TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/26 W135 2207646-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.02.2019
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Entscheidungsdatum

26.02.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §43
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W135 2207646-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ivona GRUBESIC als Vorsitzende und die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER sowie den fachkundigen Laienrichter Dr. Heinz TROMPISCH als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 23.07.2018, Zl. 45832748000032, betreffend die Einziehung des Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Spruch des angefochtenen Bescheides zu lauten hat:

Ihr Behindertenpass wird eingezogen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin ist seit 14.10.1993 Inhaberin eines Behindertenpasses mit einem eingetragenen Grad der Behinderung (GdB) von 50 % (damals basierend auf dem Gutachten vom 16.01.1991 festgestellte und nach der Richtsatzverordnung eingeschätzte Funktionseinschränkungen: 1. Bruch des Dens epistrophei, 2. Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule).

Die Beschwerdeführerin brachte am 26.09.2017 einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung in ihrem Behindertenpass beim Sozialministeriumservice (im Folgenden: belangte Behörde) ein und legte dem Antrag ein Konvolut an medizinischen Beweismitteln bei.

Die belangte Behörde holte ärztliche Sachverständigengutachten aus dem Fachbereich der Augenheilkunde und der Orthopädie ein. Im Anschluss wurde ein die beiden fachärztlichen Sachverständigengutachten zusammenfassendes Gutachten erstellt.

Die Fachärztin für Augenheilkunde hält in ihrem Gutachten vom 27.04.2018, nach persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin am 20.04.2018, wie folgt fest:

"Anamnese:

2015 Netzhautablösung re - .5x Op im XXXX

ist seither re blind

seit 2J Glaucom li - Behandlung im XXXX

Derzeitige Beschwerden:

ist re blind, hat GK Trübungen

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Ganfort AT li, Aqua Tears AT bds

...

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

AKH vom 3.7.17

DG Glaucomverdacht

Zust n Ablatio Op re

Cat sen bds

Augendruck re 5mmHg li 14mmHg

Th Ganfort AT li

Gesichtsfeld li einzelne Relativskotome

Gesichtsfeld vom 19.1.18 geringe Einschränkung nasal oben

Untersuchungsbefund:

...

Klinischer Status - Fachstatus:

Augenbefund:

Visus rechts Handbewegung

links +1,5sph +O,5cyl0° 0,7p add +3,0sph Jg 2

Rechtes Auge: VBA BH bland, HH klar, Pupille ümw, entrundet

HKL in situ, Kapselfibrose

Fundus verschleiert

Linkes Auge: VBA oB

Cat nucl incip

Fundus Papille und Macula oB

Gesichtsfeld links lt Befund geringe Einschränkung nasal oben

...

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Pos.Nr.

GdB %

1

Zust. Nach Netzhautablösung Op rechts, Grauer Star links, Sehverminderung rechts auf Handbewegung und links auf ca. 0,6 Tabelle Kolonne 9 Zeile 2

11.02.01

40

Gesamtgrad der Behinderung 40 v.H.

...

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

kein Augenvorgutachten

Dauerzustand

..."

Der Facharzt für Orthopädie hält in seinem Gutachten vom 15.05.2018, nach persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin am 20.04.2018, wie folgt fest:

"Anamnese:

Vorgutachten 16.1.1991

Bruch des Dens epistrophanei 40 v.H.

Funktionseinschränkung der HWS 30 v.H.

Gesamt GdB 50 v.H.

Anamnese:

Seit 1991 keine Unfälle und Operationen am Bewegungsapparat.

2-2013 WA 14 links im XXXX

Wegen der Abnützungen im Bereich der WS neuerliche Infiltration der WS im XXXX , es wird eine Operation diskutiert.

Derzeitige Beschwerden:

Schmerzen in der unteren LWS mit Ausstrahlung in das linke Bein. Das verursacht auch eine Schwäche im Fuß und durch die Schwäche im Fuß ist Frau XXXX in den letzten Jahren insgesamt acht Mal gestürzt. Die Schmerzen treten jetzt aber auch zunehmen beim Liegen auf. Rechts ist nur fallweise ein Schmerz angegeben.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Letzte phys. Therapie

12-2017.

