Entscheidungsdatum
22.03.2019Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
VwGVG §7 Abs4 Z1Text
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Pühringer 1.) über die Beschwerde des A. B. (StA: Russische Föderation, geb.: 1992) vom 23. Jänner 2019 gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 20. Dezember 2018, Zl. …, mit welchem in Spruchpunkt "1)" der Antrag des Beschwerdeführers vom 29. November 2018 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 Abs. 1 Z 1 AVG abgewiesen wurde, und 2.) auf Grund des Vorlageantrags vom 23. Jänner 2019 betreffend die Beschwerdevorentscheidung in Spruchpunkt "2)" des Bescheids des Landeshauptmannes von Wien vom 20. Dezember 2018, Zl. …, mit welcher die gemeinsam mit dem Wiedereinsetzungsantrag vom 29. November 2018 übermittelte Beschwerde gegen den Bescheid vom 30. Mai 2018 gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG als verspätet zurückgewiesen wurde,
IM NAMEN DER REPUBLIK
zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde vom 23. Jänner 2019 gegen Spruchpunkt "1)" des angefochtenen Bescheids wird gemäß § 33 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 24/2017, mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass diese Bestimmung als Rechtsgrundlage anzuführen ist.
sowie den
BESCHLUSS
gefasst:
II. Die gemeinsam mit dem Wiedereinsetzungsantrag vom 29. November 2018 übermittelte Beschwerde gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 30. Mai 2018, Zl. …, wird gemäß § 7 Abs. 4 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 138/2017, als verspätet zurückgewiesen.
III. Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a Abs. 1 VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
1. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, Zl. …, vom 30. Mai 2018 wurde – mit näherer Begründung – der Antrag des Beschwerdeführers vom 16. Februar 2017 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck "Studierender" (nunmehr: "Student") abgewiesen.
2. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, Zl. …, vom 20. Dezember 2018 wurde – mit näherer Begründung – der Antrag des Beschwerdeführers vom 29. November 2018 auf Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist gemäß § 71 Abs. 1 Z 1 AVG abgewiesen und unter einem die –gleichzeitig mit dem Antrag nachgeholte – Beschwerde gegen den Bescheid vom 30. Mai 2018 gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.
3. Gegen diese Erledigung der belangten Behörde vom 20. Dezember 2018 richtet sich die vom Beschwerdeführer erhobene "Beschwerde" vom 23. Jänner 2019.
4. Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt samt der darin befindlichen Beschwerdeschriftsätze dem Verwaltungsgericht Wien vor.
II. Sachverhalt
1. Das Verwaltungsgericht Wien legt seiner Entscheidung folgende Feststellungen zugrunde:
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 30. Mai 2018, Zl. …, wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 16. Februar 2017 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck "Studierende" (nunmehr: "Student") gemäß § 64 Abs. 1 und 3 NAG – mit näherer Begründung – abgewiesen. Dieser Bescheid wurde nach einem Zustellversuch an der Abgabestelle am 6. Juni 2018 und Einlegen einer Verständigung über die Hinterlegung in der Abgabeeinrichtung bei der Post-Geschäftsstelle in … Wien hinterlegt und ab demselben Tag zur Abholung bereitgehalten.
Der Beschwerdeführer ersuchte eine nichtstaatliche Organisation um Unterstützung bei der Beschwerdeerhebung, welche ihm versicherte, die Beschwerde sei fristgerecht eingebracht worden. Erst am 22. November 2018 erfuhr der Beschwerdeführer, dass die Beschwerde von dieser Organisation nicht eingebracht wurde.
Mit Schreiben vom 29. November 2018 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist und holte unter einem die versäumte Prozesshandlung nach, indem er die mit 2. Juli 2018 datierte Beschwerde beilegte. Diese Schriftsätze übergab der Beschwerdeführer am 30. November 2018 dem postalischen Zustelldienst zur Zustellung an die belangte Behörde.
2. Diese Feststellungen ergeben sich aus folgender Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den verwaltungsbehördlichen Akt und Würdigung des Parteienvorbringens.
