TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/12 W159 2139779-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.03.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

12.03.2019

Norm

B-VG Art.133 Abs4
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2

Spruch

W159 2139779-2/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI, als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.08.2018, Zl. 1081661310 - 180359666/BMI-EAST_WEST, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein somalischer Staatsbürger, gelangte (spätestens) am 06.08.2015 unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich und stellte an diesem Tag einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid vom 28.10.2016, Zl. 1081661310 - 151024393/BMI-BFA_KTN_RD wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gem. § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia gem. § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt II.), erteilte dem Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG 2005 nicht, erließ gegen den Beschwerdeführer gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und stellte gem. § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gem. § 46 FPG nach Somalia zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gem. § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch den Verein Menschenrechte Österreich Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Das Bundesverwaltungsgericht beraumte eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung für den 28.07.2017 an, zu der der Beschwerdeführer und eine Rechtsberaterin erschienen. Das BFA hatte bereits in der Beschwerdevorlage auf die Teilnahme an der Beschwerdeverhandlung verzichtet.

Der Beschwerdeführer brachte soweit wesentlich vor, acht Jahre lang eine Schule besucht zu haben und danach, im Jahre 1990, mit seinen Eltern und seiner nunmehr verstorbenen Schwester nach Mogadischu gezogen zu sein, wo er eine Berufsausbildung zum Schweißer angefangen habe und danach Maler geworden sei, womit er bis 2006 seinen Lebensunterhalt verdient habe. Bis 2012 habe er dann für eine NGO gearbeitet. Seine Frau und seine Kinder seien in Somalia aufhältig, der Beschwerdeführer habe zu ihnen Kontakt.

Der Beschwerdeführer nehme nicht regelmäßig Medikamente, er sei wegen eines vergrößerten Lymphknotens öfters beim Arzt gewesen. Dieser hätte den Knoten zunächst entfernen wollen, sich aber dann zunächst für die Durchführung weiterer Untersuchungen entschieden.

Zu seinen Fluchtgründen befragt brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, sein Onkel sei Al-Shabaab-Mitglied gewesen und hätte dem Beschwerdeführer geheißen, an Trainings der Al Shabaab teilzunehmen, was der Beschwerdeführer abgelehnt habe. Der Onkel hätte ihn bedroht und eingeschüchtert; er würde den Beschwerdeführer töten.

Eines Tages, der Beschwerdeführer habe an einer Impfkampagne teilgenommen, seien drei junge Männer gekommen, die Schuluniformen getragen hätten. Diese seien verdächtig erschienen, weil zu dem Zeitpunkt keine Schulzeit gewesen sei. Das Sicherheitspersonal hätte die Leute gestoppt und der Beschwerdeführer habe diese untersuchen müssen. Einer der Männer habe eine Pistole herausgeholt und sei sogleich von der Sicherheitsperson erschossen worden. Eine Person sei weggelaufen. Der Beschwerdeführer sei aufgefordert worden, die dritte Person zu fesseln.

Zwei Tage später seien vier Al-Shabaab-Männer zum Beschwerdeführer nachhause gekommen, er sei zu dem Zeitpunkt aber nicht zuhause gewesen. Seine Frau habe ihm das erzählt. Sie hätten den Beschwerdeführer töten wollen. Der Beschwerdeführer habe bei einem Freund genächtigt, sich dann eine Mietwohnung gesucht und seine Familie in diese gebracht. Danach habe die Frau des Beschwerdeführers eine Fehlgeburt erlitten, der Vermieter habe einen Zusammenhang mit Problemen mit der Al Shabaab vermutet und hätte den Beschwerdeführer mit seiner Familie gebeten, das Haus zu verlassen. Der Beschwerdeführer habe innerhalb von einer Woche ein anderes Haus gemietet.

Der Beschwerdeführer habe Anrufe von der Al Shabaab erhalten, einmal mit sichtbarer, einmal mit unterdrückter Rufnummer. Wenn die Al Shabaab mit unterdrückter Rufnummer anrufe, bedeute dies, dass man schon zum Tode verurteilt sei. Der Beschwerdeführer habe zwei Grundstücke verkauft und hätte mit der Arbeit bei der NGO aufhören wollen.

Im April 2015 sei der Beschwerdeführer in ein Hotel, in dem es auch ein Wettbüro gegeben habe, gegangen. Der Beschwerdeführer habe dort beobachtet, wie zwei Al-Shabaab-Mitglieder - trotz Waffenverbots - in das Wettbüro gelangen wollten. Es habe eine Schießerei gegeben, der Beschwerdeführer sei mit anderen Personen zum Notausgang gelaufen, auf seine Gruppe sei gezielt geschossen worden. Der Angreifer hätte den Beschwerdeführer umbringen wollen. Ein paar Stunden später habe der Beschwerdeführer einen Anruf erhalten. Ihm sei mitgeteilt worden, dass er noch getötet werde.

