TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/22 W271 2191139-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.02.2019
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Entscheidungsdatum

22.02.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W271 2170400-1/23E

W271 2191199-1/15E

W271 2191188-1/15E

W271 2191180-1/15E

W271 2191139-1/15E

W271 2191195-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1.) Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Anna WALBERT-SATEK über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 18.08.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung von mündlichen Verhandlungen am 07.11.2017 und am 19.10.2018 zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

II. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2.) Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Anna WALBERT-SATEK über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 14.02.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19.10.2018 zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

II. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

3.) Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Anna WALBERT-SATEK über die Beschwerde der minderjährigen XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gesetzliche Vertreter: XXXX , geb. XXXX , und XXXX , geb. XXXX , vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 14.02.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19.10.2018 zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

II. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

4.) Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Anna WALBERT-SATEK über die Beschwerde der minderjährigen XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gesetzliche Vertreter: XXXX , geb. XXXX , und XXXX , geb. XXXX , vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 14.02.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19.10.2018 zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

II. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

5.) Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Anna WALBERT-SATEK über die Beschwerde der minderjährigen XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gesetzliche Vertreter: XXXX , geb. XXXX , und XXXX , geb. XXXX , vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 14.02.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19.10.2018 zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

II. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

6.) Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Anna WALBERT-SATEK über die Beschwerde des minderjährigen XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gesetzliche Vertreter: XXXX , geb. XXXX , und XXXX , geb. XXXX , vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 14.02.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19.10.2018 zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

II. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Erstbeschwerdeführer XXXX (in der Folge: "BF1"), ein afghanischer Staatsangehöriger der Volksgruppe der Tadschiken, stellte am 23.07.2015 bei einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Polizeiinspektion Marchegg AGM einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Bei der am selben Tag durchgeführten Erstbefragung gab der BF1 im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari im Wesentlichen Folgendes an:

Er sei am XXXX in der Provinz Kapisa geboren worden und habe acht Jahre lang eine Grundschule besucht. Der BF1 sei sunnitischer Moslem und verfüge über eine Familie: Diese bestehe aus seiner Mutter, seiner Ehefrau und seinen drei Töchtern.

Als Fluchtgrund führte der BF1 an, dass er einen in Deutschland lebenden Bruder habe, der zum Christentum konvertiert sei. Dieser habe in Afghanistan ein Mädchen heiraten wollen und die Leute hätten nach dem Grund gefragt, weshalb dieser so schnell einen positiven Bescheid bekommen habe. Der Bruder des BF1 habe erklärt, dass er zum Christentum übergetreten sei und das habe der BF1 den Eltern des Mädchens mitgeteilt. Die Familie habe die Verlobung abgelehnt und diese Nachricht habe sich sehr schnell unter Freunden und Bekannten verbreitet. Die Leute aus dem Ort hätten den BF1 daraufhin auch beschuldigt, dass er sich zum Christentum bekennen könne. Der Druck sei immer größer geworden. Weil der BF1 Angst gehabt habe, getötet zu werden, habe er beschlossen, das Land zu verlassen.

3. Der BF1 stellte am 18.01.2017 das Übernahmeersuchen auf Zusammenführung mit seiner in Griechenland befindlichen Familie, bestehend aus seiner Frau und vier minderjährigen Kindern (Zweitbeschwerdeführerin XXXX , in der Folge: "BF2";

Drittbeschwerdeführerin XXXX , in der Folge: "BF3",

Viertbeschwerdeführerin XXXX , in der Folge: "BF4",

Fünftbeschwerdeführerin XXXX , in der Folge: "BF5";

Sechstbeschwerdeführer XXXX , in der Folge: "BF6"), gemäß Dublin-III-Verordnung.

4. Am 19.04.2017 erfolgte die Einvernahme des BF1 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: "BFA") in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Dari. Dabei schilderte dieser, dass er in der Provinz Kapisa, Distrikt Mahmud Raqi, Dorf XXXX , geboren worden sei und acht Jahre lang eine Grundschule in der Provinz Parwan besucht habe. Der BF1 habe 14 oder 15 Jahre in Kabul gelebt und sei zuletzt beruflich als Fahrer eines Krankenhauses tätig gewesen. Er sei verheiratet und habe vier Kinder.

Zu seinen Fluchtgründen befragt schilderte der BF1 zusammengefasst, dass er seine Heimat wegen seines Bruders verlassen habe. Dieser habe nämlich eine Frau aus Afghanistan heiraten wollen. Sie seien bei der Familie der zukünftigen Ehefrau gewesen und hätten um das Mädchen gefragt. Die Familie der Frau habe daraufhin wissen wollen, ob der Bruder des BF1 anerkannter Flüchtling in Deutschland sei. Der BF1 habe das nicht gewusst und daraufhin seinen Bruder angerufen. Dabei sei sein Mobiltelefon auf Lautsprecher geschaltet gewesen, damit die Familie der Frau mithören habe können. Im Gespräch habe der Bruder gesagt, dass er bereits zum Christentum konvertiert sei. Der Neffe der Zukünftigen habe das Wort "Christ" verstanden und deren Eltern informiert. Die Familie habe dann angefangen, den BF1 zu schlagen. Es sei eine Unruhe entstanden, woraufhin der BF1 umgezogen sei; deswegen habe er auch Afghanistan verlassen.

Der BF1 gab außerdem an, früher sunnitischer Moslem gewesen zu sein und aktuell Christ werden zu wollen. Auch deshalb könne er nicht nach Afghanistan zurück.

5. Mit Bescheid vom 18.08.2017 wies das BFA den Antrag des BF1 auf internationalen Schutz gemäß §§ 3 und 8 AsylG 2005 ab, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass eine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei.

6. Der BF1 erhob am 04.09.2017 gegen sämtliche Spruchpunkte Beschwerde. Darin wurde die inhaltliche Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie die Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung ein für den BF1 günstigerer Bescheid erzielt worden wäre, geltend gemacht.

7. Die Beschwerdevorlage erfolgte mit Schreiben vom 06.09.2017. Am 12.09.2017 langte der Akt des BF1 beim Bundesverwaltungsgericht (in der Folge auch: "BVwG") ein.

8. Nach der Überstellung nach Österreich stellte die BF2 zusammen mit ihren minderjährigen Kindern BF3 bis BF6 am 18.09.2017 bei einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes des Stadtpolizeikommandos Schwechat einen Antrag auf internationalen Schutz.

9. In der am 19.09.2017 durchgeführten Erstbefragung gab die BF2 im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari im Wesentlichen Folgendes an:

Sie sei am XXXX in der Provinz Kapisa geboren worden, habe sechs Jahre lang eine Grundschule besucht und sei zuletzt Hausfrau gewesen. Die BF2 berichtete darüber hinaus, über eine Familie im Herkunftsland zu verfügen: Diese bestehe aus ihren Eltern, einem Bruder sowie drei Schwestern. Ein zweiter Bruder sei in Griechenland erschossen worden. In Österreich aufhältig seien ihr Ehemann sowie ihre vier Kinder.

