TE Lvwg Erkenntnis 2019/4/1 LVwG-AV-188/001-2019

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Veröffentlicht am 01.04.2019
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Entscheidungsdatum

01.04.2019

Norm

BauO NÖ 2014 §41
BauO NÖ 2014 §63
BAO §108
BAO §245

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Hofrat Mag. Röper als Einzelrichter über die Beschwerde A, ***, ***, vom 20. Dezember 2018 gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** vom 5. Dezember 2018, Zl. ***, mit welchem eine Berufung gegen einen Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 27. Dezember 2017, Zl. ***, betreffend die Vorschreibung einer Stellplatz Ausgleichsabgabe, zurückgewiesen wurde, zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) als unbegründet abgewiesen.

2.   Eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1. Sachverhalt:

1.1. Verwaltungsbehördliches Verfahren:

1.1.1.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom
27. Dezember 2017, Zl. ***, wurde A (in der Folge: Beschwerdeführer) aufgrund eines Bauansuchens vom 19. September 2017 die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Dachgeschossausbaues zu einem Therapiebereich mit WC und Garderoben für Damen und Herren in ***, ***, auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***, EZ ***, Grundbuch ***, erteilt. Weiters wurde gemäß § 63 Abs. 7 in Verbindung mit § 41 NÖ Bauordnung 2014 festgestellt, dass für das Vorhaben 6 Stellplätze erforderlich und nicht herstellbar wären. Dieser Bescheid ist gegenüber dem Beschwerdeführer in Rechtskraft erwachsen.

1.2. Abgabenbehördliches Verfahren:

1.2.1.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom
27. Dezember 2017, Zl. ***, wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 41 Abs. 1 der NÖ Bauordnung 2014 für die Feststellung der zusätzlich erforderlichen und nicht herstellbaren PKW-Abstellplätze laut dem Bescheid der Baubehörde I. Instanz vom 27. Dezember 2017, Zl. ***, auf dem Grundstück in ***, ***, Grundstück Nr. ***, EZ. ***, KG. ***, eine Stellplatz-Ausgleichsabgabe für 6 Stellplätze vorgeschrieben. Die in der Verordnung der Marktgemeinde *** festgelegte Höhe der Stellplatz-Ausgleichsabgabe für 1 PKW-Abstellplatz € 7.000,00 vervielfacht mit der Anzahl der mit oben angeführtem Bescheid festgestellten 6 PKW-Abstellplätze ergebe eine Gesamtvorschreibung in der Höhe von € 42.000,00.

1.2.2.

Mit Schreiben vom 25. Jänner 2018 ersuchte der Beschwerdeführer um Verlängerung der Frist zur Einbringung des Rechtsmittels der Berufung bis zum 15. März 2018 und begründete dies damit, dass aufgrund der Zustellung des Bescheides nach Weihnachten und den geplanten Schiferien und den Ferien und des starken Arbeitseinsatzes des beauftragten Bauleiters der gesamte Sachverhalt noch nicht ausführlich genug und genau erörtert und geprüft hätte werden können. Dieser Abgabenbescheid baue darüber hinaus auch auf den Abgabenbescheid für das Erstprojekt auf und sei damit unmittelbar verbunden. Weiters wurde ein Antrag auf Stundung und Zahlungserleichterung des Abgabenrückstandes von € 42.000,00 gestellt und Genehmigung von Ratenzahlungen ersucht.

1.2.3.

Mit Schreiben vom 28. März 2018 ersuchte der Beschwerdeführer um Verlängerung der Frist zur Einbringung des Rechtsmittels der Berufung bis zum 30. Juni 2018 und begründete dies im Wesentlichen wie sein Ansuchen vom 28. Jänner 2018.

1.2.4.

Mit Schreiben vom 29. August 2018 ersuchte der Beschwerdeführer abermals um Verlängerung der Frist zur Einbringung des Rechtsmittels der Berufung bis zum 31. Oktober 2018 und begründete dies im Wesentlichen wie seine Ansuchen vom 28. Jänner 2018 und vom 28. März 2018.

1.2.5.

Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** vom 4. Oktober 2018, Zl. ***, wurden die Anträge auf Verlängerung der Frist zur Einbringung des Rechtsmittels der Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 27. Dezember 2017, abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass gemäß § 245 BAO auf Antrag die Beschwerdefrist von der Abgabenbehörde aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erforderlichenfalls auch wiederholt, zu verlängern sei. Die in den Anträgen für die begehrte Verlängerung der Berufungsfrist ins Treffen geführten Gründe (Schiferien, starker Arbeitseinsatz) stellten nach Einschätzung der Abgabenbehörde aber keine solche berücksichtigungswürdigen Gründe dar, sodass spruchgemäß entschieden hätte werden müssen.

1.2.6.

Mit Schreiben vom 2. November 2018 erhob der Beschwerdeführer ein – unter anderem - als „Rechtsmittel der Beschwerde“ tituliertes Rechtsmittel und begründete dieses damit, dass im Befund des bautechnischen ASV vom 19. Februar 2015 ausgeführt worden sei, dass für das gegenständliche Bauvorhaben insgesamt 17 PKW-Abstellplätze erforderlich wären. Davon könnten auf Eigengrund lediglich 3 Stellplätze geschaffen werden, sodass eine Stellplatz-Ausgleichsabgabe für 14 Stellplätze vorzuschreiben sei. Der Beschwerdeführer habe im Herbst des Jahres 2014 auf Wunsch des Herrn Bürgermeisters seine Liegenschaft in ***, ***, gegen die Liegenschaft ***, ***, getauscht. Die ursprünglichen Pläne für diese beiden Ebenen hätten sich zerschlagen, das 1. OG solle ab sofort als Bürobereich, das DG als Wohnung genutzt und gewidmet werden. Dadurch verringere sich die Zahl der grundsätzlich ermittelten PKW-Abstellplätze um 6 Stellplätze. Diese Reduktion um 6 PKW-Abstellplätze entspreche exakt jener Zahl von 6 PKW-Abstellplätzen, für welche mit Bescheid vom 27. Dezember 2017 eine Ausgleichsabgabe von € 42.000,00 (6 x 7.000,00 je Abstellplatz) vorgeschrieben worden sei. Er beantrage daher, den Bescheid vom 27. Dezember 2017 AZ:*** aufzuheben, und die bisher vorgeschriebene Ausgleichsabgabe für 6 Stellplätze in Höhe von € 42.000,00 wieder gutzuschreiben.

1.2.7.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** vom 5. Dezember 2018, Zl. ***, wurde die Berufung des Beschwerdeführers vom 2. November 2018 gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 27. Dezember 2017, Zl. ***, gemäß § 66 Abs. 4 AVG zurückgewiesen. Begründend wurde nach Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens und der als maßgeblich erachteten Rechtsvorschriften ausgeführt, dass die Berufungsfrist gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 27. Dezember 2017, Zl. ***, zugestellt am 29. Dezember 2017, bei Einbringung gegenständlicher Berufung bereits abgelaufen gewesen sei. Die Berufung sei daher verspätet. Die Zustellung dieses Bescheides erfolgte am 10. Dezember 2018.

1.3. Beschwerdeverfahren:

Mit Schreiben vom 20. Dezember erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich und begründete dies im Wesentlichen wie seinen Schriftsatz vom 2. November 2018.

1.4. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Mit Schreiben vom 4. Februar 2019 legte die Marktgemeinde *** dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Beschwerde und den bezughabenden Verwaltungsakt (samt Einladungskurrende und Sitzungsprotokoll der maßgeblichen Sitzung des Gemeindevorstandes) vor.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den vorgelegten, unbedenklichen Verwaltungsakt.

2. Anzuwendende Rechtsvorschriften:

2.1. Bundesabgabenordnung (BAO):

§ 1. (1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.

§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden. …

§ 4. (1) Der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.

§ 108. (1) Bei der Berechnung der Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, wird der für den Beginn der Frist maßgebende Tag nicht mitgerechnet.

(2) Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monates.

(3) Beginn und Lauf einer Frist werden durch Samstage, Sonntage oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.

(4) Die Tage des Postenlaufes werden in die Frist nicht eingerechnet.

§ 245. (1) Die Beschwerdefrist beträgt einen Monat. Enthält ein Bescheid die Ankündigung, dass noch eine Begründung zum Bescheid ergehen wird, so wird die Beschwerdefrist nicht vor Bekanntgabe der fehlenden Begründung oder der Mitteilung, dass die Ankündigung als gegenstandslos zu betrachten ist, in Lauf gesetzt. Dies gilt sinngemäß, wenn ein Bescheid auf einen Bericht (§ 150) verweist.