Der Beschwerdeführer habe in weiterer Folge seine Bewegung stark eingeschränkt. Er sei nicht mehr in seinen Schachclub gegangen, der Präsident des Schachclubs habe den Beschwerdeführer angerufen und gefragt, warum er nicht mehr kommen würde. Der Beschwerdeführer habe ihm von den Vorfällen erzählt und der Präsident habe dem Beschwerdeführer gesagt, er könnte ihm ein Visum für die Türkei besorgen.

Als der Beschwerdeführer bereits in Österreich gewesen sei, habe ihm seine Frau mitgeteilt, dass Al-Shabaab-Männer gewusst hätten, wo er sei und dass der Beschwerdeführer in die Türkei geflohen sei. Für die Al Shabaab sei der Beschwerdeführer kein Moslem mehr. Für vier Monate sei dann der Kontakt zu seiner Frau abgerissen.

Weitere Fluchtgründe habe der Beschwerdeführer nicht.

Dem Beschwerdeführer wurden in der Folge zahlreiche Widersprüche und Unstimmigkeiten seiner Angaben vorgehalten.

Mit hg. Erkenntnis vom 31.08.2017, Zl. W251 2139779-1/15E, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und zunächst Feststellungen zur Hintergrund und Familie des Beschwerdeführers in Somalia getroffen. Sodann stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass sich der Beschwerdeführer seit August 2015 durchgehend im Bundesgebiet befinde, keiner Erwerbstätigkeit nachgehe und einmal für zwei Monate Hilfstätigkeiten bei einer Gemeinde ausgeführt habe. Er besuche Deutschkurse und habe an einem einen Erste-Hilfe-Kurs teilgenommen. Er sei kein Mitglied eines Vereins, habe keine Freunde in Österreich und bis auf seine Deutschlehrerin keine Kontakte zu Österreichern. Sein privater und familiärer Hintergrund habe sich in Somalia befunden, wo er unverändert ein soziales und familiäres Umfeld vorfände. Der Beschwerdeführer habe eine Lymphknotenvergrößerung, die nicht entfernt, sondern beobachtet werde.

Das Verfolgungsvorbringen des Beschwerdeführers wurde nicht festgestellt. Ebenfalls nicht festgestellt wurde, dass der Onkel des Beschwerdeführers Mitglied der Al Shabaab sei. Weiters nicht festgestellt wurden Drohungen oder Versuche, den Beschwerdeführer unter Zwang zu rekrutieren. Auch konnte das Bundesverwaltungsgericht nicht feststellen, dass der Beschwerdeführer in Mogadischu für eine NGO gearbeitet hat und dass der Beschwerdeführer als Mitarbeiter dieser NGO bedroht worden ist. Nicht festgestellt wurde, dass der Beschwerdeführer auf der Straße von Jugendlichen bedroht worden ist oder dass in einem Lokal versucht wurde, auf den Beschwerdeführer ein Attentat zu verüben. Es konnte auch nicht feststellen, dass die Mitglieder der Al Shabaab den Beschwerdeführer bei ihm zuhause gesucht hätten oder versucht hätten den Beschwerdeführer zuhause aufzusuchen. Das Bundesverwaltungsgericht traf auch keine Feststellungen zu telefonischen oder anderen Bedrohungen des Beschwerdeführers durch die Al Shabaab. Ebenso stellte es nicht fest, dass die Al Shabaab oder andere Personen das Haus des Beschwerdeführers in Mogadischu mit einem Schriftzug versehen haben oder dass dem Beschwerdeführer und seiner Familie verboten worden sei, das Haus zu vermieten oder zu bewohnen. Schließlich stellte das Bundesverwaltungsgericht nicht fest, dass der Beschwerdeführer von der Al Shabaab oder von anderen Personen in Somalia konkret und individuell mit der Ausübung von psychischer und physischer Gewalt bedroht worden sei. Für den Fall einer Rückkehr des Beschwerdeführers nach Somalia traf das Bundesverwaltungsgericht keine Feststellung zu einer konkreten und individuellen Bedrohung mit physischer oder psychischer Gewalt durch die Al Shabaab oder andere Personen.

