TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/30 L515 2180396-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.08.2018
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Entscheidungsdatum

30.08.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

L515 2180396-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER und den fachkundigen Laienrichter RR Johann PHILIPP als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, gegen den Behindertenpass des Sozialministeriumservice, Landesstelle Oberösterreich, vom 08.08.2017, Zl. OB: XXXX, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1

Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF iVm § 1 Abs. 2, § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1, § 45 Abs. 1 und 2, § 47, § 54 Abs. 12, Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 Bundesverfassungsgesetz

(B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Die Beschwerdeführerin (nachfolgend auch: "BF" bzw. beschwerdeführende Partei: "bP") ist seit 10.12.2015 im Besitz eines bis 30.11.2017 befristeten Behindertenpass mit einem eingetragenen GdB von 70 % und den Zusatzeintragungen "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" und "Der Inhaber/die Inhaberin des Passes ist Epileptiker/Epileptikerin".

I.2. Mit am im Akt ersichtlichen Datum beantragte die bP beim Sozialministeriumservice als belangte Behörde ("bB") die Verlängerung ihres bis 30.11.2017 befristeten Behindertenpasses.

I.3. Ein in der Folge erstelltes Gutachten eines Allgemeinmediziners vom 10.07.2017 ergab einen Gesamtgrad der Behinderung von 60 vH.

Der bP wurde daher mit 08.08.2017 ein entsprechender Behindertenpass (im Scheckkartenformat) übermittelt.

I.4. Mit am bei der bB eingelangten Schreiben am 12.09.2017 erhob die bP unter Beifügung einer ärztlichen Bestätigung Beschwerde gegen den im Behindertenpass vom 08.08.2017 eingetragenen GdB.

I.4.1. Am 30.10.2017 übermittelte die bP eine "Nervenärztliche Behandlungsbestätigung" vom 03.10.2017.

I.5. Im Verfahren zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung wurde ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten eines Allgemeinmediziners eingeholt. Dieses Gutachten vom 11.12.2017 (Begutachtung am 06.12.2017) kam abermals zu einem Gesamtgrad der Behinderung von 60 v.H.

I.6. Mit Schreiben vom 21.12.2017 erfolgte die Beschwerdevorlage, sie langte am selben Tag beim Bundesverwaltungsgericht ein.

I.7. Mit Schreiben vom 25.01.2018 informierte das BVwG die bP vom Ergebnis der Beweisaufnahme und forderte sie binnen zwei Wochen zur Stellungnahme auf. Der mittels Telefonat vom 02.02.2018 beantragten Fristverlängerung von 6 Wochen wurde stattgegeben.

I.8. Mit Schreiben vom 31.10.2018 (gemeint wohl: 31.01.2018) übermittelte die bP unter Beifügung eines Ambulanzblattes und eines Entlassungsbericht des [...] Universitätsklinikums vom 16.01.2018 eine Stellungnahme

I.9. Die Beratung und Abstimmung im nach der Geschäftsverteilung zuständigen Senat des Bundesverwaltungsgerichtes erfolgte am 29.8..2018.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Die bP ist österreichische Staatsbürgerin und an der im Akt ersichtlichen Adresse wohnhaft.

1.2. Das am 19.11.2015 von einer ärztlichen Sachverständigen (Allgemeinmedizin) erstellte ärztliche Gutachten weist nachfolgenden relevanten Inhalt auf:

" Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs

Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

"....

1) Epilepsie

Begründung: lt Befunde [...] Krankenhaus handelt es sich um eine multifokale Epilepsie unklarer Genese; trotz mehrmaliger Therapieumstellung treten mehrmals wöchentlich komplex fokale Anfälle auf; inwieweit auch generalisierte große Anfälle auftreten, geht aus den vorliegenden Befunden nicht hervor; die Klientin reagiert auf die Anfälle mit Panikattacken und Depression;

Pos. Nr. 04.10.02, GdB 60 %

2) Arterielle Hypertonie

Begründung: Einstellung erfolgt mit einem Kombinationspräparat;

Pos. Nr. 05.01.02, GdB 20 %

3) Beschwerden Bewegungsapparat

Begründung: zusammengefasst unter diesem Punkt wurden die Beschwerden und Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule, der rechten Schulter und beider Kniegelenke bei vorliegenden radiologischen Veränderungen;

Pos. Nr. 02.02.02, GdB 30 %

Gesamtgrad der Behinderung: 70 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Führend ist das Leiden unter Punkt 1.