Als Fluchtgrund gab die BF2 zu Protokoll, dass sie das Land wegen ihres Ehemannes verlassen habe. Dieser sei bereits 2015 aus Afghanistan ausgereist. Der Bruder und ihr Ehemann seien zum Christentum konvertiert und daher hätten diese Probleme in Afghanistan bekommen. Ihr Mann sei geschlagen und mit dem Umbringen bedroht worden. Aus Angst um sein Leben sei der BF1 dann ausgereist und habe hier in Österreich um Asyl angesucht. Die BF2 sei dann ein paar Monate später mit den Kindern ebenfalls ausgereist, um zu ihrem Mann nach Österreich zu kommen.

10. Das BVwG führte am 07.11.2017 in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die Sprache Dari und im Beisein einer Rechtsvertreterin des BF1 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch- Im Zuge der mündlichen Verhandlung gab der BF1 Auskunft zu seiner neuen Religion; zudem wurde ein dem BF1 bekannter Priester zeugenschaftlich einvernommen.

11. Der BF1 übersandte anschließend eine Stellungnahme, datiert mit 13.11.2017, an das BVwG. Dort wurde insbesondere vorgebracht, dass sich mittlerweile die weiteren Familienmitglieder des BF1 im Bundesgebiet befinden würden und deren erstinstanzliche Verfahren noch nicht abgeschlossen seien. Aus diesem Grund beantragte der BF1, den angefochtenen Bescheid zu beheben und an das BFA zurückzuverweisen, um die Verfahren der Familienangehörigen "unter einem" zu führen.

12. Die BF2 wurde am 10.01.2018 vor dem BFA niederschriftlich einvernommen. Im Rahmen der Befragung im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari führte diese an, in Kabul geboren worden zu sein und sechs Jahre lang eine Schule besucht zu haben. Sie sei zuletzt beruflich als Friseurin in einem eigenen Laden tätig gewesen.

Zum Fluchtgrund schilderte die BF2 im Wesentlichen, dass ihr Mann in Afghanistan religiöse Probleme gehabt habe. Auch dessen Bruder und Mutter seien zum Christentum konvertiert, weshalb der BF1 und damit auch die BF2 das Land habe verlassen müssen. Ihr Mann habe drei Monate nach seiner Ausreise angerufen und der BF2 empfohlen, ebenfalls auszureisen. Die Beantragung und Ausstellung der Reisepässe habe aber sieben Monate gedauert.

In Afghanistan werde sie außerdem als unreiner Mensch bezeichnet, weil sie mit einem Christ verheiratet sei. Die BF3 bis BF6 hätten dieselben Fluchtgründe.

13. Mit Bescheiden vom jeweils 14.02.2018 wies das BFA den Antrag der BF2 bis BF6 auf internationalen Schutz gemäß §§ 3 und 8 AsylG 2005 ab, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass eine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei.

14. Mit Schreiben vom 15.03.2018 erhoben die BF2 bis BF6 jeweils gegen sämtliche Spruchpunkte ihrer Bescheide Beschwerde. Darin wurde die inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie die Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung ein für die BF2 bis BF6 jeweils günstigerer Bescheid erzielt worden wäre, geltend gemacht.

15. Die Beschwerdevorlage erfolgte mit Schreiben vom 26.03.2018. Am 03.04.2018 langten die Akten der BF2 bis BF6 beim BVwG ein.

16. Von März bis August 2018 hielten sich die BF in Deutschland auf, wo sie ebenfalls einen Asylantrag stellten. Am 09.08.2018 wurden diese wieder nach Österreich rücküberstellt, das für deren Asylverfahren zuständig ist.

17. Das BVwG führte am 19.10.2018 in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die Sprache Dari und im Beisein einer Rechtsvertreterin aller BF eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Zu den Personen

1.1.1. Zu BF1

1.1.1.1. Der BF1 trägt den Namen XXXX und führt das Geburtsdatum XXXX . Er ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan und Volksgruppenangehöriger der Tadschiken. Er spricht Dari als Muttersprache und kann diese Sprache lesen und schreiben. Zudem beherrscht der BF1 etwas Paschtu. Der BF1 ist volljährig und mit der BF2 verheiratet (traditionelle Heirat bei einem Mullah). Beide haben vier gemeinsame Kinder, und zwar die BF3 bis BF6.

1.1.1.2. Der BF1 wurde in der Provinz Kapisa, im Distrikt Mahmud Raqi, Dorf XXXX , geboren und besuchte acht Jahre lang eine Schule in der Provinz Parwan. 1994 zog er in den Iran, wo er acht Jahre lang lebte, ehe er nach Afghanistan zurückkehrte. Der BF1 wohnte durchgehend 14 oder 15 Jahre in Kabul (immer im Stadtteil XXXX ) bis zu seiner Flucht im Jahr 2015. In Kabul lebte dieser zusammen mit seiner Frau, den Kindern sowie seiner Mutter und einer Schwester in einer Mietwohnung und arbeitete zehn Jahre als Chauffeur des stellvertretenden Krankenhausleiters der Privatklinik " XXXX ". Er verdiente monatlich EUR XXXX .

1.1.1.3. Der Vater des BF1 ist bereits verstorben. Seine Mutter, zumindest eine Schwester und ein Bruder befinden sich in Deutschland. Diese Familienmitglieder sind zum Christentum konvertiert und verfügen über einen Aufenthaltstitel. Zumindest eine weitere Schwester des BF1 befindet sich noch in Kabul.

1.1.1.4. Der BF1 hat Afghanistan spätestens im Juni 2015 verlassen und stellte am 23.07.2015 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Für seine Schleppung wurden ca. EUR 4.000,-

gezahlt, für die der BF1 selbst durch den Verkauf zweier Grundstücke in Mazar-e Sharif aufkam. Für die Grundstücke erhielt er EUR XXXX .

1.1.1.5. In seinem Herkunftsstaat ist der BF ist nicht vorbestraft, er war politisch nicht tätig und hatte keine Probleme mit den Behörden im Herkunftsstaat.

1.1.1.6. Der BF1 leidet an hohem Blutdruck. Dagegen nimmt er das Medikament XXXX ( XXXX mg) ein.

1.1.1.7. Im Bundesgebiet verfügt der BF1 über Angehörige, und zwar die BF2 bis BF6.

1.1.1.8. Der BF1 lebt derzeit in Österreich von der Grundversorgung und geht keiner Beschäftigung nach. Er betätigte sich aber mehrfach ehrenamtlich: So hat der BF1 Reinigungstätigkeiten und Hilfeleistungen für das XXXX geleistet oder bei " XXXX "-Veranstaltungen für " XXXX " mitgearbeitet. Seit Juni 2017 ist er als Katastrophenhilfsdiensthelfer tätig. Für den BF1 wurde ein Empfehlungsschreiben ausgestellt, das ihm ein höfliches, entgegenkommendes und hilfsbereites Wesen attestiert.

Der BF1 hat an einer "Stabilisierungsgruppe des Traumahilfezentrums des XXXX " teilgenommen und ein Radfahrtraining mit Überprüfung sowie einen Erste-Hilfe-Grundkurs absolviert. Er hat Deutschkurse bis zum Niveau A2 besucht bzw. besucht aktuell einen Deutschkurs von privaten, freiwilligen Helfern im Pfarrhof XXXX . Im Dezember 2016 hat dieser eine A1-ÖSD-Sprachprüfung abgelegt. Der BF1 konnte die in der Verhandlung gestellten Fragen auf Deutsch verstehen und in überwiegend vollständigen deutschen Sätzen darauf antworten.