Die Feststellungen zum Bescheid vom 30. Mai 2018 und zum Zustellvorgang ergeben sich aus dem verwaltungsbehördlichen Akt, in welchem sowohl der Bescheid, als auch der bezughabende Rückschein enthalten sind.
Dass sich der Beschwerdeführer an eine nichtstaatliche Organisation gewendet und jene ihm die fristgerechte Einbringung der Beschwerde zugesichert hat, ergibt sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers und wird vom Verwaltungsgericht Wien nicht in Zweifel gezogen.
Der Inhalt des Schreibens des Beschwerdeführers vom 29. November 2018 ergibt sich aus dem verwaltungsbehördlichen Akt.
III. Rechtliche Beurteilung
1. Anzuwendende Rechtsvorschriften:
Die maßgebliche Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG, BGBl. I 33/2013 in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I 138/2017, lauten – auszugsweise – wie folgt:
"2. Hauptstück
Verfahren
1. Abschnitt
Beschwerde
Beschwerderecht und Beschwerdefrist
§ 7. (1) bis (3) […]
(4) Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG oder wegen Rechtswidrigkeit des Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG beträgt vier Wochen. Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG beträgt sechs Wochen. Sie beginnt
1. in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer nur mündlich verkündet wurde, mit dem Tag der Verkündung,
[…]
Beschwerdevorentscheidung
§ 14. (1) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG steht es der Behörde frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden.
(2) […]
Vorlageantrag
§ 15. (1) Jede Partei kann binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Wird der Vorlageantrag von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt, hat er die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3), und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten.
(2) Ein rechtzeitig eingebrachter und zulässiger Vorlageantrag hat aufschiebende Wirkung, wenn die Beschwerde
1. von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung hatte und die Behörde diese nicht ausgeschlossen hat;
2. von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung hatte, die Behörde diese jedoch zuerkannt hat.
Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Vorlageantrag und die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorzulegen und den sonstigen Parteien die Vorlage des Antrags mitzuteilen.
(3) […]
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
§ 33. (1) Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis – so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat – eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
(2) […]
(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. In den Fällen des Abs. 2 […]
(4) Bis zur Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. § 15 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.
[…]"
2. Zum Antrag auf Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist:
2.1st Bei Versäumen der Beschwerdefrist ist für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand allein § 33 VwGVG die maßgebliche Bestimmung und nicht die §§ 71, 72 AVG, weil es sich um ein Verfahren über eine im Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz geregelte Beschwerde handelt. Der Verwaltungsgerichtshof hat allerdings in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass grundsätzlich die in der Rechtsprechung zu § 71 AVG entwickelten Grundsätze auf § 33 VwGVG übertragbar sind (vgl. VwGH 13.9.2017, Ra 2017/12/0086). Gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen.
Das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen ist nur in jenem Rahmen zu untersuchen, der durch die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers gesteckt wird, sodass den Antragsteller die Obliegenheit trifft, im Antrag konkret jenes unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis zu beschreiben, das ihn an der Einhaltung der Frist gehindert hat (VwGH 21.2.2017, Ra 2016/12/0026).
2.2nd Im vorliegenden Fall bringt der Beschwerdeführer vor, es sei ihm von einer nichtstaatlichen Organisation die fristgerechte Einbringung seiner Beschwerde zugesichert worden. Erst zu einem späteren Zeitpunkt habe er erfahren, dass die Beschwerde nicht fristgerecht erhoben wurde, wobei er keine Gründe anführt, welche diese Organisation an der rechtzeitigen Erhebung der Beschwerde gehindert haben sollen. Das unvorhergesehene bzw. unabwendbare Ereignis sieht der Beschwerdeführer sohin darin gelegen, dass er erst am 22. November 2018 davon Kenntnis erlangte, dass die Beschwerde von seiner gewillkürten Vertretung nicht fristgerecht eingebracht wurde. Das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen ist vom Verwaltungsgericht Wien ausschließlich in diesem Umfang zu prüfen.
