TE Lvwg Erkenntnis 2019/4/11 LVwG-2019/16/0121-4

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Veröffentlicht am 11.04.2019
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Entscheidungsdatum

11.04.2019

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §121

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Lehne über die Beschwerde der AA, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 18.12.2018, Zl ***, betreffend Erteilung einer Rauchfangkehrer-Gewerbeberechtigung im Standort Y,

zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.   Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem vorangegangenen Bescheid der belangten Behörde vom 09.08.2018 war die Rauchfangkehrer-Gewerbeberechtigung für den späteren Beschwerdegegner mangels Bedarf aufgrund der Stellungnahme der Wirtschaftskammer verweigert worden. Der Beschwerdegegner hatte fristgerecht dagegen Beschwerde erhoben, worüber das Landesverwaltungsgericht Tirol mit Beschluss vom 24.09.2018, LVwG-2018/16/2022-2, entschied und die Angelegenheit an die belangte Behörde zurückverwies, da die Erhebungen zum Bedarf ungenügend wären. Nach ergänzenden Ermittlungen zur Frage des Bedarfs bei den betroffenen Gemeinden erteilte die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid Herrn BB die Gewerbeberechtigung für das Rauchfangkehrergewerbe gemäß § 94 Z 55 GewO 1994 „eingeschränkt auf das Kehrgebiet ***“ mit Standort Y, Adresse 2.

In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde seitens der AA wurde das Vorliegen des Bedarfs verneint, dafür würden auch die positiven Stellungnahmen mehrerer Gemeinden nicht ausreichen. Die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Verweigerung der Gewerbeberechtigung wurden beantragt.

Der Beschwerdegegner hat zur Beschwerde der AA eine umfangreiche Stellungnahme abgegeben und als weiteren Beweis für den vorliegenden Bedarf 70 „eidesstattliche Erklärungen“ von Kunden aus dem betroffenen Kehrbezirk vorgelegt, die dem jeweils zuständigen Rauchfangkehrerbetrieb Versäumnisse nach § 10 oder § 13 der Tiroler Feuerpolizeiverordnung vorwerfen. Diese eidesstattlichen Erklärungen stammen aus den Gemeinden X, W, V, U, T, Y und sind wie der Rechtsanwalt des Beschwerdegegners betont, auszugsweise Erklärungen aus dem Kehrbezirk, die den Bedarf bescheinigen sollen. Im Rahmen des Parteiengehörs hat die AA zu diesen Beweismitteln Stellung genommen und außer Streit gestellt, dass es in der Vergangenheit durch den Betrieb R. zu Versäumnissen bei der Kehrung gekommen sei. Sie hat aber durch zusätzliche Beweismittel bescheinigen wollen, dass durch die jetzige Personalentwicklung im Betrieb R. es nicht mehr zu Versäumnissen bei den Kehrungen kommen werde. Nach Wahrung des Parteiengehörs bezüglich dieser Unterlagen über die Personalentwicklung ist der Beschwerdegegner bei seiner bisherigen Äußerung geblieben und hat den Bedarf an der zusätzlichen Rauchfangkehrer-Gewerbeberechtigung als bestätigt angesehen.

Von einer Verhandlung wurde abgesehen, da eine solche nicht beantragt wurde bzw die bisherigen Beweisergebnisse ausreichen.

II.      Sachverhalt:

Im Kehrgebiet *** sind derzeit drei Rauchfangkehrer tätig. Durch die Stellungnahmen der Gemeinden X, Y, S, T, U, W, V, sowie die auszugsweise vorgelegten Kundenerklärungen und das Tatsacheneingeständnis der AA, dass es in der Vergangenheit zu Missständen bei den Kehrungen gekommen ist, ist hervorgekommen, dass ein zusätzlicher Bedarf an einer Rauchfangkehrer-Gewerbeberechtigung im Kehrbezirk *** besteht. Der Bedarf besteht nicht nur durch das Bevölkerungswachstum in diesen Gemeinden, sondern auch durch Missstände bei den Kehrfristen. Es ist durch die vorgelegten Unterlagen über die Personalentwicklung des Betriebes R. keineswegs ausgeschlossen, dass es nach wie vor wieder zu Missständen kommen wird.