Am 13.04.2018 stellte der Beschwerdeführer seinen zweiten, den verfahrensgegenständlichen, Antrag auf internationalen Schutz, zu welchem er am selben Tag durch das Stadtpolizeikommando Wels einer niederschriftlichen Erstbefragung unterzogen wurde. Die unter Punkt 6. des Protokolls angeführte Frage, "Warum stellen Sie jetzt einen (neuerlichen) Asylantrag? Was hat sich seit der Rechtskraft konkret gegenüber ihrem bereits entschiedenen Verfahren - in persönlicher Hinsicht und im Hinblick auf die Gefährdungslage im Herkunftsstaat - verändert?", beantwortete der Beschwerdeführer mit "Nein". Unter Punkt 7. gab er an: "Ich habe alle Gründe genannt". Im Falle einer Rückkehr nach Somalia fürchte der Beschwerdeführer, da er vor der Al Shabaab geflohen sei, um sein Leben. Seine Familie sei ebenfalls aus Somalia geflüchtet, sie sei soweit er wisse, in Kenia.

Am 22.05.2018 erfolgte eine Einvernahme durch das BFA, Erstaufnahmestelle (EASt) West. Zunächst wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, ein handschriftliches, in somalischer Sprache verfasstes Schreiben, welches er beim BFA einlangend am 09.05.2018 in Vorlage gebracht hatte, kurz zusammenzufassen. Hiebei handle es sich um eine Stellungnahme zu den Länderinformationen, führte der Beschwerdeführer aus. Er habe geschrieben, dass der Unterschied zwischen dem, was darin geschrieben stehe, und der Situation, die den Beschwerdeführer betreffe, groß sei. Er habe verstanden, dass die allgemeine Situation in Mogadischu besser sei, aber was den Beschwerdeführer betreffe sei sie ganz anders. Es gebe zwei verschiedene Justizsysteme, das eine betreffe das somalische Regierungssystem, das zweite die Al Shabaab. Er müsse sich am Gerichtsort der Al Shabaab melden. Wenn er sich dort nicht melde, würden sie ein Killerkommando schicken, das in das Haus des Beschwerdeführers komme und ihn direkt töte. Es gebe zwei verschiedene Exekutiven, eine der Regierung, eine der Al Shabaab. Die Exekutive der Al Shabaab operiere in Mogadischu. Sie könne das jederzeit, sie habe einen langen Arm. Wer mit Al Shabaab keine Probleme habe, könne in Mogadischu jederzeit leben. Diese Exekutiven kämen nicht von außerhalb, sie würden ganz normal in der Stadt leben. Niemand wisse, wer dazugehöre. Es könne auch der Nachbar des Beschwerdeführers sein. Das was in den Länderfeststellungen stehe, treffe daher auf den Beschwerdeführer nicht zu, weil er gesucht würde. Vor einer Woche sei eine Mitarbeiterin des Deutschen Roten Kreuzes in Mogadischu entführt worden. Die Entführer seien Al-Shabaab-Mitglieder gewesen, weil sie Geld gebraucht hätten. Niemand in Mogadischu sei sicher. Es könnten auch Mitarbeiter internationales Organisationen entführt werden.

Dem Beschwerdeführer wurde mitgeteilt, dass die Stellungnahme übersetzt werde.

Die Familie des Beschwerdeführers lebe seit Jänner 2018 in einem Flüchtlingslager in Kenia. Sie würden von der UNO Unterstützung erhalten, seien aber noch nicht registriert worden. Beweisen könne er das nicht. Der Beschwerdeführer habe telefonischen Kontakt. Ihnen gehe es gut, sie müssten aber auf ihre Registrierung warten, damit sie sich normal bewegen könnten.

Der Beschwerdeführer habe in Somalia für eine NGO namens XXXX gearbeitet. Sie würden Unterstützung von UNICEF und verschiedenen anderen Organisationen erhalten. Sie würden verschiedene Hilfe leisten, zB. Ernährung von Kindern und Frauen oder Impfungen von Kindern und Erwachsenen. Der Beschwerdeführer habe einerseits eine Kampagne gemacht, die die Vorteile des Impfens erklärt habe. Andererseits sei er Vorarbeiter des Reinigungstrupps gewesen.

Befragt, ob der Beschwerdeführer noch etwas angeben wolle, brachte der Beschwerdeführer vor, an dem Tag, an dem sie Impfungen für Kinder gemacht haben, seien drei verdächtige Al-Shabaab-Mitglieder gekommen. Ein Polizist hätte die Männer aufgehalten, einer hätte eine Pistole gezogen und sei vom Polizisten getötet worden. Einer sei weggelaufen, den Dritten hätten sie festgenommen. Der Beschwerdeführer habe auf Geheiß des Polizisten den Mann durchsucht und eine Pistole gefunden. Am nächsten Tag seien vier Al-Shabaab-Mitglieder zum Beschwerdeführer nachhause gekommen. Sie hätten den Beschwerdeführer überall gesucht, seine Frau hätte ihn verständigt. Dann seien sie in ein anderes Viertel von Mogadischu gezogen. Seine Frau, die im dritten Monat schwanger gewesen sei, hätte durch die Angst ihr Kind verloren. Sie hätten das Haus verlassen müssen und hätten ein Haus in einem anderen Viertel gefunden.