In seiner Freizeit fährt er Fahrrad und geht spazieren.

1.1.1.9. Der BF1 ist in Österreich nicht vorbestraft, er war nicht von einer gerichtlichen Untersuchung in Österreich betroffen und hat keine Verwaltungsstrafe erhalten.

1.1.2. Zu BF2

1.1.2.1. Die BF2 trägt den Namen XXXX und führt das Geburtsdatum XXXX . Sie ist Staatsangehörige der Islamischen Republik Afghanistan, Volksgruppenangehörige der Tadschiken und bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben. Sie spricht Dari als Muttersprache, die sie etwas lesen und schreiben kann. Die BF2 ist volljährig und mit dem BF1 verheiratet (traditionelle Heirat bei einem Mullah). Beide haben vier gemeinsame Kinder, und zwar die BF3 bis BF6.

1.1.2.2. Die Eltern der BF2 stammen aus der Provinz Kapisa, Distrikt Kohestan, Dorf XXXX ; der Gebursort der BF2 selbst konnte nicht festgestellt werden. Mit sieben Jahren verließ sie zusammen mit ihren Eltern Kabul in Richtung Iran, kehrte aber mit 13 Jahren wieder in ihren Herkunftsstaat zurück und lebte ab diesem Zeitpunkt erneut in Kabul. Die BF2 besuchte sechs Jahre lang eine Schule (zwei Jahre im Iran und vier Jahre in Afghanistan). Zusammen mit ihrem Mann und den Kindern sowie mit der Mutter und einer Schwester des BF1 lebte sie in einer Mietwohnung. Vor ihrer Ausreise aus Europa zog sie wieder kurzzeitig bei ihren Eltern ein. BF2 war in ihrem Herkunftsstaat als Friseurin tätig und hat ein eigenes Geschäft betrieben. Zuletzt war sie Hausfrau.

1.1.2.3. Die Eltern, ein Bruder und drei Schwestern der BF2 halten sich nach wie vor in Kabul auf. Ein weiterer Bruder wurde in Griechenland, wo er anerkannter Flüchtling war, von einem Albaner erschossen. Die BF2 hat aktuell nur noch mit einer ihrer Schwestern Kontakt. Die anderen Familienmitglieder haben den Kontakt zu BF2 abgebrochen, nachdem sie erfuhren, dass der BF1 konvertiert ist.

1.1.2.4. Die BF2 hat zusammen mit ihren Kindern Ende 2015 Afghanistan verlassen und lebte eineinhalb Jahre in einem Camp in Griechenland, ehe sie am 18.09.2017 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Für die Schleppung der BF2 und ihrer Kinder wurden ca. USD 15.000,-- gezahlt, für die der Vater der BF2 aufkam, aber auch Ersparnisse der Familie herangezogen wurden.

1.1.2.5. In ihrem Herkunftsstaat ist die BF2 ist nicht vorbestraft, sie war politisch nicht tätig und hatte keine Probleme mit den Behörden im Herkunftsstaat.

1.1.2.6. Die BF2 leidet unter Eisenmangel und hat Probleme mit dem Herzen. Dagegen nimmt sie die Medikamente XXXX , XXXX ( XXXX mg), XXXX ( XXXX mg) und XXXX ( XXXX mg) ein. In Afghanistan wurde dieser die Gallenblase entfernt.

1.1.2.7. Im Bundesgebiet verfügt die BF2 über Angehörige, und zwar BF1 sowie BF3 bis BF6.

1.1.2.8. Die BF2 lebt derzeit in Österreich von der Grundversorgung und geht keiner Beschäftigung nach. Manchmal hilft sie in der Kirche bei Veranstaltungen aus. In Zukunft möchte die BF2 als Friseurin arbeiten.

Sie hat noch keinen Deutschkurs besucht, lernt aber die Sprache jeden Donnerstag mit privaten, freiwilligen Helfern im Pfarrhof XXXX bzw. hat mit einem Pfarrer in XXXX gelernt. Die in der Verhandlung gestellten Fragen auf Deutsch konnte die BF2 teilweise auf Deutsch verstehen, jedoch nicht auf Deutsch antworten.

In ihrer Freizeit geht die BF2 laufen. Durch die Kirche hat sie mehrere österreichische Freunde kennengelernt.

1.1.1.9. Die BF2 ist in Österreich nicht vorbestraft, sie war nicht von einer gerichtlichen Untersuchung in Österreich betroffen und hat keine Verwaltungsstrafe erhalten.

1.1.3. Zu BF3

1.1.3.1. BF3 ist die Tochter von BF1 und BF2. Die BF3 trägt den Namen XXXX und führt das Geburtsdatum XXXX . Sie ist Staatsangehörige der Islamischen Republik Afghanistan und Volksgruppenangehörige der Tadschiken. Sie spricht Dari als Muttersprache. Die BF3 ist minderjährig.

1.1.3.2. Sie wurde in Kabul geboren und ist dort bis zur Flucht im Jahr 2015 auch aufgewachsen. Diese besuchte in Kabul eine Privatschule. Die BF3 verließ zusammen mit ihrer Mutter und den drei anderen Geschwistern das Land und stellte schließlich am 18.09.2017 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.1.3.3. Die BF3 lebt mit ihren Eltern und ihren Geschwistern im Familienverband und ist gesund.

1.1.3.4. Sie besucht regelmäßig die Schule und geht dort in den christlichen Religionsunterricht. Ihre Hobbies sind Basketball und Schwimmen.

1.1.4. Zu BF4

1.1.4.1. BF4 ist die Tochter von BF1 und BF2. Die BF4 trägt den Namen XXXX und führt das Geburtsdatum XXXX . Sie ist Staatsangehörige der Islamischen Republik Afghanistan und Volksgruppenangehörige der Tadschiken. Sie spricht Dari als Muttersprache. Die BF4 ist minderjährig.

1.1.4.2. Sie wurde in Kabul geboren und ist dort bis zur Flucht im Jahr 2015 auch aufgewachsen. Die BF4 verließ zusammen mit ihrer Mutter und den drei anderen Geschwistern das Land und stellte schließlich am 18.09.2017 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.1.4.3. Die BF4 lebt mit ihren Eltern und ihren Geschwistern im Familienverband und ist gesund.

1.1.4.4. Sie besucht regelmäßig die Schule und geht dort in den christlichen Religionsunterricht.

1.1.5. Zu BF5

1.1.5.1. BF5 ist die Tochter von BF1 und BF2. Die BF5 trägt den Namen XXXX und führt das Geburtsdatum XXXX . Sie ist Staatsangehörige der Islamischen Republik Afghanistan und Volksgruppenangehörige der Tadschiken. Sie spricht Dari als Muttersprache. Die BF5 ist minderjährig.

1.1.5.2. Sie wurde in Kabul geboren und ist dort bis zur Flucht im Jahr 2015 auch aufgewachsen. Die BF5 verließ zusammen mit ihrer Mutter und den drei anderen Geschwistern das Land und stellte schließlich am 18.09.2017 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.1.5.3. Die BF5 lebt mit ihren Eltern und ihren Geschwistern im Familienverband und ist gesund.