III.     Beweiswürdigung:

Es wird darauf hingewiesen, dass nur auszugsweise Erklärungen von Konsumenten vorgelegt wurden, die keineswegs alle nur aus der Gemeinde Y stammen. Damit stimmt auch das Eingeständnis der AA überein, dass es in der Vergangenheit zu Missständen bei den Kehrgebieten gekommen ist. Wie könnte man den Bedarf anders beurteilen als anhand vergangener Vorkommnisse beim Kehrbetrieb. Jedenfalls haben die erwähnten Gemeinden einen Bedarf an der Gewerbeberechtigung bejaht. Wenn sich nicht alle Gemeinden (ausgenommen die Gemeinde Y) ausdrücklich zu Mängeln beim Betrieb der bestehenden Rauchfangkehrer geäußert haben, so ist dies auch auf eine gewisse politische Vorsicht zurückzuführen. Keinesfalls liegt ein höherer Beweiswert der Erklärungen der Gemeinden gegenüber den Erklärungen der Konsumenten vor.

IV.      Rechtliche Beurteilung:

Die maßgebenden Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 lauten:

„Rauchfangkehrer

§ 120. (1) Einer Gewerbeberechtigung für das Rauchfangkehrergewerbe (§ 94 Z 55) bedarf es für das Reinigen, Kehren und Überprüfen von Rauch- und Abgasfängen, von Rauch- und Abgasleitungen sowie von den dazugehörigen Feuerstätten. Insoweit Rauchfangkehrer durch landesrechtliche Vorschriften zu sicherheitsrelevanten Tätigkeiten, insbesondere Tätigkeiten der Feuerpolizei, Baupolizei oder vergleichbaren Tätigkeiten, wie Überprüfungen und damit in Zusammenhang stehenden Maßnahmen zur unmittelbaren Gefahrenabwehr, verpflichtet werden, bedürfen sie dafür der Niederlassung in Österreich. Im Übrigen bedarf es für das Reinigen und das wartungsbedingte Kehren sowie für Tätigkeiten gemäß Abs. 2 bis 5 keiner Niederlassung in Österreich und sind diese nicht als sicherheitsrelevante Tätigkeiten im Sinne des zweiten Satzes anzusehen.

(2) Kein reglementiertes Gewerbe gemäß § 94 Z 55 ist jedoch das Reinigen von Rauchgasabzügen durch Hafner, wenn diese Arbeit im Zusammenhang mit der Innenreinigung von Kachelöfen oder im Zuge von Ausbesserungsarbeiten durchgeführt wird.

(3) Rauchfangkehrer sind unbeschadet der Rechte anderer Gewerbetreibender auch berechtigt, in Rauch- und Abgasfängen sowie in Rauch- und Abgasleitungen Abgasmessungen durchzuführen und mit Ausnahme von Klimaanlagen Luft- und Dunstleitungen sowie Luft- und Dunstfänge im Hinblick auf sich darin sammelnde brennbare Rückstände zu überprüfen und zu reinigen.

(4) Rauchfangkehrer sind unbeschadet der Rechte anderer Gewerbetreibender auch berechtigt, Rauch- und Abgasfänge auszuschleifen und zu dichten.