Schmerzstillende Medikamente:

Novalgin bis zu 3x1 täglich.

Hilfsmittel: Keine.

Sozialanamnese:

Wohnung 5 Stufen bis zur Wohnung. Ein Einfamilienhaus.

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Im Akt:

20.9.2017 RÖ Diagnosezentrum XXXX , LWS ap/s: mit Osteochondrosen THI 1 und L4 sowie Chondrose L4-S1. Anterolisthese LWK5 um 5mm.

Hüftvergleich: leichte Hüftdysplasie, keine nennenswerte Coxarthrose

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

Kommt alleine, aufrecht gehend, normale Straßenkleidung, normaler Konfektionsschuh.

An- und Auskleiden selbständig, rasch, ohne Fremdhilfe.

Guter AZ und EZ. Rechtshänderin. Brille.

Caput, Thorax, Abdomen unauffällig.

Die Haut ist rosig, normal durchblutet. Unauffällige ()P-Narbe, kaum sichtbar im Bereich der HWS.

Ernährungszustand: gut

Größe: 176,00 cm Gewicht: 94,00 kg Blutdruck:

Klinischer Status - Fachstatus:

Wirbelsäule gesamt

Im Lot, Becken- Schultergeradstand, symmetrische Taillendreiecke, symmetrische Muskulatur, keine Atrophien.

HWS: S 20/0/10, R je 50, F je 30.

BWS: R je 30, Ott normal.

LWS: FBA +20, Reklination 10 Grad, Seitneigen 20, Schmerz L5-S1 mit einer leichten Plateaubildung beim Durchbewegen,

Peripher neurol.:

Hirnnerven frei, keine Ausfälle an der OE, UE lebhafte Muskeleigenreflexe, Sensibilität im rechten Bein abgeschwächt, Fuß- und Zehenheber rechts Kraftgrad 4, sonst keine Kraftabschwächung.

Obere Extremität

Allgemein

Rechtshänderin, normale Achse, normale Gelenkkonturen, mittelkräftig seitengleiche Muskulatur, keine Atrophien, Handgelenkspulse gut tastbar, seitengleiche Gebrauchsspuren.

Schulter-, Ellbogen-, Hand-, Langfingergelenke:

Frei beweglich.

Schürzen- Nackengriff:

Sehr gut.

Kraft- Faustschluss, Fingerfertigkeit: Sehr gut.

Untere Extremität

Allgemein:

Keine Beinlängendifferenz, normale Achse, normale Gelenkkonturen, kräftige seitengleiche Muskulatur, keine Atrophien, Fußpulse gut tastbar, seitengleiche Gebrauchspuren.

Hüfte beidseits:

Frei beweglich.

Knie beidseits:

Frei beweglich.

OSG und USG:

Frei beweglich.

Leichter Spreizfuß aber unauffällig, keine Dekompensationszeichen.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Kleinschrittig, Zehen- Fersenstand, Einbeinstand und Hocke rechts etwas unsicher, links aber gut möglich.

Transfer auf die Untersuchungsliege gelingt selbständig, Wendebewegungen auf der Untersuchungsliege selbständig.

Status Psychicus:

Orientiert, freundlich, kooperativ.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Pos.Nr.

GdB %

1

Abnützungsbedingter Wirbelsäulenschaden, geheilter Densbruch. Unterer Rahmensatz dieser Positionsnummer, da mehrsegmentale Abnützung im Bereich der HWS und LWS mit diskreter Fußheberschwäche auf der rechten Seite.

02.01.02

30

Gesamtgrad der Behinderung 30 v.H.

...

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Der Densbruch ist folgenlos geheilt, es sind bei der Untersuchung und in der Befundvorlage keine Hinweise, dass neurologische Defizite aus der Verletzung zu sehen sind. Im Vordergrund sind abnützungsbedingte Veränderungen im Bereich der HWS und LWS, die entsprechend gewürdigt wurden.

Neurologische Defizite im Sinn von maßgeblichen Lähmungen, die einen Grad der Behinderung erreichen, finden sich nicht.