Am 20.04.2015 sei der Beschwerdeführer in einem Lokal Fußball schauen gewesen. Es sei ein bewaffneter Mann in das Lokal eingedrungen und hätte nur auf den Beschwerdeführer geschossen, aber einen anderen Mann getroffen. Der Beschwerdeführer habe einen Drohanruf erhalten, wonach er als Ungläubiger getötet würde.

Das BFA ließ - wie in der Einvernahme festgehalten - die Stellungnahme des Beschwerdeführers zu den Länderinformationen übersetzen. Die Übersetzung langte am 13.08.2018 beim BFA ein und hat folgenden Inhalt (sprachliche Unzulänglichkeiten bereinigt):

"Stellungnahme

Sehr geehrte Damen und Herren,

zuerst möchte ich euch bedanken, wie ihr versucht habt, um Informationen über Somalia zu sammeln.

Ehrlich gesagt, habt ihr eine wichtige Information gesammelt. Das Buch, das ich von euch bekommen habe, habe ich gelesen etwas über unsere Hauptstadt (Mogadischu).

Aber die Wahrheit ist, dass dieses Buch über die Probleme der Zivilisten nicht spricht. Die Zivilisten sind zwischen zwei sich gegenseitig bekämpfenden Gruppen.

Wenn wir von oben schauen, dann regiert die somalische Regierung die Stadt. Aber die Frage ist: wer hat das Sagen in Mogadischu?

Offiziell hat die Alshabaab im Jahr 2011 der Stadt verlassen. Aber ich frage Sie: denken Sie dass sie der Stadt verlassen haben, wenn sie noch das Sagen haben? Beispielweise, Musik zu hören ist noch verboten. Kartenspiel und Domino sind auch verboten. Die Bevölkerung in Mogadischu lebt noch unterdrückt.

ln Mogadischu gibt es vier große Märkte, aber die Regierung kann nicht dort Steuer nehmen, weil die Al Shabaab dem nicht zustimmt. Es gibt auch nicht eine einzige somalische Offizielle, der/die dort einkaufen gehen könnte, weil sie Angst von der Al Shabaab haben.

Man kann die Stadt in zwei Teile teilen. Ein Teil ist historisch immer die somalische Regierung und der zweite Teil ist der Teil, die Al Shabaab früher regiert hat. Der Teil von Al Shabaab ist sicher. Da gibt es kein Attentat oder Anschläge, weil die Al Shabaab das Sagen hat und niemand kann dagegen etwas tun. Es gibt nur eine einzige Ausnahme oder Attentat, und das ist, wenn da jemanden ist, von dem sie vermuten, dass er für die Regierung arbeitet. Dort lebt eine Bevölkerung, die keine Freiheit hat. Die Sicherheit, die Sie vermuten, ist ohne Freiheit und es ist unter der Al Shabaab. Ich denke nicht eine Sicherheit unter Al Shabaab ist eine richtige Sicherheit.

Ihre Informationsquelle ist von der Regierung und AMISOM. Aber sie machen Propaganda und sagen, dass sie Al Shabaab besiegt haben und dass sie Fortschritte im Kampf gegen die Al Shabaab gemacht haben. Aber der Beweis, dass sie keine Fortschritte gemacht haben, ist die Ermordung von Personen, die für die Regierung arbeiten, der Parlamentsmitglieder, Journalisten und die Patronen, die die Parlamentsmitglieder gewählt haben. Für alle diese Ermordungen wurde einfach eine Pistole verwendet. Die Regierung und die AMISOM sind nicht mehrere Gebiete, wo die Al Shabaab früher waren. Sie sind nur in bestimmten Gebiete. Manche Bezirke sieht man kaum AMISOM oder somalische Truppen. Beispielweise sind die Bezirke, wo die Regierung und AMISOM nicht anwesend sind, Yaaqshid, Shibis, Boondhere, Kaxda, Huriwaa, Karaan und Dayniile. In diesen Gebieten ist die Regierung kaum anwesend, und wo sie sind, bekommen sie ständig Angriffe.