(2) Durch einen Antrag auf Mitteilung der einem Bescheid ganz oder teilweise fehlenden Begründung (§ 93 Abs. 3 lit. a) wird der Lauf der Beschwerdefrist gehemmt.

(3) Die Beschwerdefrist ist auf Antrag von der Abgabenbehörde aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erforderlichenfalls auch wiederholt, zu verlängern. Durch einen Antrag auf Fristverlängerung wird der Lauf der Beschwerdefrist gehemmt.

(4) Die Hemmung des Fristenlaufes beginnt mit dem Tag der Einbringung des Antrages (Abs. 2 oder 3) und endet mit dem Tag, an dem die Mitteilung (Abs. 2) oder die Entscheidung (Abs. 3) über den Antrag dem Antragsteller zugestellt wird. In den Fällen des Abs. 3 kann jedoch die Hemmung nicht dazu führen, dass die Beschwerdefrist erst nach dem Zeitpunkt, bis zu dem letztmals ihre Verlängerung beantragt wurde, abläuft.

(5) Abs. 3 und 4 gelten sinngemäß für Anträge auf Verlängerung der Frist des § 85 Abs. 2 bei Mängeln von Beschwerden.

§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen. …

2.2. NÖ Bauordnung 2014 idF LGBl. Nr. 52/2017:

Zuständigkeit

§ 2. (1) Baubehörde erster Instanz ist

* der Bürgermeister

* der Magistrat (in Städten mit eigenem Statut)

Baubehörde zweiter Instanz ist

* der Gemeindevorstand (Stadtrat)

* der Stadtsenat (in Städten mit eigenem Statut)

(örtliche Baupolizei).

Stellplatz-Ausgleichsabgabe für Kraftfahrzeuge und Fahrräder

§ 41. (1) Ist die Herstellung von Stellplätzen für Kraftfahrzeuge nicht möglich, dann hat der Eigentümer des Bauwerks oder des Grundstücks für die nach § 63 Abs. 7 festgestellte Anzahl von Stellplätzen eine Ausgleichsabgabe zu entrichten, außer das Vorhaben liegt in einer Zone, für die eine Verordnung nach § 63 Abs. 8 erlassen wurde.

(2) Eine Stellplatz-Ausgleichsabgabe für Kraftfahrzeuge hat der Eigentümer eines Bauwerks auch dann zu entrichten, wenn er verpflichtet war, Stellplätze für Kraftfahrzeuge herzustellen, diese jedoch ersatzlos aufgelassen wurden und eine Neuherstellung nicht mehr möglich ist (§ 15 Abs. 1 Z 1 lit. c).

(3) Die Höhe der Stellplatz-Ausgleichsabgabe für Kraftfahrzeuge ist vom Gemeinderat mit einer Verordnung tarifmäßig auf Grund der durchschnittlichen Grundbeschaffungs- und Baukosten für einen Abstellplatz von 30 m2 Nutzfläche festzusetzen. …

(6) Die Stellplatz-Ausgleichsabgaben sind ausschließliche Gemeindeabgaben im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 5 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45/1948 in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012. Ihr Ertrag darf nur für die Finanzierung von öffentlichen Abstellanlagen für Kraftfahrzeuge und Fahrräder oder für Zuschüsse zu den Betriebskosten des öffentlichen Personen-Nahverkehrs verwendet werden.

Herstellung von Abstellanlagen für Kraftfahrzeuge sowie Ein- und Ausfahrten

§ 63. (1) Wird ein Bauwerk gemäß Z 1 bis 7 errichtet, vergrößert oder dessen Verwendungszweck geändert oder die Anzahl von Wohnungen erhöht, sind dem voraussichtlichen Bedarf entsprechend Abstellanlagen für Kraftfahrzeuge herzustellen.Die Mindestanzahl der Stellplätze ist mit Verordnung der Landesregierung festzulegen: …

(5) Die Abstellanlagen sind grundsätzlich auf dem Baugrundstück herzustellen.

