TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/22 W238 2206655-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.02.2019
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Entscheidungsdatum

22.02.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W238 2206655-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Claudia MARIK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Julia JERABEK sowie den fachkundigen Laienrichter Dr. Ludwig RHOMBERG als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Andrea WEISERT, Mariahilfer Straße 27/11, 1060 Wien, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 24.01.2018, OB XXXX , nach Beschwerdevorentscheidung vom 25.04.2018 betreffend Abweisung des Antrags auf Ausstellung eines Behindertenpasses zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die nunmehrige Beschwerdeführerin stellte am 03.10.2017 einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis), der vom Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (im Folgenden als belangte Behörde bezeichnet), auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gewertet wurde. Folgender Hinweis ist im Antragsformular der Behörde enthalten:

"Wenn Sie noch nicht im Besitz eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung ‚Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel' sind, gilt dieser Antrag auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. auf Vornahme der Zusatzeintragung ‚Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel' in den Behindertenpass."

2. Die belangte Behörde holte in weiterer Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin ein. In dem - auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 22.01.2018 - erstatteten Gutachten vom 24.01.2018 wurde auszugsweise Folgendes ausgeführt:

"Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand: gut

Ernährungszustand: sehr gut

Größe: 158,00 cm Gewicht: 70,00 kg Blutdruck: 125/80

Klinischer Status - Fachstatus:

Aus- und Ankleiden gering verlangsamt selbstständig gut möglich, Aufstehen und Lagewechsel selbständig möglich

Caput: ua., keine Lippenzyanose, keine Halsvenenstauung

Cor: reine Herztöne, rhythmische Herzaktion

Pulmo: V.A., sonorer KS, Basen atemversch., keine Kurzatmigkeit beim Sprechen, keine Kurzatmigkeit bei Bewegungsprüfung im Untersuchungszimmer

Abdomen: weich, keine Druckpunkte, keine path. Resistenzen palp., Leber am Ribo palp., Milz n.p., Darmgeräusche normal und unauffällig, Nierenlager bds. frei

HWS: Kopfdrehung und -seitneigung: nach rechts und links, Inkl. und Rekl. frei

BWS: gerade, LWS: Rumpfdrehung und -seitneigung endlagig eingeschränkt

Extremitäten:

OE: Rechtshändigkeit

Schultergelenk rechts: Abduktion und Anteversion frei

Schultergelenk links: Abduktion und Anteversion frei

Nacken- und Schürzengriff beidseits frei durchführbar

Ellenbogengelenke: frei

Handgelenke frei beweglich, Fingergelenke bds. frei, Daumengelenke bds. frei, etwas vergröbertes PIP dig. II und geringer dig. IV rechts sowie gering vergröbertes PIP und DIP Gelenk dig. II links

Faustschluss bds. komplett durchführbar, Zangengriff bds. durchführbar, Fingernägel etwas gelblich verfärbt wie bei Nikotinkonsum, keine Entzündungszeichen der Fingergelenke

UE: Hüftgelenk rechts: Flexion 95°, Abd. und Add. altersentsprechend frei

Hüftgelenk links: Flexion 95°, Abduktion und Adduktion frei

Kniegelenk rechts: Beweglichkeit frei, bandstabil

Kniegelenk links: Beweglichkeit frei, bandstabil

Sprunggelenke bds. frei

sonstige Gelenke altersentsprechend frei, Hallux rechts

Fußheben und -senken bds. Durchführbar

Einbeinstand bds. durchführbar, Hocke durchführbar, im Sitzen werden die Schuhe zum Schuhbandbinden bzw. die Fußspitzen mit den Händen gut erreicht, beide UE können 40° von der Unterlage abgehoben werden

Bein- und Fußpulse bds. palp., Temperatur der unteren Extremitäten seitengleich unauffällig und normal, keine Ulcera

Venen: verstärkte Venenzeichnung beidseits

Ödeme: keine Knöchel- bzw. Unterschenkelödeme

Sensibilität wird an der gesamten linken unteren Extremität gering reduziert angegeben, Kraft der oberen und unteren Extremitäten seitengleich unauffällig

Romberg: unauffällig

Unterberger-Versuch: unauffällig, keine Drehtendenz

Gesamtmobilität - Gangbild:

AW kommt mit einem Rollator bei gering verlangsamtem, insgesamt unauffälligem, flüssigem und sicherem Gangbild, Aufstehen aus sitzender und liegender Körperhaltung selbstständig gut möglich, freies Stehen gut möglich, Gehen ohne Hilfsmittel im Untersuchungszimmer sicher und flüssig möglich.