Der Beweis, dass Mogadischu nicht sicher ist, ist, dass die Regierungsmitglieder in Hotels wohnen. Und wenn sie kein Regierungsmitglied mehr sind, dann verlassen sie sofort das Land.

Das somalische Parlament umfasst 275 Abgeordneter, und keine ihrer Familien leben in Mogadischu, weil sie Angst um ihre Familie haben. Die Regierungsmitglieder, die eine Truppe haben, haben Angst um ihre Familie und sich selbst. Was denken Sie dann, eine Person, die keine Angst hat, die ihn schützt? Die einzige Lösung, die er hat, ist das Land sofort zu verlassen. Vor einigen Tagen wurde eine somalische Frau, die für WHO arbeitete, umgebracht. Und am nächsten Tag wurde eine Frau aus Deutschland, die für ICRC arbeitet, entführt.

Vorigen Monat wurde die Ausrüstung, die das Emirates kontrolliert hat, geraubt, und es wurde in einem offenen Markt verkauft.

Das BFA hat in ihren Berichten gesagt, dass die Al Shabaab in Mogadischu anwesend ist, und dass sie manche Bezirke in der Nacht das Sagen haben. Wie könnte BFA beweisen, dass jemanden, der mit Al Shabaab einige Probleme hat, der dort lebt, wo BFA sagte, dass Al Shabaab in der Nacht das Sagen hat, in Mogadischu leben könnte?

Letztlich ersuche ich Sie, dass Sie mir erlauben wegen die Lage in Somalia in dieses Land zu leben, um mein Leben von Al Shabaab und dem Mann, der sagte, dass er mich umbringt wegen die Ermordung von seinem Bruder, zu retten.

Nochmal ersuche ich sie, wegen die Lage in Somalia, in dem Land leben zu dürfen.

Somalische Regierung ist nicht stark genug. Die sind von der Unterstützung von außen abhängig. Die somalische Bevölkerung hat viele Probleme, beispielweise das Problem von Alshabaab und den Krieg. In Somalia gibt es auch eine Dürre. Diese Dürre ist öfter als normal letzte Jahrzehnte. Deswegen seien viele Menschen und Tiere schon gestorben. Der andere Grund ist, dass die Leute ihren Bauernhof wegen Al Shabaab nicht bepflanzen könnten.

Jeder somalischen Person ist in Gefahr, entweder durch Schüsse oder durch eine Explosion zu sterben. Wenn man das überleben könnte, dann könnte man auch die Knappheit von Wasser und Hunger sterben.

Am Ende bitte ich Sie als Mensch.

Danke.

XXXX ."

Mit dem im Spruch bezeichneten und nunmehr bekämpften Bescheid vom 14.08.2018 wies das BFA, EASt West, den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gem. § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück, erteilte einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG 2005 nicht (Spruchpunkt III.), erließ gegen den Beschwerdeführer gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV.) und stellte gem. § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gem. § 46 FPG nach Somalia zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gem. § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Auseise des Beschwerdeführers (Spruchpunkt VI.). Das BFA erließ überdies gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VII.)

In der Begründung des Bescheides stellte das BFA den bisherigen Verfahrensgang einschließlich der oben bereits im wesentlichen Inhalt wiedergegeben Einvernahmen dar und traf Feststellungen zu Somalia. In der Beweiswürdigung verwies das BFA zunächst auf den Inhalt des Voraktes. Der Beschwerdeführer habe im gegenständlichen Verfahren keine Sachverhaltsänderung vorgebracht. Er habe im Wesentlichen die gleichen Flucht- und Asylgrunde wie im bereits rechtskräftig entschiedenen Vorverfahren vorgebracht. Damit decke sich sein Parteibegehren des zweiten Antrages mit dem ersten.

Da der Beschwerdeführer sein Vorbringen im gegenständlichen Asylverfahren auf ein bereits rechtskräftig unglaubhaft qualifiziertes Vorbringen stütze, könne kein neuer Sachverhalt vorliegen, weil jeder Sachverhalt, der auf dieses unglaubhafte bzw. mit diesem im Zusammenhang stehende Vorbringen aufbaue, nach den Denkgesetzen der Logik ebenfalls als unglaubhaft zu werten sei und der darin behauptete Sachverhalt in der Tatsachenwirklichkeit nicht existiere.

Dass seine Frau und seine Kinder in einem Flüchtlingslager in Kenia leben würden, sei nicht glaubhaft, weil der Beschwerdeführer weder den Namen des Lagers gekannt habe noch Belege dafür vorlegen habe können.