1.1.5.4. Sie besucht regelmäßig die Schule und geht dort in den christlichen Religionsunterricht.

1.1.6. Zu BF6

1.1.6.1. BF6 ist der Sohn von BF1 und BF2. Der BF6 trägt den Namen XXXX und führt das Geburtsdatum XXXX . Er ist Staatsangehörige der Islamischen Republik Afghanistan und Volksgruppenangehöriger der Tadschiken. Er spricht Dari als Muttersprache. Der BF6 ist minderjährig.

1.1.6.2. Er wurde in Kabul geboren und ist dort bis zur Flucht im Jahr 2015 auch aufgewachsen. Der BF6 verließ zusammen mit ihrer Mutter und den drei anderen Geschwistern das Land und stellte schließlich am 18.09.2017 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.1.6.3. Der BF6 lebt mit seinen Eltern und Geschwistern im Familienverband und ist gesund.

1.1.6.4. Er besucht regelmäßig einen Kindergarten.

1.2. Zum Nachfluchtgrund

In Afghanistan gehörte der BF1 der sunnitischen Glaubensrichtung des Islams an, fand aber keinen Gefallen an diesem Glauben und lebte die Religion nicht aus; er hatte schon früher den Gedanken, dass Christen besser als Moslems seien.

In Österreich begann sich der BF1 seit Frühling 2016 näher mit dem Christentum zu befassen und zeigte Interesse daran, ein Leben als Christ zu führen. Er besuchte ab Juli 2016 einen Glaubenskurs, der schon begonnen hatte, und nahm von Jänner bis September 2017 an einem vollen "Alpha-Kurs" teil. Am 03.09.2017 wurde der BF1 in der XXXX , einem Teil der Freikirche, getauft. Auch seit Erhalt des Taufscheins nimmt dieser regelmäßig an Gottesdiensten teil und liest in der Bibel, um sein bereits vorhandenes religiöses Wissen zu erweitern. Lediglich während eines Zeitraums, in dem er sich weit entfernt von einer Kirche befand, deren Messfeier er sprachlich folgen konnte, ging er weniger regelmäßig in die Kirche. Sonntags zündet der BF zu Hause in Gedanken an Jesus Christus eine Kerze an.

Die Ehefrau und Kinder des BF1 erfuhren in Griechenland von dessen Konversion und akzeptieren diese. Der BF1 erzählt zuhause von seinem christlichen Glauben und würde sich wünschen, dass auch seine Familie - wenngleich er dieser die Glaubensausübung freistellt - zu dieser Religion findet. Die Kinder des BF1 besuchen aktuell in der Schule den christlichen Religionsunterricht.

Auch die in Deutschland lebenden Angehörigen des BF1 haben Verständnis für dessen Entscheidung, sind diese doch selbst Konvertiten. Anders fiel hingegen die Reaktion der in Afghanistan aufhältigen Schwiegerfamilie aus, die seit Kenntnis des Glaubenswechsels den BF1 und dessen Familie meidet und sogar den Kontakt abgebrochen hat. Gleichfalls führte die Offenbarung der nunmehrigen Angehörigkeit zum Christentum gegenüber anderen Muslimen in Österreich zu Anfeindungen gegenüber dem BF1.

Beim BF1 liegt eine ernsthafte innere Hinwendung zum Christentum vor, die sich zu einer inneren Überzeugung und einem maßgeblichen Bestandteil seiner Identität verdichtet hat. Er würde seine Konversion bei einer Rückkehr nach Afghanistan weder verstecken noch widerrufen. BF1 würde seine innere Einstellung gegenüber Dritten zum Ausdruck bringen und nicht bloß für sich behalten. Dem BF1 würde daher bei einer Überstellung nach Afghanistan, wo nach der dort allgemein vorherrschenden Ansicht ein Moslem nicht die Religion - und schon gar nicht zum Christentum - wechseln darf, im ganzen Land eine lebensbedrohliche oder seine körperliche oder geistige Integrität beeinträchtigende Gefahr drohen.

1.3. Situation im Herkunftsstaat

1.3.1. Politische Lage

Nach dem Sturz des Taliban-Regimes im Jahr 2001 wurde eine neue Verfassung ausgearbeitet und im Jahr 2004 angenommen (BFA Staatendokumentation 7.2016; vgl. Casolino 2011). Sie basiert auf der Verfassung aus dem Jahr 1964. Bei der Ratifizierung sah diese Verfassung vor, dass kein Gesetz gegen die Grundsätze und Bestimmungen des Islam verstoßen darf und alle Bürger Afghanistans, Mann wie Frau, gleiche Rechte und Pflichten vor dem Gesetz haben (BFA Staatendokumentation 3.2014; vgl. Casolino 2011, MPI 27.1.2004).

Die Verfassung der Islamischen Republik Afghanistan sieht vor, dass der Präsident der Republik direkt vom Volk gewählt wird und sein Mandat fünf Jahre beträgt (Casolino 2011). Implizit schreibt die Verfassung dem Präsidenten auch die Führung der Exekutive zu (AAN 13.2.2015).

Nach den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2014 einigten sich die beiden Kandidaten Ashraf Ghani und Abdullah Abdullah Mitte 2014 auf eine Regierung der Nationalen Einheit (RNE) (AM 2015; vgl. DW 30.9.2014). Mit dem RNE-Abkommen vom 21.9.2014 wurde neben dem Amt des Präsidenten der Posten des CEO (Chief Executive Officer) eingeführt, dessen Befugnisse jenen eines Premierministers entsprechen. Über die genaue Gestalt und Institutionalisierung des Postens des CEO muss noch eine loya jirga [Anm.: größte nationale Versammlung zur Klärung von wichtigen politischen bzw. verfassungsrelevanten Fragen] entscheiden (AAN 13.2.2015; vgl. AAN o. D.), doch die Einberufung einer loya jirga hängt von der Abhaltung von Wahlen ab (CRS 13.12.2017).

Die afghanische Innenpolitik war daraufhin von langwierigen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Regierungslagern unter Führung von Präsident Ashraf Ghani und dem Regierungsvorsitzenden (Chief Executive Officer, CEO) Abdullah Abdullah geprägt. Kurz vor dem Warschauer NATO-Gipfel im Juli 2016 wurden schließlich alle Ministerämter besetzt (AA 9.2016).

Parlament und Parlamentswahlen

Die afghanische Nationalversammlung ist die höchste legislative Institution des Landes und agiert im Namen des gesamten afghanischen Volkes (Casolino 2011). Sie besteht aus dem Unterhaus, auch wolesi jirga, "Kammer des Volkes", genannt, und dem Oberhaus, meshrano jirga auch "Ältestenrat" oder "Senat" genannt. Das Unterhaus hat 250 Sitze, die sich proportional zur Bevölkerungszahl auf die 34 Provinzen verteilen. Verfassungsgemäß sind für Frauen 68 Sitze, für die Minderheit der Kutschi zehn Sitze und für Vertreter der Hindu- bzw. Sikh-Gemeinschaft ein Sitz im Unterhaus reserviert (AAN 22.1.2017; vgl. USDOS 20.4.2018, USDOS 15.8.2017, CRS 13.12.2017, Casolino 2011). Die Mitglieder des Unterhauses haben ein Mandat von fünf Jahren (Casolino 2011). Die verfassungsmäßigen Quoten gewährleisten einen Frauenanteil von ca. 25% im Unterhaus (AAN 22.1.2017).