Zehenspitzen- und Fersenstand beidseits mit Anhalten durchführbar, Konfektionsschuhe.

Status Psychicus:

klar, wach, in allen Qualitäten orientiert, keine Denkstörungen, Denkziel wird erreicht, Stimmung ausgeglichen, Anamneseerhebung unauffällig und gut möglich."

Als Ergebnis der durchgeführten Begutachtung wurden die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

GdB %

1

Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule Wahl dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da bei rezidivierender Lumboischialgie geringgradige funktionelle Einschränkungen objektiviert werden können bei Fehlen motorischer Defizite.

02.01.02

30

2

Chronisch obstruktive Atemwegserkrankung Oberer Rahmensatz dieser Position, da berichtete medikamentöse Therapie bei auskultatorisch unauffälliger Lunge und Fehlen von Exazerbationen sowie stationären Behandlungen.

06.06.01

20

3

Arterielle Hypertonie bei dokumentierten Veränderungen der Herzklappen Wahl dieser Position, da berichtete laufende medikamentöse Kombinationstherapie bei Fehlen von Dekompensationszeichen.

05.01.02

20

4

Degenerative Veränderungen der Kniegelenke g.Z. 02.02.01 Unterer Rahmensatz dieser Position, da maßgebliche funktionelle Einschränkungen nicht objektiviert werden können.

02.02.01

10

5

Degenerative Veränderungen der Fingergelenke beider Hände g.Z. 02.02.01 Unterer Rahmensatz dieser Position, da Fehlen maßgeblicher funktioneller Einschränkungen bei erhaltener Greif- und Haltefunktion.

02.02.01

10

zugeordnet und

nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. festgestellt. Begründend wurde ausgeführt, dass die Leiden 2, 3 und 5 mit dem führenden Leiden 1 nicht maßgeblich funktionell negativ zusammenwirken würden. Auch Leiden 4 erhöhe den Gesamtgrad der Behinderung mangels eines maßgeblichen wechselseitigen negativen Zusammenwirkens nicht. Die berichteten Beschwerden in den Sprunggelenken würden bei Fehlen einer maßgeblichen funktionellen Einschränkung keinen Behinderungsgrad erreichen. Eine periphere arterielle Verschlusserkrankung der unteren Extremitäten sei durch Befunde nicht eindeutig belegt und erreiche bei grobklinisch unauffälliger Durchblutungssituation keinen Behinderungsgrad. Befunde, welche eine rheumatologische Erkrankung belegen, würden nicht vorliegen. Es handle sich um einen Dauerzustand.

3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 24.01.2018 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 BBG abgewiesen, da die Beschwerdeführerin mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 30 v.H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien dem Sachverständigengutachten zu entnehmen, das einen Bestandteil der Begründung bilde. Als Beilage zum Bescheid wurde der Beschwerdeführerin das Sachverständigengutachten vom 24.01.2018 übermittelt.

4. Mit - hier nicht verfahrensgegenständlichem - Bescheid vom 25.01.2018 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, mit Bescheid vom 24.01.2018 sei festgestellt worden, dass die Beschwerdeführerin die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" nicht erfülle. Da das Vorliegen eines Behindertenpasses mit der genannten Zusatzeintragung Voraussetzung für die Ausstellung eines Parkausweises sei, sei der Antrag abzuweisen

5. Gegen den Bescheid von 24.01.2018 erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde. Darin wurde ausgeführt, dass ihr bei der ärztlichen Untersuchung mitgeteilt worden sei, sie könne den Befund ihres Facharztes für Pulmologie nachreichen. Das der Beschwerde beigelegte fachärztliche Schreiben sei ihr erst am 08.02.2018 ausgestellt worden. Abschließend wurde um neuerliche Einschätzung der chronisch obstruktiven Atemwegserkrankung ersucht.

6. Seitens der belangten Behörde wurde daraufhin eine Begutachtung der Beschwerdeführerin durch einen Facharzt für Lungenheilkunde veranlasst. In dem - auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 11.04.2018 - erstatteten Gutachten eines Facharztes für Lungenheilkunde vom 24.04.2018 wurde Folgendes ausgeführt:

"Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

65-jährige Frau im altersentsprechenden normalen Allgemeinzustand, normaler muskulärer Status, keine relevante Verschmächtigung, keine Ruhedyspnoe, keine Lippenzyanose, keine mobile Sauerstoffversorgung, Sauerstoffsättigung bei Raumluftatmung mit 98% vollständig im Normbereich

