TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/20 W111 2130447-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.02.2019
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Entscheidungsdatum

20.02.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W111 2130447-1/36E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. DAJANI, LL.M., als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, vertreten durch Rechtsanwalt XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.07.2016, Zahl 1068431207-150506039, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z. 3, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF und §§ 52, 55 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer, ein volljähriger Staatsangehöriger Somalias, stellte am 14.05.2015 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz, nachdem er zuvor unrechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist war.

Anlässlich seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am darauffolgenden Tag gab der Beschwerdeführer zunächst an, der Volksgruppe der Sheikhaal und der moslemischen Glaubensrichtung anzugehören; Grund seiner Flucht sei gewesen, dass er durch Mitglieder der Al Shabaab aufgefordert worden sei, seine Arbeit für eine Telekommunikationsfirma in XXXX einzustellen. Als er dies nicht getan habe, sei es zu persönlichen und telefonischen Drohungen gegen seine Person gekommen, weshalb er sich entschlossen habe, seine Heimat zu verlassen.

Am 23.05.2016 wurde der Beschwerdeführer im Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die somalische Sprache niederschriftlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen (vgl. Verwaltungsakt der belangten Behörde, Seiten 59 bis 73). Eingangs erklärte der Beschwerdeführer, gesund zu sein und sich auf die durchzuführende Einvernahme konzentrieren zu können, die Verständigung mit dem anwesenden Dolmetscher funktioniere gut. Nach seinen Lebensumständen im Herkunftsstaat gefragt, schilderte der Beschwerdeführer, bis zum Jahr 2009 im Telekombereich tätig gewesen zu sein, von 2011 bis 2013 habe er im Hafen von XXXX gearbeitet, anschließend sei er, bis zu dessen Ermordung im November 2014, als Fahrer für einen näher genannten Abgeordneten tätig gewesen. Seine Familie hielte sich nach wie vor in XXXX auf. Hinsichtlich des Grunds seiner Flucht brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, in Folge der gezielten Tötung jenes Abgeordneten, für welchen er als Fahrer tätig gewesen sei, seitens der Al Shabaab auch persönlich mit dem Umbringen bedroht worden zu sein; bereits während seiner Arbeit für die erwähnte Telekomfirma sei es zu wiederholten Drohungen gegen seine Person gekommen. Beweise für sein Fluchtvorbringen könne er nicht vorlegen; auf die Frage, weshalb er die nunmehr vorgebrachten Gründe anlässlich seiner Erstbefragung noch mit keinem Wort erwähnt hätte, antwortete der Beschwerdeführer:

"Ich wollte es erwähnen, konnte aber nicht." In XXXX fänden nach wie vor durch die Al Shabaab verübte Anschläge statt.

2. Mit im Spruch angeführten Bescheid vom 05.07.2016 hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag der beschwerdeführenden Partei auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und den Antrag gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen die beschwerdeführende Partei eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen und wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG unter einem festgestellt, dass die Abschiebung der beschwerdeführenden Partei nach Somalia gemäß § 46 FPG zulässig ist. Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise der beschwerdeführenden Partei zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkte III. und IV.).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stellte die Staatsangehörigkeit, nicht jedoch die präzise Identität, des Beschwerdeführers fest und traf Länderfeststellungen zu den Themen politische Lage, Sicherheitslage, Rechtschutz/Justizwesen, Sicherheitsbehörden, Folter und unmenschliche Behandlung, Nichtregierungsorganisationen, Korruption, Militär, Rekrutierungen, Deserteure, allgemeine Menschenrechtslage, Meinungs- und Pressefreiheit, Versammlung- und Vereinigungsfreiheit, Opposition, Todesstrafe, Haftbedingungen, Religionsfreiheit, Minderheiten und Clans, Frauen/Kinder, Homosexuelle, Subjekte gezielter Attentate durch al Shabaab, Bewegungsfreiheit, (Binnen)flüchtlinge, medizinische Versorgung, Rückkehr sowie Grundversorgung/Wirtschaft;

Zu Spruchpunkt I. wurde seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl festgestellt, dass sich die vom Beschwerdeführer angegebenen Gründe für das Verlassen seines Herkunftsstaates als unglaubwürdig erwiesen hätten. Dieses Ergebnis begründe sich insbesondere in den unterschiedlichen Angaben, die der Beschwerdeführer im Zuge seiner Erstbefragung, in welcher er sich lediglich auf seine Arbeit für eine Telekomfirma und die damit einhergehenden Drohungen durch Angehörige der Al Shabaab berufen hätte, und in seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 23.05.2016, anlässlich derer er eine ihn persönlich betreffende Bedrohungssituation von Seiten der Al Shabaab aufgrund seiner Tätigkeit als Fahrer für einen Abgeordneten ins Treffen geführt hätte, getätigt habe. Zwar stehe außer Zweifel, dass der seitens des Beschwerdeführers geschilderte Anschlag tatsächlich stattgefunden hätte, doch sei es nicht erklärbar, weshalb der Beschwerdeführer seine Flucht im Zuge seiner Erstbefragung mit Ereignissen hätte begründen sollen, welche bereits im Jahr 2010 stattgefunden hätten, die aktuelleren Ereignisse jedoch völlig unerwähnt lassen habe. Aufgrund der dortigen allgemeinen, in den letzten Jahren verbesserten, Gegebenheiten sei dem Beschwerdeführer eine Rückkehr in seine Heimatstadt XXXX , in welcher sich nach wie vor dessen engste Angehörige aufhalten, möglich und zumutbar. Ein Vergleich der privaten und familiären Verhältnisse des Beschwerdeführers ergebe ein deutliches Überwiegen seiner nach wie vor im Herkunftsstaat vorhandenen Bindungen.

Mit Verfahrensanordnung vom 05.07.2016 wurde dem Beschwerdeführer amtswegig der XXXX als Rechtsberatung für eine allfällige Beschwerdeerhebung zur Seite gestellt.