Die Leiden unter Punkt 2 und 3 erhöhen insgesamt um eine Stufe wegen wesentlicher zusätzlicher Beeinträchtigung.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Adipositas

Hypercholesterinämie, Vitamin D Defizit, Leberhämangiome

Sehstörung: Beurteilung durch Facharzt für Augenheilkunde erforderlich

Stellungnahme zu Vorgutachten:

Erstbegutachtung

Nachuntersuchung in 2 Jahren, Begründung: Besserung (Punkt 1) durch Therapieoptimierung möglich.

..."

1.3. Am 10.07.2017 wurde durch einen ärztlichen Sachverständigen (Allgemeinmedizin) ein Sachverständigengutachten basierend auf einer klinischen Begutachtung am 10.07.2017 erstellt, welchen nachfolgenden relevanten Inhalt aufweist:

"....

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs

Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

1) Epilepsie mit gehäuften Anfällen

wie im Vorgutachten, gehäufte Anfälle, mehrmals pro Woche Art Absence, ohne Krämpfe

Pos. Nr. 04.10.02, GdB 60 %

2) Hypertonie

wie im Vorgutachten, öfter erhöhte Werte, Adipositas

Pos. Nr. 05.01.02, GdB 20 %

3) Wirbelsäule, Funktionseinschränkungen geringen Grades

bei Discopathien der Lendenwirbelsäule v.a. Rotationseinschränkung, keine neurologischen Ausfälle

Pos. Nr. 02.01.01, GdB 20 %

4) Parkinsonsyndrom

Diagnose 2016, mit Medikamenten nur geringer Handtremor

Pos. Nr. 04.09.01, GdB 20 %

5) Einschränkung Kniegelenke, Z.n. Schulterverletzung

rechte Schulter wieder gut beweglich, geringe Knieeinschränkung bds.

Pos. Nr. 02.02.01, GdB 10 %

6) depressive Störung

geringgradig, v.a. reaktiv auf andere Krankheiten

Pos. Nr. 03.06.01, GdB 10 %

Gesamtgrad der Behinderung 60 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Der GdB ergibt sich aus dem führenden Epilepsieleiden, bei geringem Krankheitswert, fehlendem Zusammenhang keine Steigerung durch die übrigen Leiden.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Fettleber, V.a. Hämangiome

Z.n. grauer Star Operation bds. - ausreichendes Sehvermögen mit Brille

Cholesterinerhöhung

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

deutliche Besserung Schulterleiden, nur geringe Einschränkung Wirbelsäule

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

etwas geringerer GdB durch Besserung Schulterleiden

[...]

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum? bei geringer Einschränkung Kniegelenke und Wirbelsäule freier Gang ohne Hilfsmittel, keine Gleichgewichtsstörung, fallweise etwas Schwäche linker Oberschenkel, keine Beinlähmungen feststellbar - eine Gehstrecke von 300-400m ist möglich, auch ein- und aussteigen über Stufen, anhalten an Haltegriffen, in der Regel der sichere Stand und Transport - sie hat keinen Führerschein, fährt laut eigener Aussage mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, Bus, Straßenbahn, ohne Begleitperson, da sich die kurzen Anfälle ankündigen, sie es im Griff hat, dauern oft nur ein paar Sekunden, ohne Krämpfe, eine Art schwarz werden vor den Augen, fallweise sei sie aber schon gestürzt - daher wegen unberechenbarer Sturzgefahr ÖVM weiter nicht möglich - keine NU, da eher keine Besserung zu erwarten ist

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor? nein

[...]"

1.4. Im Rahmen der Beschwerde monierte die bP unter Verweis auf ihr Krankheitsbild die ihrer Ansicht nach zu geringe Einschätzung. Zur Bewahrung der Mobilität sei unbedingt eine Begleitperson notwendig. Die bP sei seit ihrem Schlaganfall zunehmend dement und könne ihre Aufgaben nur mit Hilfe erledigen, weshalb ihre eigenen Angaben zur ihrer Befindlichkeit nicht aussagekräftig seien. Ein neurologischer Kontrolltermin sei bereits terminiert und werde nachgereicht. Beantragt wird die Revidierung der Neueinstufung von 60 %.