(5) Rauchfangkehrer sind unbeschadet der Rechte anderer Gewerbetreibender berechtigt, anlässlich des Reinigens, Kehrens und Überprüfens von Feuerstätten Öl- und Gasbrenner ab- und aufzumontieren sowie die Verbrennungseinrichtungen von Feuerstätten zu warten. Diese Arbeiten dürfen nur von Personen durchgeführt werden, die zur Ausführung dieser Arbeiten fachlich befähigt sind. Durch Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit ist festzulegen, wie diese fachliche Befähigung nachzuweisen ist. Hiebei ist auf den Schutz von Leben und Gesundheit von Menschen sowie auf eine fachgemäße Ausführung der Arbeiten auch im Interesse des Umweltschutzes und die Einsparung von Energie Bedacht zu nehmen.

Besondere Voraussetzungen

§ 121. (1) Das Rauchfangkehrergewerbe darf nur von natürlichen Personen oder eingetragenen Personengesellschaften, deren persönlich haftende Gesellschafter natürliche Personen sind, ausgeübt werden. Die Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes erfordert weiters

         1.       bei natürlichen Personen die Staatsangehörigkeit einer EWR-Vertragspartei und ihren Wohnsitz in einem EWR-Vertragsstaat,

         2.       bei eingetragenen Personengesellschaften die Staatsangehörigkeit einer EWR-Vertragspartei der Mitglieder der zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organe oder der geschäftsführungs- und vertretungsbefugten Gesellschafter und deren Wohnsitz in einem EWR-Vertragsstaat.

(1a) Die Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes erfordert hinsichtlich der sicherheitsrelevanten Tätigkeiten im Sinne des § 120 Abs. 1 zweiter Satz weiters

         1.       dass der Anmelder nicht schon im selben oder in zwei verschiedenen Kehrgebieten das Rauchfangkehrergewerbe als Gewerbeinhaber ausübt oder als Geschäftsführer oder Filialgeschäftsführer im Rauchfangkehrergewerbe tätig ist, und

         2.       das Vorliegen eines Bedarfes nach der beabsichtigten Gewerbeausübung.

(2) Bei der Feststellung des Bedarfes ist vom gegenwärtigen und dem zu erwartenden Bedarf auszugehen.

(3) Den im Abs. 1 und Abs. 1a Z 1 bezeichneten Voraussetzungen haben die Gewerbetreibenden auch während der gesamten Dauer der Gewerbeausübung zu entsprechen. Die Gewerbeberechtigung ist von der Behörde (§ 361 Abs. 1) zu entziehen, wenn diese Voraussetzungen nicht mehr zur Gänze erfüllt werden.

(4) Eine Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes im Sinne des Abs. 1 Z 1 liegt vor, wenn der Anmelder persönlich haftender Gesellschafter einer eingetragenen Personengesellschaft ist, die zur Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes berechtigt ist, oder wenn dem Anmelder sonst ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte einer zur Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes berechtigten Personengesellschaft des Handelsrechtes zusteht.“

Da die AA auf die Möglichkeit des Wechsels innerhalb der bestehenden Betriebe verweist, ist entgegenzuhalten, dass die Bestimmung über den Bedarf neben dieser gesetzlichen Möglichkeit des Wechsels besteht. Daher ist der Bedarf unabhängig von der gesetzlichen Möglichkeit des Wechsels zu prüfen. Die Möglichkeit des Wechsels innerhalb bestehenden Betrieben ist kein schlüssiges Argument gegen den Bedarf.

Auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 09.09.1998, 98/04/0004, vom 10.10.1996, 96/04/0157, VwSlg 9344 A/1977, wird hingewiesen. Das Verwaltungsgericht sieht die Beweise für einen Bedarf als gegeben an, da eine nicht unerhebliche Anzahl von Gemeinden den Bedarf bejaht und zahlreiche Konsumenten sich über Mängel der bestehenden Betriebe beschweren.

Die Beschwerde der AA ist daher abzuweisen.

V.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Zudem ist die zur Frage des Bedarfs vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Lehne

(Richter)

Schlagworte

Bedarf weiteren Gewerbeberechtigung eines Kaminkehrers besteht;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2019.16.0121.4

Zuletzt aktualisiert am

09.05.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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