TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/3 W171 2208398-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.04.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

03.04.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art.133 Abs4
FPG §76

Spruch

W171 2208398-4/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA als Einzelrichter im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zl. XXXX , über die weitere Anhaltung von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1 Der Beschwerdeführer XXXX (in Folge: BF), afghanischer Staatsangehöriger, reiste spätestens am 08.04.2016 illegal ins Bundesgebiet ein und stellte in Folge einen Antrag auf internationalen Schutz.

Der BF wurde am 15.11.2017 rechtskräftig von einem Landesgericht wegen § 27 (2) SMG, § 27 (1) Z 1 1. 2. 5. Fall SMG, verurteilt.

Gegen den BF wurden ein Betretungsverbot hinsichtlich einer Schutzzone "Suchtmittelkriminalität" erlassen, das er mehrmals missachtete.

1.2. Mit Bescheid des Bundesamts vom 05.04.2018 wurde der auf die Zuerkennung des internationalen Schutzes hinsichtlich des Status eines Asylberechtigten gerichtete Antrag des BF gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 und sein Antrag auf Zuerkennung internationalen Schutzes hinsichtlich des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und ausgesprochen, dass ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt werde. Weiter wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Eine Frist für eine freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Darüber hinaus wurde ein Einreiseverbot für die die Dauer von fünf Jahren erlassen.

1.3. Gegen diesen Bescheid wurde vom BF fristgerecht Beschwerde eingebracht, das Bundesverwaltungsgericht erkannte mit Beschluss vom XXXX unter der XXXX die aufschiebende Wirkung zu.

Mit Beschluss XXXX des Bundesverwaltungsgerichts wurde das Beschwerdeverfahren eingestellt, da sich der BF dem Asylverfahren entzogen hatte.

In der Nacht von 31.07.2018 auf 01.08.2018 wurde der BF durch die Exekutive wegen des Verdachtes des Suchtmittelhandels festgenommen und darauf hingewiesen, dass zur Fortführung des Asylverfahrens eine zustellfähige Adresse notwendig sei und diese dem Bundesverwaltungsgericht mitzuteilen sei.

Im Zuge einer Personenkontrolle am 26.09.2018, wurde der BF angehalten. Bei der durchgeführten Durchsuchung wurden 5 Klemmsäckchen, einzeln verpackt in ca. 2 Gramm Säckchen mit Marihuana und € 90,-- in 10 und 20 Euroscheinen vorgefunden.

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wurde durch das Bundesamt eine erhebliche Fluchtgefahr, sowie eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit festgestellt und mit Mandatsbescheid vom 08.10.2018 wurde über den BF unter GZ: XXXX erstmals die Schubhaft verhängt.

Eine gegen diesen Mandatsbescheid fristgerecht eingebrachte Beschwerde des BF wurde am 30.10.2018, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht unter der GZ: XXXX als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Mit Schriftsatz eines Bezirksgerichts vom XXXX , erging die Verständigung über eine rechtskräftige Verurteilung des BF gem. §§ 27 (1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z1 2. Fall, 27 (1) Z 1 8.

Zum Zwecke von medizinischen Untersuchungen wurde der BF am 07.11.2018 um 16:15 Uhr aus der Schubhaft entlassen.

Am 08.11.2018 wurden der BF nach Abklärung seines Gesundheitszustandes in einem Krankenhaus aufgrund eines Festnahmeauftrags des Bundesamts wiederum festgenommen.

1.4. Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wurde durch das Bundesamt mit Mandatsbescheid vom 09.11.2018 unter GZ: XXXX die gegenständliche Schubhaft gem. § 76 Abs. 2 Z1 FPG verhängt.

Mit Aktenvorlage vom 21.12.2018 informierte das Bundesamt das Bundesverwaltungsgericht über die Fristerreichung der durchgehenden andauernden Schubhaft von vier Monaten und ersuchte um weitere Prüfung einer möglichen Fortsetzung der Schubhaft gem. § 22a Abs. 4

BFA-VG.