1.5. Das am 11.12.2017 - im Verfahren zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung- von einem ärztlichen Sachverständigen (Allgemeinmediziner) erstellte Gutachten weist nachfolgenden relevanten Inhalt auf: "...

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs

Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

1) Epilepsie mit gehäuften Anfällen- mehrmalige Anfälle pro Woche im Sinne von Absencen ohne Kämpfe.

Einstufung wie im Vorgutachten mit 60 %- mehrmalige Anfälle pro Woche- Absencen.

Pos. Nr. 04.10.02, GdB 60 %

2) Arterielle Hypertonie.

Einstufung wie im Vorgutachten mit 20 %- Mehrfachtherapie zur Erzielung einer Normotonie ist notwendig.

Pos. Nr. 05.01.02, GdB 20 %

3) Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule.

Diskopathien im Bereich der LWS mit geringgradiger Funktionseinschränkung- Einstufung mit 20 %.

Pos. Nr. 02.01.01, GdB 20 %

4) Morbus Parkinson- Tremor beschränkt auf die linke Hand.

Einstufung wie im Vorgutachten mit 20 %- geringgradige Ausprägung der Parkinson- Erkrankung.

Pos. Nr. 04.09.01, GdB 20 %

5) Depression.

Einstufung wie im Vorgutachten mit 20 %- Mitte derzeit verabreichen Medikation ist die Patientin stabil und verneint auch an Depression zu leiden.

Pos. Nr. 03.06.01, GdB 20 %

Gesamtgrad der Behinderung 60 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Position 1 ist wie im Vorgutachten die Hauptdiagnose- Einstufung mit 60 %- die Positionen 2- 5 haben keinen funktionellen Einfluss auf Position 1 und steigern daher den GdB nicht weiter.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Derzeit liegen keine weiteren Erkrankungen zur Einstufung vor bzw. keine ausreichenden Befunde vorliegend.

1.) Fettleber.

2.) V.a. Hämangiome.

3.) Z.n. Katarakt- Operation bds.- ausreichendes Sehvermögen mit Brille.

4.) Cholesterinerhöhung.

Die Erkrankungen angeführt unter 1-4, haben derzeit keine Einstufungsrelevanz.

Auch Position 5 aus dem Vorgutachten (Kniegelenke, Rechte Schulter) werden nicht mehr bewertet, da keine klinische Einschränkung vorliegt. Die in der Beschwerde angeführte Demenz, kann klinisch nicht nachvollzogen werden- fachärztliche Unterlagen sind nicht vorhanden- Patientin ist voll orientiert.

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Es haben sich keine gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten ergeben- Position 5 aus dem Vorgutachten- Einschränkung der Kniegelenke, Zust.n. Schulterverletzung rechte Schulter- ist ausgeheilt und wird in der Bewertung nicht mehr berücksichtigt.

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Unveränderte Einstufung des GdB mit 60 % im Vergleich zum Vorgutachten- bei der Hauptdiagnose "Epilepsie" ist keine Besserung eingetreten.

Dauerzustand

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum? Die derzeit bestehenden Erkrankungen schränken die Mobilität zwar ein, jedoch nicht in einem erheblichen Ausmaß. Kurze Wegstrecken von 300- 400 m können ohne erhebliche Einschränkungen zu Fuß zurückgelegt werden. Niveauunterschiede von 20- 30 cm können ohne erhebliche Einschränkungen überwunden werden. Das Gehen und Stehen in einem öffentlichen Verkehrsmittel ist bei ausreichender Kraft und Standsicherheit möglich, Haltegriffe können benützt werden. Erheblich vermehrte Schmerzen sind bei Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels nicht zu erwarten. Ebenso bestehen derzeit keine kardio- pulmonalen Funktionseinschränkungen, die zu einer erheblichen Einschränkung der körperlichen Leistungsbreite führen und die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels verunmöglichen. Stellungnahme: Bei der vorliegenden Epilepsie kommt es wöchentlich zu mehrmaligen Anfällen- Absencen mit schwarz werden vor den Augen- mit Sturzgefahr (Mehrmalige Stürze werden angegeben). Aus diesem Grund ist die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels aufgrund der vorliegenden Sturzgefahr mit Verletzungsfolgen weiterhin nicht möglich. Bzgl. der Begleitperson kann keine Indikation zur Eintragung abgeleitet werden- die Patientin bewegt sich auch im öffentlichen Raum (Einkaufen, Spazierengehen) alleine und ist dadurch keinen größeren Gefahren ausgesetzt. Die im Beschwerdeschreiben angegebene Demenz kann klinisch nicht nachvollzogen werden, derzeit findet sie sich im öffentlichen Raum alleine zurecht. Eine Mobilitätseinschränkung im weiteren Sinne besteht nicht.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor? Derzeit liegt keine schwere Erkrankung des Immunsystems vor, die laut den Richtlinien der EVO zu einer Ausstellung eines Parkausweises führt.