2.3rd Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass ein Verschulden des Machthabers einem Verschulden des Vertretenen gleichzusetzen ist. Letzterer muss sich ein Verschulden des Machthabers zurechnen lassen (vgl. VwGH 8.5.2008, 2004/06/0031, mwN). Ist der Bevollmächtigte nicht durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert, die Frist einzuhalten, so ist eine allfällige Verhinderung des Gewaltgebers allein für die Fristversäumnis im Allgemeinen nicht geeignet, einen Wiedereinsetzungsgrund herzustellen. Die Untätigkeit eines Vertreters bildet im Allgemeinen keinen Wiedereinsetzungsgrund (vgl. VwGH 23.3.1999, 99/02/0023).
2.4th Der Beschwerdeführer hat mit der Erhebung der Beschwerde eine Vertretung beauftragt, die – wie vom Beschwerdeführer vorgebracht – diesem Auftrag nicht nachgekommen ist. Dieses Verschulden der Vertretung muss sich der Beschwerdeführer zurechnen lassen. Die mangelnde Kenntnis des Beschwerdeführers davon, dass die Beschwerde tatsächlich nicht fristgerecht eingebracht wurde, ist nicht geeignet, einen Wiedereinsetzungsgrund zu bilden. Gründe für die Fristversäumnis durch die Vertretung hat der Beschwerdeführer nicht vorgebracht. Alleine der Umstand der Untätigkeit der Vertretung – ohne näher spezifizierten Grund – bildet keinen Wiedereinsetzungsgrund.
Auch wenn bei nichtstaatlichen Organisationen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht die gleichen Anforderungen an das Ausmaß der Professionalität gestellt werden können, wie im Rahmen einer Kanzleiorganisation eines Rechtsanwalts (vgl. VwGH 2.3.2006, 2005/20/0646, mwN), kann für den vorliegenden Fall mangels jeglicher Angabe von Gründen zur Fristversäumung durch die Vertretung nichts gewonnen werden.
2.5th Da das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen zu verneinen ist, war die gegen Spruchpunkt "1)" des angefochtenen Bescheids erhobene Beschwerde vom 23. Jänner 2019 als unbegründet abzuweisen und dieser Bescheid in Bezug auf Spruchpunkt "1)" mit der Maßgabe zu bestätigen, dass als Rechtsgrundlage § 33 Abs. 1 VwGVG anzuführen ist.
3. Zur Rechtzeitigkeit der mit dem Schriftsatz vom 29. November 2018 eingebrachten Beschwerde:
3.1st Gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG steht es der Behörde im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). Gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag).
Die Beschwerdevorentscheidung derogiert dem Ausgangsbescheid endgültig, die Beschwerdevorentscheidung tritt mit dem Einlangen des Vorlageantrags nicht außer Kraft. Das Rechtsmittel, über welches das Verwaltungsgericht zu entscheiden hat, bleibt im Fall eines zulässigen Vorlageantrags die Beschwerde; der Vorlageantrag richtet sich nur darauf, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht vorgelegt wird. Da sich die Beschwerde gegen den Ausgangsbescheid richtet, bleibt jener auch Maßstab dafür, ob die Beschwerde berechtigt ist oder nicht. Aufgehoben, abgeändert oder bestätigt werden kann aber nur die – außer in Fällen einer Zurückweisung der Beschwerde – an die Stelle des Ausgangsbescheids getretene Beschwerdevorentscheidung. Ist die Beschwerde nicht zulässig, so ist sie vom Verwaltungsgericht zurückzuweisen, wobei der Beschluss des Verwaltungsgerichts an die Stelle der Beschwerdevorentscheidung tritt; dies mit der Wirkung, dass die Rechtskraft des Ausgangsbescheids festgestellt wird (vgl. VwGH 17.12.2015, Ro 2015/08/0026, mwN; 7.8.2018, Ra 2018/02/0139).