3. Gegen den angeführten Bescheid richtet sich die fristgerecht am 18.07.2016 eingebrachte Beschwerde. In dieser wurde unter gleichzeitiger Bekanntgabe des im Spruch angeführten Vertretungsverhältnisses beantragt, den Bescheid zu Spruchpunkt I. zu beheben und dem Beschwerdeführer den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, in eventu das Verfahren insoweit zur Verfahrensergänzung an die belangte Behörde zurückzuverweisen, sowie eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen. Die Bekämpfung des Spruchpunktes I. erfolgte wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Verfahrens. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Verwaltungsbehörde seien gravierende Verfahrensmängel unterlaufen und dem Beschwerdeführer dadurch jegliche Chance auf Glaubhaftmachung des entscheidungsmaßgeblichen Sachverhalts genommen worden. So komme der Erstbefragung nur eingeschränkte Beweiskraft zu. Der Beschwerdeführer sei zum Zeitpunkt der Erstbefragung psychisch schwer belastet gewesen, unter mentalem Stress gestanden und habe in dieser Situation eine Fülle verwirrender Detailfragen beantworten müssen; der Beschwerdeführer habe seinen Fluchtgrund von Anfang bis Ende schildern wollen, sei jedoch nicht zu einer Gesamtschilderung gekommen, zumal ihm durch den Referenten - unter Hinweis, dass ihm später Gelegenheit zu einer vollständigen Schilderung eingeräumt würde - das Wort abgeschnitten worden sei. Dies stehe mit allgemeinen Erfahrungswerten betreffend die polizeiliche Erstbefragung, welche üblicherweise unter großem zeitlichen Stress stattfände, in Einklang und sei auch in § 19 Abs. 2 AsylG festgelegt, dass die Erstbefragung in erster Linie der Klärung der Reiseroute, nicht jedoch der Erhebung der näheren Fluchtgründe, diene. Im Übrigen habe die Behörde verfahrensgegenständlich ihre Pflicht zur amtswegigen Erhebung des maßgeblichen Sachverhaltes verletzt, indem sie es verabsäumt habe, den Beschwerdeführer im Detail zu dessen behaupteter Tätigkeit als Fahrer für den genannten Abgeordneten zu befragen. Dadurch sei dem Beschwerdeführer die Möglichkeit verwehrt worden, seinen Fluchtgrund und die damit einhergehende, weiterhin bestehende, Bedrohungslage sachverhaltsmäßig darzustellen und vorzubringen. Aufgrund des sohin nicht bestehenden Neuerungsverbotes werde im Rahmen der Beschwerdeschrift ein ergänzendes Tatsachenvorbringen erstattet (vgl. dazu im Detail die Seiten 246 ff des Verwaltungsaktes). Die seitens der Behörde beweiswürdigend herangezogenen Argumente der Unvollständigkeit der Fluchtgründe sowie der ausgeübten Berufstätigkeiten würden sich im Ergebnis nicht dazu eignen, die Unglaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens zu begründen. Der Beschwerdeführer könne derart viele Details zur Tätigkeit für den Abgeordneten sowie den Ereignissen, welche zu dessen Ermordung sowie jener seines Leibwächters geführt hätten, berichten, welche nachdrücklich dafür sprächen, dass es sich hierbei um einen authentischen Erlebnisbericht handle. Aus der aktuellen aus dem Länderinformationsblatt ersichtlichen Berichtslage ergebe sich, dass sich Zivilisten, welche mit der Regierung in Verbindung stünden, im speziellen Verfolgungsfokus der Al Shabaab befänden und als solche das Opfer gezielter Attentate werden könnten.

4. Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl langte am 21.07.2016 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

5. Mit hg. Beschluss vom 15.11.2016 zu Zl. W111 2130447-1 wurde der bekämpfte Bescheid in Erledigung der Beschwerde behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

6. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22.06.2017, Zl. Ra 2017/20/0011-6, wurde der oben angeführte Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.11.2016 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

7. Am 14.11.2017 fand zur Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, an welcher der Beschwerdeführer, dessen rechtsfreundlicher Vertreter sowie eine Dolmetscherin für die Sprache Somalisch teilgenommen haben. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl war ordnungsgemäß geladen worden, verzichtete jedoch auf eine Teilnahme an der Verhandlung.

Die Verhandlung vernahm in ihren gegenständlich relevanten Teilen den folgenden Verlauf:

"(...) R: Möchten Sie Ihrem bisherigen Verfahren etwas hinzufügen oder korrigieren?

BF: Bei der ersten Einvernahme wurde ich nur kurz einvernommen. Bei der zweiten Einvernahme habe ich alles gesagt und es war ausreichend. Ich habe immer die Wahrheit gesagt und wurde durch die Beamten korrekt behandelt.

R:Bitte schildern Sie mir in kurzen Worten Ihren Lebenslauf.

BF: Ich heiße, XXXX komme aus Somalia und bin in XXXX geboren im Bezirk XXXX , im Bezirksteil XXXX . Ich bin am XXXX geboren Ich bin ein Jahr in die Schule gegangen von 2000 bis 2001. 2005 habe ich zu arbeiten begonnen. Dann habe ich für die Telekom Somalia gearbeitet. Ich war Telefoninstallateur von Festnetzleitungen in Privathaushalten und Büros. 2006 habe ich geheiratet. 2007 wurde mein erster Sohn geboren. Im selben Jahr starb mein Vater. 2008 wurde mein zweiter Sohn geboren. 2009 hat mein erstes Problem begonnen. 2011 arbeitete ich im Hafen als Buchhalter. Ich habe bei einem Geschäftsmann gearbeitet. Ich war ein kleiner Angestellter. Meine Aufgabe war die Waren die in einem LKW geladen wurden zu zählen und festzuhalten. Ich habe dort zwei Jahre und vier Monate gearbeitet. 2013 wurde ich Chauffeur bei einem Politiker. Dieser Mann wurde 2014 getötet. Nachdem dieser Mann gestorben ist war ich drei Monate in einem Soldatenlager, einer Kaserne weil ich in Gefahr war. Ich war dort weil man mich schützen wollte. Ich war freiwillig dort. Nach drei Monaten musste ich die Kaserne verlassen, man sagte mir schon zu Beginn, dass ich nicht länger als drei Monate bleiben könne. Dann verließ ich Somalia. Nachgefragt gebe ich an das meine Lebensumstände in Somalia ärmlich waren, wir hatten nicht genug. Als ich gearbeitet habe konnte ich mir alles für meine Familie leisten darunter verstehe ich Essen, Kleidung und die Miete wenn ich nicht arbeite habe ich nichts. Normalerweise habe ich meistens gearbeitet. Wenn ich nicht regelmäßig arbeite habe ich Gelegenheitsarbeiten angenommen. Ich habe kein eigenes Vermögen gehabt, wie zum Beispiel ein Haus. Nachgefragt gebe ich an, dass meine Familie davon lebt das türkische und arabische Wohltäter Lebensmittel verteilen. Die Miete bezahlt mein Bruder. Er arbeitet in einer Privatfirma namens XXXX dort verdient er genug. Er verkauft Tickets für Flugreisen. Dort verdient er genug um nicht nur seine eigene Familie zu erhalten, sondern auch um meine zurückgebliebene Familie zu unterstützen. Ein reicher Mann namens XXXX hat meine Reise finanziert, weil wir aus dem gleichen Clan stammen und 2011 habe ich für ihn gearbeitet.

R:Bitte schildern sie mir detailliert und chronologisch richtig aus welchen Gründen sie ihre Heimat verlassen haben. R erteilt eine Erläuterung zur Glaubhaftmachung?