Begründung:

Zusatzeintragung: Epileptikerin, 60%.

Derzeit bestehen keine weiteren Indikationen zur Eintragung oben angeführter Zusatzeintragungen bzw. Diäten.

..."

2.0. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsicht in den sonstigen relevanten Unterlagen, insbesondere den durch die bP in Vorlage gebrachten ärztlichen Bescheinigungsmittel, das der Entscheidung zu Grunde liegende Gutachten sowie dem Parteienvorbringen.

2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)". Vergleiche dazu auch VwGH, vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.

Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).

Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).

Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).

Ebenso kann die Partei Sachverständigengutachten erfolgreich bekämpfen, ohne diesem auf gleichem fachlichem Niveau entgegentreten zu müssen, wenn es Widersprüche bzw. Ungereimtheiten im Gutachten aufzeigt (vgl. z. B. VwGH vom 20.10.2008, GZ 2005/07/0108).

Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, zeigt das seitens der belangten Behörde im Rahmen des Vorentscheidungsverfahrens eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten aus dem Bereich der Allgemeinen Medizin den aktuellen Gesundheitszustand der bP im Lichte des BBG bzw. der Einschätzungsverordnung in nachvollziehbarer Weise auf, ist ausführlich begründet, schlüssig und weist keine Widersprüche auf. Die vorliegenden Funktionseinschränkungen wurden vom Sachverständigen im Rahmen der klinischen Untersuchung am 06.12.2017 unter Berücksichtigung der vorgelegten Befunde erhoben und den entsprechenden Positionsnummern der Einschätzungsverordnung zugeordnet.

Soweit das Gutachten vom 10.07.2017 (GdB 60 %) vom Vorgutachten vom 19.11.2015 (GdB 70 %) abweicht, ist diese Abweichung ausreichend begründet. Das Hauptleiden wurde wie im Vorgutachten mit 60 % eingeschätzt (je LfNr. 1). Während im Vorgutachten vom 19.11.2015 unter der lfd. Nr. 3 die Beschwerden der Wirbelsäule, der rechten Schulter und beider Kniegelenke unter der Pos. Nr. 02.02.02 mit einem GdB von 30 % zusammengefasst wurden und wegen wesentlicher zusätzlicher Beeinträchtigung um eine Stufe steigernd (von 60 auf 70 %) wirkten, wurde die Funktionseinschränkung der Wirbelsäule im Gutachten vom 18.07.2017 unter die Pos. Nr. 02.01.01 mit einem GdB von 20 % und die Einschränkung der Kniegelenke und der Zustand nach Schulterverletzung unter die Pos. Nr. 02.02.01 mit einem GdB von 10 % eingeordnet. Wegen geringem Krankheitswert und fehlendem Zusammenhang wurde eine Steigerung der übrigen Leiden (Lfd. Nr. 2 - 6) verneint. Im gegenständlichen Gutachten wurden die Kniegelenke und die rechte Schulter nicht mehr bewertet, da keine klinische Einschränkung vorliegt. Das nunmehrige Gutachten ist auch noch (geringfügig) aktueller.

Hinsichtlich der Begleitperson konnte seitens des Gutachters keine Indikation zur Eintragung abgeleitet werden. Die bP bewegt sich auch im öffentlichen Raum (Einkaufen, Spazierengehen) alleine und ist dadurch keinen größeren Gefahren ausgesetzt. Eine Mobilitätseinschränkung im weiteren Sinne besteht nicht.

Im Gutachten wurden auch alle relevanten, von der bP beigebrachten Unterlagen bzw. Befunde berücksichtigt. So erfolgte in den erstellten Gutachten der Sachverständigen eine ausdrückliche Auseinandersetzung mit den von der bP beigebrachten Befunden. So wurde sowohl der Befund der Hausärztin vom 08.09.2017 als auch die "Nervenärztliche Behandlungsbestätigung" vom 03.10.2017 berücksichtigt und findet sich unter der Rubrik "Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe)" auf Seite 2 und 3 des Gutachtens eine solche Zusammenfassung eben dieser Befunde. Dass diese Befunde im Gutachten unberücksichtigt geblieben wäre, kann das Bundesverwaltungsgericht nicht erkennen (vgl. Seite 2, 3 und 5 des Gutachtens).

Sofern in der Beschwerde auf den Schlaganfall der bP hingewiesen wird, wonach diese seither zunehmend dement sei, weshalb ihre eigenen Angaben zu ihrer Befindlichkeit nicht aussagekräftig seien, konnte dies vom Sachverständigen klinisch nicht nachvollzogen werden, zumal sich die bP im öffentlichen Raum alleine zurecht finde.

Die vorgelegten Beweismittel stehen auch nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Gutachtens, es wurde kein für die Einschätzung entscheidendes höheres Funktionsdefizit beschrieben als von Amts wegen gutachterlich festgestellt; auch wurden die beschriebenen Funktionseinschränkungen keiner Positionsnummer der Einschätzungsverordnung zugeordnet bzw. eine Gesamteinschätzung vorgenommen. Mit ihren Ausführungen zeigt die bP sohin weder Widersprüche, Ungereimtheiten oder Mängel des von der belangten Behörde eingeholten Gutachtens auf, sie legt nicht konkret und mit näherer Begründung die Unschlüssigkeit des Gutachtens dar (vgl. VwGH vom 05.10.2016, Ro 2014/06/0044).

Auf die in der Beschwerde dargelegten Funktionsbeeinträchtigungen wurde im Gutachten ebenso eingegangen wie auf die Frage ihrer Auswirkung auf den Gesamtgrad der Behinderung bzw. deren Wirkung auf das führende Leiden.

Dem Vorbringen der bP und den vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten ist kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung bzw. Feststellungen in Zweifel zu ziehen. Es lag daher kein Grund vor, von den schlüssigen, widerspruchsfreien und nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen abzugehen; der Inhalt wird vom erkennenden Gericht nicht angezweifelt.

Mit den Ausführungen der bP in der Beschwerde trat die bP dem medizinischen Sachverständigen nicht substantiiert und nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen. Diese Ausführungen waren daher nicht geeignet, die Aussagen des medizinischen Sachverständigen zu entkräften.

Das eingeholte Sachverständigengutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch.

Die im Rahmen der Beschwerde erhobenen Einwände waren nicht geeignet die gutachterliche Beurteilung, wonach ein Grad der Behinderung in Höhe von 60 vH vorliegt, zu entkräften.

Das Sachverständigengutachten vom 11.12.2017 und die Ausführungen der bP in der Beschwerde und im Verfahren sowie die dort zitierten medizinischen Unterlagen wurden im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt.

Gemäß dem angeführten Gutachten liegt bei der bP ein Gesamtgrad der Behinderung von 60 v.H. vor.

3.0. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:

-

Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF

-

Bundesbehindertengesetz BBG, BGBl. Nr. 283/1990 idgF

-

Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010 idgF

-

Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF

-

Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF

-

Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF

-

Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF

Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.

3.2. Gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; ...

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gemäß § 45 Abs. 4 BBG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

Gemäß § 45 Abs. 5 BBG entsendet die im § 10 Abs. 1 Z 6 des BBG genannte Vereinigung die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs. 2 des BBG anzuwenden. Für jede Vertreterin und jeden Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.

In Anwendung des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG iVm § 45 Abs. 3 BBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.

3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 9 Abs 1 VwGVG hat die Beschwerde zu enthalten:

1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,

2. die Bezeichnung der belangten Behörde,

3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

4. das Begehren und

5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1. im Generellen und die unter Pkt. 3.2. ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.

3.4. Gemäß § 1 Abs 1 BBG soll Behinderten und von konkreter Behinderung bedrohten Menschen durch die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Maßnahmen die bestmögliche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gesichert werden.

Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 40 Abs. 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

Gemäß § 41 Abs. 2 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.

Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 43 Abs. 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, sofern Änderungen eintreten, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen.

Gemäß § 43 Abs. 2 BBG ist der Besitzer des Behindertenpasses verpflichtet, dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen binnen vier Wochen jede Änderung anzuzeigen, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, und über Aufforderung dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Behindertenpass vorzulegen.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Gemäß § 47 BBG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.

Gemäß § 54 Abs. 12 BBG treten § 1, § 13 Abs. 5a, § 41 Abs. 1 und 2, § 55 Abs. 4 und 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 81/2010 mit 1. September 2010 in Kraft.

Gemäß § 1 der Einschätzungsverordnung ist unter Behinderung die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 2 Abs. 1 leg cit sind die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage der Einschätzungsverordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

Gemäß § 2 Abs. 2 leg cit ist bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

Gemäß § 2 Abs. 3 leg cit ist der Grad der Behinderung nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

Gemäß § 3 Abs. 1 leg cit ist eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

Gemäß § 3 Abs. 2 leg cit ist bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

Gemäß § 3 Abs. 3 leg cit liegt eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, vor, wenn

-

sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

-

zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

Gemäß § 3 Abs. 4 leg cit ist eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.

Gemäß § 4 Abs. 1 leg cit bildet die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.

Gemäß § 4 Abs. 2 leg cit hat das Gutachten neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat die Gesamtbeurteilung mehrerer Leidenszustände nicht im Wege einer Addition der aus den Richtsatzpositionen sich ergebenden Hundertsätze der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu erfolgen, sondern nach den Grundsätzen des § 3 der genannten Richtsatzverordnung. Nach dieser Bestimmung ist dann, wenn mehrere Leiden zusammentreffen, bei der Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit zunächst von der Gesundheitsschädigung auszugehen, die die höchste Minderung der Erwerbsfähigkeit verursacht. Sodann ist zu prüfen, ob und inwieweit der durch die Gesamteinschätzung zu erfassende Leidenszustand infolge des Zusammenwirkens aller zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen eine höhere Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit rechtfertigt, wobei im Falle der Beurteilung nach dem BEinstG gemäß § 27 Abs. 1 dieses Gesetzes Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v H. außer Betracht zu lassen sind, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht (u.a VwGH vom 24. September 2003, Zl. 2003/11/0032; VwGH vom 21. August 2014, Zl. Ro 2014/11/0023-7).

Das angeführte Sachverständigengutachten und die Angaben der bP im Verfahren sowie die im Rahmen der Beschwerde vorgelegten Befunde wurden im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt. Das zitierte Gutachten erfüllt sämtliche der in der Einschätzungsverordnung normierten Voraussetzungen.

Die vom ärztlichen Sachverständigen erfolgte Bewertung der angegebenen Beschwerden und Krankheitszustände entspricht der Einschätzungsverordnung sowohl hinsichtlich Position, als auch Prozentsatz. Festlegungen innerhalb eines Rahmensatzes wurden schlüssig begründet.

Gemäß dem angeführten Gutachten vom 11.12.2017 ist bei der bP folglich von einem Gesamtgrad der Behinderung von 60 v.H. auszugehen; die Beschwerde war daher abzuweisen.

3.5. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom 19. Februar 1998, Zl. 8/1997/792/993 (Fall Jacobsson; ÖJZ 1998, 41) unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Fall Jacobsson vor dem Obersten Schwedischen Verwaltungsgericht nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte (vgl. VwGH 03.11.2015, Zl. 2013/08/0153).

Im vorliegenden Fall haben die Parteien die Durchführung einer Verhandlung durch das Verwaltungsgericht nicht beantragt. Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Grad der Behinderung sind die Art und das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen, welche auf Grundlage eines medizinischen Sachverständigengutachtens einzuschätzen sind. Wie im gegenständlichen Erkenntnis ausgeführt wurde, wurde das hierfür eingeholte - auf Basis einer klinischen Untersuchung erstellte - Gutachten als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet und zeigt die bP weder Widersprüche, Ungereimtheiten noch Mängel auf. Der auf sachverständiger Basis ermittelte, entscheidungsrelevante Sachverhalt ist

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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