Das Oberhaus umfasst 102 Sitze (IPU 27.2.2018). Zwei Drittel von diesen werden von den gewählten Provinzräten vergeben. Das verbleibende Drittel, wovon 50% mit Frauen besetzt werden müssen, vergibt der Präsident selbst. Zwei der vom Präsidenten zu vergebenden Sitze sind verfassungsgemäß für die Kutschi-Minderheit und zwei weitere für behinderte Personen bestimmt. Auch ist de facto ein Sitz für einen Vertreter der Hindu- bzw. Sikh-Gemeinschaft reserviert (USDOS 20.4.2018; vgl. USDOS 15.8.2017).

Die Rolle des Parlaments bleibt begrenzt. Zwar beweisen die Abgeordneten mit kritischen Anhörungen und Abänderungen von Gesetzentwürfen in teils wichtigen Punkten, dass das Parlament grundsätzlich funktionsfähig ist. Zugleich nutzt das Parlament seine verfassungsmäßigen Rechte, um die Arbeit der Regierung destruktiv zu behindern, Personalvorschläge der Regierung z. T. über längere Zeiträume zu blockieren und sich Zugeständnisse wohl auch durch finanzielle Zuwendungen an einzelne Abgeordnete abkaufen zu lassen. Insbesondere das Unterhaus hat sich dadurch sowohl die RNE als auch die Zivilgesellschaft zum Gegner gemacht. Generell leidet die Legislative unter einem kaum entwickelten Parteiensystem und mangelnder Rechenschaft der Parlamentarier gegenüber ihren Wählern (AA 5.2018).

Die für Oktober 2016 angekündigten Parlamentswahlen konnten wegen ausstehender Wahlrechtsreformen nicht am geplanten Termin abgehalten werden. Daher bleibt das bestehende Parlament weiterhin im Amt (AA 9.2016; vgl. CRS 12.1.2017). Im September 2016 wurde das neue Wahlgesetz verabschiedet und Anfang April 2018 wurde von der unabhängigen Wahlkommission (IEC) der 20. Oktober 2018 als neuer Wahltermin festgelegt. Gleichzeitig sollen auch die Distriktwahlen stattfinden (AAN 12.4.2018; vgl. AAN 22.1.2017, AAN 18.12.2016).

Parteien

Die afghanische Verfassung erlaubt die Gründung politischer Parteien, solange deren Programm nicht im Widerspruch zu den Prinzipien des Islam steht (USDOS 15.8.2017). Um den Parteien einen allgemeinen und nationalen Charakter zu verleihen, verbietet die Verfassung jeglichen Zusammenschluss in politischen Organisationen, der aufgrund von ethnischer, sprachlicher oder konfessioneller Zugehörigkeit erfolgt (Casolino 2011). Auch darf keine rechtmäßig zustande gekommene Partei oder Organisation ohne rechtliche Begründung und ohne richterlichen Beschluss aufgelöst werden (AE o. D.). Der Terminus "Partei" umfasst gegenwärtig eine Reihe von Organisationen mit sehr unterschiedlichen organisatorischen und politischen Hintergründen. Trotzdem existieren Ähnlichkeiten in ihrer Arbeitsweise. Einer Anzahl von ihnen war es möglich, die Exekutive und Legislative der Regierung zu beeinflussen (USIP 3.2015).

Die meisten dieser Gruppierungen erscheinen jedoch mehr als Machtvehikel ihrer Führungsfiguren, denn als politisch-programmatisch gefestigte Parteien. Ethnischer Proporz, persönliche Beziehungen und ad hoc geformte Koalitionen genießen traditionell mehr Einfluss als politische Organisationen. Die Schwäche des sich noch entwickelnden Parteiensystems ist auf strukturelle Elemente (wie z.B. das Fehlen eines Parteienfinanzierungsgesetzes) zurückzuführen sowie auf eine allgemeine Skepsis der Bevölkerung und der Medien. Reformversuche sind im Gange, werden aber durch die unterschiedlichen Interessenlagen immer wieder gestört, etwa durch das Unterhaus selbst (AA 9.2016). Ein hoher Grad an Fragmentierung sowie eine Ausrichtung auf Führungspersönlichkeiten sind charakteristische Merkmale der afghanischen Parteienlandschaft (AAN 6.5.2018).

Mit Stand Mai 2018 waren 74 Parteien beim Justizministerium (MoJ) registriert (AAN 6.5.2018).

Parteienlandschaft und Opposition

Nach zweijährigen Verhandlungen unterzeichneten im September 2016 Vertreter der afghanischen Regierung und der Hezb-e Islami ein Abkommen (CRS 12.1.2017), das letzterer Immunität für "vergangene politische und militärische" Taten zusichert. Dafür verpflichtete sich die Gruppe, alle militärischen Aktivitäten einzustellen (DW 29.9.2016). Das Abkommen beinhaltete unter anderem die Möglichkeit eines Regierungspostens für den historischen Anführer der Hezb-e-Islami, Gulbuddin Hekmatyar; auch soll sich die afghanische Regierung bemühen, internationale Sanktionen gegen Hekmatyar aufheben zu lassen (CRS 12.1.2017). Tatsächlich wurde dieser im Februar 2017 von der Sanktionsliste des UN-Sicherheitsrates gestrichen (AAN 3.5.2017). Am 4.5.2017 kehrte Hekmatyar nach Kabul zurück (AAN 4.5.2017). Die Rückkehr Hekmatyars führte u.a. zu parteiinternen Spannungen, da nicht alle Fraktionen innerhalb der Hezb-e Islami mit der aus dem Friedensabkommen von 2016 erwachsenen Verpflichtung sich unter Hekmatyars Führung wiederzuvereinigen, einverstanden sind (AAN 25.11.2017; vgl. Tolonews 19.12.2017, AAN 6.5.2018). Der innerparteiliche Konflikt dauert weiter an (Tolonews 14.3.2018).

Ende Juni 2017 gründeten Vertreter der Jamiat-e Islami-Partei unter Salahuddin Rabbani und Atta Muhammad Noor, der Jombesh-e Melli-ye Islami-Partei unter Abdul Rashid Dostum und der Hezb-e Wahdat-e Mardom-Partei unter Mardom Muhammad Mohaqeq die semi-oppositionelle "Coalition for the Salvation of Afghanistan", auch "Ankara Coalition" genannt. Diese Koalition besteht aus drei großen politischen Parteien mit starker ethnischer Unterstützung (jeweils Tadschiken, Usbeken und Hazara) (AB 18.11.2017; vgl. AAN 6.5.2018).

Unterstützer des weiterhin politisch tätigen ehemaligen Präsidenten Hamid Karzai gründeten im Oktober 2017 eine neue politische Bewegung, die Mehwar-e Mardom-e Afghanistan (The People's Axis of Afghanistan), unter der inoffiziellen Führung von Rahmatullah Nabil, des ehemaligen Chefs des afghanischen Geheimdienstes (NDS). Später distanzierten sich die Mitglieder der Bewegung von den politischen Ansichten Hamid Karzais (AAN 6.5.2018; vgl. AAN 11.10.2017).