BF: Ich habe bei der Telekom Somalia gearbeitet, seit 2005. Mit dieser Arbeit war ich zufrieden. 2004 wurde Al Shabab gegründet und 2006 sind Äthiopische Truppen nach XXXX gekommen um gegen Al Shabab zu kämpfen. Es gab Kämpfe, viele Leute sind geflüchtet die Amison kämpfte gegen Al Shabab. Die Leute sind aus XXXX nach XXXX geflüchtet. Dort waren auch Mitglieder von Al Shabab die viele Menschen getötet haben. Die Kämpfe dauerten zwei Jahre. Auch in dieser Zeit installierte ich Telefonleitungen und zwar in XXXX wo viele Geschäftsleute hin geflüchtet sind. Wir haben oft gesehen wie Al Shabab Leute getötet haben die gegen sie spioniert haben. Die Hinrichtungen fanden öffentlich statt. Mein Problem war das ich meine Arbeit unterbrechen musste um Hinrichtungen anzusehen. Ich hatte daher immer Angst und war psychisch belastet. 2009 sind wir nach XXXX zurückgegangen. Die Ortschaft XXXX war unter der Kontrolle der Al Shabab, jedoch sicherer als XXXX . 2008 hat Al Shabab XXXX verlassen und daher sind wir 2009 zurückgekehrt. Ich habe meine Arbeit fortgesetzt und wir haben 20 Telefone für Truppen aus XXXX installiert. Unser Installationstrupp bestand aus drei Personen. Wir mussten einen Defekt beheben. Im Oktober 2009 kamen Mitglieder von Al Shabab und sagten zu uns das wir Ungläubige unterstützen gegen die wir kämpfen. Wir waren im Ort XXXX und erledigten unsere Aufgabe und wollten hinausgehen als wir draußen waren kamen zwei unbewaffnete Männer und haben uns gewarnt. In der Nähe waren Borundische Truppen die uns sagten, dass wir die Arbeit lassen sollen da wir ansonsten sterben würden. Wir haben das nicht ernst genommen und haben weiter gemacht. Nach einer Woche sind wir wieder hingefahren an diesem Tag waren wir nur zu zweit, als wir wegfahren wollten stoppte ein Auto vor unserem. Das war am 21.10.2009, wir stiegen aus und man sagte, dass man uns gewarnt hatte. Sie haben unsere Arbeitssachen weggenommen. Dies war 2 Kilometer vom Stützpunkt entfernt. Sie haben uns zu Kriegsruinen gebracht. Sie haben mich sehr schwer geschlagen, mit dem Kolben einer Pistole bzw eines Gewehres. Ich hatte Verletzungen am Kopf. Als ich meinen Kopf schützen wollte wurde mir der Arm gebrochen. Wir haben versprochen dort nicht mehr zu arbeiten und gebeten, dass man uns am Leben lassen solle. (BF weint) Sie haben uns dort allein gelassen und Leute die dort wohnten haben uns in ein Spital gebracht. Als ich im Spital war wurde ich untersucht und man röntgenisierte meinen Kopf und Arm, meinen Arm haben sie eingegipst. Am Kopf wurde ich genäht. Den Gips hatte ich sechs Wochen. In dieser Zeit war ich zu Hause, zirka zwei Monate. Im Dezember habe ich meiner Firma gesagt, dass ich nicht mehr arbeiten will. Ich war seit dem Vorfall nicht mehr im Dienst, wurde aber trotzdem bezahlt. Im April 2010 wurde meine Frau schwanger. Der Arzt meinte man müsse einen Kaiserschnitt durchführen. Das Spital hat 400 Dollar verlangt. Ich habe 4 Tage versucht das Geld zusammenzubringen, jedoch starb mein Kind vorher. Ich bin zu XXXX gegangen und ersuchte ihn um Hilfe. Ich musste 300 Dollar für die Behandlung meiner Frau bezahlen. XXXX fragte mich wie ich meine Familie ernähren wolle. Ich sagte, dass ich Hilfe brauchen würde. Er gab mir 500 Dollar und versprach mir, dass ich 2011 für ihn arbeiten könne. Als ich keine regelmäßige Arbeit hatte, führte ich Gelegenheitsarbeiten aus. Im März 2011 habe ich begonnen wieder zu arbeiten. Ich habe einen Führerschein gemacht und wurde von meinen Verwandten dabei unterstützt. Außerhalb meiner Arbeit haben sie mich auch unterstützt. Ich habe auch seine Familie mit Arbeiten unterstützt. Ansonsten machte ich nur meine Arbeit in der Firma des Verwandten. Als ich in der Firma arbeitete wurde ich nicht bedroht. Ich verdiente 250 Dollar im Monat. Eines Tages kam ein Beamter der Regierung, dieser Mann wollte einen Chauffeur. Er fragte XXXX ob ich für ihn arbeiten darf. XXXX fragte auch mich und schlug mir vor mit dem Mann zu arbeiten. Mehrfach nachgefragt gebe ich an, dass mein Verwandter sagte, er würde die Verantwortung für eventuelle Gefahren übernehmen. Es war letztendlich meine freie Entscheidung diesen Berufswechsel durchzuführen. Es waren mir die Gefahren die mit dieser neuen Anstellung einhergehen bewusst. Aber die Bezahlung war sehr lukrativ, ich bekam 500 Dollar. Er sagte mir, dass wir zwischen seinem Haus und dem Parlament fahren würden. In der Früh hin und am Nachmittag zurück. Auf unseren Fahrten waren zwei Personenschützer dabei. Insgesamt gab es 8 Personen die in schützten. Ich war zufrieden mit meinem Job. Im April 2014 habe ich ihn in ein Hotel gebracht, dort gab es ein Meeting. Es begann um 11 Uhr und endete um 17 Uhr. Als wir zurückfuhren kam hinter uns ein Auto. Der Politiker hat telefoniert um andere Soldaten anzufordern. Drei Autos der Regierung kamen hinzu. Sie haben das uns verfolgende Auto gestoppt und es untersucht. Die drei Insassen wurden festgenommen. Am 13.04.2014 kam ich in mein Haus, habe mich geduscht und ging zum Markt. Als ich auf dem Markt war habe ich einen Freund getroffen. Wir sind zu ihm nach Hause gegangen. Um 22 Uhr hat mich meine Frau angerufen. Sie informierte mich, dass zwei Männer nach mir zu Hause gesucht hätten. Sie hatten zwei Pistolen dabei. Sie haben mich gesucht aber nicht gefunden. Sie haben nichts Näheres gesagt und verließen das Haus wieder. Sie waren vermummt. Meine Frau meinte ich solle nicht nach Hause kommen. Ich informierte den Politiker. Er sagte ich soll ein Taxi zu ihm nehmen. Ich bin aber mit dem Bus zu ihm gefahren. Ich bin bei ihm zu Hause geblieben. Ich war in den kommenden sechs Monaten bei ihm. Meine Frau besuchte mich lediglich am Freitag. Im November 2014 wurde der Politiker getötet. An diesem Tag wollten wir zum Chef des Militärs. Als wir auf dem Weg waren schreit ein Mann den Namen meines Politikers. Es wurde der Wagen beim Eingang zum Privaten Haus des Militärchefs bei der Wache angehalten. Ich bin weiter gefahren aber der Politiker stieg aus und ging mit einem Bewacher zu dem Mann der seinen Namen gerufen hatte. Als er dort war und mit dem Mann sprach, kam plötzlich ein Auto, aus dem das Feuer eröffnet wurde, und der Politiker wurde erschossen. Alle drei sind dort gestorben. Der Polizist, der Politiker und der Mann mit dem er sprach. Als ich den Vorfall gesehen habe wurde ich ohnmächtig und wurde ins Spital gebracht. Ich war nicht verletzt. Es wurde mir gesagt dass der Militärchef mit Soldaten kam. Ich bin dort eine Nacht geblieben. In der Früh wurden die Verstorbenen begraben. Während des Begräbnisses gab es auch eine Schießerei und zwei Männer starben. XXXX war auch am Begräbnis und bat den Militärchef das ich drei Monate in einer Basis bleiben könne. Dann blieb ich dort drei Monate und danach bin ich in die Türkei geflogen.

