Entscheidungsdatum
22.11.2018Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
VwGVG §40 Abs1Text
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Pichler über die Antrag des Herrn A. B. auf Beigebung eines Verteidigers zur Vertretung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren über seine Beschwerde gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt …, vom 22.06.2018, Zl. …, den
BESCHLUSS
gefasst
I . Dem Antrag wird gemäß § 40 Abs. 1 VwGVG stattgegeben und die Beigebung eines Verteidigers bewilligt.
II. Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
Begründung
Über den Beschwerdeführer wurden mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt …, vom 22.06.2018, Zl. … insgesamt 10 Geldstrafen in der Höhe von je 1.520,-- Euro, im Falle deren Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von je 3 Tagen und 19 Stunden wegen Übertretung gewerberechtlicher Bestimmungen verhängt.
Gegen diese Entscheidung richtet sich eine frist- und formgerecht erhobene Beschwerde mit der unter einem die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers beantragt wird.
Zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen führte der Antragsteller aus: „Einkünfte vereinbart mit den temporären Gesellschaftern, sofern Aufträge gekommen wären: 840,-- Euro netto plus mögliche zu vereinbarende Prämien“.
Der Beschwerdeführer wurde durch das Verwaltungsgericht Wien mit Schreiben vom 10.08.2018 aufgefordert, ein Vermögensverzeichnis und entsprechende Belege vorzulegen.
In der Folge legte der Beschwerdeführer ein ausgefülltes Vermögensbekenntnis vor, in dem er angab, er erziele „noch“ als unselbstständiger Erwerbstätiger ein Nettoeinkommen in der Höhe von 780,-- Euro und als selbstständiger Erwerbstätiger ein jährliches Reineinkommen von 1.000,-- Euro. Zu Schulden führte der Antragssteller aus: „ca. 1,1 Millionen in gesamt Exekution BG …“. Zu den Wohnkosten brachte er vor, er habe für die Benutzung einer Untermietwohnung 250,-- Euro im Monat zu bezahlen.
Mit einem weiteren Schreiben des Verwaltungsgerichts wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, entsprechende Belege zu seinen Angaben vorzulegen. Diesem Auftrag kam der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 12.10.2018 nur insoweit nach, als er auf seine nunmehrige Arbeitslosigkeit, seine Vermögenslosigkeit und erhebliche Schulden verwies.
In einem anderen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Wien vorgelegte Unterlagen bescheinigen aber erhebliche Verbindlichkeiten des Beschwerdeführers, amtswegige Erhebungen erbrachten dagegen keine Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit seiner Angaben zu seiner Vermögenslosigkeit.
Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:
Gemäß § 40 Abs. 1 VwGVG ist dem Beschuldigten ein Verteidiger beizugeben, dessen Kosten der Beschuldigte nicht zu tragen hat, soweit dies im Interesse der Rechtspflege, vor allem im Interesse einer zweckentsprechenden Verteidigung, erforderlich und auf Grund des Art. 6 Abs. 1 und Abs. 3 lit. c der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union geboten ist.
In der hier zu beurteilenden Fallkonstellation war als erwiesen anzusehen, dass der Antragsteller im Hinblick auf seine schlechte Einkommens- und Vermögenssituation außer Stande ist, die Kosten der Verteidigung ohne Beeinträchtigung des zu einer einfachen Lebensführung notwendigen Unterhalts zu tragen.
Die Regelung des § 40 VwGVG verlangt weiters, dass die Beigebung eines Verteidigers im Interesse der Verwaltungsrechtspflege erforderlich ist. Bei der Beurteilung der Interessen der Verwaltungsrechtspflege ist vor allem auf die zweckentsprechende Verteidigung Bedacht zu nehmen. Als Gründe für die Beigebung eines Verteidigers sind besondere Schwierigkeiten der Sach- und Rechtslage, besondere persönliche Umstände des Beschuldigten und die besondere Tragweite des Rechtsfalles für die Partei (wie etwa die Höhe der dem Beschuldigten drohenden Strafe) zu berücksichtigen (vgl. die Erkenntnisse des VwGH vom 24.11.1993, Zl. 93/02/0270, und vom 27.10.1999, Zl. 97/09/0055).
Daher sind abgesehen von der Mittellosigkeit des Antragstellers als Gründe für die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers besondere Schwierigkeiten der Sach- und Rechtslage, besondere persönliche Umstände des Beschuldigten und die besondere Tragweite des Rechtsfalles für die Partei zu berücksichtigen (vgl. VwGH 24. November 1993, 93/02/0270).
Den Tatvorwürfen liegen eher einfache Lebenssachverhalte zugrunde und treten auch keine sonderlich komplexen Rechtsfragen hervor. Es ist aber davon auszugehen, dass angesichts der Höhe der verhängten Strafen nach den persönlichen und wirtschaftlichen Umständen des Antragstellers die Strafsache für ihn von besonderer Tragweite ist. Dabei war insbesondere auch auf die Dauer der kumulierten Ersatzfreiheitsstrafen Bedacht zu nehmen.
Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 40 Abs. 1 VwGVG war daher zu bejahen und somit die Beigebung eines Verteidigers zu beschließen.
Da die Rechtslage eindeutig ist und der Entscheidung auch keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt, liegen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung nicht vor, weshalb die Revision nicht zuzulassen war.
Schlagworte
Verfahrenshilfe; Verteidiger; Mittellosigkeit; Interesse der Rechtspflege; StrafhöheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.021.V.051.10346.2018Zuletzt aktualisiert am
08.05.2019