Entscheidungsdatum
22.02.2019Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W262 2198749-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia JERABEK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Claudia MARIK sowie den fachkundigen Laienrichter Dr. Ludwig RHOMBERG als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch den Kriegsopfer- und Behindertenverband für Wien, Niederösterreich und Burgenland, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 03.05.2018, OB XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG in Verbindung mit § 42 Abs. 1 BBG und § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen stattgegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass dem Antrag des Beschwerdeführers vom 11.08.2017 auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass Folge gegeben wird.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer ist seit 24.04.2014 Inhaber eines unbefristeten Behindertenpasses mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 70 v.H. und den Zusatzeintragungen "Der Inhaber des Passes ist Träger von Osteosynthesematerial" sowie "Der Inhaber kann die Fahrpreisermäßigung nach dem Bundesbehindertengesetz in Anspruch nehmen."
2. Der Beschwerdeführer stellte am 11.08.2017 beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (in der Folge als "belangte Behörde" bezeichnet), einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass sowie auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO und legte diverse medizinische Unterlagen und Befunde vor.
3. Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie ein. In dem - auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 09.02.2018 erstatteten - Gutachten vom 26.03.2018 wurde auszugsweise Folgendes festgehalten:
"...
Klinischer Status - Fachstatus:
Neurologisch im Kopf und im Hirnnervenbereich keine Auffälligkeiten. Im Bereich der Extremitäten rechts Kribbelparästhesien rechter Unterarm und rechtes Bein, nicht radiculär. Tremor mittelschlägig beim Halteversuch, rechts mehr als links. Keine Koordinationsstörungen. Keine Reflexanomalien. Keine Schwäche. Gangbild unauffällig, leicht schmerzhinkend rechts. Romberg und Unterberger, Zehen- und Fersenstand unauffällig.
Gesamtmobilität - Gangbild: Unauffällig.
Status Psychicus:
Cognitiv regelrecht. Keine Denkstörungen. Keine psychotische Symptomatik. Befindlichkeit nervös, aufgeregt. Vermindert affizierbar und resonanzfähig, depressiv gestimmt. Berichtet über Impulskontrollstörung. In der Anamnese zahlreiche ernstgemeinte Suizidversuche mit Polytrauma. Recidivierend depressiv. Panikstörung. Vermeidung von Menschenansammlungen. Vermeidung von engen Räumen. Derzeit distanziert von Suizidideen.
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1
Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen, Persönlichkeits- bzw. Verhaltensstörung mit maßgeblichen sozialen Beeinträchtigungen
2
Chronische Rückenschmerzen und Bewegungseinschränkung
Stellungnahme zu
gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Änderung der Diagnose ‚chronische depressive Störung mit wiederholten Suizidversuchen' auf ‚Persönlichkeitsstörung', da in dieser Diagnose sowohl die Depressionen, als auch die zahlreichen Suizidversuche, die Klaustrophobie und Panikattacken inkludiert sind. Auch die Impulskontrollstörung wie Wutanfälle und sein selbstschädigendes Verhalten und seine sozialen Defizite sind in dieser Diagnose inkludiert.
Dauerzustand.
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Die körperliche Mobilität ist nicht eingeschränkt. Aus psychischen Gründen besteht anamnestisch im Rahmen der seit der Jugendzeit bestehenden kombinierten Persönlichkeitsstörung eine ausgeprägte Angststörung, die sich vor allem in einem klaustrophobischem Verhalten äußert. Angst vor Menschenansammlungen, Angst vor Kontrollverlust, dann ausgeprägte Panikstörung. Da aber diese Störung in keinem der vorliegenden Befunde explizit als Hauptdiagnose aufscheint, kann die Nichtbenützbarkeit der öffentlichen Verkehrsmittel objektiv nicht bestätigt werden.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Nein. ..."
4. Mit Schreiben vom 27.03.2018 wurde der Beschwerdeführer vom Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt.
In der dazu erstatteten Stellungnahme vom 12.04.2018 führte der Beschwerdeführer zusammengefasst aus, dass die Sachverständige nicht ausgeführt habe, wie sich die von ihr festgestellte ausgeprägte Angststörung mit dem vor allem klaustrophobischen Verhalten auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirke.
Am 24.04.2018 reichte der Beschwerdeführer einen Befund einer klinischen Psychologin und Psychotherapeutin vom 12.04.2018 nach.
5. In der dazu eingeholten Stellungnahme der bereits befassten Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie vom 02.05.2018 wird Folgendes ausgeführt:
"Antwort(en):
Antragsteller hat über den KOBV mit Schreiben vom 12.4.2018 Beschwerde gegen die Abweisung der Zusatzeintragung der Nichtbenützung der öffentlichen Verkehrsmittel eingereicht. Auch wenn durch die Untersuchung die psychischen Beschwerden glaubhaft dargestellt wurden, wird, um die Nichtbenützbarkeit der öffentlichen Verkehrsmittel gewähren zu können, Folgendes gefordert:
1. muss die Klaustrophobie/Agoraphobie nachweislich als Hauptdiagnose vorliegen;
2. muss nachweislich eine entsprechende Therapie, die bei Nichterfolg auch gewechselt wurde, versucht worden sein (zum Beispiel stationäre verhaltenstherapeutische Therapie).
Falls diese nicht erfolgt ist, wird die Zusatzeintragung nicht erfolgen."
6. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 03.05.2018 wurde der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 BBG abgewiesen. Begründend stützte sich die belangte Behörde im Bescheid auf das Sachverständigengutachten vom 26.03.2018 sowie auf die Stellungnahme vom 02.05.2018, wonach die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung nicht gegeben seien.
Am Ende des Bescheides wurde angemerkt, dass über den Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO nicht abgesprochen werde, da die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" nicht vorliegen würden.
Das Sachverständigengutachten wurde dem Beschwerdeführer als Beilage des Bescheides übermittelt.
7. Mit Schreiben vom 15.06.2018 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und führte aus, dass er seit seiner Jugendzeit eine kombinierte Persönlichkeitsstörung und ausgeprägte Angststörung habe, welche sich vor allem in einem klaustrophobischen Verhalten äußere. Er habe Angst vor Menschenansammlungen und vor Kontrollverlust mit ausgeprägten Panikattacken. Die Sachverständige habe nicht ausgeführt, inwiefern sich diese Funktionseinschränkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirken. Es könne nicht allein darauf ankommen, ob die Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörung als Hauptdiagnose in den Befunden genannt würden. Abschließend beantragte der Beschwerdeführer die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie die Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Fach Psychiatrie. Er stellte die Anträge, der Beschwerde Folge zu geben, den Bescheid aufzuheben und dem Antrag auf Vornahme der begehrten Zusatzeintragung in den Behindertenpass stattzugeben, in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
8. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt langten am 20.06.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
9. Das Bundesverwaltungsgericht holte in der Folge eine Gutachtensergänzung der bereits befassten Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie vom 11.10.2018 ein. In dieser wird auszugsweise Folgendes ausgeführt:
"...
Das Bundesverwaltungsgericht ersucht um Ergänzung des Sachverständigengutachtens vom 27.3.2018 samt Stellungnahme vom 2.5.2018 dahingehend, ob im Hinblick auf die vorgelegten Befunde Abl. 5-10 und insbesondere das noch nicht berücksichtigte Schreiben XXXX vom 17.04.2018, Abl. 1 sowie auf das Vorbringen in der Stellungnahme Abl. 3 und der Beschwerde Abl. 31-33 von einer Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auszugehen ist.
Stellungnahme:
Für die Stellungnahme ausschlaggebend ist nicht nur der Befund von Frau XXXX vom 17.4.2018, Abl. 1, sondern vielmehr der Befund vom 4.8.2017, Abl. 5 und Rückseite, der ein klinisch-psychologischer Befund ist und sehr ausführlich die Diagnose ausarbeitet. Dieser ausführliche Befund lag mir bei der Begutachtung am 27.3.2018 nicht vor, auch nicht der Befund vom 17.4.2018.
Daher kommt es zu einer Änderung der Einschätzung bezüglich der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:
Beschwerdeführer (BF) ist auf Grund seiner komplexen Erkrankung, die nicht nur in einer Persönlichkeits- und Verhaltensstörung, sondern auch in einer schizoaffektiven Störung besteht sowie laut Befund auch in einer leichten kognitiven Störung, nicht in der Lage, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, da er wegen der ausgeprägten sozialen Ängste, paranoider Erlebnisverarbeitung, Beziehungsideen, Wahrnehmungsstörung und Impulskontrollstörung, die er bei Menschenansammlungen nicht sicher kontrollieren kann, unter Umständen eine Gefahr für Passagiere darstellen kann. Auch besteht möglicherweise eine Orientierungsstörung bei Stress und daher ist auch aus diesem Grund die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar."
10. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.10.2018 wurden der Beschwerdeführer und die belangte Behörde über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und ihnen in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, binnen zwei Wochen eine Stellungnahme dazu abzugeben. Soweit nicht eine eingelangte Stellungnahme anderes erfordere, werde das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidung auf Basis der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens erlassen.
11. In einer Stellungnahme vom 05.11.2018 nahm der Beschwerdeführer das Ergebnis der Gutachtensergänzung zur Kenntnis.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist seit 2014 Inhaber eines unbefristeten Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 70 v.H. sowie mit den Zusatzeintragungen "Der Inhaber des Passes ist Träger von Osteosynthesematerial" und "Der Inhaber kann die Fahrpreisermäßigung nach dem Bundesbehindertengesetz in Anspruch nehmen."
Der Beschwerdeführer brachte am 11.08.2017 bei der belangten Behörde einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" und auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO ein.
Beim Beschwerdeführer bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich sechs Monate andauern werden:
1) Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen mit maßgeblichen sozialen Beeinträchtigungen;
2) Chronische Rückenschmerzen und Bewegungseinschränkungen.
Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer festgestellten Gesundheitsschädigungen, ihrer Art und Schwere sowie ihrer Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen Beurteilungen im von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten vom 26.03.2018 samt Stellungnahme vom 02.05.2018 sowie dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Ergänzungsgutachten vom 11.10.2018 der nunmehrigen Entscheidung zugrunde gelegt.
Der Beschwerdeführer ist aufgrund seiner komplexen psychiatrischen Erkrankung nicht in der Lage, öffentliche Verkehrsmittel zu benützen, da er aufgrund seiner ausgeprägten sozialen Ängste, paranoider Erlebnisverarbeitung, Beziehungsideen, Wahrnehmungsstörungen und Impulskontrollstörungen, die er bei Menschenansammlungen nicht kontrollieren kann, eine Gefahr für andere Fahrgäste darstellt. Unter Stress tritt zusätzlich eine Orientierungsstörung auf.
Aufgrund der festgestellten Funktionseinschränkungen kann dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus medizinischer Sicht nicht zugemutet werden.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen zum Vorliegen eines Behindertenpasses und zur Antragstellung ergeben sich aus dem Akteninhalt.
2.2. Die Feststellungen zu den bestehenden Funktionseinschränkungen sowie zur Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung gründen sich auf das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie vom 26.03.2018 samt Stellungnahme vom 02.05.2018 sowie auf das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte Ergänzungsgutachten der bereits befassten Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie vom 11.10.2018.
Darin wurde auf die Art und Schwere der Leiden des Beschwerdeführers sowie deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Die Gutachten setzen sich ausführlich mit den im Zuge des Verfahrens vorgelegten Befunden auseinander. Die getroffenen medizinischen Beurteilungen basieren auf dem im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befund und entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen (diesbezüglich wird auch auf die auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen in den Gutachten und der Stellungnahme verwiesen). Nach Vorlage weiterer Befunde erfolgte durch das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte Ergänzungsgutachten schlüssig eine Änderung der bisherigen Einschätzung.
Die vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte Gutachtensergänzung wurde der belangten Behörde und dem Beschwerdeführer unter Einräumung einer Frist zur Äußerung übermittelt. Die belangte Behörde hat sich dazu nicht mehr geäußert. Der Beschwerdeführer bekräftigte in seiner Stellungnahme die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.
2.3. Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Gutachtens einer Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie vom 26.03.2018 samt Stellungnahme und Gutachtensergänzung vom 11.10.2018. Diese werden daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung eines fachkundigen Laienrichters ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4 BBG.
Zu A) Stattgebung der Beschwerde:
3.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:
"§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
(...)"
"§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
(...)"
"§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."
3.3. Die in Ausübung der Ermächtigung des § 47 BBG erlassene Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013, ist am 01.01.2014 in Kraft getreten und wurde mit 22.09.2016, BGBl. II Nr. 263/2016, novelliert. § 1 dieser Verordnung lautet auszugsweise:
"§ 1. ...
(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:
...
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
-
erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten
-
erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
-
erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
-
eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
-
eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
..."
3.4. In den Erläuterungen zur Stammfassung der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen wird hinsichtlich der hier maßgeblichen Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 (vormals: § 1 Abs. 2 Z 3) - soweit relevant - insbesondere Folgendes ausgeführt:
"Zu § 1 Abs. 2 Z 3:
Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
Die Voraussetzung des vollendeten 36. Lebensmonats wurde deshalb gewählt, da im Durchschnitt auch ein nicht behindertes Kind vor dem vollendeten 3. Lebensjahr im Zusammenhang mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel Wegstrecken nicht ohne Begleitung selbständig gehen kann.
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes ‚dauerhafte Mobilitätseinschränkung' hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe ‚erheblich' und ‚schwer' werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.
Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
-
arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
-
Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
-
hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
-
Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
-
COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
-
Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
-
mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden
Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:
-
Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,
-
hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,
-
schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,
-
nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden - Begleitperson ist erforderlich.
Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, liegt vor bei:
-
anlagebedingten, schweren Erkrankungen des Immunsystems (SCID - sever combined immundeficiency),
-
schweren, hämatologischen Erkrankungen mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit (z.B: akute Leukämie bei Kindern im 2. Halbjahr der Behandlungsphase, Nachuntersuchung nach Ende der Therapie),
-
fortgeschrittenen Infektionskrankheiten mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit,
-
selten auftretenden chronischen Abstoßungsreaktionen nach Nierentransplantationen, die zu zusätzlichem Immunglobulinverlust führen.
Bei Chemo- und/oder Strahlentherapien im Rahmen der Behandlung onkologischer Erkrankungen kommt es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft. Eine anhaltende Funktionseinschränkung resultiert daraus nicht.
Anzumerken ist noch, dass in dieser kurzen Phase die Patienten in einem stark reduzierten Allgemeinzustand sind und im Bedarfsfall ein Krankentransport indiziert ist.
Bei allen frisch transplantierten Patienten kommt es nach einer anfänglichen Akutphase mit hochdosierter Immunsuppression, nach etwa 3 Monaten zu einer Reduktion auf eine Dauermedikation, die keinen wesentlichen Einfluss auf die Abwehrkräfte bei üblicher Exposition im öffentlichen Raum hat.
..."
3.5.1. Nach der (noch zur Rechtslage nach der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen, BGBl. 86/1991, ergangenen) ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Behörde, um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aufgrund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 20.04.2004, 2003/11/0078 [= VwSlg. 16.340 A/2004]; VwGH 01.06.2005, 2003/10/0108; VwGH 29.06.2006, 2006/10/0050; VwGH 18.12.2006, 2006/11/0211; VwGH 17.11.2009, 2006/11/0178; VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142; VwGH 23.05.2012, 2008/11/0128; VwGH 17.06.2013, 2010/11/0021; VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013; 27.01.2015, 2012/11/0186; 01.03.2016, Ro 2014/11/0024, je mwN).
Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an ihrer Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321 [= VwSlg. 15.577 A/2001]). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hiebei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).
Dabei kommt es entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Allgemeinen an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus sonstigen, von der Gesundheitsbeeinträchtigung unabhängigen Gründen erschweren, wie etwa die Entfernung des Wohnorts des Beschwerdeführers vom nächstgelegenen Bahnhof (vgl. VwGH 22.10.2002, 2001/11/0258 und VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013).
3.5.2. Diese (zur Rechtslage vor Erlassung der Verordnung BGBl. II Nr. 495/2013 idF BGBl. II Nr. 263/2016 ergangene) Rechtsprechung ist zur Beurteilung der Voraussetzungen der Zusatzeintragung nach § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen unverändert von Bedeutung. Dies folgt bereits daraus, dass die zitierte Verordnungsbestimmung jene rechtlich relevanten Gesichtspunkte der Benützung eines Verkehrsmittels, auf die die bisherige Rechtsprechung abstellt (Zugangsmöglichkeit, Ein- und Aussteigemöglichkeit, Stehen, Sitzplatzsuche etc.), nicht modifiziert oder beseitigt hat, sondern weiterhin auf den Begriff der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel abstellt und lediglich ergänzend regelt, welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen "insbesondere" als solche in Betracht kommen, die die Unzumutbarkeit nach sich ziehen können.
3.6. Wie oben unter Punkt II.2. eingehend ausgeführt wurde, wird der Entscheidung das - vom Bundesverwaltungsgericht als schlüssig erkannte und im Rahmen des Parteiengehörs unwidersprochen gebliebene - Ergänzungsgutachten einer Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie sowie das von der belangten Behörde eingeholte Gutachten samt Stellungnahme zugrunde gelegt. Unter Berücksichtigung der gutachterlichen medizinischen Beurteilung - insbesondere im Ergänzungsgutachten - ist dem Beschwerdeführer zum Entscheidungszeitpunkt angesichts der bei ihm festgestellten Funktionseinschränkungen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar.
3.7. Der Beschwerde war daher stattzugeben und der angefochtene Bescheid spruchgemäß abzuändern.
Die belangte Behörde hat folglich die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass des Beschwerdeführers vorzunehmen und über den am 11.08.2017 gestellten, bisher offenbar unerledigt gebliebenen Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO zu entscheiden.
3.8. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
3.8.1. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Wurde kein entsprechender Antrag gestellt, ist die Frage, ob von Amts wegen eine Verhandlung durchgeführt wird, in das pflichtgemäße und zu begründende Ermessen des Verwaltungsgerichtes gestellt, wobei die in § 24 Abs. 2, 3, 4 und 5 VwGVG normierten Ausnahmebestimmungen als Anhaltspunkte der Ermessensübung anzusehen sind (vgl. zur insofern gleichartigen Regelungsstruktur des § 67d Abs. 1 und 2 bis 4 AVG [alte Fassung] die Darstellung bei Hengstschläger/Leeb, AVG [2007] § 67d Rz 17 und 29, mwH).
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
3.8.2. Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde, dem von der belangten Behörde eingeholten Gutachten samt Stellungnahme und der vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Gutachtensergänzung. Letzterer sind die Parteien des Verfahrens nicht entgegengetreten. Die strittigen Tatsachenfragen gehören dem Bereich zu, der von Sachverständigen zu beleuchten ist. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung - trotz deren Beantragung - eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. insb. auch Pkt II.3.5.) ab; die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes und der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II 495/2013 idF BGBl. II Nr. 263/2016, sind - soweit für den Fall von Bedeutung - eindeutig. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Behindertenpass, Sachverständigengutachten, ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W262.2198749.1.00Zuletzt aktualisiert am
08.05.2019