R:Wurde ihre Familie jemals von Al Shabab bedroht?

BF:Nein, nachgefragt gebe ich an das meine Familie zu keinem Zeitpunkt jemals bedroht wurde.

R: Glauben sie persönlich ein Ziel von Al Shabab zu sein?

BF: Ja, weil ich der Chauffeur des Politikers war. Alle Leute die in der Regierung tätig sind, sind gefährdet mehr als 50 Politiker bzw ihre Chauffeure sind getötet worden.

R: Glauben Sie, dass Sie zum jetzigen Zeitpunkt ein Ziel von Al Shabab sind?

BF: Ich bin mir sicher, ich glaube das nicht nur.

R: Haben sie eine Erklärung, warum ihre Familie nicht bedroht wird?

BF: Al Shabab verfolgt nur Leute die mit der Regierung tätig sind. Eine Sippenhaftung gibt es nicht.

R: Wie hieß der Politiker mit vollem Namen?

Der BF gibt in Somalischer Schriftweise an: XXXX

R: Wie hieß der getötete Polizist bzw Bodygard?

BF: XXXX .

...

Der RI vertagt die Verhandlung auf unbestimmte Zeit. (...)"

8. Der erkennende Richter gewährte dem Beschwerdeführer eine zweiwöchige Frist für die Übermittlung von Beweismitteln für die Ermordung des von ihm erwähnten Politikers, etwa in Form medialer Berichte.

Mit Eingabe vom 28.11.2017 gab der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers bekannt, dass es dem Beschwerdeführer sowie dem Rechtsvertreter bislang nicht gelungen wäre, durch eigenständige Recherche Beweismittel für die Ermordung des Abgeordneten XXXX beizubringen. Es wurde ersucht, die Frist zur Vorlage entsprechender Beweismittel um zwei weitere Wochen zu erstrecken.

Am 12.12.2017 übermittelte der bevollmächtigte Vertreter des Beschwerdeführers - nach gewährter Fristerstreckung - eine schriftliche Stellungnahme, in welcher bekanntgegeben wurde, dass es weder dem Beschwerdeführer, noch dem Rechtsvertreter, möglich gewesen wäre, im Internet Meldungen über die gezielte Tötung des Abgeordneten XXXX und seines Leibwächters im November 2014 in XXXX aufzufinden. Es gäbe jedoch auch keine Gewissheit, dass über die offensichtlich gezielte Tötung tatsächlich medial berichtet worden wäre. Der Beschwerdeführer habe die einzelnen Geschehnisse detailreich und in einer Weise geschildert, welche dessen persönliche, emotionale Involvierung und Betroffenheit deutlich gemacht hätte. Aufgrund der verworrenen, teilweise chaotischen, anarchieähnlichen und von einem fehlenden geordneten Staatswesen geprägten, Gegebenheiten in Somalia, der Schwäche der dortigen Regierung, der Stärke von Al Shabaab und der Schwäche der Medien, könne jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass über das Tötungsereignis damals nicht berichtet worden wäre oder allfällige Berichte aktuell nicht mehr im Internet abrufbar oder auffindbar wären.

9. Das Bundesverwaltungsgericht richtete in der Folge auf Basis der Angaben des Beschwerdeführers am 14.12.2017 eine Anfrage an die Staatendokumentation dahingehend, ob Informationen respektive einschlägige Medienberichte zu dem seitens des Beschwerdeführers geschilderten Vorfall existieren würden. Weiters wurde um Einschätzung der Staatendokumentation dahingehend ersucht, ob davon auszugehen wäre, dass über einen solchen Vorfall (Schussattentat auf einen Politiker vor dem Haus des Militärbefehlshabers) Berichte existieren würden.

Mit E-Mail vom 18.12.2017 teilte ein Vertreter der Staatendokumentation im Wesentlichen mit, dass ein wie in der Anfrage beschriebener Vorfall i.d.R. in den seitens der Staatendokumentation verwendeten Quellen seinen Niederschlag finden würde. Dies sei aus Amtswissen zu begründen, wozu auch auf eine beigefügte, ähnliche Vorfälle beinhaltene, Auswertung von sicherheitsrelevanten Vorfällen verwiesen wurde. Allerdings sei ebenfalls amtsbekannt, dass in den verfügbaren Quellen nur selten Namen der Opfer erwähnt würden - eine Ausnahme würden Prominente bilden. Bei einer einfachen Google-Suche für den angeführten Namen (inkl. Äquivalente) habe kein somalischer Politiker dieses Namens gefunden werden können. Gleichzeitig wurde die erwähnte Liste von recherchierten Vorfällen übermittelt, welche auf Basis der vorhandenen Informationen eventuell als der vom Beschwerdeführer angesprochene Vorfall in Frage kommen könnten.

10. Am 01.03.2018 fand eine ergänzende mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, an welcher der Beschwerdeführer, eine Dolmetscherin für die Sprache Somalisch sowie der bevollmächtigte Vertreter des Beschwerdeführers teilgenommen haben. Das Bundesamt war ordnungsgemäß geladen worden, verzichtete jedoch auf eine Teilnahme an der Verhandlung. Die gegenständlich relevanten Teile der Verhandlung verliefen wie folgt:

"(...) R: Haben Sie Ihrem bisherigem Vorbringen etwas hinzu zufügen oder zu korrigieren?

BF: Alles war richtig.

R: Ist es Ihnen zwischenzeitig gelungen, Beweismittel für den vorgebrachten Vorfall zu finden?

BF: Nein, ich habe keine Beweise.

R: Welche Anstrengungen haben Sie unternommen, um diese zu finden?

BF: Ich habe in You Tube recherchiert und auch im Internet. Ich und mein Anwalt haben recherchiert.

R: In welchem Stadtteil von XXXX hat sich der Anschlag zugetragen?

BF: In XXXX .

R: Das BVwG hat eine Anfrage an die Staatendokumentation gestellt im Rahmen derer nach dem gegenständlichen Vorfall recherchiert werden sollte. Der durch die Staatendokumentation vorgelegten Antwort finden sich eine Reihe von Vorfällen, keine jedoch in dem von Ihnen genannten Stadtteil.

Der beschwerdeführenden Partei wird die Antwort der Staatendokumentation zur Einsichtnahme vorgelegt. Dem BFV wird ausreichend Zeit eingeräumt, um den Schriftwechsel zu studieren.

R: Das BVwG geht in Übereinstimmung mit der Einschätzung der Staatendokumentation davon aus, dass der von Ihnen vorgetragene Vorfall in den verfügbaren Quellen Erwähnung hätte finden müssen, besonders deswegen, da ein Prominenter bzw. dessen Haus (Militärchef) in den Vorfall verwickelt war. Aus Sicht des BVwG ist daher davon auszugehen, dass sich der Vorfall nicht zugetragen hat. Möchten Sie dazu Stellung nehmen?

BF: Ich wünsche mir, dass ich von diesem Länderbericht eine Übersetzung bekomme.

Die anwesende Dolmetscherin wird beauftragt, die Anfrage an die Staatendokumentation bzw. den dazugehörigen Schriftverkehr dem BF in seine Muttersprache zu übersetzen.