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Eine Rückstufung des Wirbelsäulenleidens, führendes Leiden.

Dauerzustand

..."

Dem zusammenfassenden Gutachten vom 04.06.2018 ist im Wesentlichen zu entnehmen wie folgt:

"Auflistung der Diagnosen aus oa. Einzelgutachten zur Gesamtbeurteilung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Pos.Nr.

GdB %

1

Zust. Nach Netzhautablösung Op rechts, Grauer Star links, Sehverminderung rechts auf Handbewegung und links auf ca. 0,6 Tabelle Kolonne 9 Zeile 2

11.02.01

40

2

Abnützungsbedingter Wirbelsäulenschaden, geheilter Densbruch. Unterer Rahmensatz dieser Positionsnummer, da mehrsegmentale Abnützung im Bereich der HWS und LWS mit diskreter Fußheberschwäche auf der rechten Seite.

02.01.02

30

Gesamtgrad der Behinderung: 40 v.H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Leiden 2 wirkt mit dem führenden Leiden 1 nicht maßgeblich funktionell negativ zusammen und erhöht nicht weiter.

...

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Aktuelle Einschätzung nach geltender Einschätzungsverordnung.

Aus orthopädischer Sicht ist der Densbruch folgenlos geheilt, es sind bei der Untersuchung und in der Befundvorlage keine Hinweise, dass neurologische Defizite aus der Verletzung zu sehen sind. Im Vordergrund sind abnützungsbedingte Veränderungen im Bereich der HWS und LWS, die unter Position 2 entsprechend gewürdigt wurden.

Neurologische Defizite im Sinn von maßgeblichen Lähmungen, die einen Grad der Behinderung erreichen, finden sich nicht.

Neuaufnahme des Augenleidens unter Position 1, dieses führendes Leiden.

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Neuaufnahme des Augenleidens Nr. 1 und insgesamt Rückstufung des Wirbelsäulenleidens unter Position 2 führt zu einer Absenkung des Gesamt-GdB um 1 Stufe.

Dauerzustand

..."

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 11.06.2018 wurden der Beschwerdeführerin alle drei Sachverständigengutachten im Wege des Parteiengehörs übermittelt und die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb von drei Wochen eine schriftliche Stellungnahme zu erstatten.

In ihrer Stellungnahme vom 26.06.2018 führte die Beschwerdeführerin aus, dass die Densfraktur nach ihrem Unfall am 22.06.1990 operativ durch Reposition und Verschraubung am 26.06.1990 saniert worden sei. Das Vorgutachten sei am 16.01.1991 erstellt worden und sei zu diesem Zeitpunkt die Densfraktur sicher bereits geheilt gewesen. Nachdem keine Nachuntersuchung angeordnet worden sei, sei eine nicht mehr besserungsfähige Behinderung anzunehmen. Dies gehe auch aus dem Sachverständigengutachten von OMR Dr. R. L. vom 23.08.1991 hervor. Dieser befunde darin auch, dass vorzeitige Verschleißerscheinungen möglich seien. Jetzt seien Probleme mit der Lendenwirbelsäule und den Augen dazu gekommen. Ihr sei nicht erklärlich wieso die Vorbehinderung nicht anerkannt werde.

Als Beilage übermittelte die Beschwerdeführerin das von ihr angesprochene Sachverständigengutachten Dris. R. L. vom 23.08.1991.

Der daraufhin durch die belangte Behörde ergänzend eingeholten Stellungnahme eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 09.07.2018 ist Folgendes zu entnehmen:

"Frau XXXX erhebt Einspruch gegen das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens. Laut Schreiben vom 26. Juni 2018 verstehe sie nicht, warum in dem Sachverständigengutachten ein Zustand nach Dens-Fraktur nicht berücksichtigt wurde. Die Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule sei immer noch gegeben und habe sich nicht gebessert.

Vorliegend ist ein orthopädisches Sachverständigengutachten von Herrn Dr. Marchhart vom 22. Mai 2018 nach persönlicher Untersuchung. Von Seiten des Orthopäden eingeschätzt wurde ein abnützungsbedingter Wirbelsäulenschaden bei geheiltem Densbruch. Das Vorgutachten aus dem Jahr 1991 wurde berücksichtigt. Die Veränderungen der Hals- und Lendenwirbelsäule bei geheiltem Densbruch und insbesondere die für die Einschätzung relevanten Funktionseinschränkungen - bei Fehlen maßgeblicher neurologischer Defizite wie Lähmungserscheinungen -wurden berücksichtigt. Zusammenfassend ergeben sich aus gutachterlicher Sicht keine Änderungen der Einschätzung."

Mit Bescheid vom 23.07.2018, stellte Zl. 45832748000020, die Behörde fest, dass die Beschwerdeführerin mit einem Grad der Behinderung von 40 % nicht mehr die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses erfülle. In der Begründung des Bescheides verwies die belangte Behörde im Wesentlichen auf die eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten sowie auf die - aufgrund der dagegen erhobenen Einwendungen - ergänzend eingeholte Stellungnahme vom 09.07.2018. Die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens, wonach der Grad der Behinderung 40 % betrage, seien als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt worden.

Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 23.07.2018, Zl. 45832748000032, stellte die belangte Behörde fest, dass die Beschwerdeführerin mit einem Grad der Behinderung von 40 % nicht mehr die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses erfülle. Der Behindertenpass sei einzuziehen und unverzüglich dem Sozialministeriumservice vorzulegen.

Die Beschwerdeführerin erhob mit Schreiben vom 17.08.2018 jeweils Beschwerde gegen die Bescheide vom 23.07.2018 und führte darin aus, dass ihre Einwendungen in keinster Weise berücksichtig worden seien. Wenn in der Stellungnahme vom 09.07.2018 nur lapidar auf das Gutachten vom 22.05.2018 hingewiesen werde und in der Begründung dieses Gutachten als schlüssig erkannt werde, bedeute das nicht, dass ein schlüssiges Gutachten auch inhaltlich richtig sein müsse. Sie sei weder neuerlich untersucht worden, noch sei ein anderer Gutachter bestellt worden. Nachdem sie seit 2015 nach einer Netzhautablösung am rechten Auge blind sei und sich 2017 massive Probleme im Bereich der Lendenwirbelsäule ergeben hätten, habe sie um Neufestsetzung des Grades der Behinderung angesucht. Dass nach 27 bzw. 28 Jahren plötzlich Besserungen eingetreten seien, sei wohl nicht wirklich glaubhaft. Das vorgelegte Gutachten von Dr. R. L. sei mit keinem Wort erwähnt worden und sei nicht in die Beurteilung eingeflossen.

Auf Grund des Beschwerdevorbringens zog die belangte Behörde die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung in Erwägung und holte eine weitere ärztliche Stellungnahme ein.

Der daraufhin erstatteten Stellungnahme des bereits mit dem gegenständlichen Fall befassten Facharztes für Orthopädie vom 17.09.2018 ist Folgendes zu entnehmen:

"Zu Beschwerdeschreiben vom 21.8.2018.

Es wird beeinsprucht, dass die Beurteilung der Wirbelsäule zu niedrig sei.

Bei der zuletzt vorgenommenen Untersuchung fand sich im Bereich der Wirbelsäule, im HWS-Bereich eine mäßige Einschränkung bei mittelkräftiger Muskulatur und im Bereich der LWS ebenfalls eine mäßige Bewegungseinschränkung im unteren Drittel der LWS.

Plateaubildungen beim Durchbewegen konnten im Segment L5/S1 festgestellt werden ebenso wie ein Bewegungsschmerz im Bereich der unteren LWS.

Die aktuelle Bildgebung vom September 2017 belegt Abnützungen im Bereich TH11-L4 mittleren bis geringen Grades.

Es muss daher die Wirbelsäule bei der aktuellen Begutachtung als Gesamtes begutachtet werden.

Im Verlauf zu 1991 kann davon ausgegangen werden, dass der Dens-Bruch knöchern geheilt ist. Die abnützungsbedingten Erscheinungen, die als Begleiterscheinungen im Beschwerdeschreiben angegeben sind, sind in der aktuellen Beurteilung berücksichtigt.