Ernährungszustand: leicht übergewichtiger Ernährungszustand

Größe: 158,00 cm Gewicht: 72,00 kg Blutdruck: 100/60

Klinischer Status - Fachstatus:

Kopf, Hals: keine obere Einflussstauung, keine Struma, keine Lippenzyanose, die Hirnnerven frei

Herz: reine rhythmische Herztöne, Frequenz: 66 pro Minute

Lunge: sonorer Klopfschall, freie Vesikuläratmung ohne spastische Nebengeräusche, klinisch Normalbefund an den Lungen

Gliedmaßen: geringe Krampfaderbildung, Knöchelödeme beidseits, die großen Gelenke sind leichtgradig endlagig in der Beweglichkeit eingeschränkt

Lungenfunktionsprüfung: leichtgradige vorwiegend periphere Obstruktion, die Kriterien einer COPD werden definitionsgemäß nicht erreicht, der FEV1 liegt absolut bei 77% und im Anteil an der Vitalkapazität bei 82%. Die Feststellungen im von der Kundin als Beweismittel vorgelegten lungenärztlichen Befund Dr. XXXX sind somit objektiv nicht nachzuvollziehen.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Altersentsprechende unauffällige Gesamtmobilität, freier Stand und freies Sitzen problemlos möglich, sowohl die nebenberufliche Tätigkeit, wie auch der Augenschein und das Sprechverhalten, sowie flüssiges Entkleiden des Oberkörpers zeigen keine relevante Atemnot schon bei leichten Anstrengungen.

Die Kundin erscheint im Beisein zweier Hilfskräfte sowie mit einem Rollstuhl, welchen sie allerdings flüssig verlässt und ebenso wieder flüssig besteigt.

Status Psychicus: unauffällig, zeitlich- und örtlich orientiert, keine fassbaren kognitiven Defizite, ausgeglichene, freundliche Stimmungslage."

Im Ergebnis wurde im lungenfachärztlichen Sachverständigengutachten festgehalten, dass das allgemeinmedizinische Vorgutachten vom 24.01.2018 aus pulmologischer Sicht bestätigt werde. Die eigene Untersuchung samt Messung habe nur eine leichtgradige chronisch obstruktive Atemwegserkrankung gezeigt, welche im Vorgutachten unter Leiden 2 korrekt bewertet worden sei.

Die chronisch obstruktive Atemwegserkrankung wurde somit (erneut) der Positionsnummer 06.06.01 unter Heranziehung des oberen Rahmensatzes von 20 v.H. zugeordnet. Begründend wurde ausgeführt, dass eine objektivbare, jedoch insgesamt leichtgradige Einschränkung der respiratorischen Leistungsreserven besteht, ohne dass gehäufte akute Exazerbationen oder Einschränkungen der Atemgase bei glaubhaft gemachten wiederkehrenden subjektiven Beschwerden (Adipositas) bestehen. 7. Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 25.04.2018 wurde die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid vom 24.01.2018 gemäß §§ 40, 41 und 46 BBG iVm § 14 VwGVG abgewiesen und festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 30 v.H. nicht vorliegen. Begründend wurde auf die Ergebnisse des im Zuge der Ergänzung des Ermittlungsverfahrens eingeholten Sachverständigengutachtens vom 24.04.2018 verwiesen. Dieses wurde der Beschwerdeführerin als Beilage zur Beschwerdevorentscheidung übermittelt.

8. Mit Eingabe vom 18.06.2018 brachte die - nunmehr anwaltlich vertretene - Beschwerdeführerin unter Bezugnahme auf die Beschwerdevorentscheidung vom 25.04.2018 einen Vorlageantrag ein. Unter einem beantragte sie die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Frist für die Einbringung eines Vorlageantrags. Diesbezüglich führte sie im Wesentlichen aus, dass die Beschwerdeführerin aufgrund der Pflege ihrer schwerkranken Schwester von der Zustellung der Beschwerdevorentscheidung an ihre (damalige) Zustellungsbevollmächtigte zunächst keine Kenntnis erlangt habe. Sie sei durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Antragstellung gehindert gewesen.

Im Rahmen des Vorlageantrags führte die Beschwerdeführerin aus, dass der befasste Sachverständige am 11.04.2018 keinerlei Untersuchungen vorgenommen und sich die Befunde nicht angesehen habe. Er habe sogar unrichtige, offensichtlich nicht geprüfte Angaben getätigt. Insbesondere sei die seit 20 Jahren bestehende Diabeteserkrankung der Beschwerdeführerin unberücksichtigt geblieben.

9. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 24.09.2018 wurde dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Einbringung eines Vorlageantrags gemäß § 71 AVG stattgegeben. Die Beschwerde, der Vorlageantrag und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht seitens der belangten Behörde am 28.09.2018 vorgelegt.

10. Das Bundesverwaltungsgericht richtete in der Folge ein Ersuchen an den mit der Erstellung des Sachverständigengutachtens vom 24.04.2018 befassten Facharzt für Lungenheilkunde, sein Gutachten unter Berücksichtigung der anlässlich des Vorlageantrags erhobenen Einwendungen zu ergänzen. In dem daraufhin aufgrund der Aktenlage erstellten Gutachten vom 14.11.2018 führte der Sachverständige im Wesentlichen Folgendes aus:

"Fachärztliche Feststellung:

In meinem Gutachten vom 11.04.2018 wird sowohl die Krankheitsvorgeschichte, wie auch die subjektiven Beschwerden, die Medikamente, Sozialanamnese und insbesondere ein klinischer Untersuchungsbefund mit Messung der Sauerstoffsättigung, Blutdruck, klinischer Status und Lungenfunktionsprüfung angeführt.

Somit ist der eindeutige und objektive Beweis erbracht, dass die BF lungenärztlich umfassend untersucht wurde und eine vollständige Befundaufnahme durchgeführt wurde.

Die Beschwerdeangabe, die BF sei gar nicht untersucht worden, ist unverständlich und falsch

Zur Frage der Zuckerkrankheit: Es wurde keine diesbezügliche Medikamenteneinnahme angegeben. Die Krankheit wurde von der BF nicht

angegeben. Diabetes wurde auch im Vorgutachten ... vom 22.01.2018

nicht erwähnt. In den dort angeführten Medikamenten ist keine Diabetes-Medikation enthalten.

Weder in der eigenen Anamnese, noch im bekämpften Vorgutachten wird von der BF das Vorliegen von Diabetes erwähnt.

Somit kann auch nicht von ‚unrichtigen Angaben betreffend Zuckerkrankheit' gesprochen werden. Auch diese Beschwerdeangabe ist unrichtig.

Diesbezüglich hinzuweisen ist auch auf das umfangreiche Schreiben Prof. XXXX vom 08.02.2018, wo umfassend das Beschwerdebild der BF beschrieben wird. Auch in diesem Patientenbrief wird Diabetes mellitus nicht erwähnt (Befundbericht des AKH Wien).

Somit besteht derzeit weder aktenmäßig, noch auf Basis der vorliegenden Befunderhebungen der Hinweis, dass eine ‚schwere Zuckerkrankheit seit 20 Jahren' vorliegt

Sollte der Beweis einer Zuckerkrankheit erbracht werden (unter Beachtung des Neuerungsverbotes), so könnte dies je nach Schweregrad und Behandlung einen Grad der Behinderung zwischen 10 und 30% zur Folge haben. Der Gesamtgrad der Behinderung würde dadurch jedoch nicht ansteigen. Auch hinsichtlich der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ergäbe sich daraus keine Änderung.

...

Zum Gesamtgrad der Behinderung wurde im Gutachten Stellung genommen, der führende Grad der Behinderung Leiden Nr. 1 (degenerative Veränderungen der Wirbelsäule) wird durch die übrigen Leidenszustände wegen zu geringen Grades der Behinderung nicht erhöht, weiters besteht auch keine relevante wechselseitige Leidenspotenzierung.

Weiters ist festzuhalten, dass von der BF bzw. deren Rechtsvertretung keine neuen medizinischen Unterlagen oder Befunde vorgelegt werden, welche geeignet wären, das Ergebnis der eigenen Befundaufnahme zu verändern."

11. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.11.2018 wurden die Beschwerdeführerin und die belangte Behörde über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und ihnen in Wahrung des Parteiengehörs Gelegenheit eingeräumt, binnen zwei Wochen eine Stellungnahme dazu abzugeben. Weiters wurde in diesem Zusammenhang mitgeteilt, dass das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidung auf Basis der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens erlassen wird, soweit nicht eine eingelangte Stellungnahme anderes erfordert.

12. Die Verfahrensparteien ließen dieses Schreiben unbeantwortet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin stellte am 03.10.2017 einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO, der von der belangten Behörde auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gewertet wurde.

Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Bei ihr bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1) Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule: geringgradige funktionelle Einschränkungen bei rezidivierender Lumboischialgie ohne motorische Defizite;

2) Chronisch obstruktive Atemwegserkrankung: leichtgradige Einschränkung der respiratorischen Leistungsreserven ohne gehäufte akute Exazerbationen oder Einschränkungen der Atemgase bei glaubhaft gemachten wiederkehrenden subjektiven Beschwerden (Adipositas);

3) Arterielle Hypertonie bei dokumentierten Veränderungen der Herzklappen: unter laufender medikamentöser Kombinationstherapie ohne Dekompensationszeichen;

4) Degenerative Veränderungen der Kniegelenke: ohne maßgebliche funktionelle Einschränkungen;

5) Degenerative Veränderungen der Fingergelenke beider Hände: ohne maßgebliche funktionelle Einschränkungen bei erhaltener Greif- und Haltefunktion.

Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden Funktionseinschränkungen, deren Ausmaßes und wechselseitiger Leidensbeeinflussung werden die diesbezüglichen Beurteilungen in den Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 24.01.2018 sowie eines Facharztes für Lungenheilkunde vom 24.04.2018 samt Ergänzungsgutachten vom 14.11.2018 der nunmehrigen Entscheidung zugrunde gelegt.

Der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin beträgt 30 v. H.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Das Datum der Einbringung des Antrags und dessen Wertung basieren auf dem Akteninhalt (vgl. dazu auch den Hinweis im Antragsformular unter Pkt. I.1.).

2.2. Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, ergibt sich aus dem seitens des Bundesverwaltungsgerichtes erstellten Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

2.3. Der festgestellte Gesamtgrad der Behinderung gründet sich auf die im Verwaltungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachten vom 24.01.2018 und vom 24.04.2018 sowie auf das im Beschwerdeverfahren eingeholte Ergänzungsgutachten vom 14.11.2018. Darin wurde auf die Leiden der Beschwerdeführerin, deren Ausmaß und wechselseitige Beeinflussung vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen.

Einbezogen wurden von den befassten Sachverständigen die im Verfahren vorgelegten Befunde, die im Übrigen nicht in Widerspruch zu den gutachterlichen Beurteilungen stehen und kein höheres Funktionsdefizit dokumentieren, als anlässlich der Begutachtungen festgestellt werden konnte.

Der vorliegende Sachverständigenbeweis vom 14.01.2018, 24.04.2018 und 14.11.2018 wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes für schlüssig erachtet. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen persönlicher Untersuchungen sowie aufgrund der Aktenlage erhobenen Befunden, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen (diesbezüglich wird auch auf die auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen in den Gutachten verwiesen); die Gesundheitsschädigungen wurden nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung auch richtig eingestuft.

Diesbezüglich ist im Lichte der - in der nachfolgenden rechtlichen Beurteilung teilweise wiedergegebenen - Anlage zur Einschätzungsverordnung festzuhalten, dass das führende Leiden 1 (Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule) im allgemeinmedizinischen Gutachten vom 24.01.2018 korrekt unter Heranziehung der Positionsnummer 02.01.02 mit dem unteren Rahmensatz von 30 v.H. eingestuft wurde. Begründet wurde dies schlüssig damit, dass bei rezidivierender Lumboischialgie geringgradige funktionelle Einschränkungen ohne motorische Defizite vorliegen.

Leiden 2 (Chronisch obstruktive Atemwegserkrankung) wurde vom befassten Facharzt für Lungenheilkunde in seinem Gutachten vom 24.04.2018 zutreffend der Positionsnummer 06.06.01 mit dem oberen Rahmensatz von 20 v.H. zugeordnet. Dieser Einschätzung wurde der Umstand zugrunde gelegt, dass zwar eine objektivierbare, jedoch insgesamt leichtgradige Einschränkung der respiratorischen Leistungsreserven besteht, ohne dass gehäufte akute Exazerbationen oder Einschränkungen der Atemgase objektiviert wurden. Zu dem von der Beschwerdeführerin anlässlich der Beschwerdeerhebung vorgelegten Schreiben eines Facharztes für Innere Medizin und Pulmologie vom 08.02.2018, in dem unter Bezugnahme auf das Bestehen einer COPD und eines muskulären Defizits die Ausstellung eines Parkausweises unterstützt wird, wurde im Sachverständigengutachten vom 24.02.2018 festgehalten, dass die Lungenfunktionsprüfung eine leichtgradige, vorwiegend periphere Obstruktion ergibt; der FEV1 liegt absolut bei 77 % und im Anteil an der Vitalkapazität bei 82 %. Die Ausführungen im Schreiben vom 08.02.2018 wurden vom lungenfachärztlichen Sachverständigen unter Bezugnahme auf die Untersuchungsergebnisse für nicht nachvollziehbar erachtet.

Leiden 3 (Arterielle Hypertonie bei dokumentierten Veränderungen der Herzklappen) wurde im allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachten unter Verweis auf eine laufende medikamentöse Kombinationstherapie bei Fehlen von Dekompensationszeichen korrekt unter Positionsnummer 05.01.02 mit dem dafür vorgesehenen fixen Rahmensatz von 20 v.H. eingestuft.

Leiden 4 (Degenerative Veränderungen der Kniegelenke) wurde schlüssig der Positionsnummer 02.02.01 mit dem unteren Rahmensatz von 10 v.H. zugeordnet, da im Rahmen der klinischen Untersuchung keine maßgeblichen funktionellen Einschränkungen objektiviert werden konnten.

Leiden 5 (Degenerative Veränderungen der Fingergelenke beider Hände) wurde unter Heranziehung derselben Positionsnummer mit dem unteren Rahmensatz eingeschätzt, weil auch insoweit bei erhaltener Greif- und Haltefunktion keine maßgeblichen funktionellen Einschränkungen festgestellt wurden.

Der vom führenden Leiden 1 abgeleitete Gesamtgrad der Behinderung im Ausmaß von 30 v.H. wurde in Ermangelung einer ungünstigen wechselseitigen Beeinflussung der übrigen Funktionsbeeinträchtigungen schlüssig eingeschätzt.

Die zusätzlich von der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren geltend gemachten Beschwerden in den Sprunggelenken wurden von den befassten Sachverständigen wegen Fehlens maßgeblicher funktioneller Einschränkungen nachvollziehbar keiner Einschätzung unterzogen. Ebenso wenig erreicht eine nicht eindeutig durch Befunde belegte periphere arterielle Verschlusserkrankung der unteren Extremitäten mit Blick auf die bei der Untersuchung unauffällige Durchblutungssituation einen Behinderungsgrad. Eine rheumatologische Erkrankung wurde nicht durch Befunde belegt, weshalb auch insoweit eine Aufnahme in die Diagnoseliste unterblieb.

Die - im Übrigen ausschließlich gegen die Einschätzung von Leiden 2 gerichteten - Einwendungen im Rahmen der Beschwerde und des Vorlageantrags waren nicht geeignet, eine Änderung des Ermittlungsergebnisses herbeizuführen, zumal diese vom befassten Sachverständigen insbesondere in seinem lungenfachärztlichen Ergänzungsgutachten vom 14.11.2018 gehörig gewürdigt und mittels einer ebenso schlüssigen wie ausführlichen Begründung in fachlicher Hinsicht entkräftet wurden. Der im Vorlageantrag geäußerten Kritik am Gutachten vom 24.04.2018 trat der befasste Sachverständige entgegen und betonte, dass sein Gutachten die Krankheitsgeschichte der Beschwerdeführerin, ihre subjektiven Beschwerden, die eingenommenen Medikamente, eine Sozialanamnese und insbesondere einen klinischen Untersuchungsbefund samt Messung der Sauerstoffsättigung und des Blutdrucks sowie einen klinischen Status mit Lungenfunktionsprüfung enthält.

Auch das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass die Beschwerdeführerin im Zuge der Erstellung des Gutachtens vom 24.04.2018 lungenfachärztlich umfassend untersucht und eine vollständige Befundaufnahme durchgeführt wurde.

Soweit die Beschwerdeführerin im Vorlageantrag erstmals behauptete, sie leide seit 20 Jahren an Diabetes, ist ihr entgegenzuhalten, dass von ihr im Rahmen der durchgeführten Begutachtungen weder entsprechende Medikamente angeführt noch entsprechende Befunde beigebracht wurden. Auch anlässlich des Vorlageantrags wurden keine medizinischen Beweismittel in Vorlage gebracht, welche eine Diabeteserkrankung belegen.

Die Beschwerdeführerin, der es der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge freigestanden wäre, durch Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen ihrer Wahl die getroffenen Einschätzungen der Sachverständigen zu entkräften, ist weder den von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten noch dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Ergänzungsgutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

In dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten fachärztlichen Schreiben ihres behandelnden Arztes vom 08.02.2018 (s. dazu oben) kann kein Entgegentreten gegen die im Verfahren eingeholten Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene gesehen werden, zumal es einer Untergliederung in Befund einerseits und Gutachten im engeren Sinn andererseits entbehrt (zu den Anforderungen an ein Sachverständigengutachten vgl. etwa die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, unter E 150 f. zu § 52 AVG wiedergegebene Rechtsprechung).

Im Übrigen hat die Beschwerdeführerin zu dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Ergänzungsgutachten im Rahmen des Parteiengehörs nicht mehr Stellung genommen, sondern dieses unwidersprochen zur Kenntnis genommen.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigenbeweises vom 24.01.2018, 24.04.2018 und 14.11.2018. Er wird in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung eines fachkundigen Laienrichters ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4 BBG.

3.2. Zur Wertung des Anbringens vom 03.10.2017

Im vorliegenden Fall wurde die Eingabe der Beschwerdeführerin vom 03.10.2017 auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO von der belangten Behörde auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses (mit der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung") gewertet. Dazu ist zunächst auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen.

Demnach ist bei der Beurteilung von Parteienanbringen grundsätzlich das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes maßgebend und es kommt darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss, wobei Parteienerklärungen im Zweifel nicht so auszulegen sind, dass ein von vornherein aussichtsloses Rechtsschutzbegehren unterstellt wird (VwGH 24.07.2008, 2008/07/0060 mwH).

Dabei sind Parteienerklärungen im Zweifel so auszulegen, dass die sie abgebende Partei nicht um ihren Rechtsschutz gebracht wird (VwGH 19.05.1994, 92/07/0070), und es ist der Behörde nicht gestattet, einem unklaren Antrag von vornherein einen für den Antragsteller ungünstigen Inhalt zu unterstellen (VwGH 16.12.1992, 89/12/0146). In einem solchen Fall hat die Behörde vielmehr von Amts wegen den wahren Willen der Partei und damit den Gegenstand des Anbringens von Amts wegen zu ermitteln und klarzustellen (VwGH 27.07.1994, 90/10/0046).

Im vorliegenden Fall wurde von der Beschwerdeführerin am 03.10.2017 ein Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO eingebracht.

Dieses Anbringen wurde von der belangten Behörde - wie sich zweifelsfrei aus dem angefochtenen Bescheid in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung ergibt - auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gewertet. Im Übrigen findet sich diesbezüglich im Antragsformular ein ausdrücklicher Hinweis (vgl. dazu Punkt I.1.).

Nach Ansicht des erkennenden Gerichtes wurde die Beurteilung des Parteienanbringens seitens der belangten Behörde schon deshalb in nachvollziehbarer Weise vorgenommen, weil die Beschwerdeführerin mit ihrer Eingabe erkennbar das Ziel verfolgt hat, letztlich in den Genuss der Berechtigungen nach § 29b Abs. 2 bis 4 StVO zu kommen. Angesichts des Umstandes, dass dies ausschließlich Inhabern eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz möglich ist, die bereits über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügen, wurde das Anbringen seitens der belangten Behörde im Lichte einer rechtsschutzfreundlichen und für das Ziel der Beschwerdeführerin günstigen Weise ausgelegt.

Die Beschwerdeführerin ist der Wertung ihres Anbringens - ausweislich des Verwaltungsaktes - weder im vorangegangenen Verwaltungsverfahren noch im Rahmen der Beschwerde oder des Vorlageantrags entgegengetreten.

Die Behörde konnte daher zu Recht davon ausgehen, dass das Anbringen der Beschwerdeführerin vom 03.10.2017 auf die Ausstellung eines Behindertenpasses (mit der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung") und letztlich auf die Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO gerichtet war.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.3. Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

"BEHINDERTENPASS

§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist."

"§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

(2) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.

(...)"

"§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

(...)"

"§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

(...)"

"§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden."

3.4. §§ 2 und 3 der Einschätzungsverordnung, BGBl. II 261/2010 idF BGBl. II 251/2012, sehen Folgendes vor:

"Grad der Behinderung

§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen."

"Gesamtgrad der Behinderung

§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn

-

sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

-

zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine."

3.5. Die Anlage zur Einschätzungsverordnung, BGBl. II 261/2010 idF BGBl. II 251/2012, sieht - soweit für den Beschwerdefall relevant - auszugsweise Folgendes vor (geringfügige Formatierungsänderungen durch das Bundesverwaltungsgericht):

"02.01 Wirbelsäule

02.01.02 Funktionseinschränkungen mittleren Grades 30 - 40 %

Rezidivierende Episoden (mehrmals pro Jahr) über Wochen andauernd, radiologische Veränderungen, andauernder Therapiebedarf wie Heilgymnastik, physikalische Therapie, Analgetika, Beispiel:

Bandscheibenvorfall ohne Wurzelreizung (pseudoradikuläre Symptomatik)

30%: Rezidivierende Episoden (mehrmals pro Jahr) über Wochen andauernd, radiologische Veränderungen andauernder Therapieverlauf wie Heilgymnastik, physikalische Therapie, Analgetika

40%: Rezidivierend und anhaltend, Dauerzustand eventuell episodische Verschlechterungen, radiologische und/oder morphologische Veränderungen

Maßgebliche Einschränkungen im Alltag"

"06.06 Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD)

06.06.01 Leichte Form - COPD I 10 - 20 %

Fehlende bis leichte Behinderung der Ventilation (FEV1/FVC>80%=Atemkapazität)"

"05.01 Hypertonie

05.01.02 Mäßige Hypertonie 20 %"

"02.02 Generalisierte Erkrankungen des Bewegungsapparates

Es ist die resultierende Gesamtfunktionseinschränkung bei entzündlich rheumatischen Systemerkrankungen, degenerative rheumatischen Erkrankungen und systemischen Erkrankungen der Muskulatur einzuschätzen.

...

02.02.01 Mit funktionellen Auswirkungen geringen Grades 10 - 20 %

Leichte Beschwerden mit geringer Bewegungs- und Belastungseinschränkung"

3.6. Zunächst ist festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im Beschwerdefall - wie dies auch die belangte Behörde zu Recht annahm - nach der Einschätzungsverordnung einzuschätzen war. Die Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen hat nicht im Wege der Addition der einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen zu erfolgen, sondern es ist bei Zusammentreffen mehrerer Leiden zunächst von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für welche der höchste Wert festgestellt wurde, und dann ist zu prüfen, ob und inwieweit durch das Zusammenwirken aller zu berücksichtigenden Funktionsbeeinträchtigungen eine höhere Einschätzung des Grades der Behinderung gerechtfertigt ist (vgl. den eindeutigen Wortlaut des § 3 Einschätzungsverordnung sowie die auf diese Rechtslage übertragbare Rechtsprechung, VwGH 17.07.2009, 2007/11/0088; 22.01.2013, 2011/11/0209 mwN). Bei ihrer Beurteilung hat sich die Behörde eines oder mehrerer Sachverständiger zu bedienen, wobei es dem Antragsteller freisteht, zu versuchen, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. VwGH 30.04.2014, 2011/11/0098; 21.08.2014, Ro 2014/11/0023; 20.05.2015, 2013/11/0200).

Gegenständlich wurde mit Blick auf die von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten zwecks Beurteilung des Vorbringens in der Beschwerde und im Vorlageantrag vom Bundesverwaltungsgericht ein ergänzendes Gutachten des bereits befassten Facharztes für Lungenheilkunde eingeholt. Die vorliegenden - aufgrund einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin sowie auf Basis der Aktenlage erstatteten - Gutachten entsprechen den von der Judikatur (sowie von der Einschätzungsverordnung) aufgestellten Anforderungen.

3.7. Wie oben unter Punkt II.2.3. eingehend ausgeführt, werden der gegenständlichen Entscheidung die im Verwaltungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachten vom 24.01.2018 und 24.04.2018 sowie das im Beschwerdeverfahren eingeholte Ergänzungsgutachten vom 14.11.2018 zugrunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin 30 v.H. beträgt. Wie ebenfalls bereits im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde, waren die Einwendungen in der Beschwerde und im Vorlageantrag nicht geeignet, den Sachverständigenbeweis zu entkräften, zumal das seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholte ergänzende Gutachten von der Beschwerdeführerin unwidersprochen blieb.

Es ist daher davon auszugehen, dass der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin zum Entscheidungszeitpunkt 30 v.H. beträgt.

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, nicht erfüllt.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen und die Beschwerdevorentscheidung zu bestätigen.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei einer Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.

3.8. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

3.8.1. Nach § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG). Wurde - wie im vorliegenden Fall - kein entsprechender Antrag gestellt, ist die Frage, ob von Amts wegen eine Verhandlung durchgeführt wird, in das pflichtgemäße - und zu begründende - Ermessen des Verwaltungsgerichts gestellt, wobei die in § 24 Abs. 2, 3, 4 und 5 leg.cit. normierten Ausnahmebestimmungen als Anhaltspunkte der Ermessensübung anzusehen sind (vgl. zur insofern gleichartigen Regelungsstruktur des § 67d Abs. 1 und 2 bis 4 AVG [alte Fassung] die Darstellung bei Hengstschläger/Leeb, AVG [2007] § 67d Rz 17 und 29, mwH). Gemäß Abs. 3 leg.cit. hat die Beschwerdeführerin die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Gemäß Abs. 4 leg.cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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