Nach erfolgter Übersetzung wird der BF um eine Stellungnahme ersucht.

BF: Alles, was sie vorgelegt haben, ist richtig. Aber es fehlen viele Sachen, die passiert sind.

R verweist auf die Einschätzung der Staatendokumentation.

BF: Die Journalisten können nicht einfach schreiben, was sie gesehen haben. Deswegen findet man nicht einfach, was damals passiert ist. Die Regierung minimiert zB. Opferzahlen.

BFV: Ich gehe nach wie vor nicht davon aus, dass der BF das Vorbringen erfunden hat. Ich verweise diesbezüglich auf die umfangreichen Ausführungen der Beschwerde, die auf ein intensives Informationsgespräch unter Beiziehung eines Dolmetschers zurückzuführen sind. Ist es möglich, dass Sie sich beim Datum geirrt haben?

BF: Soll ich das genaue Datum angeben? Es war am 19.11.2014. Wie gesagt, es ist nicht einfach zu finden, was damals passiert ist, weil die Journalisten darüber nicht sprechen konnten.

R: Gesetzt den Fall, Sie müssten in Ihre Heimat zurückkehren, welche Lebensumstände würden Sie erwarten? Hätten Sie Personen, die Sie bei der Wiedereingliederung unterstützen könnten? Wo lebt Ihre Familie gegenwärtig?

BF: Bevor ich diese Frage beantworte, habe ich noch eine Frage. Es gibt in Somalia mehr als 275 Abgeordnete, mehr als 50 Abgeordnete sind gestorben. Niemand weiß, wo sie sind. Haben Sie Beweise, wo diese 50 Abgeordnete sind bzw. ob sie noch leben?

R: Wären diese 50 Abgeordnete Gegenstand der Beschwerde gewesen, hätten wir Recherchen durchgeführt. Diese 50 Abgeordneten sind jedoch nicht Gegenstand des Verfahrens.

R wiederholt die eigentliche Fragestellung.

BF: Meine Familie lebt in XXXX und sie kann mich nicht unterstützen. Ich meine unter Familie meine Frau und meine Kinder. Mein ganzer Clan Sheikhal kann mir nicht helfen bzw. mich nicht unterstützen weil Al Shabaab mich verfolgt haben und mich mit dem Tod bedrohen.

R: Waren Sie, als Sie in XXXX waren, in der Lage für das Auskommen Ihrer Person sowie das Ihrer Familie zu sorgen?

BF: Ja, als ich gearbeitet habe, konnte ich meine Familie unterstützen.

R: Bitte nennen Sie mir den Grund Ihrer Ausreise.

BF: Ich habe die Wahrheit gesagt und bleibe dabei.

Nachgefragt gebe ich an, dass es keine wirtschaftlichen Gründe waren, die mich zu meiner Ausreise erwogen haben, außer dass mein Leben in Gefahr war.

R: Bitte sagen Sie mir, warum Sie nicht unterstützt werden könnten, immerhin wurden Sie auch in der Vergangenheit durch Bekannte bzw. durch Verwandte unterstützt. Ich verweise diesbezüglich auf Ihr eigenes Vorbringen.

BF: Weil die Al Shabab mich zum Tode verurteilt hat. Deswegen können meine Verwandten mir nicht helfen. Es ist sehr gefährlich für mich, dass ich dorthin zurückkehre.

BFV: Ich behaupte, dass das Recht auf Parteiengehör nicht angemessen gewährt wurde. Das Rechercheergebnis hätte schriftlich mittgeteilt werden müssen und der BF nicht in der Verhandlung überrascht werden dürfen, um ihm die Gelegenheit zu geben, eigene Recherchen anzustellen zb. auch solche, durch welche belegt werden kann, dass die Auflistung von Gewaltvorfällen im November 2014 in der Anfragebeantwortung zu Unrecht den Anspruch auf Vollständigkeit erhebt und die der Staatendokumentation zur Verfügung stehenden Informationen nicht ausreichend sind, um zuverlässig einschätzen zu können, dass sich das vom BF vorgetragene Ereignis nicht ereignet hat. Der Auftritt des BF in der heutigen Verhandlung belegt erneut, dass der BF nicht danach trachtet, sich auf irgendeine Art und Weise ein Aufenthaltsrecht in Österreich zu erwirken, sondern sein Fluchtgrund tatsächlich in der Gefahr für Leib und Leben besteht. Die Höchstrangigkeit dieses Rechtsgutes gebietet eine besondere Sorgfalt bei den Ermittlungen. Die Möglichkeiten des BFA bzw. der Staatendokumentation gewaltsame Ereignisse in Somalia insbesonders in XXXX zu erheben sind beschränkt. Diese Institution ist dabei auf die herkömmlich zugänglichen Informationsquellen angewiesen und kann beispielsweise keine eigenen Erhebungen in somalischer Sprache durchführen. Die Einschätzung in der Anfragebeantwortung, dass ein Vorfall dieser Art in den seitens der Staatendokumentation verwendeten Quellen seinen Niederschlag finden würde, und dies aus dem Amtswissen zu begründen sei, zeigt bereits auf, dass die Einschätzung der Staatendokumentation nicht 100 Prozent zuverlässig ist und keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann, wird doch selbst eingeräumt, dass die Anfragebeantwortung auf den von der Staatendokumentation verwendeten Quellen beruht. Warum diese verwendeten Quellen zuverlässig alle relevanten Ereignisse widerspiegeln, wird nicht begründet. Die Berufung auf ein Amtswissen ist einer Überprüfung nicht zugänglich. Beantragt wird daher wie folgt:

1. Unter einem ehemaligen somalischen Asylklienten des Vertreters ist ein relativ prominenter somalischer Journalist, der im Moment namentlich nicht genannt werden darf. (Schweigepflicht). Vorbehaltlich seiner Zustimmung wird beantragt, diesen zum nichtamtlichen Sachverständigen zu bestellen, dies zur Klärung der Frage, dass die Situation in Somalia betreffend der Medien und öffentlich zugänglicher Informationen über Gewaltvorfälle wie des Beschwerdegegenständlichen derart eingeschränkt sind, dass hinsichtlich derartiger Ereignisse eine hohe Dunkelziffer von unbekannt Gebliebenen Vorfällen besteht, über welche in keiner zugänglichen Quelle berichtet wurde, zumal aufgrund der hohen Verfolgungsexponiertheit von Journalisten, die zur bevorzugten Zielscheibe von Al Shabab- Anschlägen gehören, der Druck auf Journalisten hoch ist, über derartige Vorfälle nicht zu berichten. Der namentlich noch nicht genannte Journalist möge auch darüber ein Gutachten erstatten, dass sich das vom Beschwerdeführer berichtete Attentat tatsächlich ereignet hat, weil dieser als mit der somalischen Medienlandschaft vertraute Journalist, der die Landessprache beherrscht, Zugang zu Quellen hat, auf welche die Staatendokumentation nicht zugreifen kann.

2. Für den Fall, das diesen Anträgen nicht stattgegeben wird, wird in Hinblick auf den Umstand, dass die Anfragebeantwortung den Beschwerdeführer erst in der heutigen Verhandlung zur Kenntnis gebracht wurde, die Einräumung einer angemessen Frist beantragt, um im Rahmen einer Stellungnahme nach Durchführung von Recherchen, allenfalls unter Beiziehung des genannten Journalisten nachzuweisen, dass der Vorfall stattgefunden hat.