(6) Ist die Herstellung oder Vergrößerung einer Abstellanlage mit der erforderlichen Anzahl von Stellplätzen nach Abs. 1 auf dem Baugrundstück

- technisch nicht möglich,

- wirtschaftlich unzumutbar oder

- verboten (Bebauungsplan),

darf die Anlage auf einem anderen Grundstück hergestellt werden. Dieses Grundstück muss

- in einer Wegentfernung bis zu 300 m liegen und

- seine Verwendung für die Anlage grundbücherlich sichergestellt sein, wenn dieses Grundstück nicht im Eigentum des Verpflichteten steht.

In begründeten Einzelfällen darf die Wegentfernung auf bis zu 600 m erweitert werden.

(7) Wenn auch das nicht möglich ist, ist in der Baubewilligung für das Vorhaben die erforderliche und nicht herstellbare Anzahl der Stellplätze festzustellen. Die Baubehörde nach § 2 Abs. 1 hat diese Feststellung in einem eigenen Bescheid vorzunehmen, wenn

- sie für die Erteilung der Baubewilligung nicht zuständig ist oder

- eine Maßnahme nach § 15 Abs. 1 Z 1 lit. a gesetzt wird oder

- die Pflichtstellplätze abgeändert oder ersatzlos aufgelassen werden (§ 15 Abs. 1 Z 1 lit. c).

In diesen Fällen ist nach Erlassung des letztinstanzlichen Bescheides der Behörde nach § 2 Abs. 1 die Stellplatz-Ausgleichsabgabe gemäß § 41 Abs. 1 vorzuschreiben.

2.3. Verordnung der Marktgemeinde *** idF vom 20. April 2016:

§ 1. Für das gesamte Gemeindegebiet der Marktgemeinde *** wird gemäß § 41 Abs. 3 der NÖ Bauordnung 2014 die Stellplatz-Ausgleichsabgabe für Kraftfahrzeuge mit € 7.000,- je angefangenen erforderlichen Stellplatz festgelegt.

3. Würdigung:

3.1. Zu Spruchpunkt 1:

Die Beschwerde ist nicht begründet.

3.1.1.

Grundsätzlich ist auszuführen, dass Gegenstand des im Instanzenzug angefochtenen Bescheides des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 27. Dezember 2017 die Vorschreibung einer Stellplatz-Ausgleichsabgabe nach der NÖ Bauordnung 2014 gewesen ist. Demgemäß war auf das gegenständliche Verfahren das Regime der BAO (und nicht des AVG; vgl. § 1 Abs. 1 BAO) heranzuziehen.

3.1.2.

Gemäß § 279 Abs. 1 BAO hat das Verwaltungsgericht grundsätzlich immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

Diese Änderungsbefugnis („nach jeder Richtung“) ist durch die Sache begrenzt (vgl. Ritz, BAO 5, § 279, Rz. 10). "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ist jedenfalls nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs des Bescheides der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat (vgl. VwGH 2009/15/0152, VwGH 2010/16/0032 und VwGH 2012/15/0161).

3.1.3.

Auf Grund einer gegen die Zurückweisung erhobenen Berufung darf die Berufungsbehörde nur über die Rechtmäßigkeit des Zurückweisungsbescheides (VwGH 2009/22/0080), nicht hingegen über den Antrag selbst entscheiden (VwGH 93/10/0165, VwGH 2008/03/0129 und VwGH 2008/21/0302). „Sache“ ist allein die Frage, ob die Unterbehörde zu Recht eine Sachentscheidung über das Anbringen verweigert hat (VwGH 81/06/0127, VwGH 2004/06/0084 und VwGH 2008/04/0217).

Diese Überlegungen gelten sinngemäß auch für Bescheidbeschwerden an die Verwaltungsgerichte, und zwar selbst dann, wenn diese – wie das Verwaltungsgericht gemäß § 279 Abs. 1 BAO – zur Entscheidung „in der Sache selbst“ über die Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid befugt sind. Es war und ist der Rechtsmittelbehörde nämlich deshalb verwehrt, über den Rahmen der bloßen Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Formalentscheidung der Vorinstanz hinaus mit einer Entscheidung über den Gegenstand des Verfahrens vorzugehen, weil dadurch der sachlichen Prüfung des gestellten Antrages und damit den Parteien eine Instanz genommen würde (vgl. VwGH 2012/11/0013, VwGH 2004/21/0014, VwGH 2002/12/0232 und VwGH 94/18/1046).