3.2nd Die belangte Behörde hat in Spruchpunkt "2)" des angefochtenen Bescheids vom 20. Dezember 2018 die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 29. November 2018 als verspätet zurückgewiesen; dabei handelt es sich der Sache nach um eine Beschwerdevorentscheidung. Mit Schriftsatz vom 23. Jänner 2019 stellte der Beschwerdeführer ungeachtet der Bezeichnung als "Beschwerde" hinsichtlich Spruchpunkt "2)" des angefochtenen Bescheids der Sache nach den Vorlageantrag, seine mit Schriftsatz vom 29. November 2018 übermittelte Beschwerde dem Verwaltungsgericht Wien vorzulegen. Da sich die mit Schriftsatz vom 29. November 2018 übermittelte Beschwerde gegen den Ausgangsbescheid vom 30. Mai 2018 richtet, bleibt jener auch Maßstab dafür, ob die Beschwerde zulässig ist oder nicht:
3.3rd Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen, wobei gemäß Z 1 in den Fällen des Artikels 132 Abs. 1 Z 1 B-VG die Frist zur Erhebung der Beschwerde, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung beginnt.
3.4th Aktenkundig ist, dass der Bescheid am 6. Juni 2018 bei der Postgeschäftsstelle hinterlegt und ab demselben Tag zur Abholung bereitgehalten wurde. Der Beschwerdeführer wurde von der Hinterlegung verständigt. Die gesetzliche Rechtsmittelfrist von vier Wochen begann mit dem Tag ab dem der Bescheid zur Abholung bereitgehalten wurde zu laufen – dem 6. Juni 2018 – und endete mit Ablauf des 4. Juli 2018. Die erst am 30. November 2018 dem postalischen Zustelldienst zur Zustellung übergebene Beschwerde war daher verspätet.
3.5th Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Rechtsmittelfrist eine zwingende, auch durch die Behörde nicht erstreckbare gesetzliche Frist (VwGH 16.9.1968, 526/68). Dem Verwaltungsgericht Wien ist es daher nicht möglich, die Rechtzeitigkeit der Beschwerde anhand von Billigkeitserwägungen abseits des gesetzlichen Fristenlaufs zu beurteilen. Als Rechtsbehelf gegen die Versäumung der Beschwerdefrist käme allenfalls ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 VwGVG in Betracht, welcher vom Beschwerdeführer gestellt, letztlich jedoch rechtskräftig abgewiesen wurde (vgl. Pkt. III.2.).
3.6th Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist es im Falle der verspäteten Einbringung eines Rechtsmittels der Behörde bzw. dem nunmehr zuständigen Verwaltungsgericht (infolge der eingetretenen Rechtskraft des Bescheids) verwehrt, auf das (materielle) Rechtsmittelvorbringen einzugehen und eine Sachentscheidung zu treffen (vgl. VwGH 22.2.2001, 2000/20/0504). Das Vorbringen des Beschwerdeführers, er erfülle die Voraussetzungen gemäß § 64 Abs. 3 NAG, konnte daher vom Verwaltungsgericht Wien nicht in Behandlung genommen werden.
3.7th Ist die Beschwerde nicht zulässig, so ist sie vom Verwaltungsgericht zurückzuweisen, wobei der Beschluss des Verwaltungsgerichts an die Stelle der Beschwerdevorentscheidung tritt, dies mit der Wirkung, dass die Rechtskraft des Ausgangsbescheids festgestellt wird (vgl. VwGH 17.12.2015, Ro 2015/08/0026, mwN). Somit hat das Verwaltungsgericht Wien die Beschwerde vom 29. November 2018 gegen den Bescheid vom 30. Mai 2018 als verspätet zurückzuweisen.
4. In Hinblick auf Spruchpunkt "2)" des angefochtenen Bescheids kann die Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, da die Beschwerde zurückzuweisen ist. Ungeachtet des Parteiantrags kann gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG von der mündlichen Verhandlung auch in Hinblick auf Spruchpunkt "1)" des angefochtenen Bescheids abgesehen werden, da sich der entscheidungserhebliche Sachverhalt aus der Aktenlage unzweifelhaft ergibt, die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
5. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da im Beschwerdefall keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der zitierten bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Wiedereinsetzungsgründen, zur Rechtzeitigkeit von Rechtsmitteln und der Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte im Fall verspäteter Beschwerden ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Beschwerdefrist; Wiedereinsetzung in den vorigen Stand; Wiedereinsetzungsgrund; Vertreter; nichtstaatliche Organisation; VerschuldenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.151.032.2589.2019Zuletzt aktualisiert am
10.05.2019