R: Hinsichtlich der Anträge wird eine Frist von 14 Tagen eingeräumt, im Rahmen derer die Informationen bzw. Rechercheergebnisse übermittelt werden können.

Dem BFV wird eine Kopie des Berichtes ausgehändigt.

R: Nennen Sie mir genaue Uhrzeit, Tag und Ort des Vorfalls.

BF: Es war zwischen 11 Uhr - 12 Uhr Mittag.

Nachgefragt gebe ich an, dass ich mich nicht an den genauen Tag erinnern kann.

R: Warum konnten Sie mir dann vor wenigen Minuten ein genaues Datum angeben?

BF: Ich glaubte, Sie wollten den Wochentag wissen. Es war am 19.11.2014

R: Nennen Sie mir den genauen Ort und beschreiben Sie diesen.

BF: Es war im Bezirk XXXX . Die Straße hat geheißen XXXX . Dort kreuzen sich vier Straßen. Dort grenzen folgende Bezirke aneinander:

XXXX und XXXX .

R: Wo befindet sich das Haus des Armeechefs? Direkt an dieser Kreuzung?

BF: Der Vorfall war nicht genau vor seinem Haus, sondern ca. einen Kilometer entfernt.

R: In der Einvernahme vom 14.11.2017 gaben Sie an, dass sich der Vorfall beim Eingang vom privaten Haus des Militärchefs zugetragen haben soll. Nunmehr sagen Sie, dass er einen Kilometer entfernt gewesen sein soll.

Auf Ersuchen wird eine fünf-minütige Unterbrechung eingeräumt, in der sich BFV und BF besprechen können.

R wiederholt die Frage.

BF: Wir benutzen nicht km aber ich habe nur geschätzt.

R: Aber Sie werden einräumen, dass ein Kilometer nicht vor dem Eingang ist.

BF: Ich habe nur geschätzt.

R erklärt die Frage.

BF: Die Kreuzung der Straße war groß, ich habe nur geschätzt.

R erklärt die Frage abermals.

BF zeichnet die Örtlichkeiten auf und legt auch anhand der Zeichnung dar, dass der Vorfall nicht in unmittelbarer Nähe des Hauses des Armeechefs vorfiel.

R: Habe ich Sie richtig verstanden, dass sich der Vorfall nicht in der Nähe des Hauses des Armeechefs vorfiel?

BF: Ja.

R an BFV: In Ihrem Antrag brachten Sie vor, dass Sie zusätzliche Zeit für Recherchen benötigen würden. In der Verhandlung vom 14.11.2017 wurde eine Frist für solche Recherchen eingeräumt. Diese wurde auf Antrag vom 28.11.2017 verlängert. Wieso fanden diese Recherchen bis zum heutigen Tag nicht statt?

BFV: Ich habe gehofft, dass der Beschwerdeführer selbst in der Lage sein wird, mit seinen Möglichkeiten, das Ereignis zu eruieren, was nicht der Fall war. Mehrere telefonische Kontaktversuche den erwähnten Journalisten zu erreichen blieben erfolglos. Weitere Aktivitäten wie zum Beispiel Anfrage an das Melderegister zur Ermittlung des Aufenthaltsortes des Journalisten unterblieben aufgrund der terminlicher Überlastung des BFV.

R: Das Gericht beabsichtigt eine weitere Anfrage an die Staatendokumentation zu richten. Die Fragestellung wird lauten:

1. Liegen Informationen vor, wonach am 19.11.2014 zwischen 11 Uhr und 12 Uhr vormittags in XXXX der somalische Politiker XXXX (somalische Schreibweise) im Bezirk XXXX an einer Kreuzung der Straße XXXX in der Nähe des Bezirks XXXX , sowie in der Nähe des Hauses des Militärchefs der somalischen Armee namens XXXX (Spitzname) ermordet worden sein soll. Bei dem Vorfall wäre ebenso ein Bodyguard bzw. Polizist namens XXXX sowie eine dritte Person erschossen worden.

2. Liegen Informationen vor, dass anlässlich der Beerdigung des erschossenen Politikers (Frage 1) am 20.11.2014 im Rahmen einer Schießerei zwei Männer zu Tode kamen.

3. Kann bei Nichtvorliegen solcher Informationen angesichts der zur Verfügung stehenden Quellenlage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass sich ein solcher Vorfall zugetragen hat.

Auf Nachfrage gibt der BFV an, dass der mit der Formulierung der Frage einverstanden ist und durch die Frage zwei eine Klärung der Qualität und Vollständigkeit der Quellen erfolgen wird und damit dem Antrag entsprochen würde.

R: Wie würden Sie die wirtschaftliche Situation Ihrer Familie in Somalia beschreiben?

BF: Momentan ist es sehr schwierig. Die ist deswegen, weil ich in Österreich bin und keine Arbeit habe und meine Familie nicht unterstützen kann.

R: Wäre es Ihnen möglich in Somalia Arbeit zu finden?

BF: Nein. Nachgefragt gebe ich an, dass ich als Elektriker gearbeitet habe. Früher gab es viele Festnetzleitungen, heute gibt es primär Mobiltelefone.

R: Sind Sie arbeitsfähig?

BF: Ja.

R: Leiden Sie unter schweren oder chronischen Krankheiten?

BF: Nein.

R: Wo lebt Ihre Familie in XXXX ?

BF: In einer Mietwohnung. Hilfsorganisationen zahlen die Miete und unterstützen meine Familie.

R: Das heißt, dass Sie eine Behausung hätten im Falle einer Rückkehr.

BF: Ich bin in Gefahr, da hilft mir keine Behausung.

BFV: Haben Sie in der Vergangenheit Nachteile gehabt, weil Sie dem Stamm der Sheikal angehört haben?

BF: Ich kann nicht leicht Arbeit finden. Es war sehr schwer, Arbeit zu bekommen. Die anderen Clans haben mich benachteiligt. Was ich verdient habe, musste ich teilweise abgeben. Allgemein ist die Situation der Sheikal schwer.

R: Laut Ihren eigenen Angaben wurde Ihnen aber zumindest in einem Fall in der Vergangenheit geholfen.

BF: Ja, weil ich Schwierigkeiten hatte. Ich habe keinen Kontakt mehr zu dieser Person.

Nachgefragt gebe ich an, dass ich glaube, dass er gegenwärtig in XXXX lebt. Schon damals sagte er, dass er nach XXXX gehen wird.

BFV: Haben Sie im Zusammenhang mit dem Ereignis vom 19.11.2014 psychische Probleme?

BF: Ja, ich bin sehr belastet. Ich kann nicht schlafen. Was ich erlebt habe, war sehr traumatisch.

BFV: Können Sie möglichst vollständig alle Symptome beschreiben?

BF weint.

BF: Wenn ich mich an den Vorfall erinnere, kann ich nicht schlafen. Es tut sehr weh. Ich träume immer von diesem Vorfall.

BFV: Sie haben gesagt, Sie sind damals ohnmächtig geworden.

BF: Als ich das Blut gesehen habe, bin ich ohnmächtig geworden. Es war für mich unerträglich.