Dem Verwaltungsgericht ist es nicht möglich, eine Entscheidung in der Sache unter Umgehung der zuständigen Behörde zu treffen (vgl. VwGH Ra 2014/07/0002).

3.1.4.

Im gegenständlichen Fall hat die – im zweigliedrigen Instanzenzug im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde – zuständige Berufungsbehörde die Berufung des Beschwerdeführers zurückgewiesen. Dem Landesverwaltungsgericht ist es verwehrt, über den Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisungsentscheidung hinaus mit einer Entscheidung über den Gegenstand des Verfahrens vorzugehen, d.h. eine Sachentscheidung über den Erstantrag durch das Landesverwaltungsgericht kommt in diesem Verfahren nicht in Betracht.

Im Spruch des angefochtenen Bescheides wurde vom Gemeindevorstand der Marktgemeinde *** eine Berufung gegen einen Bescheid des Bürgermeisters als verspätet zurückgewiesen. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens („Sache“) ist somit im konkreten Fall ausgehend vom Spruch des angefochtenen Berufungsbescheides nur die Frage, ob die vorgenommene Zurückweisung der Berufung vom 2. November 2018 zu Recht erfolgte. Das Landesverwaltungsgericht ist lediglich befugt, darüber zu entscheiden, ob die durch die belangte Behörde ausgesprochene Zurückweisung der Berufung rechtmäßig war.

3.1.5.

Die Zurückweisung einer Berufung gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO (und nicht wie fälschlicherweise im Bescheid angeführt § 66 Abs. 4 AVG), auf welchen sich der Spruch des angefochtenen Bescheides stützt, kommt bei einer verspäteten Ergreifung eines Rechtsmittels in Betracht.

An der Bescheidqualität des mit der Berufung vom 2. November 2018 angefochtenen Bescheides des Bürgermeisters vom 27. Dezember 2017 besteht kein Zweifel. Durch nachweisliche Zustellung am Freitag, dem 29. Dezember 2017 (Beginn der Hinterlegungsfrist) wurde dieser Bescheid auch rechtlich existent.

Die einmonatige Berufungsfrist begann für diesen Bescheid mit dessen Zustellung am Freitag, dem 29. Dezember 2017, zu laufen und endete gemäß § 108 Abs. 2 BAO grundsätzlich mit dem Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats der Frist, der durch seine Benennung dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entsprach, am Montag, dem 29. Jänner 2018.

3.1.6.

Zu diesem Bescheid hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 25. Jänner 2018 – also vor Ende der Berufungsfrist - um Verlängerung der Frist zur Einbringung des Rechtsmittels der Berufung bis zum 15. März 2018 ersucht. Mit Schreiben vom 28. März 2018 ersuchte der Beschwerdeführer erneut um Verlängerung der Frist zur Einbringung des Rechtsmittels der Berufung bis zum 30. Juni 2018. Mit Schreiben vom 29. August 2018 ersuchte der Beschwerdeführer abermals um Verlängerung der Frist zur Einbringung des Rechtsmittels der Berufung bis zum 31. Oktober 2018.

Ein Antrag auf Verlängerung der Berufungsfrist nach § 245 Abs. 3 BAO ist ein Anbringen zur Geltendmachung von Rechten im Sinne des § 85 Abs. 1 BAO (vgl. Ritz, BAO3, § 245 Tz 12, und VwGH 2008/13/0070). Die Verlängerung der Berufungsfrist setzt einen diesbezüglichen Antrag voraus. Der Antrag auf Fristverlängerung kann rechtswirksam nur innerhalb der Rechtsmittelfrist gestellt werden. Antragsberechtigt sind diejenigen, die zur Einbringung der Berufung berechtigt sind (vgl. VwGH 2009/17/0110). Daraus folgt, dass das Verlängerungsansuchen des Beschwerdeführers vom 25. Jänner 2018 dem Grunde nach rechtzeitig erfolgt ist.

Mangels Reaktion der Behörde war somit die Berufungsfrist bis zum 15. März 2018 verlängert.