Mit 27.12.2018, GZ XXXX erging der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts, dass die Vorlage zur Überprüfung der Anhaltung in Schubhaft als unzulässig zurückgewiesen wurde, da die Aktenvorlage durch das Bundesamt verfrüht erfolgt sei, weswegen das Bundesverwaltungsgericht nicht für die amtswegige Überprüfung der Schubhaft sachlich zuständig gewesen sei und die amtswegige Überprüfung gem. § 80 Abs 6 FPG durch das Bundesamt zu erfolgen habe.

Für XXXX wurde eine mündliche Verhandlung im Asylverfahren am Bundesverwaltungsgericht anberaumt.

1.5. Mit Aktenvorlage vom 28.02.2019 informierte das Bundesamt das Bundesverwaltungsgericht über die Fristerreichung der durchgehenden andauernden Schubhaft von vier Monaten und ersuchte um weitere Prüfung einer möglichen Fortsetzung der Schubhaft gem. § 22a Abs. 4

BFA-VG.

Das BVwG sprach in weiterer Folge mit Erkenntnis vom 04.03.2019 die Rechtmäßigkeit der Fortsetzung und die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft aus.

Mit Erkenntnis des BVwG vom 19.03.2019 wurde die Beschwerde des BF im Asylverfahren in den für dieses Verfahren wesentlichen Punkte abgewiesen.

Der BF wurde seitens des BFA am 20.03.2019 einvernommen und führte aus, dass er Österreich nicht freiwillig verlassen wolle, da er hier unter medizinischer Behandlung sei. Er habe selbst kein Geld und lebe von einer Entschädigung der Caritas. Er habe einen Cousin in Wien, eine Freundin in XXXX und könne in XXXX in einem Gasthaus leben.

Im Rahmen einer am selben Tag geführten Rückkehrberatung bekräftigte der BF neuerlich seinen Unwillen Österreich zu verlassen.

Am 26.03.2019 wurde seitens des BFA eine medizinische Stellungnahme zur Transportfähigkeit eingeholt, die eine Rückführung des BF aus medizinischer Sicht trotz seiner Erkrankung (Epilepsie) als möglich bezeichnete.

1.6. Mit Aktenvorlage vom 30.03.2019 legte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) den gegenständlichen Asyl- und Schubhaftakt neuerlich mit der Bitte um gerichtliche Prüfung und Genehmigung der Fortsetzung der laufenden Schubhaft vor. Informativ wurde mitgeteilt, dass das BFA davon ausgehe, dass nach wie vor Sicherungsbedarf bestehe und die weitere Anhaltung aufgrund der konkreten Sachlage auch notwendig und verhältnismäßig sei. Der BF sei weiterhin nicht rückkehrwillig, eine Abschiebung könne jedoch aus medizinischer Sicht durchgeführt werden. Für den BF könne jederzeit ein EU-LP ausgestellt werden und sei daher eine Rückführung des BF damit jederzeit möglich. Eine Charterabschiebung sei für XXXX 2019 geplant.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Allgemein:

1.1. Der Beschwerdeführer befindet sich seit 09.11.2018 in Schubhaft. Die gesetzliche Viermonatsfrist (§ 22a Abs. 4 BFA-VG, 4 Monate und ein Tag) ist am 10.03.2019 abgelaufen und wurde die weitere Fortsetzung der Schubhaft über die Viermonatsfrist hinaus seitens des Gerichts für rechtmäßig erklärt. Die Entscheidung über die nochmalige Fortsetzung der Schubhaft vorgesehene gerichtliche Überprüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit (4-Wochenfrist) hat gesetzmäßig bis zum 07.04.2019 zu erfolgen.

1.2. Der der laufenden Haft ursprünglich zugrundeliegende Schubhaftbescheid ist durch den BF selbst nicht in Beschwerde gezogen worden. Eine Änderung der Umstände für die seinerzeitige Verhängung der Schubhaft hat sich im Verfahren nicht ergeben. Das Gericht geht weiterhin vom Vorliegen des Sicherungsbedarfs aus.

1.3. Ein Ausreisedokument für den Beschwerdeführer liegt aktuell nicht vor. Nach Angaben der Behörde kann aber jederzeit ein EU-LP ausgestellt werden.