Anmerkung BFA: Der Beschwerdeführer zeigt deutliche Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung. Anscheinend löst die Erinnerung heftige emotionale Symptome aus.

R: Sind Sie mit einer psychiatrischen Begutachtung bei XXXX einverstanden?

BF: Ja.

Der beschwerdeführenden Partei wird ein aktualisiertes Länderinformationsblatt der Staatendokumentation (Stand 12.01.2018) betreffend Somalia übergeben. Die beschwerdeführende Partei wird um eine Stellungnahme ersucht (ein Exemplar verbleibt im Akt).

BFV: Aus dem Länderinformationsblatt ergibt sich, dass nicht arbeitsfähige Personen oder Personen von benachteiligten Minderheiten bei den aktuellen humanitären Gegebenheiten bei Fehlen sonstiger sozialer Netzwerke auch in XXXX in eine ausweglose sozio-ökonomische Lage geraten. Weiteres wird innerhalb von 14 Tagen im Rahmen einer schriftlichen Stellungnahme ergehen.

R: Sprechen Sie Deutsch bzw. haben Sie Deutschprüfungen absolviert?

BF: Ich kann ein bisschen Deutsch sprechen, habe aber keine Deutschprüfung absolviert.

R: Sind Sie selbsterhaltungsfähig?

BF: Ja.

R: Wovon leben Sie?

BF: Momentan arbeite ich nicht, ich bekomme Grundversorgung.

R: Können Sie mir Sachverhalte nennen, die für ein besonders schützenswertes Privat- und Familienleben in Österreich sprechen?

BFV: Nein.

BF: Nein

R: Möchten Sie sonst noch etwas vorbringen?

BF: Nein.

BFV: Nein.

Der BFV erteilt seine ausdrückliche Zustimmung zu personenbezogenen Recherchen im Herkunftsland des Beschwerdeführers. BF stimmt nach Übersetzung zu.

Dem BFV wird die Anfrage bzw. die Beantwortung der Staatendokumentation in Kopie übergeben. Zum Akt genommen werden eine Skizze sowie in Kopie vier Dokumente zur Integration. (...)"

Der Beschwerdeführer legte eine Bestätigung über den Besuch eines Deutschkurses im Zeitraum Mai/Juni 2017 inklusive Kurszeugnissen sowie einen drei Halbtage umfassenden Anwesenheitsnachweis am Wirtschaftshof seiner Wohngemeinde vor.

11. Am 01.03.2018 richtete das Bundesverwaltungsgericht auf Basis der ergänzenden Angaben des Beschwerdeführers eine weitere Anfrage an die Staatendokumentation mit dem im Protokoll der an diesem Tag stattgefundenen Beschwerdeverhandlung ersichtlichen, oben wiedergegebenen, Inhalt.

Aus der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 22.05.2018 ergibt sich zusammengefasst, dass im Rahmen der durchgeführten Recherche kein somalischer Politiker mit dem in der Frage angeführten Namen habe eruiert werden können. Es habe weder der in der Anfrage genannte Vorfall vom 19.11.2014, noch jener vom 20.11.2014, ermittelt werden können, obgleich der Suchzeitraum auf einige Tage vor und nach den erwähnten Daten und das Suchgebiet auf ganz XXXX ausgedehnt worden wäre). Die Anfragebeantwortung führte weiters eine Auflistung der gewaltsamen Vorfälle in XXXX , welche im Zuge der Ermittlungen erhoben werden konnten, an. Weiters wurde angemerkt, dass die in der Anfrage beschriebene Tat die Wahrscheinlichkeit ihrer Dokumentation aufgrund des zentralen Tatorts, der Tatzeit, des prominenten Opfers sowie des Umstandes, dass es mehrere Todesopfer gegeben haben soll, nach Amtswissen steigen ließe. Zufolge einer näher angeführten Quelle würden von darauf spezialisierten Organisationen an die 75% der Vorfälle in ganz Somalia dokumentiert, wobei angemerkt wurde, dass über Vorfälle gegen Zivilisten - vor allem im ländlichen Raum Süd-/Zentralsomalias - nicht vollständig berichtet werde, ein Mord an einem Zivilisten in XXXX jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit dokumentiert wäre.

Im Rahmen einer Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführervertreter die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 22.05.2018 mit Schreiben vom 01.06.2018 im Rahmen des Parteiengehörs und gewährte diesem eine zweiwöchige Frist zur Abgabe einer allfälligen Stellungnahme.

Mit schriftlicher Eingabe vom 10.06.2018 verwies der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers drauf, dass aus der Antwort der Staatendokumentation hervorginge, dass sich im relevanten Zeitraum sehr viele Gewaltvorfälle in XXXX ereignet hätten, von denen viele in den Verantwortungsbereich der Al Shabaab fallen würden. Insgesamt stelle die Annahme, dass über die beschwerdegegenständliche gezielte Tötung medial berichtet worden wäre und sich dieser Vorfall in den Einträgen diverser Organisationen auffinden lassen müsste, eine Spekulation dar. Nach Auffassung des Beschwerdeführers sei es daher nicht erwiesen, dass das vom Beschwerdeführer berichtete Schussattentat in den von Österreich im Wege einer Recherche der Staatendokumentation zugänglichen Aufzeichnungen von sicherheitsrelevanten Vorfällen Erwähnung finden oder aufgrund dieser Aufzeichnungen nachvollziehbar sein müsste.

12. Aus einem durch einen Facharzt für Psychiatrie, Neurologie und psychotherapeutische Medizin erstellten psychiatrisch-neurologischen Sachverständigengutachten vom 22.08.2018 ergibt sich, dass sich beim Beschwerdeführer zum Untersuchungszeitpunkt ein im Wesentlichen unauffälliger psychopathologischer Querschnittsbefund gefunden hätte und keine Hinweise auf eine krankheitswerte psychische Störung festzustellen gewesen wären. Es sei auch keine Symptomatik fassbar gewesen, die gemäß den diagnostischen Kriterien der WHO einer Posttraumatischen Belastungsstörung entsprechen würde. Es sei keine psychische Erkrankung feststellbar gewesen, die den Beschwerdeführer außer Lage versetzen würde, Erlebtes wiederzugeben oder dessen Einvernahmefähigkeit beeinträchtigen würde. Widersprüchliche bzw. vage Angaben wären nicht durch eine psychische Störung erklärbar.

Mit Schreiben vom 03.09.2018 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer respektive seinem gewillkürten Vertreter das angeführte Sachverständigengutachten sowie ein aktualisiertes Länderinformationsblatt zu Somalia (letzte Kurzinformation vom 03.05.2018) und gewährte diesem eine zweiwöchige Frist zur Abgabe einer Stellungnahme.