Auch Anträgen auf neuerliche Erstreckung einer bereits verlängerten Berufungsfrist kommt hemmende Wirkung zu (vgl. etwa Ritz, BAO4, § 245 Tz 26). Im vorliegenden Fall sind die Anträge vom 28. März 2018 (Verlängerung der Frist bis zum
30. Juni 2018) und vom 29. August 2018 aber jeweils nach der vom Beschwerdeführer selbst determinierten Frist gestellt worden, sodass diesen Fristerstreckungsansuchen keine hemmende Wirkung zukommt (vgl. VwGH 2011/16/0012).

Daraus folgt aber, dass mit Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** vom 4. Oktober 2018, Zl. ***, die Anträge des Beschwerdeführers auf Verlängerung der Frist zur Einbringung des Rechtsmittels der Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 27. Dezember 2017, im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen wurden (vgl. Ritz, BAO3, Tz 11 ff zu § 245, mwN, sowie VwGH 2009/17/0110). Gegen das Verfahren betreffende Verfügungen, zu denen an sich auch die Ablehnung eines Fristverlängerungsansuchens zählt, ist gemäß § 244 BAO in der Regel kein abgesondertes Rechtsmittel zulässig (vgl. VwGH 2006/13/0198).

3.1.7.

Das als „Beschwerde“ bezeichnete Rechtsmittel des Beschwerdeführers vom 2. November 2018 konnte seinem Inhalt nach nur als Berufung verstanden werden, da es sich ausdrücklich auf den Bescheid des Bürgermeisters vom
27. Dezember 2017 und die darin vorgeschriebene Stellplatz-Ausgleichsabgabe bezog.

Da dieser Bescheid am 29. Dezember 2017 zugestellt worden war und in Folge der Hemmung iSd § 245 Abs. 3 BAO spätestens am 15. März 2015 (1. Verlängerung) in Rechtskraft erwuchs, erweist sich die am 2. November erhobene Berufung als verspätet.

Die Zurückweisung der Berufung vom 2. November 2018 mit dem nunmehr angefochtenen Berufungsbescheid vom 5. Dezember 2018 erweist sich somit als rechtsrichtig.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.1.8.

Diese Entscheidung konnte gemäß § 274 Abs.1 BAO unter Entfall der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer nicht beantragt. Auch aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

3.1.9. Ergänzende unpräjudizielle Anmerkungen:

Das Beschwerdevorbringen lässt sich im Wesentlichen darauf reduzieren, dass die Vorschreibung schon dem Grunde nach zu Unrecht erfolgt sei.

Die bescheidmäßige Vorschreibung einer Abgabe setzt ganz allgemein den Bestand einer Abgabenschuld (bzw. eines Abgabenanspruches der Gemeinde) voraus. Nach § 41 Abs.1 NÖ Bauordnung 2014 liegt ein Abgabentatbestand vor, wenn die Herstellung von Stellplätzen nicht möglich ist und gemäß § 63 Abs. 7 NÖ Bauordnung 2014 die erforderliche Anzahl von Stellplätzen festgestellt wurde.

Gemäß § 63 Abs. 7 NÖ Bauordnung 2014 ist in der Baubewilligung für das Vorhaben die Anzahl der erforderlichen und nicht herstellbaren Stellplätze festzustellen.

Im gegenständlichen Fall ist der Abgabentatbestand durch den Baubewilligungsbescheid vom 27. Dezember 2017, Zl. ***, begründet worden, da in diesem für das Vorhaben die Anzahl der erforderlichen und nicht herstellbaren Stellplätze festgestellt worden ist.

Sämtliche Einwendungen des Beschwerdeführers betreffen bei genauer Betrachtung nur den rechtskräftig gewordenen baubehördlichen Bewilligungsbescheid und somit auch die dort rechtskräftig gewordene Feststellung hinsichtlich der Erforderlichkeit, aber Nichtherstellbarkeit von sechs zusätzlichen KFZ-Stellplätzen. Die Einwendungen erscheinen daher nicht geeignet, eine Änderung in der Beurteilung der Sach- und Rechtslage in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der - abgeleiteten - Abgabenfestsetzung herbeizuführen.

3.2. Zu Spruchpunkt 2 - Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß
Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Hinblick auf die obigen Ausführungen (siehe 3.1.) liegen jedoch keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

Finanzrecht; Stellplatz-Ausgleichsabgabe; Abgabenschuld, Stundung; Fristverlängerung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.AV.188.001.2019

Zuletzt aktualisiert am

08.05.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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