Aus dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31.08.2017, Zl. W251 2139779-1/15E gehe hervor, dass der Beschwerdeführer den Antrag auf internationalen Schutz offensichtlich unbegründet und missbräuchlich gestellt habe. Seine Anträge hätten ausschließlich dazu gedient, um für sich ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht zu erwirken.

Rechtlich führte das BFA zu den Spruchpunkten I. und II. aus, dass der Beschwerdeführer zur Begründung seines Antrags Umstände geltend gemacht habe, die seinen Schilderungen zufolge schon vor Eintritt der Rechtskraft des hg. Erkenntnisses vom 04.09.2017, W251 2139779-1/15E, bestanden hätten. Diese Umstände seien schon von vornherein nicht geeignet, eine neue Sachentscheidung herbeizuführen, zumal diese nicht nur bei identem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes, sondern, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergebe, auch im Falle desselben Begehrens auf Grund der Tatsachen und Beweismittel, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben.

Zu Spruchteil III. führte das BFA aus, ein Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG 2005 werde dem Beschwerdeführer nicht erteilt.

Zu Spruchpunkt IV. führte das BFA aus, dass keine familiären Anknüpfungspunkte in Österreich bestehen würden. Nach Durchführung einer Interessenabwägung iSd Art. 8 EMRK führte das BFA aus, die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gem. § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG sei gegen den Beschwerdeführer zulässig.

Zu Spruchpunkt V. führte das BFA aus, es ergebe sich für den Beschwerdeführer keine Gefährdung im Sinne des § 50 FPG und es stünde auch keine Empfehlung des EGMR einer Abschiebung nach Somalia entgegen, sodass die Rückkehrentscheidung mit dem Ausspruch verbinden gewesen sei, dass im Falle der Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung sowie bei Vorliegen der in § 46 Abs. 1 Z 1 bis 4 FPG genannten Voraussetzungen die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Somalia zulässig sei.

Zu Spruchpunkt VI. führte das BFA aus, da eine zurückweisende Entscheidung nach § 68 AVG vorliege, bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise.

Zu Spruchpunkt VII. führte das BFA aus, da die Aufzählung des § 53 FPG nicht taxativ, sondern demonstrativ sei und der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen sei, sei eine Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot zu prüfen. Da der Beschwerdeführer offensichtlich nicht bereit sei, der österreichischen Rechtsordnung Beachtung zu schenken, könne das BFA nur zu dem Schluss kommen, dass sein Aufenthalt in Österreich jedenfalls eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle. Sein Verhalten zeige eindeutig, dass er nicht bereit sei, sich den österreichischen Behörden und Gerichten gegenüber zu fügen und sich rechtskonform zu verhalten. Zudem sei § 53 Abs. 2 Z 6 FPG erfüllt, weil der Beschwerdeführer mittellos und nicht in der Lage sei, die Mittel für seinen Unterhalt aus Eigenem nachzuweisen. Zudem befände er sich in der Grundversorgung.

Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich innerhalb offener Frist gegenständliche Beschwerde. Nach einer (gerafften) Wiedergabe des Verfahrensganges und des behaupteten Sachverhaltes führt die Beschwerde insbesondere zu Spruchpunkt VII. des Bescheides aus, die Begründung des BFA erweise sich als nicht stichhaltig. Zwar sei richtig, dass der Beschwerdeführer in die Grundversorgung einbezogen sei. Doch sei die Arbeitsmarktsituation in Österreich besonders für Asylwerber nicht besonders aussichtsreich. Es erscheine widersprüchlich, wenn dem Beschwerdeführer einerseits mit Hilfe des österreichischen Staates eine Grundversorgung gewährt werde und andererseits das BFA von der Erlassung eines Einreiseverbotes gegen den Beschwerdeführer Gebrauch mache. Das erscheine nicht rechtskonform, konsequenterweise müsste sonst gegen jeden Asylwerber, gegen den eine Rückkehrentscheidung erlassen werde, ein Einreiseverbot wegen Mittellosigkeit verhängt werden. Weiters sei nicht nachvollziehbar, welche Gefährdung der Beschwerdeführer für die Öffentlichkeit darstelle, zumal er unbescholten sei. Die Begründung des BFA, der Beschwerdeführer sei seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen, sei nicht nachvollziehbar und entbehre jeder Grundlage.

Mit hg. Erkenntnis vom 14.09.2018, W159 2139779-2/3E, wurde diese Beschwerde gem. § 68 AVG, §§ 10, 57 AsylG 2005 und § 9 BFA-VG als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt A I.), der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt VII. stattgegeben und dieser ersatzlos behoben (Spruchpunkt A II.) und die Revision für nicht zulässig erklärt (Spruchpunkt B).