Es fehlt eine neurologische Defizitsymptomatik, d.h. anhaltende bleibende Gefühlstörungen bzw. Lähmungen im Bereich der oberen und/oder unteren Extremität, die eine Erhöhung der Beurteilung rechtfertigen würden.

Unter Berücksichtigung der Befundlage und des aktuellen Untersuchungsbefundes ist die Gesamteinschränkung der Wirbelsäule nach der Position 02.01.02 mit einem Grad der Behinderung von 30 v. H. zu bewerten.

Befunde die eine Änderung bedingen wurden im aktuellen Verfahren nicht vorgelegt."

In dem daraufhin erfolgten Parteigengehör zu dem ergänzenden Sachverständigenbeweis vom 17.09.2018 brachte die Beschwerdeführerin mit Schreiben 26.09.2018 ergänzend vor, bei der Untersuchung Schmerzen im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule mit Ausstrahlung in das linke Bein zu haben und mehrmals durch Schwäche in der linken Extremität gestürzt zu sein. Das seien wohl Anzeichen für neurologische Defizite. Wenn dazu nur ein Röntgenbefund aus dem Jahr 2017 als Grundlage herangezogen werde, zeuge das nicht wirklich von fachlicher Kompetenz. Zur Beurteilung neurologischer Defizite wäre ein aktuelles MRT erforderlich gewesen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 15.10.2018 wies belangte Behörde die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid vom 23.07.2018, Zl. 45832748000020, mit welchem der Grad der Behinderung im Behindertenpass neu festgesetzt wurde, ab. Begründend verwies die belangte Behörde auf das durchgeführte ärztliche Begutachtungsverfahren, wonach der Grad der Behinderung 40 % betrage. Da eine Stellungnahme gegen den ergänzenden Sachverständigenbeweis vom 17.09.2018 innerhalb der gesetzten Frist nicht eingelangt sei, habe vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht abgegangen werden können.

Gleichzeitig legte die belangte Behörde die Beschwerde gegen den gegenständlichen Einziehungsbescheid vom 23.07.2018, Zl. 45832748000032, dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

Mit E-Mail vom 30.10.2018 beantragte die Beschwerdeführerin fristgerecht die Vorlage ihrer Beschwerde vom 17.08.2018 betreffend den den Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass abweisenden Bescheid vom 23.07.2018, Zl. 45832748000020, an das Bundesverwaltungsgericht. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag, Zl. W135 2208806-1/5E, wurde in diesem Verfahren der Beschwerde Folge gegeben und die Beschwerdevorentscheidung vom 15.10.2018 insofern abgeändert, als der angefochtene Bescheid vom 23.07.2018, Zl. 45832748000020, ersatzlos behoben wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführerin wurde am 14.10.1993 ein unbefristeter Behindertenpass ausgestellt, in welchem der Gesamtgrad der Behinderung mit 50 % ausgewiesen wurde. Damals wurden bei der Beschwerdeführerin auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens vom 16.01.1991 folgende Gesundheitsschädigungen festgestellt:

1. Bruch des Dens epistrophei und

2. Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule.

Die Beschwerdeführerin stellte am 26.09.2017 den gegenständlichen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien.

Bei der Beschwerdeführerin liegen aktuell folgende dauernde Funktionseinschränkungen vor, wobei es sich bei der Funktionseinschränkung 1. um das führende Leiden handelt:

1. Zustand nach Netzhautablösung Operation rechts, Grauer Star links, Sehverminderung rechts auf Handbewegung und links auf 0,6 und

2. Abnützungsbedingter Wirbelsäulenschaden, geheilter Densbruch.

Festgestellt wird, dass im Vergleich zum Vorgutachten vom 16.01.1991 eine Verbesserung eingetreten ist, da der Densbruch folgenlos geheilt ist. Hinweise auf neurologische Defizite aus der Verletzung liegen nicht vor, ebenso wenig wie neurologische Defizite im Sinn von maßgeblichen Lähmungserscheinungen, die einen Grad der Behinderung erreichen. Bei der Beschwerdeführerin bestehen abnützungsbedingte Veränderungen im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule.

Es ergibt sich daher insgesamt eine Herabsetzung des Grades der Behinderung von 50 auf 40 %.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Behindertenpass und die im Jahr 1991 bei der Beschwerdeführerin festgestellten Gesundheitsschädigungen basieren auf dem Akteninhalt, insbesondere dem ärztlichen Sachverständigengutachten vom 16.01.1991 und dem Behindertenpassdatenblatt.

Die Feststellungen zu den bei der Beschwerdeführerin aktuell vorliegenden Funktionseinschränkungen beruhen auf den von der belangten Behörde veranlassten und dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten fachärztlichen Sachverständigengutachten vom 15.05.2018 (Orthopädie) und vom 27.04.2018 (Augenheilkunde), welche oben im Detail wiedergegeben wurden. Der Facharzt für Orthopädie und die Fachärztin für Augenheilkunde gehen darin jeweils auf die Art der Leiden der Beschwerdeführerin und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei ein.

Der orthopädische Sachverständige nimmt auch Bezug zu dem im Fall der Beschwerdeführerin vorliegenden Vorgutachten vom 16.01.1991.

Das Vorgutachten vom 16.01.1991 wurde unter Anwendung der damals in Geltung stehenden Richtsatzverordnung erstellt und kam der gefertigte Sachverständige darin zu dem Ergebnis eines bei der Beschwerdeführerin vorliegenden Gesamtgrades der Behinderung von 50

%.

Mit dem gegenständlichen orthopädischen Sachverständigengutachten vom 15.05.2018 war die Beurteilung der bei der Beschwerdeführerin aktuell vorliegenden orthopädischen Funktionseinschränkungen erstmals in Anwendung der nunmehr in Geltung stehenden Einschätzungsverordnung vorzunehmen.

Die von dem fachärztlichen Sachverständigen in seinem Gutachten vom 15.05.2018 herangezogenen Positionsnummern der Anlage zur Einschätzungsverordnung und die gewählten Rahmensätze stimmen mit den diesbezüglichen Kriterien der Anlage zur Einschätzungsverordnung sowie mit dem basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 20.04.2018 erstellten Untersuchungsbefund überein und sind schlüssig und nachvollziehbar.

Die Funktionseinschränkung "Abnützungsbedingter Wirbelsäulenschaden, geheilter Densbruch" wurde von dem Sachverständigen der Position 02.01.02 (Wirbelsäule; Funktionseinschränkungen mittleren Grades) der Anlage zur Einschätzungsverordnung zugeordnet und mit dem unteren Rahmensatz von 30 % bewertet, da im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule eine mehrsegmentale Abnützung sowie eine diskrete Fußheberschwäche auf der rechten Seite besteht. Der Densbruch ist folgenlos ausgeheilt. Hinweise auf neurologische Defizite ergeben sich der Befundvorlage nicht. Die Untersuchung der Beschwerdeführerin zeigte ebenso keinerlei Hinweise auf das Bestehen von neurologischen Defiziten im Sinne von maßgeblichen Lähmungen, die einen Grad der Behinderung erreichen würden. Hinsichtlich der Halswirbelsäule zeigt der Untersuchungsbefund vom 20.04.2018 einen Flexions- bzw. Extensionswert von 20/0/10, einen Rotationswert von je 50 und einen Seitneigungswert von je 30. Diese Werte sprechen für die vom Sachverständigen in seiner Stellungnahme vom 17.09.2018 festgehaltene Schlussfolgerung, dass sich bei der Untersuchung im Bereich der Halswirbelsäule eine mäßige Einschränkung bei mittelkräftiger Muskulatur fand. Auch die Lendenwirbelsäule betreffend stellte der orthopädische Sachverständige mäßige Bewegungseinschränkungen im unteren Drittel fest. Dabei wurde die - von der Beschwerdeführerin vorgelegte - aktuelle Bildgebung vom September 2017, welche Abnützungen mittleren bis geringen Grades im Bereich TH11-L4 belegt, berücksichtigt.

Das Leiden betreffend die Wirbelsäule wurde gesamtheitlich begutachtet und erfolgte die Zuordnung zur genannten Positionsnummer schlüssig.

Die Funktionseinschränkung den Wirbelbruch betreffend sieht die vormals anzuwendende Richtsatzverordnung in der Anlage unter Abschnitt I f Nr. 183 vor, dass ein ohne wesentliche Verschiebung geheilter Wirbelbruch im ersten Jahr mit einem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 % zu bewerten ist. Eine diesbezügliche Bewertung in dem Gutachten vom 16.01.1991 wurde vom damaligen Gutachter ordnungsgemäß - da zu diesem Zeitpunkt noch innerhalb von einem Jahr nach dem erfolgten Unfall - vorgenommen. Ab dem zweiten Jahr hätte auch die Richtsatzverordnung unter Abschnitt I f Nr. 184 einen geminderten Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von 0 bis 30 % vorgesehen.

Der gegenständlich beigezogene Facharzt für Orthopädie beschreibt einen folgenlos ausgeheilten Zustand des Wirbelbruches von 1990 und berücksichtigt dabei den bei der Beschwerdeführerin aktuell bestehenden abnützungsbedingen Wirbelsäulenschaden. Die vormals - und auch aktuell - bestehende Funktionseinschränkung betreffend die Halswirbelsäule ist davon miterfasst.

Zu den Einwendungen der Beschwerdeführerin ihre Funktionseinschränkung betreffend den Wirbelsäulenbruch könne sich nicht verbessert haben und gehe dies insbesondere aus ihrem vorgelegten Gutachten von Dr. R. L. vom 23.08.1991 hervor, der einen nicht mehr besserungsfähigen Zustand und eine Minderung der Erwerbsfähigkeit nach üblicher Einschätzung ab 01.01.1992 von 40 % festgestellt hätte, ist auszuführen, dass es sich dabei nicht um ein in Anwendung der nach dem Bundesbehindertengesetz geltenden Richtlinien erstelltes Gutachten handelt, der Gutachter demzufolge nicht die Parameter der damals in Geltung stehenden Richtsatzverordnung berücksichtigte. Die Angabe "nach üblicher Einschätzung" ist nicht geeignet eine den Richtlinien des Bundesbehindertengesetzes entsprechende, nachvollziehbare Einschätzung des Grades der Behinderung darzulegen. Im Übrigen ist das Gutachten aus dem Jahr 1991 mangels Aktualität nicht in der Lage dem vorliegenden orthopädischen Sachverständigengutachten, welches, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin, eigens zur Ermittlung des nach der Einschätzungsverordnung geltenden Parameter für den Grad der Behinderung erstellt wurde, entgegenzutreten.

Die Einwendungen der Beschwerdeführerin in der am 26.09.2018 erfolgten Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme vom 17.09.2018 sind ebenfalls nicht geeignet dem unter Beiziehung von fachärztlichen Sachverständigen erhobenen Ermittlungsergebnis entgegenzutreten. Die im Rahmen der orthopädischen Untersuchung am 20.04.2018 angegebenen Beschwerden wurden vom Sachverständigen bei seiner Begutachtung berücksichtigt und sind von der Bewertung des Grades der Behinderung vollständig erfasst. Insofern die Beschwerdeführerin den Vorwurf erhebt, es hätte ein aktuelles MRT erstellt werden müssen, ist darauf hinzuweisen, dass es im Rahmen der Mitwirkungspflicht an der Beschwerdeführerin liegt, entsprechende Befunde für die behaupteten Funktionseinschränkungen vorzulegen. Bei der orthopädischen Untersuchung am 20.04.2018 sind maßgebliche neurologische Defizite, wie Lähmungserscheinungen nicht hervorgekommen.

Das derzeitige Hauptleiden (Leiden 1) der Beschwerdeführerin wurde mit dem augenfachärztlichen Gutachten vom 27.04.2018 neu erfasst.

Die Sachverständige ordnete dabei die Funktionseinschränkungen "Zustand nach Netzhautablösung Operation rechts, Grauer Star links, Sehverminderung rechts auf Handbewegung und links auf 0,6" der Position 11.02.01 (Sehstörungen; Störung des zentralen Sehens) der Anlage zur Einschätzungsverordnung zu und nahm die Bewertung des Grades der Behinderung nach der dafür vorgesehenen Tabelle richtig vor. Ausgehend von ihrem Untersuchungsbefund, wonach das Sehvermörgen der Beschwerdeführerin rechts bis auf Handbewegung und links auf ca. 0,6 reduzierst ist, wurde die Ermittlung des Grades der Behinderung in Anwendung der Tabelle richtig vorgenommen. Der Grad der Behinderung resultiert aus der Kolonne 9, Zeile 2 und beträgt 40 %.

Das Vorliegen einer wechselseitigen Leidensbeeinflussung der beiden bei der Beschwerdeführerin festgestellten dauernden Funktionseinschränkungen, welche zu einer Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung führen würde, wird vom allgemeinmedizinischen Sachverständigen in seinem die beiden fachärztlichen Gutachten zusammenfassenden Gutachten vom 04.06.2018 in nachvollziehbarer Weise verneint und ist auch diese Schlussfolgerung als schlüssig anzusehen.

Die vorliegenden ärztlichen Sachverständigengutachten und die ärztlichen Stellungnahmen sind vollständig, schlüssig und frei von Widersprüchen und es bestehen seitens des Bundesverwaltungsgerichts keine Zweifel an der Richtigkeit des Gutachtensergebnisses und der erfolgten Beurteilung der Sachverständigen. Die Sachverständigengutachten sowie die ärztlichen Stellungnahmen werden daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugweise:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigen Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

...

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

§ 43. (1) Treten Änderungen ein, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen diese zu berichtigen oder erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen.

(2) Der Besitzer des Behindertenpasses ist verpflichtet, dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen binnen vier Wochen jede Änderung anzuzeigen, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, und über Aufforderung dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Behindertenpass vorzulegen.

...

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

..."

Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) lauten auszugsweise:

"Behinderung

§ 1. Unter Behinderung im Sinne dieser Verordnung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Grad der Behinderung

§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

Gesamtgrad der Behinderung

§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn

-

sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

-

zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.

Grundlage der Einschätzung

§ 4. (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.

(2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten."

Auszugsweise aus der Anlage zur Einschätzungsverordnung:

"02 Muskel - Skelett - und Bindegewebssystem

Haltungs- und Bewegungsapparat

02.01 Wirbelsäule

...

02.01.02 Funktionseinschränkungen mittleren Grades 30 - 40%

Rezidivierende Episoden (mehrmals pro Jahr) über Wochen andauernd, radiologische Veränderungen, andauernder Therapiebedarf wie Heilgymnastik, physikalische Therapie, Analgetika, Beispiel:

Bandscheibenvorfall ohne Wurzelreizung (pseudoradikuläre Symptomatik)

30 %: Rezidivierende Episoden (mehrmals pro Jahr) über Wochen andauernd, radiologische Veränderungen andauernder Therapiebedarf wie Heilgymnastik, physikalische Therapie, Analgetika

40 %: Rezidivierend und anhaltend, Dauerschmerzen eventuell episodische Verschlechterungen, radiologische und/oder morphologische Veränderungen maßgebliche Einschränkungen im Alltag

...

11 Augen und Augenanhangsgebilde

...

11.02 Sehstörungen

Für die Beurteilung des Sehvermögens ist die korrigierte Sehschärfe (Prüfung mit optischem Sehausgleich) maßgeblich. Daneben sind zusätzlich auch Ausfälle des Gesichts- und des Blickfeldes zu berücksichtigen.

Bei der Beurteilung des Sehvermögens ist darauf zu achten, dass der morphologische Befund die Sehstörung erklärt.

Malignome sind nach Abschnitt 13 einzuschätzen.

11.02.01 Störung des zentralen Sehens nach Tabelle

(Sehschärfte mit Korrektur)

Seh-schärfe

1 - 0,8

0,6 - 0,7

0,5

0,3 1/3

0,2

0,16 1/6 - 1/8

0,1 1/10

0,05 1/20

GdB in %

1 - 0,8

0

0

10

10

20

20

20

30

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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