Anwarul Haq Ahadi, der langjährige Anführer der Afghan Mellat, eine der ältesten Parteien Afghanistans, verbündete sich mit der ehemaligen Mujahedin-Partei Harakat-e Enqilab-e Eslami-e Afghanistan. Gemeinsam nehmen diese beiden Parteien am New National Front of Afghanistan teil (NNF), eine der kritischsten Oppositionsgruppierungen in Afghanistan (AAN 6.5.2018; vgl. AB 29.5.2017).

Eine weitere Oppositionspartei ist die Hezb-e Kongara-ya Melli-ye Afghanistan (The National Congress Party of Afghanistan) unter der Führung von Abdul Latif Pedram (AB 15.1.2016; vgl. AB 29.5.2017).

Auch wurde die linksorientierte Hezb-e-Watan-Partei (The Fatherland Party) wieder ins Leben gerufen, mit der Absicht, ein wichtiges Segment der ehemaligen linken Kräfte in Afghanistan zusammenzubringen (AAN 6.5.2018; vgl. AAN 21.8.2017).

Friedens- und Versöhnungsprozess

Am 28. Februar 2018 machte Afghanistans Präsident Ashraf Ghani den Taliban ein Friedensangebot (NYT 11.3.2018; vgl. TS 28.2.2018). Die Annahme des Angebots durch die Taliban würde, so Ghani, diesen verschiedene Garantien gewähren, wie eine Amnestie, die Anerkennung der Taliban-Bewegung als politische Partei, eine Abänderung der Verfassung und die Aufhebung der Sanktionen gegen ihre Anführer (TD 7.3.2018). Quellen zufolge wird die Annahme bzw. Ablehnung des Angebots derzeit in den Rängen der Taliban diskutiert (Tolonews 16.4.2018; vgl. Tolonews 11.4.2018). Anfang 2018 fanden zwei Friedenskonferenzen zur Sicherheitslage in Afghanistan statt: die zweite Runde des Kabuler Prozesses [Anm.: von der afghanischen Regierung ins Leben gerufene Friedenskonferenz mit internationaler Beteiligung] und die Friedenskonferenz in Taschkent (TD 24.3.2018; vgl. TD 7.3.2018, NZZ 28.2.2018). Anfang April rief Staatspräsident Ghani die Taliban dazu auf, sich für die Parlamentswahlen im Oktober 2018 als politische Gruppierung registrieren zu lassen, was von diesen jedoch abgelehnt wurde (Tolonews 16.4.2018). Ende April 2018 kam es in diesem Zusammenhang zu Angriffen regierungsfeindlicher Gruppierungen (hauptsächlich des IS, aber auch der Taliban) auf mit der Wahlregistrierung betraute Behörden in verschiedenen Provinzen.

Am 19.5.2018 erklärten die Taliban, sie würden keine Mitglieder afghanischer Sicherheitskräfte mehr angreifen, wenn diese ihre Truppen verlassen würden, und gewährten ihnen somit eine "Amnestie". In ihrer Stellungnahme erklärten die Aufständischen, dass das Ziel ihrer Frühlingsoffensive Amerika und ihre Alliierten seien (AJ 19.5.2018).

Am 7.6.2018 verkündete Präsident Ashraf Ghani einen Waffenstillstand mit den Taliban für den Zeitraum 12.6.2018 - 20.6.2018. Die Erklärung erfolgte, nachdem sich am 4.6.2018 über 2.000 Religionsgelehrte aus ganz Afghanistan in Kabul versammelt hatten und eine Fatwa zur Beendigung der Gewalt aussprachen (Tolonews 7.6.2018; vgl. Reuters 7.6.2018, RFL/RL 5.6.2018). Durch die Fatwa wurden Selbstmordanschläge für ungesetzlich (nach islamischem Recht, Anm.) erklärt und die Taliban dazu aufgerufen, den Friedensprozess zu unterstützen (Reuters 5.6.2018). Die Taliban selbst gingen am 9.6.2018 auf das Angebot ein und erklärten einen Waffenstillstand von drei Tagen (die ersten drei Tage des Eid-Fests, Anm.). Der Waffenstillstand würde sich jedoch nicht auf die ausländischen Sicherheitskräfte beziehen; auch würden sich die Taliban im Falle eines militärischen Angriffs verteidigen (HDN 10.6.2018; vgl. TH 10.6.2018, Tolonews 9.6.2018).

(Auszug aus folgender Quelle: Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan vom 29.06.2018 mit Aktualisierungsstand 11.09.2018 [in Folge: "LIB"], Pkt. 2. "Politische Lage")

1.3.2. Sicherheitslage

Wegen einer Serie von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren, die von regierungsfeindlichen Elementen ausgeführt wurden, erklärten die Vereinten Nationen (UN) im Februar 2018 die Sicherheitslage für sehr instabil (UNGASC 27.2.2018).

Für das Jahr 2017 registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) landesweit 29.824 sicherheitsrelevante Vorfälle. Im Jahresvergleich wurden von INSO 2016 landesweit 28.838 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert und für das Jahr 2015 25.288. Zu sicherheitsrelevanten Vorfällen zählt INSO Drohungen, Überfälle, direkter Beschuss, Entführungen, Vorfälle mit IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und andere Arten von Vorfällen (INSO o.D.).

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(Darstellung Staatendokumentation beruhend auf den INSO-Zahlen aus den Jahren 2015, 2016, 2017)

Im Vergleich folgt ein monatlicher Überblick der sicherheitsrelevanten Vorfälle für die Jahre 2016, 2017 und 2018 in Afghanistan (INSO o.D.)

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(Darstellung der Staatendokumentation beruhend auf INSO o.D.)

Für das Jahr 2017 registrierte die UN insgesamt 23.744 sicherheitsrelevante Vorfälle in Afghanistan (UNGASC 27.2.2018); für das gesamte Jahr 2016 waren es 23.712 (UNGASC 9.3.2017). Landesweit wurden für das Jahr 2015 insgesamt 22.634 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (UNGASC 15.3.2016).

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(Darstellung der Staatendokumentation beruhend auf UNGASC 15.3.2016, UNGASC 9.3.2017, UNGASC 27.2.2018)

Es folgt ein Jahresvergleich der sicherheitsrelevanten Vorfälle, die von der UN und der NGO INSO in den Jahren 2015, 2016 und 2017 registriert wurden:

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(Darstellung der Staatendokumentation beruhend auf INSO (o.D.), UN GASC 15.3.2016, UNGASC 9.3.2017, UNGASC 27.2.2018)

Im Jahr 2017 waren auch weiterhin bewaffnete Zusammenstöße Hauptursache (63%) aller registrierten sicherheitsrelevanten Vorfälle, gefolgt von IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und Luftangriffen. Für das gesamte Jahr 2017 wurden 14.998 bewaffnete Zusammenstöße registriert (2016: 14.977 bewaffnete Zusammenstöße) (USDOD 12.2017). Im August 2017 stuften die Vereinten Nationen (UN) Afghanistan, das bisher als "Post-Konflikt-Land" galt, wieder als "Konfliktland" ein; dies bedeute nicht, dass kein Fortschritt stattgefunden habe, jedoch bedrohe der aktuelle Konflikt die Nachhaltigkeit der erreichten Leistungen (UNGASC 10.8.2017).