Gegen den stattgebenden Spruchpunkt A II. erhob das BFA Revision an den Verwaltungsgerichtshof (VwGH), welcher das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.09.2018 im Umfang der Revision wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufhob (VwGH 31.01.2019, Ra 2018/14/0197-11).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

§ 53 Abs. 1 und 2 FPG lauten

"Einreiseverbot

§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

. . ."

Der Verwaltungsgerichthof hat festgehalten, dass es sich bei der Erlassung einer Rückkehrentscheidung einerseits und einem Einreiseverbot andererseits um trennbare Spruchbestandsteile handelt (vgl. VwGH vom 15.05.2012, 2012/18/0029). Die Rückkehrentscheidung ist bereits mit dem hg. Erkenntnis vom 14.09.2018 in Rechtskraft erwachsen. Vor diesem Hintergrund erweist sich die alleinige Behandlung der Erlassung eines Einreiseverbotes als zulässig (VwGH 22.05.2013, 2011/18/0259).

Erst jüngst hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass bei Bemessung eines Einreiseverbotes nach § 53 FPG eine Einzelfallprüfung vorzunehmen ist, bei der die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen zu beurteilen und zu berücksichtigen hat, ob (bzw. inwieweit über die im unrechtmäßigen Aufenthalt als solchem zu erblickende Störung der öffentlichen Ordnung hinaus) der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Eine derartige Gefährdung ist nach der Gesetzessystematik insbesondere in den Fällen der Z 1 bis 9 des § 53 Abs. 2 FPG anzunehmen. In den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 8 FPG ist das Vorliegen einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit indiziert, was dann die Verhängung eines Einreiseverbotes in der Dauer von bis zu zehn Jahren und, liegt eine bestimmte Tatsache im Sinn der Z 5 bis 8 vor, von unbefristeter Dauer ermöglicht (vgl. zum Erfordernis einer Einzelfallprüfung aus der ständigen Rechtsprechung auch etwa VwGH 10.04.2014, 2013/22/0310; 30.07.2014, 2013/22/0281) (vgl. VwGH 24.05.2018, Ra 2017/19/0311, Rz 12).

Im vorliegenden Fall ist die belangte Behörde davon ausgegangen, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährde und sohin der Tatbestand des § 53 Abs. 2 FPG verwirklicht sei. Sie begründete dies mit seiner Mittellosigkeit und seiner nicht nachgekommenen Ausreiseverpflichtung.

Weiters wurde von der belangten Behörde argumentiert, dass der gegenständliche Fall in den Anwendungsbereich des Art. 11 der Rückführungsrichtlinie (Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger) falle, welcher die verpflichtende Verbindung einer Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot vorsehe, soweit keine Frist für eine freiwillige Ausreise eingeräumt wurde oder falls der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wurde. Daraus würde sich in Kombination mit Art. 7 Abs. 4 Rückführungsrichtlinie ergeben, dass eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit vorliege (Siehe auch BVwG vom 19.12.2018, I417 2128297-2/12E).

Aus der Formulierung des § 53 Abs. 2 FPG ergibt sich, dass die dortige Aufzählung nicht als taxativ, sondern als demonstrativ bzw. enumerativ zu sehen ist ("Dies ist insbesondere dann anzunehmen, . . ."), weshalb die belangte Behörde in mit den in Z 1-9 leg. cit. expressis verbis nicht genannten Fällen, welche jedoch in ihrer Interessenslage mit diesen vergleichbar sind, ebenso ein Einreisverbot erlassen kann. Die belangte Behörde hat daher zu Recht darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer, nachdem die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31.08.2017 über seinen ersten unbegründeten Asylantrag in Rechtskraft erwachsen ist, seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen ist und begründet daher zu Recht die vom Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich ausgehende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit damit, dass der Beschwerdeführer offensichtlich nicht bereit sei, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten.

Weiters ist die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer einen Nachweis seiner Selbsterhaltungsfähigkeit nicht erbringen konnte. Die individuelle Lage des Beschwerdeführers lässt nicht darauf schließen, dass er seinen Aufenthalt im Bundesgebiet in absehbarer Zeit legalisieren und allenfalls seine Mittellosigkeit durch Aufnahme einer legalen Beschäftigung in eine Selbsterhaltungsfähigkeit wandeln könnte.

Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem im vorliegenden Fall ergangenen, behebenden Erkenntnis - unter Bezugnahme auf einschlägige Vorjudikatur (VwGH vom 24.05.2018, Ra 2018/19/0125, VwGH vom 05.12.2018, Ra 2018/20/0990) ausgeführt, dass das BFA zu Recht wegen Mittellosigkeit und Missachtung einer Ausreiseverpflichtung ein Einreiseverbot ausgesprochen hat (VwGH vom 31.01.2019, Ra 2018/14/0197-11).

Zur Dauer des Einreiseverbotes wird festgehalten, dass die belangte Behörde nicht einmal die Hälfte der gesetzlich zulässigen Dauer des § 53 Abs. 2 FPG verhängt hat. Die Beschwerde zeigt auch keine Gründe auf, wonach die Ermessensübung durch die belangte Behörde nicht im Sinn des Gesetzes erfolgt wäre. Wie bereits mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.09.2018 festgestellt wurde, verfügt der Beschwerdeführer über kein schützenswertes Privat- und Familienleben in Österreich bzw. machte er ein solches auch nicht für die anderen Mitgliedsstaaten geltend.

Zusammenfassend ist sohin das Einreiseverbot von der belangten Behörde zu Recht erlassen und die gewählte Dauer von zwei Jahren als angemessen angesetzt worden. Sohin war auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

Zum Absehen von der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Nach § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Gemäß Art. 47 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (2010/C 83/02) - GRC - hat jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, das Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungen bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen. Zufolge Abs. 2 leg. cit. hat jede Person ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Jede Person kann sich beraten, verteidigen und vertreten lassen.

Nach Art. 52 Abs. 1 GRC muss jede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen nur vorgenommen werden, wenn sie notwendig sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen.

Zur Frage der Verhandlungspflicht brachte der VfGH etwa in seinem Erkenntnis vom 14.03.2012, U 466/11 ua. zum Ausdruck, er hege vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EGMR (zur Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung) weder Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 41 Abs. 7 AsylG 2005 noch könne er finden, dass der Asylgerichtshof der Bestimmung durch das Absehen von der Verhandlung einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt habe. Das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheine oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergebe, dass das Vorbringen tatsachenwidrig sei, stehe im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden habe, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt worden sei.

Der VwGH hat sich mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017, mit der Frage des Entfalls einer mündlichen Verhandlung unter Auslegung des § 21 Abs. 7 BFA-VG befasst, wobei dem Grunde nach die zuvor zitierte Judikaturlinie der Höchstgerichte beibehalten wird. Daraus resultierend ergeben sich für die Auslegung des § 21 Abs. 7 BFA-VG folgende maßgeblichen Kriterien: Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüberhinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht bleibt wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

Projiziert auf den vorliegenden Beschwerdefall bedeutet dies, dass aus dem Inhalt der Verwaltungsakte die Grundlage des bekämpften Bescheides unzweifelhaft nachvollziehbar ist. Es hat sich auch in der Beschwerde kein zusätzlicher Hinweis auf die Notwendigkeit ergeben, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer zu erörtern.

In der Beschwerde finden sich auch keine Hinweise, wonach eine weitere mündliche Verhandlung notwendig ist, zumal sich dort keine substantiierten Ausführungen finden, die dies erforderlich machen würden. Vielmehr wird in der Beschwerde vollkommen unbestimmt eine Gefährdung des Beschwerdeführers für den Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat in den Raum gestellt und dies aufgrund der Umstände, die bereits im ersten rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren als unglaubwürdig bewertet worden sind.

Das BFA hat sich sohin ausreichend und abschließend mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt. Die Ermittlung des Sachverhaltes durch das BFA war demnach nicht zu beanstanden.

Der maßgebliche Sachverhalt war demnach aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen. Auch im Lichte des vergleichsweise kurzen verstrichenen Zeitraumes seit der rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31.08.2017 haben sich - wie dargelegt - keine entscheidungswesentlichen Änderungen der Lage im Herkunftsstaat (auf die individuelle Situation des Beschwerdeführers bezogen) ergeben, was vom BFA durch die Einführung aktueller Länderinformationen zum Herkunftsstaat in das Verfahren überprüft wurde.

Im Übrigen wurde auch in dem im vorliegenden Fall ergangenen Erkenntnis des VwGH vom 31.01.2019, Ra 2018/14/0197 keine solche ausdrücklich gefordert.

Dem Bundesverwaltungsgericht liegt sohin kein Beschwerdevorbringen vor, das mit dem Beschwerdeführer mündlich zu erörtern gewesen wäre, sodass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht unterbleiben konnte.

Zu B):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige (insbesondere im vorliegenden Fall ergangene) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Schlagworte

Amtsrevision, Einzelfallprüfung, Interessenabwägung, öffentliche
Interessen, Rechtsanschauung des VwGH, Selbsterhaltungsfähigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W159.2139779.2.00

Zuletzt aktualisiert am

08.05.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten