Entscheidungsdatum
19.02.2019Norm
AsylG 2005 §12a Abs2Spruch
I421 1427541-3/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle Ost (EASt-Ost) vom 13.02.2019, Zl. 820660507-190153828, betreffend XXXX, geboren am XXXX, StA Nigeria, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, Pulverturmgasse 4/2/R01, 1090 Wien, durch den Richter Mag. Martin STEINLECHNER als Einzelrichter beschlossen:
A)
Die gemäß § 12a Abs. 2 Asylgesetz 2005 erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist nicht rechtswidrig.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Nigerias, stellte am 29.5.2012 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Er gab an, als Christ von Boko Haram entführt worden zu sein. Es sei ihm aber die Flucht beim Einkauf auf einem Markt gelungen, jetzt werde er gesucht, die Mitglieder von Boko Haram wollen ihn umbringen.
Dieser Antrag wurde am 08.06.2012 in I. Instanz hinsichtlich § 3 und § 8 AsylG abgewiesen. Gleichzeitig wurde der BF nach Nigeria ausgewiesen. Dagegen erhob der BF Beschwerde, die mit Erkenntnis des BVwG vom 12.09.2015 hinsichtlich § 3 und § 8 AsylG als unbegründet abgewiesen wurde, allerdings wurde der Bescheid im Spruchpunkt III. behoben und die Angelegenheit zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
Mit Bescheid vom 05.11.2015 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 Asylgesetz 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 erlassen. Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist.
Gegen diesen Bescheid brachte der BF fristgerecht Beschwerde ein.
Am 10.07.2018 fand vor dem BVwG eine mündliche öffentliche Verhandlung statt.
Mit Erkenntnis des BVwG vom 12.07.2018 wurde die Beschwere als unbegründet abgewiesen. Die Revision war gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. Der Bescheid erwuchs mit 16.07.2018 in Rechtskraft in II Instanz.
Am 17.01.2019 hat der BF beim Bundesamt den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Er gab an, den Namen XXXX zu führen, am XXXX geboren und Staatsangehöriger von Nigeria zu sein.
Anlässlich des gegenständlichen Asylverfahrens hat der BF bei der niederschriftlichen Befragung am 17.01.2019 beim Landespolizeikommando Wien, Abteilung für Fremdenpolizeiliche Maßnahmen und Anhaltevollzug, 1080 Wien, vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, begründend vorgebracht, die derzeitige politische Lage in seinem Land sei sehr schlecht. Die Fulani (Hirten) töten die Einwohner, seine Verwandten seien getötet worden, als sie auf das Feld gegangen seien. Sein Umfeld sei in Gefahr, sie könnten nicht zu der Landwirtschaft gehen, weil sie dort getötet würden. Er habe Angst um sein Leben. Hier sei er in Sicherheit. Im Juli 2018 habe er von dem Vorfall erfahren.
Dem BF wurde am 04.02.2019 eine schriftliche Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 Zi. 4 und 6 AsylG 2005 ausgefolgt, mit welcher ihm die Absicht des Bundesamtes zur Kenntnis gebracht wurde, seinen Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen und den faktischen Abschiebeschutz aufzuheben.
Im Anschluss wurde gegenüber dem Beschwerdeführer mit mündlich verkündetem Bescheid der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben. Dies wurde damit begründet, dass sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt seit Rechtskraft des Erstverfahrens nicht geändert habe. Die Fluchtgründe des Erstverfahrens seien aufrechterhalten worden, wobei diese keinen glaubhaften Kern aufweisen würden. Auch die allgemeine Lage im Herkunftsland, seine persönlichen Verhältnisse und sein körperlicher Zustand hätten sich nicht entscheidungswesentlich geändert. Eine Verletzung wie in § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG beschrieben, könne nicht angenommen werden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Nigerias und somit Drittstaatsangehöriger. Seine Identität steht nicht fest.
Der Beschwerdeführer befindet sich in einem arbeitsfähigen Alter und leidet an keinen schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen.
Es leben keine Familienangehörige oder Verwandte des Beschwerdeführers in Österreich. Eine wesentliche Änderung des Privat- und Familienlebens ist folglich nicht erkennbar.
1.2. Der erste Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 29.05.2012 wurde mit Bescheid des BFA vom 08.06.2012 abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung ausgesprochen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.09.2015, Zl. I409 142741-1/15Z, als unbegründet abgewiesen, allerdings die Rückkehrentscheidung behoben und die Angelegenheit zur Prüfung an das BFA zurückverwiesen. Mit neuerlichem Bescheid des BFA vom 5.11.2015 wurde dem BF kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und die Abschiebung nach Nigeria für zulässig erklärt. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.07.2018, Zl. I404 142741-2/10E, nach mündlicher Verhandlung am 10.07.2018, als unbegründet abgewiesen
Der Beschwerdeführer verließ das Bundesgebiet seither nicht.
1.3. Im (Folge-)Asylantrag vom 17.01.2019 bringt der Beschwerdeführer vor, dass seine Asylgründe vom ersten Asylantrag noch aufrecht seien. Er gab sowohl in der Erstbefragung am 17.01.2019 als auch in der niederschriftlichen Einvernahme durch das BFA am 13.02.2019 an, dass aber eine Neuerung vorliege, da es in Nigeria gefährlich sei, die Fulani sein Heimatdorf übernommen hätten und zwei seiner Verwandten getötet wurden. Dieses Vorbringen, weist keinen glaubhaften Kern auf und bestand bereits vor Rechtskraft des Erstverfahrens.
1.4. Im Hinblick auf die allgemeine Lage in Nigeria ist seit Abschluss des ersten Asylverfahrens im Juli 2018 keine maßgebliche Änderung eingetreten.
1.5. Der Folgeantrag wird daher voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der Verfahrensgang und der festgestellte maßgebliche Sachverhalt ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt den vorgelegten Verwaltungsakten des BFA sowie aus dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.2. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem Akt des BFA.
Dass der Beschwerdeführer an keinen schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen leidet, wurde festgestellt, da der Beschwerdeführer in seinem Erstverfahren keine schweren gesundheitlichen Probleme geltend machte und auch bei der Befragung am 13.02.2019 keine neuen Krankheiten anführte.
In Bezug auf das Privat- und/oder Familienleben des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sind keine entscheidungsrelevanten Änderungen des Sachverhaltes erkennbar. Dass der Beschwerdeführer keine Lebensgemeinschaft mit einer Österreicherin führt, ergibt sich aus seiner niederschriftlichen Einvernahme durch das BFA am 13.02.2019.
2.3. Die Feststellungen zum Verfahren betreffend den ersten Asylantrag wurden dem diesbezüglich vorgelegten Behördenakt entnommen.
Die Angaben des Beschwerdeführers zum Asylantrag vom 17.01.2019 und zur niederschriftlichen Einvernahme vom 13.02.2019 ergeben sich aus dem im Akt des BFA einliegenden Niederschriften: Der Beschwerdeführer hielt im vorliegenden Folgeverfahren seine Fluchtgründe aus dem Erstverfahren aufrecht und behauptete neu, dass eine Rückkehr nach Nigeria für ihn gefährlich sei, weil Fulani sein Heimatdorf übernommen hätten.
Das neue Vorbringen ist nicht glaubhaft. Der Beschwerdeführer führte selbst aus, dass das Problem mit den Fulani seit drei Jahren (also seit 2016) bestehe (AS 181), warum er in seinem Erstverfahren diesbezüglich nichts angeführt habe, vermochte der BF plausibel nicht zu erklären. Der Beschwerdeführer war auch aufgrund seiner vagen und inhaltsleeren Angaben nicht in der Lage, eine konkrete Verfolgung gegen seine Person darzulegen (AS 181ff).
Demnach wird der Folgeantrag voraussichtlich ohne näheres Eingehen auf das neue Vorbringen zurückzuweisen sein, weil diesem ein glaubhafter Kern fehlt und es sich um keine nachträgliche Änderung der Sach- oder Rechtslage handelt, womit auch positive Feststellungen dazu nicht in Frage kommen.
2.4. Die Sachverhaltsfeststellungen zur Situation in Nigeria ergeben sich aus der Aktenlage. Die den Beschwerdeführer betreffende Sicherheitslage im Herkunftsstaat wurde eingehend im rechtskräftig entschiedenen Verfahren erörtert und abgewogen und ist daher aufgrund der zeitlichen Nähe zum gegenständlichen Verfahren von ausreichender Aktualität. Eine neuerliche nähere Überprüfung konnte daher unterbleiben.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der BAO, des AgrVG und des DVG und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss.
3.2. Zu A) Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes:
3.2.1. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:
§12a Abs. 1 und Abs. 2 AsylG :
(1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn
1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,
2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,
3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben., und
4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.
(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn
1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG besteht,
2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und
3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
§ 22 Abs. 10 AsylG 2005 lautet:
Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.
(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.
(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.
(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden.
Zu den Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005, auf den gegenständlichen Fall bezogen, im Detail
Das Verfahren über den ersten Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 29.05.2012 wurde letztlich mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.07.2018, Zl. I404 1427541-2/10E, rechtskräftig abgeschlossen. Beim Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 17.01.2019 handelt es sich somit um einen Folgeantrag iSd § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005.
Aufrechte Rückkehrentscheidung
Das Vorliegen einer aufrechten Rückkehrentscheidung ist notwendiges Tatbestandselement des § 12a Abs. 2 Asylgesetz 2005. Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn es wurde ein darüberhinausgehender Zeitraum gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG festgesetzt. Gegenständlich liegt daher eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung vor.
Res iudicata
Zur Tatbestandsvoraussetzung des § 12a Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 ("wenn der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist") verweist der VwGH in seiner jüngsten Entscheidung vom 19.12.2017, Ra 2017/18/0451, auf die Gesetzesmaterialien (RV 220 BlgNR 24. GP 13) und führt aus, dass "eine Grobprüfung in Form einer Prognose über die Zulässigkeit des Antrags" zu treffen ist. Zieht man das vom Gesetz angestrebte Ziel in Betracht, den faktischen Abschiebeschutz nur für "klar missbräuchliche Anträge" beseitigen zu wollen, kann damit nur gemeint sein, dass schon bei einer Grobprüfung die (spätere) Zurückweisung des Folgeantrags auf der Hand liegt, weil sich der maßgebliche Sachverhalt nicht entscheidungswesentlich geändert hat.
Nicht jeder Folgeantrag, bei dem eine (spätere) Zurückweisung wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG in Betracht kommen könnte, berechtigt daher zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005. Es muss sich vielmehr um einen Fall handeln, in dem sich dieser Verfahrensausgang von vornherein deutlich abzeichnet. Nur dann kann auch angenommen werden, dass die Antragstellung in Wirklichkeit den Zweck verfolgt, die Durchsetzung einer vorangegangenen und mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundenen (rechtskräftigen) Vorentscheidung zu verhindern.
Der Antrag des Beschwerdeführers vom 17.01.2019 ist voraussichtlich zurückzuweisen, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist.
In Bezug auf wiederholte Asylanträge muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Asylwerbers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zu setzen.
Der Beschwerdeführer hat im gegenständlich zweiten Rechtsgang anlässlich der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt erklärt, dass seine Fluchtgründe weiter aufrecht seien und er nicht in sein Heimatdorf in Nigeria zurückkönne, da dieses von den Fulani eingenommen worden sei. Diesem Vorbringen des Beschwerdeführers fehlt - wie im Sachverhalt samt Beweiswürdigung dargelegt - der glaubwürdige Kern und hätte es bereits zum Zeitpunkt des ersten Asylverfahrens bestanden sowie Berücksichtigung finden können.
Auch die Situation in Nigeria hat sich seit dem Vorbescheid nicht geändert. Es gab diesbezüglich auch kein Vorbringen des Beschwerdeführers.
Es ist daher davon auszugehen, dass sein neuerlicher Antrag auf internationalen Schutz voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein wird.
Verletzungen der EMRK
Im ersten Verfahrensgang hat das BFA bereits ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde (§ 50 FPG). In der Begründung des Bescheides des BFA wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer keine konkrete Gefährdung seiner Person geltend gemacht habe. Es sei nicht anzunehmen, dass er im Falle einer Rückkehr einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt sein würde. Auch aus der allgemeinen Situation im Heimatland bzw. der zu erwartenden Rückkehrsituation alleine ließe sich eine solche nicht ableiten.
Auch im nunmehr zweiten Asylverfahren vor dem Bundesamt sind bis dato keine Risiken für den Beschwerdeführer im Sinne von § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG hervorgekommen oder substantiiert behauptet worden. Es sind auch keine wesentlichen in der Person des Beschwerdeführers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, wie beispielsweise eine schwere Erkrankung, die eine umfassende Refoulementprüfung für notwendig erscheinen lassen würden. Auch seitens des Beschwerdeführers wurde kein entsprechendes konkretes Vorbringen hiezu getätigt.
Zudem ist grundsätzlich festzuhalten, dass (auch) im Verfahren zur allfälligen Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12 a Abs. 2 AsylG durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Ermittlungsverfahren durchzuführen ist (vgl. § 18 AsylG 2005), wobei auch der Grundsatz der notwendigen Einräumung von rechtlichem Gehör (§ 37, 45 Abs. 3 AVG) zu beachten ist. Ein solches Ermittlungsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt; es wurde dem Beschwerdeführer Parteiengehör eingeräumt, er wurde einvernommen. Auch die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers wurde zu sämtlichen Einvernahmen des Beschwerdeführers durch das BFA geladen.
3.2.3. Im Lichte des § 22 BFA-VG war keine mündliche Verhandlung durchzuführen.
3.2.4. Da insgesamt die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vorgelegen sind, ist der dazu mündlich verkündete Bescheid des Bundesamtes vom 13.02.2019 rechtmäßig erfolgt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:I421.1427541.3.00Zuletzt aktualisiert am
08.05.2019