Die Zahl der Luftangriffe hat sich im Vergleich zum Jahr 2016 um 67% erhöht, die gezielter Tötungen um 6%. Ferner hat sich die Zahl der Selbstmordattentate um 50% erhöht. Östlichen Regionen hatten die höchste Anzahl an Vorfällen zu verzeichnen, gefolgt von südlichen Regionen. Diese beiden Regionen zusammen waren von 55% aller sicherheitsrelevanten Vorfälle betroffen (UNGASC 27.2.2018).

Für den Berichtszeitraum 15.12.2017 - 15.2.2018 kann im Vergleich zum selben Berichtszeitraum des Jahres 2016, ein Rückgang (-6%) an sicherheitsrelevanten Vorfällen verzeichnet werden (UNGASC 27.2.2018).

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(Darstellung der Staatendokumentation)

Afghanistan ist nach wie vor mit einem aus dem Ausland unterstützten und widerstandsfähigen Aufstand konfrontiert. Nichtsdestotrotz haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit und wachsenden Fähigkeiten im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand gezeigt. So behält die afghanische Regierung auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren (USDOD 12.2017). Zwar umkämpften die Taliban Distriktzentren, sie konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt; vgl. AAN 6.6.2018) bedrohen - ein signifikanter Meilenstein für die ANDSF (USDOD 12.2017; vgl. UNGASC 27.2.2018); diesen Meilenstein schrieben afghanische und internationale Sicherheitsbeamte den intensiven Luftangriffen durch die afghanische Nationalarmee und der Luftwaffe sowie verstärkter Nachtrazzien durch afghanische Spezialeinheiten zu (UNGASC 27.2.2018).

Die von den Aufständischen ausgeübten öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe in städtischen Zentren beeinträchtigten die öffentliche Moral und drohten das Vertrauen in die Regierung zu untergraben. Trotz dieser Gewaltserie in städtischen Regionen war im Winter landesweit ein Rückgang an Talibanangriffen zu verzeichnen (UNGASC 27.2.2018). Historisch gesehen gehen die Angriffe der Taliban im Winter jedoch immer zurück, wenngleich sie ihre Angriffe im Herbst und Winter nicht gänzlich einstellen. Mit Einzug des Frühlings beschleunigen die Aufständischen ihr Operationstempo wieder. Der Rückgang der Vorfälle im letzten Quartal 2017 war also im Einklang mit vorangegangenen Schemata (LIGM 15.2.2018).

Anschläge bzw. Angriffe und Anschläge auf hochrangige Ziele

Die Taliban und weitere aufständische Gruppierungen wie der Islamische Staat (IS) verübten auch weiterhin "high-profile"-Angriffe, speziell im Bereich der Hauptstadt, mit dem Ziel, eine Medienwirksamkeit zu erlangen und damit ein Gefühl der Unsicherheit hervorzurufen und so die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben (USDOD 12.2017; vgl. SBS 28.2.2018, NZZ 21.3.2018, UNGASC 27.2.2018). Möglicherweise sehen Aufständische Angriffe auf die Hauptstadt als einen effektiven Weg, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung zu untergraben, anstatt zu versuchen, Territorium in ländlichen Gebieten zu erobern und zu halten (BBC 21.3.2018).

Die Anzahl der öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe hatte sich von 1.6. - 20.11.2017 im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Vorjahres erhöht (USDOD 12.2017). In den ersten Monaten des Jahres 2018 wurden verstärkt Angriffe bzw. Anschläge durch die Taliban und den IS in verschiedenen Teilen Kabuls ausgeführt (AJ 24.2.2018; vgl. Slate 22.4.2018). Als Antwort auf die zunehmenden Angriffe wurden Luftangriffe und Sicherheitsoperationen verstärkt, wodurch Aufständische in einigen Gegenden zurückgedrängt wurden (BBC 21.3.2018); auch wurden in der Hauptstadt verstärkt Spezialoperationen durchgeführt, wie auch die Bemühungen der US-Amerikaner, Terroristen zu identifizieren und zu lokalisieren (WSJ 21.3.2018).

Landesweit haben Aufständische, inklusive der Taliban und des IS, in den Monaten vor Jänner 2018 ihre Angriffe auf afghanische Truppen und Polizisten intensiviert (TG 29.1.2018; vgl. BBC 29.1.2018); auch hat die Gewalt Aufständischer gegenüber Mitarbeiter/innen von Hilfsorganisationen in den letzten Jahren zugenommen (The Guardian 24.1.2018). Die Taliban verstärken ihre Operationen, um ausländische Kräfte zu vertreiben; der IS hingegen versucht, seinen relativ kleinen Einflussbereich zu erweitern. Die Hauptstadt Kabul ist in diesem Falle für beide Gruppierungen interessant (AP 30.1.2018).

Angriffe auf afghanische Sicherheitskräfte und Zusammenstöße zwischen diesen und den Taliban finden weiterhin statt (AJ 22.5.2018; AD 20.5.2018).

Registriert wurde auch eine Steigerung öffentlichkeitswirksamer gewalttätiger Vorfälle (UNGASC 27.2.2018), von denen zur Veranschaulichung hier auszugsweise einige Beispiele wiedergegeben werden sollen:

* Selbstmordanschlag vor dem Ministerium für ländliche Rehabilitation und Entwicklung (MRRD) in Kabul: Am 11.6.2018 wurden bei einem Selbstmordanschlag vor dem Eingangstor des MRRD zwölf Menschen getötet und 30 weitere verletzt. Quellen zufolge waren Frauen, Kinder und Mitarbeiter des Ministeriums unter den Opfern (AJ 11.6.2018). Der Islamische Staat (IS) bekannte sich zum Angriff (Reuters 11.6.2018; Gandhara 11.6.2018).

* Angriff auf das afghanische Innenministerium (MoI) in Kabul: Am 30.5.2018 griffen bewaffnete Männer den Sitz des MoI in Kabul an, nachdem vor dem Eingangstor des Gebäudes ein mit Sprengstoff geladenes Fahrzeug explodiert war. Bei dem Vorfall kam ein Polizist ums Leben. Die Angreifer konnten nach einem zweistündigen Gefecht von den Sicherheitskräften getötet werden. Der Islamische Staat (IS) bekannte sich zum Angriff (CNN 30.5.2018; vgl. Gandhara 30.5.2018)

* Angriff auf Polizeistützpunkte in Ghazni: Bei Taliban-Anschlägen auf verschiedene Polizeistützpunkte in der afghanischen Provinz Ghazni am 21.5.2018 kamen mindestens 14 Polizisten ums Leben (AJ 22.5.2018).

* Angriff auf Regierungsbüro in Jalalabad: Nach einem Angriff auf die Finanzbehörde der Provinz Nangarhar in Jalalabad kamen am 13.5.2018 mindestens zehn Personen, darunter auch Zivilisten, ums Leben und 40 weitere wurden verletzt (Pajhwok 13.5.2018; vgl. Tolonews 13.5.2018). Die Angreifer wurden von den Sicherheitskräften getötet (AJ 13.5.2018). Quellen zufolge bekannte sich der Islamische Staat (IS) zum Angriff (AJ 13.5.2018).

* Angriff auf Polizeireviere in Kabul: Am 9.5.2018 griffen bewaffnete Männer jeweils ein Polizeirevier in Dasht-e-Barchi und Shar-i-Naw an und verursachten den Tod von zwei Polizisten und verwundeten sechs Zivilisten. Auch wurden Quellen zufolge zwei Attentäter von den Sicherheitskräften getötet (Pajhwok 9.5.2018). Der IS bekannte sich zum Angriff (Pajhwok 9.5.2018; vgl. Tolonews 9.5.2018).

* Selbstmordangriff in Kandahar: Bei einem Selbstmordanschlag auf einen Konvoi der NATO-Truppen in Haji Abdullah Khan im Distrikt Daman der Provinz Kandahar sind am 30.4.2018 elf Kinder ums Leben gekommen und 16 weitere Menschen verletzt worden; unter den Verletzten befanden sich u.a. rumänische Soldaten (Tolonews 30.4.2018b; vgl. APN 30.4.2018b, Focus 30.4.2018, IM 30.4.2018). Weder der IS noch die Taliban reklamierten den Anschlag für sich (Spiegel 30.4.2018; vgl. Tolonews 30.4.2018b).

* Doppelanschlag in Kabul: Am 30.4.2018 fand im Bezirk Shash Derak in der Hauptstadt Kabul ein Doppelanschlag statt, bei dem Selbstmordattentäter zwei Explosionen verübten (AJ 30.4.2018; vgl. APN 30.4.2018a). Die erste Detonation erfolgte in der Nähe des Sitzes des afghanischen Geheimdienstes (NDS) und wurde von einem Selbstmordattentäter auf einem Motorrad verübt; dabei wurden zwischen drei und fünf Menschen getötet und zwischen sechs und elf weitere verletzt (DZ 30.4.2018; vgl. APN 30.4.2018b); Quellen zufolge handelte es sich dabei um Zivilisten (Focus 30.4.2018). Die zweite Detonation ging von einem weiteren Selbstmordattentäter aus, der sich, als Reporter getarnt, unter die am Anschlagsort versammelten Journalisten, Sanitäter und Polizisten gemischt hatte (DZ 30.4.2018; vgl. APN 30.4.2018b, Pajhwok 30.4.2018, Tolonews 30.4.2018a). Dabei kamen u.a. zehn Journalisten ums Leben, die bei afghanischen sowie internationalen Medien tätig waren (TI 1.5.2018; vgl. AJ 30.4.2018, APN 30.4.2018a,). Bei den beiden Anschlägen sind Quellen zufolge zwischen 25 und 29 Personen ums Leben gekommen und 49 verletzt worden (AJ 30.4.2018; vgl. APN 30.4.2018a, DZ 30.4.2018, Tolonews 30.4.2018a). Der IS bekannte sich zu beiden Angriffen (DZ 30.4.2018; vgl. APN 30.4.2018a). Quellen zufolge sind Geheimdienstmitarbeiter das Ziel des Angriffes gewesen (DZ 30.4.2018; vgl. APN 30.4.2018a).

* Angriff auf die Marshal Fahim Militärakademie: Am 29.1.2018 attackierten fünf bewaffnete Angreifer einen militärischen Außenposten in der Nähe der Marshal Fahim Militärakademie (auch bekannt als Verteidigungsakademie), die in einem westlichen Außendistrikt der Hauptstadt liegt. Bei dem Vorfall wurden mindestens elf Soldaten getötet und 15 weitere verletzt, bevor die vier Angreifer getötet und ein weiterer gefasst werden konnten. Der IS bekannte sich zu dem Vorfall (Reuters 29.1.2018; vgl. NYT 28.1.2018).

* Bombenangriff mit einem Fahrzeug in Kabul: Am 27.1.2018 tötete ein Selbstmordattentäter der Taliban mehr als 100 Menschen und verletzte mindestens 235 weitere (Reuters 27.1.2018; vgl. TG 28.1.2018). Eine Bombe - versteckt in einem Rettungswagen - detonierte in einem schwer gesicherten Bereich der afghanischen Hauptstadt (TG 27.1.2018; vgl. TG 28.1.2018) - dem sogenannten Regierungs- und Diplomatenviertel (Reuters 27.1.2018).

* Angriff auf eine internationale Organisation (Save the Children - SCI) in Jalalabad: Am 24.1.2018 brachte ein Selbstmordattentäter ein mit Sprengstoff beladenes Fahrzeug am Gelände der Nichtregierungsorganisation (NGO) Save The Children in der Provinzhauptstadt Jalalabad zur Explosion. Mindestens zwei Menschen wurden getötet und zwölf weitere verletzt; der IS bekannte sich zu diesem Vorfall (BBC 24.1.2018; vgl. Reuters 24.1.2018, TG 24.1.2018).

* Angriff auf das Hotel Intercontinental in Kabul: Am 20.1.2018 griffen fünf bewaffnete Männer das Luxushotel Intercontinental in Kabul an. Der Angriff wurde von afghanischen Truppen abgewehrt, nachdem die ganze Nacht um die Kontrolle über das Gebäude gekämpft worden war (BBC 21.1.2018; vgl. DW 21.1.2018). Dabei wurden mindestens 14 Ausländer/innen und vier Afghan/innen getötet. Zehn weitere Personen wurden verletzt, einschließlich sechs Mitglieder der Sicherheitskräfte (NYT 21.1.2018). 160 Menschen konnten gerettet werden (BBC 21.1.2018). Alle fünf Angreifer wurden von den Sicherheitskräften getötet (Reuters 20.1.2018). Die Taliban bekannten sich zu dem Angriff (DW 21.1.2018).

* Selbstmordattentat mit einem mit Sprengstoff beladenen Tanklaster:

Am 31.5.2017 kamen bei einem Selbstmordattentat im hochgesicherten Diplomatenviertel Kabuls mehr als 150 Menschen ums Leben, mindestens 300 weitere wurden schwer verletzt (FAZ 6.6.2017; vgl. AJ 31.5.2017, BBC 31.5.2017; UN News Centre 31.5.2017). Der IS bekannte sich zu diesem Vorfall (FN 7.6.2017).

Hinsichtlich Kabul sind weiters folgende Ereignisse erwähnenswert:

IS-Angriff während Massoud-Festzug in Kabul 9.9.2018

Bei einem Selbstmordanschlag im Kabuler Stadtteil Taimani kamen am 9.9.2018 mindestens sieben Menschen ums Leben und ungefähr 24 weitere wurden verletzt. Der Anschlag, zu dem sich der Islamische Staat (IS/ISKP) bekannte, fand während eines Festzugs zu Ehren des verstorbenen Mudschahedin-Kämpfers Ahmad Shah Massoud statt (AJ 10.9.2018; vgl. Khaama Press 10.9.2018b).

IS-Angriff auf Sportverein in Kabul 5.9.2018

Am Mittwoch, dem 5.9.2018, kamen bei einem Doppelanschlag auf einen Wrestling-Klub im Kabuler Distrikt Dasht-e Barchi mindestens 20 Personen ums Lebe

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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