1.4. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Weiterführung der Schubhaft sind zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung nach wie vorgegeben.

Gesundheitszustand:

2.1. Der BF leidet an Epilepsie, die medikamentös gut eingestellt ist. Er ist haft- und transportfähig.

Effektuierbarkeit der Außerlandesbringung (Prognose):

3.1. Eine Ausstellung eines Ausreisedokumentes für den BF ist kurzfristig möglich.

3.2. Der BF ist für eine Abschiebung im kommenden XXXX vorgesehen.

Sozialer/familiärer Aspekt:

4.1. Der BF verfügt über keinerlei nachgewiesene berufliche oder sonstige soziale Kontakte in Österreich, hat keinen Wohnsitz und ist in keiner Weise selbsterhaltungsfähig. In Österreich leben zwei Cousins von denen keine Abhängigkeit gegeben ist.

Öffentliches Interesse:

5.1. Der BF hat in der Vergangenheit mehrmals gegen verwaltungsrechtliche Verbote verstoßen und sich illegal in Österreich aufgehalten. Er war für die Behörden nicht greifbar und ist er bisher im Inland bereits drei Mal straffällig geworden. Er verfügte über keinen Wohnsitz und konnte bisher nicht Außerlandes gebracht werden.

2. Beweiswürdigung:

Zu 1.1.: Die Angaben über den Verfahrensgang und die hiezu ergangenen Feststellungen beziehen sich auf die Angaben im vorliegenden Akt, insbesondere auf die Begleitinformation der behördlichen Aktenvorlagen. Unter Heranziehung der Bestimmungen zur Fristenberechnung gemäß § 32 AVG ergibt sich, dass der Ablauf der gegenständlichen gerichtlichen Entscheidungsfrist gem. § 22a Abs. 4 BFA-VG auf den 07.04.2019 fällt.

Zu. 1.2.: Aus dem Akteninhalt ergibt sich, dass der seinerzeitige Schubhaftbescheid nicht in Beschwerde gezogen wurde. Ebenso konnte aufgrund der Aktenlage festgestellt werden, dass sich die wesentlichen Umstände im Rahmen der Schubhaft seit der seinerzeitigen Verhängung nicht verändert haben. Die formalen Voraussetzungen für die laufende Schubhaft sind daher unverändert gegeben.

Zu 1.3.: Aus den glaubwürdigen Informationen im Rahmen der Aktenvorlage war zu entnehmen, dass die Ausstellung eines EU-LP jederzeit durchgeführt werden kann. Es ist daher davon auszugehen, dass ein Reisedokument rechtzeitig vor der Abschiebung vorliegen wird.

Zu 1.4.: Aus einer Überprüfung der formalen Grundlagen für die Aufrechterhaltung der Schubhaft ergibt sich, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung, welche seinerzeit die rechtliche Grundlage für die Erlassung des Schubhaftbescheides darstellte, nach wie vor Durchsetzbarkeit hat.

Zu 2.1.: Aus dem Akt ergibt sich, dass der BF nach eigenen Angaben medikamentös eingestellt ist und nach den Angaben in der med. Stellungnahmen vom 26.03.2019 auch transportfähig ist. Indizien für eine Haftunfähigkeit liegen nicht vor. Das Gericht geht daher in weiterer Folge davon aus, dass keine Haftunfähigkeit vorliegt.

Zu 3.1.u. 3.2.: Diese Feststellungen ergeben sich aus der Vorlageinformation des BFA vom 30.03.2019 von deren Richtigkeit das Gericht ausgehen konnte.

Zu 4.1.: Die Feststellungen zu 4.1. ergeben sich im Wesentlichen aus den unwiderlegten bisherigen Feststellungen im vorangegangenen Asylverfahren und den weiteren Angaben des BF im bisherigen Verfahren.

Zu 5.1.: Die der Schubhaft zugrundeliegende Rückkehrentscheidung ist durchsetzbar. Der BF hat gegen fremdenrechtliche Bestimmungen verstoßen und hat er sich in der Vergangenheit auch nicht auf andere Weise gekümmert, einen Aufenthaltstitel zu erlangen. Auch verweigerte er bereits mehrfach die freiwillige Rückkehr. Er gab in der Einvernahme vom 26.03.2019 selbst an, nicht freiwillig zurückkehren zu wollen. Er verfügte nach dem Akteninhalt nicht über einen gesicherten Wohnsitz und ist bereits mehrfach straffällig geworden. Im Sinne der Bestrebung der Republik Österreich, ein geordnetes Fremden- und Asylwesen zu haben, kommt daher dem öffentlichen Interesse im konkreten Fall ein höherer Stellenwert, als den persönlichen Interessen des BF zu. Das öffentliche Interesse an einer gesicherten Außerlandesbringung des BF ist daher unverändert hoch und die Fortsetzung der Schubhaft daher auch weiterhin verhältnismäßig.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt A.:

3.1.1. Gesetzliche Grundlagen:

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

Die Grundlage zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit einer Fortsetzung der Schubhaft über die Viermonatsfrist im BFA-VG iVm. § 80 FPG lautet:

§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.

3.1.2. Zur Judikatur:

Insbesondere ist in diesem Zusammenhang auf Art 1 Abs. 3 PersFrSchG 1988 hinzuweisen, aus dem sich das für alle Freiheitsentziehungen geltende Gebot der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit ergibt, deren Prüfung im Einzelfall eine entsprechende Interessenabwägung verlangt. Für die Schubhaft ergibt sich das im Übrigen auch noch aus der Wendung "... wenn dies notwendig ist, um ..." in Art 2 Abs. 1 Z 7 PersFrSchG 1988. Dementsprechend hat der VfGH - nachdem er bereits in seinem Erkenntnis vom 24.06.2006, B 362/06, die Verpflichtung der Behörden betont hatte, von der Anwendung der Schubhaft jedenfalls Abstand zu nehmen, wenn sie im Einzelfall nicht notwendig und verhältnismäßig ist - in seinem Erkenntnis vom 15.06.2007, B 1330/06 und B 1331/06, klargestellt, dass die Behörden in allen Fällen des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 unter Bedachtnahme auf das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit verpflichtet sind, eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen. Der VwGH hat dazu beginnend mit dem Erkenntnis vom 30.08.2007, 2007/21/0043, mehrfach festgehalten, dass die Schubhaft auch dann, wenn sie auf einen der Tatbestände des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 gestützt werden soll, stets nur ultima ratio sein dürfe." (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008)

Eine Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann stets nur dann rechtens sein, wenn eine Abschiebung auch tatsächlich in Frage kommt. Die begründete Annahme, dass eine Aufenthaltsbeendigung erfolgen wird, ist dabei ausreichend. Dass die Effektuierung mit Gewissheit erfolgt, ist nicht erforderlich (vgl. dazu etwa VwGH 07.02.2008, Zl. 2006/21/0389; VwGH 25.04.2006, Zl. 2006/21/0039). Steht hingegen von vornherein fest, dass diese Maßnahme nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden. Anderenfalls erwiese sich die Schubhaft nämlich als für die Erreichung des Haftzweckes (der Abschiebung) "nutzlos". Umgekehrt schadet es - wie sich aus den Verlängerungstatbeständen des § 80 FPG ergibt - nicht, wenn der ins Auge gefassten Abschiebung zeitlich befristete Hindernisse entgegenstehen. Den erwähnten Verlängerungstatbeständen liegt freilich zu Grunde, dass die in Frage kommenden Hindernisse längstens innerhalb der zulässigen Schubhaftdauer beseitigt werden. Ist hingegen bereits bei Beginn der Schubhaft absehbar, dass das Abschiebehindernis nicht binnen dieser Frist zu beseitigen ist, so soll die Schubhaft nach den Vorstellungen des Gesetzgebers von Anfang an nicht verhängt werden. Dasselbe gilt, wenn während der Anhaltung in Schubhaft Umstände eintreten, aus denen erkennbar ist, dass die Abschiebung nicht in der restlichen noch zur Verfügung stehenden Schubhaftdauer bewerkstelligt werden kann. (vgl. VwGH 11.06.2013, Zl. 2013/21/0024, zum Erfordernis einer Prognosebeurteilung, ob die baldige Ausstellung eines Heimreisezertifikates trotz wiederholter Urgenzen durch das Bundesministerium für Inneres angesichts der Untätigkeit der Vertretungsbehörde des Herkunftsstaates zu erwarten ist; vgl. VwGH 18.12.2008, Zl. 2008/21/0582, zur rechtswidrigen Aufrechterhaltung der Schubhaft trotz eines ärztlichen Gutachtens, wonach ein neuerlicher Versuch einer Abschiebung des Fremden in den nächsten Monaten aus medizinischen Gründen nicht vorstellbar sei).

3.1.3. Aufgrund der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat die Behörde nach § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakten zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung, welche über die Viermonatsfrist gehen solle, vorzulegen. Dabei hat sie darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig wäre. Es ist Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich im Rahmen dieser Überprüfung auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Gericht ergeben, dass eine weitere Anhaltung über die gesetzlich vorgesehene Viermonatsfrist (und in weiterer Folge über die gesetzlich vorgesehene 4 Wochenfrist) hinaus, weiter als verhältnismäßig angesehen werden kann. Betrachtet man die Interessen des BF an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse zeigt sich, dass keinerlei derartige Faktoren vorliegen. Darüber hinaus hat das Ermittlungsverfahren ergeben, dass der BF auch weiterhin nicht selbsterhaltungsfähig ist. Im Zuge der durchzuführenden Abwägung bleibt daher festzuhalten, dass berücksichtigungswürdige soziale Bindungen in Österreich nicht vorlieben und Selbsterhaltungsfähigkeit nicht gegeben war.

Das Verfahren hat in keiner Weise ergeben, dass der BF aufgrund seiner gesundheitlichen Situation durch die Inhaftierung einer unzumutbaren (unverhältnismäßigen) Belastung ausgesetzt wäre, zumal er auch diesbezüglich bei Bedarf einer medizinischen Kontrolle unterzogen würde.

Der BF war bisher nicht bereit freiwillig in seinen Herkunftsstaat zurückzukehren um so einer Verlängerung der Schubhaft entgegenzuwirken. Er hat es sich daher auch selbst zuzuschreiben, dass er nun auf die Abschiebung warten muss, da diese nur in größeren Zeitabständen erfolgen können. Aufgrund der dem Gericht vorliegenden Information des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl lässt sich aus Sicht des Gerichts sagen, dass einer Abschiebung des BF mit Charterabschiebung im Monat XXXX 2019 zum Zeitpunkt der Erlassung dieses Erkenntnisses nichts im Wege steht. Das Gericht geht daher im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung davon aus, dass eine Außerlandesbringung des BF nach heutigem Wissensstand durchaus möglich, und auch bereits in wenigen Wochen realistisch ist. Aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen ist jedenfalls gewährleistet, dass eine allfällige weitere wesentliche Verlängerung der Schubhaft, einer neuerlichen Überprüfung zu unterziehen sein wird. Dabei wird abermals eine Prognoseentscheidung hinsichtlich einer zeitnahen Effektuierung der Außerlandesbringung des BF durchzuführen sein.

Das Gericht kommt daher zu dem Schluss, dass eine Fortsetzung der Schubhaft durch Überschreitung der Viermonatsfrist und auch der anschließenden Vierwochenfrist weiterhin verhältnismäßig und notwendig ist.

Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung auch die Voraussetzungen für eine nunmehr über die Viermonatsfrist und auch der anschließenden Vierwochenfrist hinausgehende Schubhaft weiter vorliegen.

Zu Spruchpunkt B. - Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie zu Spruchpunkt A. ausgeführt sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in Bezug auf beide Spruchpunkte nicht zuzulassen. Im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage in den übrigen Spruchpunkten war die Revision gleichfalls nicht zuzulassen.

Schlagworte

Fluchtgefahr, Interessenabwägung, öffentliche Interessen, Schubhaft,
Schubhaftbeschwerde, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W171.2208398.4.00

Zuletzt aktualisiert am

13.05.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten