwirtschaftlicher Betrieb anzusehen sei. Die Nutzung von Freiland durch einen Reitclub, ohne daß dies mit der Aufzucht von Pferden verbunden sei, stelle ähnlich wie die Nutzung von Freiland für Golfanlagen keine landwirtschaftliche Nutzung dar. In Ausführung der Verfahrensrüge macht die Beschwerdeführerin geltend, die belangte Behörde habe keine Erhebungen darüber angestellt, ob es sich bei der Käuferin um einen anerkannten Siedlungsträger im Sinne des § 3 Abs. 5 des Steiermärkischen landwirtschaftlichen Siedlungsgesetzes handle, für welchen § 6 Abs. 3 GVG eine Ausnahme von der Genehmigungspflicht vorsehe. (Hiezu ist vorweg festzuhalten, daß eine derartige Anerkennung der Käuferin durch Gesetz nicht ersichtlich ist; daß eine solche Anerkennung durch Bescheid vorläge, wurde nicht behauptet.) Weiters hätten Vertreter der Gemeinde N. gegenüber der belangten Behörde ein öffentliches Interesse an dem zur Genehmigung vorgelegten Rechtsgeschäft geltend gemacht. Dennoch habe die belangte Behörde sich mit diesen öffentlichen Interessen nicht im Sinne des § 9 Abs. 1 GVG auseinander gesetzt, wozu sie aber gemäß § 66 AVG verpflichtet gewesen wäre. Die belangte Behörde habe auch nicht berücksichtigt, daß seitens der Käuferin beabsichtigt sei, die Grundstücke mit einem Landwirt zu tauschen, sobald dessen Grundstücke in Bauland gewidmet würden. Dadurch würden dann die vertragsgegenständlichen Grundstücke im Ergebnis tatsächlich einer landwirtschaftlichen Nutzung zugeführt.

Gemäß § 2 Abs. 2 GVG sind land- und forstwirtschaftliche Grundstücke solche, die in einem rechtswirksamen Flächenwidmungsplan nach dem Steiermärkischen Raumordnungsgesetz als Freiland, einschließlich der Freiland-Sondernutzungen, als Aufschließungsgebiet oder als Dorfgebiet ausgewiesen sind, sofern sie im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes in einer für Land- und Forstwirtschaft typischen Weise genutzt werden.

Der mit "Genehmigungspflichtige Rechtsgeschäfte" überschriebene § 5 Grundverkehrsgesetz lautet:

"(1) Folgende Rechtsgeschäfte sind genehmigungspflichtig:

1.

die Übertragung des Eigentums,

2.

die Einräumung des Fruchtnießungsrechtes,

3.

die Einräumung des Rechtes oder die Erteilung der Zustimmung, auf fremdem Grund ein Bauwerk zu errichten (§ 435 ABGB),

              4.              die Verpachtung, wenn das land- und forstwirtschaftliche Grundstück das Ausmaß von zwei Hektar übersteigt und die Pachtdauer mehr als 20 Jahre beträgt oder der Pachtvertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen wird und

              5.              jede sonstige Überlassung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke (z.B. Bittleihe, Miete) zu einer die land- und forstwirtschaftliche Nutzung beeinträchtigenden oder gänzlich ausschließenden Nutzung oder Benützung.

(2) Bei der Bestimmung des Ausmaßes des Grundstückes (Abs. 1 Z. 4) sind allenfalls mehrere, im räumlichen Zusammenhang stehende Pachtverträge zu berücksichtigen."

Der mit "Voraussetzung für die Erteilung der Genehmigung" überschriebene § 8 GVG lautet:

"(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1. das Rechtsgeschäft der Schaffung, Erhaltung und Förderung eines

2. leistungsfähigen Bauernstandes entsprechend den strukturellen und natürlichen Gegebenheiten des Landes oder leistungsfähiger land- und forstwirtschaftlicher Betriebe dient und

3. gewährleistet ist, daß das Grundstück vom Antragsteller selbst und

4. ordnungsgemäß bewirtschaftet wird.

(2) Die Selbstbewirtschaftung setzt zumindest die persönliche Anordnung und Überwachung der land- und forstwirtschaftlichen Arbeiten sowie die regelmäßige Anwesenheit am Betrieb voraus. Bei ausschließlich forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken wird dem Erfordernis der Selbstbewirtschaftung durch die persönliche Anordnung und Überwachung der forstwirtschaftlichen Arbeiten Genüge getan.

(3) Soll eine juristische Person Rechte nach § 5 erwerben, dann muß

1. ihr Zweck auf den Betrieb einer Land- und Forstwirtschaft ausgerichtet sein und

2. die Selbstbewirtschaftung durch fachlich geeignete Beauftragte erfolgen."

Bei den vertragsgegenständlichen Grundstücken handelt es sich unbestritten um Freiland, das teilweise als Aufschließungsgebiet für allgemeines Wohngebiet gewidmet ist. Die auf den Grundstücken bestehende Nutzung als Reitparcours bzw. als Pferdeweide durch einen Reitclub hat der von der belangten Behörde dem Verfahren beigezogene landwirtschaftliche Amtssachverständige als durchaus typische landwirtschaftliche Nutzung bezeichnet. Dieser Sachverständige hat die vertragsgegenständlichen Grundstücke allerdings deshalb nicht als landwirtschaftliche qualifiziert, weil es sich bei dem Reitclub nicht um einen landwirtschaftlichen Betrieb handle.

Die belangte Behörde ist dem Gutachten des landwirtschaftlichen Amtssachverständigen deshalb nicht gefolgt, weil sie der Auffassung war, die Bewirtschaftung dieser Grundstücke erfolge trotz deren Verpachtung im Rahmen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes der Beschwerdeführerin, der die rechtliche Verfügungsgewalt über diese Grundstücke noch zukomme. Dieser Betrieb besteht - wie die belangte Behörde selbst ausführtin der unter Beiziehung von Hilfskräften erfolgenden Bewirtschaftung der im Eigentum der Beschwerdeführerin stehenden forstlichen Flächen, während die landwirtschaftlichen Flächen in Pacht gegeben sind. Den Verwaltungsakten ist zu entnehmen, daß die vertragsgegenständlichen Grundstücke bereits seit Jahren an den Reitclub verpachtet sind, der selbst unbestrittenermaßen keinen landwirtschaftlichen Betrieb führt.

Von ausschlaggebender Bedeutung für den Beschwerdefall ist die Frage, ob die verpachteten Grundstücke im Rahmen des Betriebes der Beschwerdeführerin in einer für Land- und Forstwirtschaft typischen Weise genutzt werden (§ 2 Abs. 2 GVG). Um diese Voraussetzung zu erfüllen, ist es erforderlich, daß die Bewirtschaftung zumindest in bezug auf grundsätzliche Entscheidungen über persönliche Anordnung und unter Überwachung durch den Betriebsinhaber erfolgt. Die Rechte und Pflichten der Vertragspartner richten sich im Fall der Verpachtung eines Grundstückes nach den §§ 1090ff ABGB. Hiebei bestimmt § 1098 leg. cit., daß Mieter und Pächter berechtigt sind, die Miet- und Pachtstücke dem Vertrag gemäß durch bestimmte Zeit zu gebrauchen und zu benützen, oder auch in Afterbestand zu geben, wenn es ohne Nachteil des Eigentümers geschehen kann und im Vertrag nicht ausdrücklich untersagt wurde. Aus dem Grundsatz des schonenden Gebrauchs der Bestandsache wird zwar abgeleitet, daß der Bestandnehmer zumutbare Maßnahmen des Bestandgebers zu dulden hat, doch kann der Bestandgeber den dem Bestandnehmer eingeräumten Gebrauch nicht einseitig beschränken (vgl. Würth in Rummel2, Rz. 8 zu § 1098). Es ergibt sich somit, daß der Beschwerdeführerin bei aufrechtem Pachtvertrag keine Möglichkeit offensteht, in rechtlich wirksamer Weise auf die Art der Nutzung der Grundstücke Einfluß zu nehmen. Damit kann auch nicht davon ausgegangen werden, diese Grundstücke seien trotz ihrer Verpachtung noch dem - zumindest nach seinem Schwerpunkt als forstwirtschaftlich anzusehenden - Betrieb der Beschwerdeführerin zuzurechnen. Da somit die Nutzung der Grundstücke nicht im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes erfolgt, stellen die vertragsgegenständlichen Grundstücke keine land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke im Sinne von § 2 Abs. 2 GVG dar.

Da die belangte Behörde sohin in einem wesentlichen Punkt die Rechtslage verkannt hat, mußte der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 23. März 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998020303.X00

Im RIS seit

21.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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