Entscheidungsdatum
01.03.2019Norm
BEinstG §14Spruch
W133 2189510-1/4E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Vorsitzende und den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 31.01.2018, betreffend die Abweisung des Antrages auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten, den Beschluss gefasst:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer stellte am 08.06.2004 erstmals einen Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten beim Bundessozialamt. Dieser Antrag wurde nach Einholung eines Sachverständigengutachtens, in welchem ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 von Hundert (v.H.) medizinisch festgestellt wurde, mit Bescheid vom 14.10.2004 abgewiesen.
Der Beschwerdeführer stellte nunmehr am 04.10.2017 erneut einen Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (in der Folge als "belangte Behörde" bezeichnet) und legte medizinische Unterlagen vor.
Die belangte Behörde gab in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin unter Anwendung der Einschätzungsverordnung in Auftrag, in welchem nach Durchführung einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers mit Gutachten vom 08.01.2018 die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Pos.Nr.
GdB%
1
Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom (OSAS) Heranziehung dieser Position mit einer Stufe über dem unteren Rahmensatz, da mittels nächtlicher Beatmungstherapie behandelbar
06.11.02
30
2
Zustand nach Bandscheibenoperation Heranziehung dieser Position mit dem oberen Rahmensatz, da mäßige radiologische Veränderungen jedoch nur geringfügige Funktionseinschränkungen und ohne radikuläre Symptomatik
02.01.01
20
3
Einschränkung des Sehvermögens links Sehverminderung links: auf ca 1/4 bei normalem Sehvermögen rechts Tabelle Kolonne 5 Zeile 1
11.02.01
20
4
Schilddrüsenunterfunktion Unterer Rahmensatz, da therapeutisch kompensiert
09.01.01
10
5
Depressives Zustandsbild Heranziehung dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da intermittierende Behandlung
03.06.01
10
6
Gelenksabnützungen im Bereich des Stütz- und Gelenksapparates Unterer Rahmensatz, da Mehrgelenksbeteiligung jedoch bei geringen Belastungseinschränkungen
02.02.01
10
7
Migräne Unterer Rahmensatz, da medikamentös ausreichend behandelbar.
04.11.01
10
8
Hypertonie Wahl dieser Position, da mittels niedrig dosierter Blutdrucktherapie behandelt.
05.01.01
10
zugeordnet und
ein Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. medizinisch festgestellt wurden. Begründend für den Gesamtgrad der Behinderung führte der Gutachter aus, das führende Leiden Position 1 werde von den anderen Leiden nicht erhöht, da kein maßgebliches ungünstiges Zusammenwirken vorliege. Keinen Grad der Behinderung erreichten die Leiden:
Nesselausschlag, Prostataentzündung, Gastroduodenitis und permanenter Durchfall, da diese medikamentös ausreichend behandelbar seien. Eine Histaminabbaustörung und Laktoseintoleranz seien befundmäßig nicht ausreichend belegt.
Seitens der Leiterin des Ärztlichen Dienstes wurde dieses Gutachten aufgrund des Umstandes, dass in einem der Befunde ein Verdacht auf ein ossäres Meningeom bestehe, neuerlich an den Amtssachverständigen zur Ergänzung seines Gutachtens übermittelt.
In seiner aktenmäßigen Gutachtensergänzung vom 30.01.2018 führte der Amtssachverständige aus, dass die Raumforderung rechts temporal beschrieben werde und keine eindeutige Diagnose vorliege. Das Ergebnis der neurochirurgischen Abklärung liege noch nicht vor.
Zu diesem Gutachten und der Gutachtensergänzung räumte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer kein Parteiengehör ein.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 31.01.2018 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten ab und stellte einen Grad der Behinderung von 30 v.H. fest. In der Begründung verwies die belangte Behörde auf das ärztliche Sachverständigengutachten, wonach der Grad der Behinderung 30 v.H. betrage. Das Gutachten wurde dem Beschwerdeführer in der Fassung der Gutachtensergänzung vom 30.01.2018 erstmals als Beilage zu diesem Bescheid übermittelt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit E-Mailschreiben vom 09.03.2018 fristgerecht eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin führt er zusammengefasst aus, dass die neurochirurgische Abklärung seines Hirntumors nunmehr vorliege und er auch Befunde vorlege, welche seine Histaminintoleranz und seine Gallensteine belegen würden. Der Beschwerde legte er mehrere medizinische Befunde zur Untermauerung dieser Funktionseinschränkungen bei. In diesen Befunden ist unter anderem dokumentiert, dass beim Beschwerdeführer - zusäztlich zu den vom Gutachter festgestellten Leiden - ein Meningeom rechts mit Tumorknollen besteht, eine Operation bereits geplant war, beim Beschwerdeführer ausgeprägte rezidivierende Durchfälle, Histaminintoleranz und Reizdarm sowie ein Gallensteinleiden bestehen.
Am 16.03.2018 legte die belangte Behörde die Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor. Im Begleitschreiben hielt die belangte Behörde fest, es lägen keine neuen Aspekte vor, die eine Beschwerdevorentscheidung rechtfertigen würden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu A) Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer eheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Nach dem klaren Wortlaut des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG ist Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung nach dieser Bestimmung das Fehlen notwendiger Ermittlungen des Sachverhaltes seitens der belangten Behörde.
Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, allerdings mit dem Unterschied, dass die Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach § 28 Abs. 3 VwGVG nicht erforderlich ist (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren 2013, § 28 VwGVG, Anm. 11.)
§ 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat.
Wie der Verwaltungsgerichtshof unter anderem bereits in seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, zur Auslegung des § 28 Abs. 3 zweiter Satz ausgeführt hat, wird eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht, vgl Holoubek, Kognitionsbefugnis, Beschwerdelegitimation und Beschwerdegegenstand, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, erster Instanz, 2013, Seite 127, Seite 137; siehe schon Merli, Die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte erster Instanz, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2008, Seite 65, Seite 73 f).
Gemäß der aktuellen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG somit insbesondere auch dann in Betracht, wenn die Behörde bloß ansatzweise ermittelt hat bzw. gravierende Ermittlungslücken im verwaltungsbehördlichen Verfahren bestehen (vgl. nochmals das oben zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063 und zuletzt auch VwGH, 11.05.2017, Zl. Ra 2017/04/0030).
Der angefochtene Bescheid erweist sich in Bezug auf den zu ermittelnden Sachverhalt aus folgenden Gründen als gravierend mangelhaft:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. I Nr. 22/1970, idF BGBl. I Nr 32/2018, (BEinstG) lauten:
"Begünstigte Behinderte
§ 2. (1) Begünstigte Behinderte im Sinne dieses Bundesgesetzes sind österreichische Staatsbürger mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 vH. Österreichischen Staatsbürgern sind folgende Personen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 vH gleichgestellt:
1. Unionsbürger, Staatsbürger von Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, Schweizer Bürger und deren Familienangehörige,
2. Flüchtlinge, denen Asyl gewährt worden ist, solange sie zum dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind,
3. Drittstaatsangehörige, die berechtigt sind, sich in Österreich aufzuhalten und einer Beschäftigung nachzugehen, soweit diese Drittstaatsangehörigen hinsichtlich der Bedingungen einer Entlassung nach dem Recht der Europäischen Union österreichischen Staatsbürgern gleichzustellen sind.
4. (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 72/2013)
(2) Nicht als begünstigte Behinderte im Sinne des Abs. 1 gelten behinderte Personen, die
a) sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden oder
b) das 65. Lebensjahr überschritten haben und nicht in Beschäftigung stehen oder
c) nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften Geldleistungen wegen dauernder Erwerbsunfähigkeit (dauernder Berufsunfähigkeit) bzw. Ruhegenüsse oder Pensionen aus dem Versicherungsfall des Alters beziehen und nicht in Beschäftigung stehen oder
d) nicht in einem aufrechten sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnis stehen und infolge des Ausmaßes ihrer Funktionsbeeinträchtigungen zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit auch auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (§ 11) nicht in der Lage sind.
(3) Die Ausschlussbestimmungen des Abs. 2 lit. a gelten nicht für behinderte Personen, die als Lehrlinge in Beschäftigung stehen, eine Ausbildung zum gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege absolvieren, an einer Hebammenakademie oder einer entsprechenden Fachhochschule ausgebildet werden oder zum Zwecke der vorgeschriebenen Ausbildung für den künftigen, eine abgeschlossene Hochschulausbildung erfordernden Beruf nach Abschluss dieser Hochschulausbildung beschäftigt werden und die Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllen.
...
Behinderung
§ 3. Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen, die geeignet ist, die Teilhabe am Arbeitsleben zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
...
Feststellung der Begünstigung
§ 14 (1) Als Nachweis für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten gilt die letzte rechtskräftige Entscheidung über die Einschätzung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit mit mindestens 50 vH
a) eines Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (der Schiedskommission) bzw. des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen oder der Bundesberufungskommission im Sinne des Bundesberufungskommissionsgesetzes, BGBl. I Nr. 150/2002, oder des Bundesverwaltungsgerichtes;
b) eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung bzw. eines nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, zuständigen Gerichtes;
c) eines Landeshauptmannes (des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz) oder des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen in Verbindung mit der Amtsbescheinigung gemäß § 4 des Opferfürsorgegesetzes;
d) in Vollziehung der landesgesetzlichen Unfallfürsorge (§ 3 Z 2 Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 200/1967).
Die Feststellung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Nachweis gilt zugleich als Feststellung des Grades der Behinderung. Die Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten ( § 2 ) auf Grund der in lit. a bis d genannten Nachweise erlischt mit Ablauf des dritten Monates, der dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung folgt, sofern nicht der begünstigte Behinderte innerhalb dieser Frist gegenüber dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen erklärt, weiterhin dem Personenkreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Personen angehören zu wollen.
(2) Liegt ein Nachweis im Sinne des Abs. 1 nicht vor, hat auf Antrag des Menschen mit Behinderung das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen den Grad der Behinderung nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) einzuschätzen und bei Zutreffen der im § 2 Abs. 1 angeführten sonstigen Voraussetzungen die Zugehörigkeit zum Kreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Behinderten (§ 2) sowie den Grad der Behinderung festzustellen. Hinsichtlich der ärztlichen Sachverständigen ist § 90 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152, anzuwenden. Die Begünstigungen nach diesem Bundesgesetz werden mit dem Zutreffen der Voraussetzungen, frühestens mit dem Tag des Einlangens des Antrages beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen wirksam. Sie werden jedoch mit dem Ersten des Monates wirksam, in dem der Antrag eingelangt ist, wenn dieser unverzüglich nach dem Eintritt der Behinderung (Abs. 3) gestellt wird. Die Begünstigungen erlöschen mit Ablauf des Monates, der auf die Zustellung der Entscheidung folgt, mit derder Wegfall der Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten rechtskräftig ausgesprochen wird.
..."
In dem zu beurteilenden Fall erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.
Im Beschwerdefall hatte die Behörde ein allgemeinmedizinisches Gutachten in der Fassung der Gutachtensergänzung vom 30.01.2018 eingeholt, dem Beschwerdeführer aber kein Parteiengehör dazu gewährt, sondern das Gutachten erst gemeinsam mit dem Bescheid an den Beschwerdeführer übermittelt.
Dieser erhob sodann Beschwerde, bestritt das Gutachten und legte weitere medizinische Befunde vor, die - da sie vor Beschwerdevorlage an das Bundesverwaltungsgericht eingebracht wurden - jedenfalls nicht von der Neuerungsbeschränkung des § 46 BBG erfasst und somit im Verfahren zu berücksichtigen sind. Diese Befunde hätten zumindest einer nachvollziehbaren ergänzenden medizinischen Begutachtung bedurft, um beurteilen zu können, ob sich daraus eine entscheidungswesentliche Änderung des Sachverhaltes ergibt.
In dem, dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Gutachten vom 30.01.2018 war der Sachverständige betreffend das Vorbringen, es liege ein Meningeom vor, davon ausgegangen, dass die Raumforderung rechts temporal beschrieben werde und keine eindeutige Diagnose vorliege. Das Ergebnis der neurochirurgischen Abklärung liege noch nicht vor. Anstatt dem Beschwerdeführer Parteiengehör zu gewähren und ihm in dieser gesetzlich vorgesehenen Form die Möglichkeit zu geben, diese Befunde nachzureichen, erließ die belangte behörde sogleich am nächsten Tag nach der Gutachtenergänzung den angefochtenen abschlägigen Bescheid. Gleiches gilt für die übrigen, in der Beschwerde relevierten Leiden, die in ihrer Ausprägung aber nicht an den Hirntumor heranreichen. Das Gutachten ist somit in Bezug auf jene, durch die der Beschwerde beigelegten Befunde untermauerten Leiden nicht vollständig und widerspricht insoweit vorliegenden Befunden.
Aus einem nachgereichten Befund vom 08.06.2018 ist im Übrigen zu entnehmen, dass sich der Beschwerdeführer einer umfangreichen Operation unterziehen musste, wobei ihm ein ausgedehntes Osteomingeom rechts fronto temporoparietal mit intraduralen Tumorknollen entfernt werden musste und weiterer medikamentöser Therapiebedarf besteht.
Anlässlich dieses konkreten und belegten Beschwerdevorbringens hätte die belangte Behörde im Rahmen ihrer Ermittlungspflicht weitere Ermittlungen anstellen müssen, zumal ohne weitere gutachterliche Beurteilung nicht ausgeschlossen werden kann, dass die vorgelegten Beweismittel zu einer Änderung der Beurteilung führen könnten, da sie das Vorbringen des Beschwerdeführers untermauern und durch die Nichtaufnahme der Gehirntumorerkrankung unter anderem ein nicht unerheblicher Leidenszustand nicht im Gutachten aufgenommen wurde. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass diesem Leidenszustand durchaus maßgebliche Bedeutung bei der Beurteilung des Gesamtgrades der Behinderung zukommt. Auch bezüglich der weiteren in der Beschwerde belegten Leiden fehlt eine schlüssige gutachterliche Auseinandersetzung.
Die belangte Behörde verabsäumte es daher, ihrer Entscheidung ein vollständiges, schlüssiges und widerspruchsfreies Sachverständigengutachten zu Grunde zu legen.
Auch hat die belangte Behörde das Sachverständigengutachten vom 30.01.2018 nicht dem Parteiengehör unterzogen. Hierdurch hatte der Beschwerdeführer erst anlässlich der Beschwerdeerhebung die Möglichkeit, den Ermittlungsergebnissen entgegenzutreten sowie - unter Vorlage medizinischer Beweismittel - auszuführen, ob und gegebenenfalls welche gutachterlichen Ausführungen dem tatsächlichen Leidensausmaß widersprechen.
Aufgrund der Verletzung des Parteiengehörs durch die belangte Behörde blieb freilich jegliche Entgegnung des nunmehrigen Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt.
Insgesamt ist das im vorliegenden Fall von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten zur Beurteilung des bei dem Beschwerdeführer vorliegenden Beschwerdebildes somit nicht vollständig und vor dem Hintergrund der vorgelegten Befunde und des bisherigen Untersuchungsergebnisses auch nicht ausreichend nachvollziehbar.
Die seitens des Bundesverwaltungsgerichtes erforderliche Überprüfung im Rahmen der freien Beweiswürdigung ist auf dieser Grundlage daher nicht möglich. Das bisherige Ermittlungsverfahren vermag die verwaltungsbehördliche Entscheidung nicht zu tragen.
Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde sohin eine entsprechende neuerliche Begutachtung, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers, einholen müssen. Von den Ergebnissen des weiteren Ermittlungsverfahrens wird der Beschwerdeführer mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme in Wahrung des Parteiengehörs in Kenntnis zu setzen sein.
Aus den dargelegten Gründen ist davon auszugehen, dass die belangte Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat und sich der vorliegende Sachverhalt zur Beurteilung des Grades der Behinderung als so mangelhaft erweist, dass weitere Ermittlungen bzw. konkretere Sachverhaltsfeststellungen erforderlich sind.
Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens durch das Bundesverwaltungsgericht kann - im Lichte der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 VwGVG - nicht im Sinne des Gesetzes liegen. Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden" wäre, ist - angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes und angesichts der im gegenständlichen Fall unterlassenen Sachverhaltsermittlungen - nicht ersichtlich.
Im Übrigen scheint die Zurückverweisung der Rechtssache an die belangte Behörde auch vor dem Hintergrund der seit 01.07.2015 geltenden Neuerungsbeschränkung in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gemäß § 19 Abs. 1 BEinstG als geboten. Dies insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Beschwerdeführer - wie bereits ausgeführt - erst mit der Erlassung des angefochtenen Bescheides erstmals Kenntnis von dem der Entscheidung zugrunde gelegten Gutachten erhielt und daher erstmals im Rahmen der Beschwerde die Möglichkeit hatte, entsprechende Einwendungen gegen das unvollständige Gutachten zu erheben.
Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben. Da der maßgebliche Sachverhalt im zu beurteilenden Fall noch nicht feststeht und vom Bundesverwaltungsgericht auch nicht rasch und kostengünstig festgestellt werden kann, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Ermittlungspflicht, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W133.2189510.1.00Zuletzt aktualisiert am
08.05.2019