Mit Eingabe vom 17.09.2018 erstattete der bevollmächtigte Vertreter des Beschwerdeführers eine schriftliche Stellungnahme, in welcher er zusammenfassend ausführte, dass das Sachverständigen-Gutachten in dieser Form zur Kenntnis genommen und auf eine diesbezügliche Stellungnahme verzichtet werde. Zum Länderinformationsblatt der Staatendokumentation sowie zur aktuellen sozioökonomischen Lage des Beschwerdeführers und seiner Familie wurde zusammenfassend ausgeführt, der Beschwerdeführer würde im Fall einer Rückkehr nach Somalia in eine ausweglose Lebenssituation geraten, da er dort nicht in der Lage wäre, seine existenziellen Lebensbedürfnisse in einer Weise abzudecken, dass ihm, seiner Ehefrau und seinen vier Kindern, ein Leben unter menschenwürdigen, Artikel 3 EMRK nicht widerstreitenden, Umständen möglich wäre. Eine Abschiebung des Beschwerdeführers, welcher für seine Frau und vier minderjährige Kinder sorgepflichtig wäre, und der über kein intaktes, unterhaltsgewährendes Netzwerk verfüge, würde daher zu einer Verletzung seiner durch Artikel 3 EMRK gewährten Rechte führen. Somalia sei eines der ärmsten Länder der Welt, mit einem geschätzten Anteil von 43% der Gesamtbevölkerung, der in extremer Armut und mit einem Einkommen von weniger als 1 USD täglich leben müsste. Verschiedene Quellen würden schätzen, dass die Arbeitslosigkeitsrate in Somalia zwischen 50 und 66 % liege, ein erheblicher Teil der Bevölkerung Somalias könne sich nicht ausreichend mit Lebensmitteln und Trinkwasser versorgen. Somalia leide in besonderer Weise unter Trockenheit und Dürre, der Ausfall von vier aufeinanderfolgenden Regenzeiten habe nahezu zu einem Gesamtausfall der Ernte und zur Reduzierung von Arbeitsmöglichkeiten in ländlichen Gebieten geführt, das Risiko einer Hungersnot bestehe weiterhin. Vor allem in XXXX sei es weiterhin zu Vertreibung bzw. Zwangsräumung von IPDs gekommen, welche in Somalia zu den am meist gefährdeten Personengruppen zählen würden. UNHCR warne vor einer Rückführung von Asylwerbern nach Somalia. Im Fall des Beschwerdeführers sei zu bedenken, dass dieser seit nunmehr mehr als vier Jahren nicht mehr in XXXX aufhältig wäre, selbst für den Unterhalt einer Frau und vier minderjähriger Kinder sorgen müsste und auf keinerlei intakte finanzielle Ressourcen zurückgreifen könnte. Aus allfälligen Gelegenheitsarbeiten könnte der Beschwerdeführer das existenziell erforderliche Mindesteinkommen nicht sichern. Die allgemeine, sozioökonomische und humanitäre Lage in XXXX habe sich insbesondere auch aufgrund der Dürrekatastrophe und der anhaltenden Kämpfe mit Al Shabaab weiterhin verschlechtert. Dazu komme, dass der Beschwerdeführer einem sozioökonomisch schwachen Minderheiten-Clan, jenem der Sheikhal, angehören würde. Im Hinblick auf die erwähnten Umstände würde daher eine Rückführung den Beschwerdeführer in seinen durch Artikel 3 EMRK garantierten Rechten verletzen. Soweit in der aktuellen Kurzinformation des LIB eine Verbesserung der Nahrungsmittelsituation aufgrund eigetretener Niederschläge angesprochen werde, werde dieser Auffassung ausdrücklich entgegengetreten. Die Einschätzung der Staatendokumentation beruhe auf einer einzigen Quelle und handle es sich dabei um eine Prognose und keine Feststellung einer bereits eingetretenen Verbesserung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Somalia, gehört der Volksgruppe der Sheikhal an und bekennt sich zum moslemischen Glauben. Seine Identität steht fest. Er stammt aus XXXX , wo er zuletzt gemeinsam mit seiner Frau und seinen vier minderjährigen Kindern gelebt hat. Er hat in seinem Herkunftsstaat ein Jahr lang die Schule besucht, er hat Lesen und Schreiben erlernt und im Anschluss als Techniker im Telekommunikationsbereich sowie als Arbeiter im Hafen von XXXX gearbeitet. Der Beschwerdeführer reiste im Mai 2015 illegal ins Bundesgebiet ein, wo er am 14.05.2015 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Die Ehefrau, die vier minderjährigen Kinder sowie ein Bruder und zwei Schwestern des Beschwerdeführers (und deren jeweilige Familien) halten sich unverändert in XXXX auf.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in XXXX einer gezielten Bedrohung durch die Al Shabaab unterliegen würde. Es kann auch sonst nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach XXXX aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter bedroht wäre.

Der Beschwerdeführer hat nicht glaubhaft gemacht, bei einer Rückkehr nach XXXX Verfolgung durch staatliche Behörden befürchten zu müssen, in eine hoffnungslose Lage zu kommen, einem realen Risiko einer sonstigen Verfolgung oder einer Verletzung seiner Rechte auf Leben, nicht unmenschlicher Behandlung oder Folter unterworfen zu werden und/oder nicht der Todesstrafe zu unterliegen und als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes unterworfen zu sein. Bei einer Rückkehr nach XXXX , besteht für den Beschwerdeführer als gesunden leistungsfähigen Mann im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf keine Bedrohungssituation und liefe der Beschwerdeführer auch nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden Erkrankungen.

Der unbescholtene Beschwerdeführer ist seit seiner Antragstellung im Mai 2015 durchgehend auf Grund des vorläufigen Aufenthaltsrechts in seinem Asylverfahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig und bestreitet den Lebensunterhalt im Rahmen der Grundversorgung. Der Beschwerdeführer hat Deutschkurse besucht, jedoch keinen Nachweis über bereits vorhandene Deutschkenntnisse vorgelegt. Er war fallweise gemeinnützig auf einem Wirtschaftshof tätig. Er hat im Bundesgebiet Bekanntschaften geknüpft, verfügt jedoch über keine familiären oder sonstigen engen sozialen Bindungen in Österreich.

Es besteht in Österreich kein schützenswertes Privat- oder Familienleben im Sinne des Artikels 8 EMRK.

1.2. Zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers wird auf die dem Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebrachten Länderberichte (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Somalia, Stand 03.05.2018) sowie auf die durch das Bundesverwaltungsgericht eingeholte Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 22.05.2018 verwiesen, aus welchen sich die verfahrensgegenständlich relevante Lage ergibt. Diese stellt sich auszugsweise wie folgt dar:

...

KI vom 3.5.2018: Überdurchschnittliche Niederschläge, bessere Versorgungssicherheit prognostiziert (betrifft: Abschnitt 21/Grundversorgung und Abschnitt 21.1/Dürresituation)

Schon in den vor der Gu-Regenzeit gemachten Prognosen zeichnete sich eine Entspannung der Situation ab, obwohl damals nur unterdurchschnittliche Regenmengen prognostiziert wurden. Anfang 2018 wurde für Februar-Juni 2018 prognostiziert, dass die Bevölkerung in folgende IPC-Stufen (Klassifizierung zur Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung) einzuordnen sein wird: 56% Stufe 1 (minimal); 22% Stufe 2 (stressed); 18% Stufe 3 (crisis); 4% Stufe 4 (emergency); 0% Stufe 5 (famine). IDP-Lager in Südsomalia wurden durchwegs mit Stufe 3 IPC prognostiziert; Städte in Lower und Middle Shabelle, Bay und Jubaland mit Stufe 2; Mogadischu mit Stu

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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