Entscheidungsdatum
20.03.2019Norm
AsylG 2005 §35Spruch
W235 2192495-1/3E
W235 2192489-1/2E
W235 2192487-1/2E
W235 2192484-1/2E
W235 2192490-1/2E
W235 2192481-1/2E
W235 2192494-1/2E
W235 2192486-1/2E
W235 2192492-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin nach Beschwerdevorentscheidung des Österreichischen Generalkonsulats Istanbul vom 22.03.2018, Zl. Istanbul-GK/KONS/1862/2016, aufgrund der Vorlageanträge von 1. XXXX , geb. XXXX , 2. mj. XXXX alias XXXX , geb. XXXX , 3. mj. XXXX alias XXXX , geb. XXXX , mj. XXXX alias XXXX , geb. XXXX , 5. mj. XXXX alias XXXX , geb. XXXX , 6. mj. XXXX alias XXXX , geb. XXXX , 7. mj XXXX alias XXXX , geb. XXXX , 8. mj. XXXX alias XXXX , geb. XXXX und 9. mj XXXX alias XXXX , geb. XXXX , alle StA. Syrien, 2. bis 9. gesetzlich vertreten durch: XXXX , über die Beschwerde gegen die Bescheide des Österreichischen Generalkonsulats Istanbul vom 11.01.2018, Zl. Istanbul-GK/KONS/1862/2016, beschlossen:
A)
In Erledigung der Beschwerde werden die angefochtenen Bescheide behoben und die Angelegenheiten gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung neuer Bescheide an das Österreichische Generalkonsulat Istanbul zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1.1. Die Beschwerdeführer sind syrische Staatsangehörige und stellten am 19.07.2016 unter Verwendung der vorgesehenen Befragungsformulare beim Österreichischen Generalkonsulat Istanbul Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln gemäß § 35 AsylG. Begründend führten sie aus, dass die Erstbeschwerdeführerin die Ehefrau sowie die Zweit- bis Neuntbeschwerdeführer die minderjährigen Kinder des syrischen Staatsangehörigen XXXX , geb. XXXX , (= Bezugsperson) seien, dem mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .2016, Zl XXXX , der Status eines Asylberechtigten zuerkannt worden war.
Zur Frage, warum sie in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz stellen, ist den Befragungsformularen sämtlicher Beschwerdeführer, sohin auch jenem der Erstbeschwerdeführerin, Folgendes zu entnehmen: "Because my father lives and because Austria is a safe country". Welche Dokumente gemeinsam mit den Anträgen dem Österreichischen Generalkonsulat Istanbul vorgelegt wurden, geht aus dem Akteninhalt nicht hervor.
1.2. Am 03.05.2017 gab das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Mitteilung gemäß § 35 Abs. 4 AsylG bekannt, dass in den gegenständlichen Fällen eine Gewährung des Status des Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da sich gravierende Zweifel am Bestehen des behaupteten und im Sinn von § 35 Abs. 5 AsylG relevanten Familienverhältnisses ergeben hätten.
In der beigelegten Stellungnahme vom 02.05.2017 führte das Bundesamt begründend aus, dass sich nach Prüfung des beim Konsulat tätigen Dokumentenberaters massive Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Urkunden ergeben hätten. Die vorgelegten Ehe- bzw. Familiendokumente seien als Fälschung qualifiziert worden. Eine aufrechte Ehe bzw. eine generelle Familieneigenschaft sei sohin nicht nachgewiesen worden.
Dies teilte das Österreichische Generalkonsulat Istanbul den Beschwerdeführern mit Schreiben vom 04.05.2017 mit und forderte sie zur Abgabe einer Stellungnahme binnen einer Woche auf.
1.3. Mit Stellungnahme vom 31.05.2017 brachten die Beschwerdeführer im Wege ihrer ausgewiesenen Vertreterin im Zuge der Sachverhaltsdarstellung unter anderem vor, die Bezugsperson und die Beschwerdeführer hätten bis zur Ausreise der Bezugsperson in Syrien in einem gemeinsamen Haushalt gelebt. Seit der Ausreise habe die Bezugsperson per Telefon und sonstigen Online-Möglichkeiten täglichen Kontakt zu ihrer Familie.
Zur Stellungnahme des Bundesamtes wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführer sämtliche persönlichen Dokumente, wie die Heiratsurkunde und einen Familienregisterauszug, vorgelegt hätten. Das Bundesamt habe nicht näher konkretisiert, warum es an der Echtheit der eingereichten Dokumente zweifle. Ferner gehe aus der Stellungnahme nicht hervor, auf welche Dokumente sich die Einschätzung beziehe. Offen bleibe auch, ob lediglich die Echtheit eines oder mehrerer Dokumente bezweifelt würde. Selbst wenn die vorgelegten Urkunden nicht echt wären, wäre die Behörde dazu verpflichtet, weitere Beweismittel zur Beurteilung der Familieneigenschaft heranzuziehen. Unter Verweis auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 04.08.2016, Ra 2016/21/0083, wurde überdies festgehalten, dass allgemeine Zweifel an der Echtheit der Dokumente nicht ausreichend seien, um ihnen die Beweiskraft abzusprechen. Vielmehr müsse eine kriminaltechnologische Untersuchung durchgeführt werden (vgl. u.a. BVwG vom 13.04.2016, W161 2123976). Zum Vorwurf gefälschter Dokumente wurde ferner unter Verweis auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 25.05.2016, Ra 2015/19/0257, ausgeführt, dass der vom Bundesamt zitierte Bericht des Dokumentenberaters ein Sachverständigengutachten darstelle und auch die entsprechenden Anforderungen erfüllen müsse. Da sowohl das Bundesamt als auch das Generalkonsulat es verabsäumt hätten, den Bericht ihrer Stellungnahme beizulegen oder die Ergebnisse zu konkretisieren, sei nicht ersichtlich, wer der Dokumentenberater sei, über welche Qualifikationen er verfüge und aufgrund welcher Anhaltspunkte er die Dokumente als gefälscht erachte. Dies stelle eine schwerwiegende Verletzung des Rechts auf Parteiengehör dar, zumal nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes die Prognoseentscheidung ausreichend begründet sein müsse, sodass der Beschwerdeführer in die Lage versetzt werde, ein zweckentsprechendes, zielgenaues Vorbringen zu erstatten. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, würden dazu nicht nur der Befund und das Gutachten, sondern auch sämtliche herangezogene Hilfsbefunde sowie die Bekanntgabe des Namens und der Fachrichtung des Sachverständigen gehören. Folglich sei der Bericht des Dokumentenberaters den Beschwerdeführern vorzulegen.
Selbst bei Zweifeln bezüglich der Urkunden hätte durch eine DNA-Analyse aber jedenfalls die Familieneigenschaft nachgewiesen werden können. Über die Möglichkeit der Vornahme einer solchen Untersuchung wären die Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 4 BFA-VG jedenfalls zu belehren gewesen, da der Behörde diesbezüglich kein Ermessen zukomme. Der Judikatur des Bundesverwaltungsgerichtes sei überdies zu entnehmen, dass die Unterlassung einer solchen Belehrung einen wesentlichen Verfahrensmangel darstelle. Die Beschwerdeführer würden sich hiermit bereiterklären, eine DNA-Analyse vorzunehmen und eine dementsprechende Belehrung gemäß § 13 Abs. 4 BFA-VG beantragen. Zudem müsse das Bestehen eines Verwandtschaftsverhältnisses bloß glaubhaft gemacht werden. So habe der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 01.03.2016, Ro 2015/18/0002 festgehalten, dass im Verfahren nach § 35 AsylG die "bloße Wahrscheinlichkeit" einer Gewährung desselben Schutzes ausreiche, um einen Einreisetitel zu erteilen, weshalb die Beweisschwelle somit erheblich niedriger liege. Lediglich wenn eine Gewährung desselben Schutzes ausgeschlossen sei, könne der Antrag abgewiesen werden. Sohin müsse, entgegen der Rechtsansicht des Bundesamtes, nicht der volle Beweis für das Bestehen des Verwandtschaftsverhältnisses erbracht werden. Davon abgesehen sei auch das Parteiengehör verletzt worden, da die Bezugsperson nicht zu einer zeugenschaftlichen Einvernahme geladen worden sei.
In der Folge wurde darauf hingewiesen, dass die Einreise der Beschwerdeführer gemäß Art. 8 EMRK dringend geboten sei, um das gemeinsame Familienleben in Österreich fortsetzen zu können. Die Familienzusammenführung mit den Kindern und dem Vater stehe des Weiteren klar im Sinne des Kindeswohls. Die belangte Behörde habe jedoch nicht geprüft, ob eine Einreise gemäß Art. 8 EMRK geboten erscheine.
Neben Familienfotos wurden der Stellungnahme Kopien von nur schwer erkennbaren Urkunden beigelegt. Mit Schreiben vom 21.06.2017 übermittelten die Beschwerdeführer im Wege ihrer ausgewiesenen Vertreterin erneut Lichtbilder eines Familienregisterauszugs. Eine Übersetzung wurde weder diesem Schreiben noch der Stellungnahme vom 31.05.2017 beigelegt.
1.4. Am 27.09.2017 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme der Bezugsperson als Zeuge vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl. Im Zuge dieser Einvernahme gab der Zeuge an, er habe seine erste Ehefrau, welche damals 14 Jahre alt gewesen sei, im Jahr 1977 geheiratet. Im Jahr 1996 habe er mit der zu diesem Zeitpunkt 14-jährigen Erstbeschwerdeführerin eine Ehe geschlossen. Schließlich sei er im Jahr 2012 mit einer 29-jährigen Frau eine weitere Ehe eingegangen. Alle Ehefrauen würden derzeit in Istanbul leben. Auf Vorhalt, er habe laut Familienregisterauszug vier Ehefrauen, gab er an, er habe sich von einer Ehefrau, die keine Kinder geboren habe, scheiden lassen, da es Differenzen gegeben habe. Auf Ersuchen, die Namen und Geburtsdaten der Kinder zu nennen, gab er die Namen und Geburtsdaten von insgesamt zehn minderjährigen Personen, darunter auch die Zweit- bis Neuntbeschwerdeführer, sowie die Namen und Geburtsjahre von weiteren elf Personen an.
Ergänzend brachte der Zeuge vor, er wolle die Erstbeschwerdeführerin nachholen, da sie mehr Kinder habe [als die anderen Frauen], insgesamt seien es acht. Er könne nicht alle Frauen im Verfahren nachholen. Damit alle gemeinsam kommen könnten, hätten die anderen Ehefrauen das Sorgerecht für ihre minderjährigen Kinder übertragen. Er könne nicht die Daten aller Kinder genau angeben, da er krank sei und Erinnerungslücken habe. Ferner seien manche Kinder direkt nach der Geburt gestorben. Deren Daten habe er nicht genannt. Er wolle, dass seine Kinder nach Österreich kommen und in Sicherheit leben könnten. Es könne jede Sekunde bei ihm "vorbei" sein und er wolle, dass seine Kinder eine bessere Zukunftsperspektive hätten.
1.5. Mit Schreiben vom 11.12.2017 teilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Erstbeschwerdeführerin gemäß § 35 Abs. 4 AsylG erneut mit, dass die Gewährung des Status der Asylberechtigten unwahrscheinlich sei, da die behauptete Eheschließung mit der Bezugsperson dem Grundsatz des ordre public widerspreche. In der beiliegenden Stellungnahme wurde ergänzend ausgeführt, dass der Zweitehefrau selbst dann die Einreise zu verwehren sei, wenn die Ehe bereits im Herkunftsstaat bestanden habe und daraus Kinder erwachsen seien.
Den Zweit- bis Neuntbeschwerdeführern wurde ebenso mit Mitteilung vom 11.12.2017 zur Kenntnis gebracht, dass die Gewährung des Status des Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Eheschließung ihrer Mutter mit der Bezugsperson dem Grundsatz des ordre public widerspreche.
In einer beiliegenden Stellungnahme wurde ergänzend ausgeführt, dass die Erstbeschwerdeführerin die Zweitfrau der Bezugsperson sei. Nach dem Grundsatz des ordre public könne die Zweitehefrau im Familienverfahren jedoch nicht nach Österreich einreisen. Da der Bezug eines Kindes zur Mutter höher als der Bezug zum Vater bewertet werde, könnten sohin auch die Zweit- bis Neuntbeschwerdeführer nicht einreisen. Ferner werde darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführer die Bezugsperson bereits seit mehr als zwei Jahren nicht mehr gesehen hätten und dies in Zusammenhang mit ihrem Alter als Abbruch des persönlichen Verhältnisses zu betrachten sei. Ergänzend müsse darauf hingewiesen werden, dass die Bezugsperson selbst angegeben habe, ein alter Mann zu sein, bei dem es jederzeit "zu Ende" gehen könne. Dies sei keine ideale Voraussetzung, um ein Kind in ein völlig fremdes Land zu einer de facto fremden Person ohne Begleitung der Mutter zu bringen. Eine Zusammenführung mit dem Vater entspreche sohin nicht dem Kindeswohl.
Dies teilte das Österreichische Generalkonsulat Istanbul den Beschwerdeführern mit Schreiben vom 14.12.2017 mit und forderte sie zur Abgabe einer Stellungnahme binnen einer Woche auf.
1.6. Mit Stellungnahme vom 21.12.2017 brachten die Beschwerdeführer im Wege ihrer ausgewiesenen Vertreterin nach Darstellung des Sachverhalts zusammengefasst vor, die Erstbeschwerdeführerin sei tatsächlich die Zweitehefrau der Bezugsperson, allerdings sei sie gleichzeitig die leibliche Mutter der Zweit- bis Neuntbeschwerdeführer. Minderjährigen Kindern eines in Österreich Asylberechtigten sei die Einreise gemäß § 35 Abs. 5 AsylG zu gewähren, sodass auch der Einreiseantrag der Erstbeschwerdeführerin nicht ohne Weiteres abgelehnt werden könne, zumal dadurch die Fortführung des Familienlebens zwischen ihr und ihren Kindern verhindert werden würde. Dies stelle einen schwerwiegenden Eingriff in das Recht auf Privat- und Familienleben gemäß Art. 8 EMRK dar. Im Lichte des Art. 8 EMRK sei sohin geboten, ihr die Einreise zu gewähren. Mit Erkenntnis vom 06.06.2014, B 369/2013, habe der Verfassungsgerichtshof eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in einem ähnlich gelagerten Fall behoben:
Konkret sei die Ehe zwischen der [dortigen] Antragstellerin und der [dortigen] Bezugsperson vom Bundesverwaltungsgericht nicht anerkannt worden, weshalb der Antragstellerin in weiterer Folge die Einreise verweigert worden sei, während den vier Kindern Einreisetitel erteilt worden seien. Der Verfassungsgerichtshof habe dazu festgehalten, dass es gemäß Art. 8 EMRK geboten sei, der Antragstellerin als Mutter von vier Kindern, denen die Einreiseerlaubnis erteilt worden sei, die Fortsetzung des Familienlebens mit ihrem Ehemann und ihren Kindern in Österreich zu ermöglichen. Da im gegenständlichen Fall die Zweit- bis Neuntbeschwerdeführer die leiblichen Kinder der Erstbeschwerdeführerin und der Bezugsperson seien, sei sohin sämtlichen Beschwerdeführern die Einreise zu gewähren.
Ferner sei nicht nachvollziehbar, dass das Bundesamt von einem Abbruch der persönlichen Verhältnisse zwischen den minderjährigen Beschwerdeführern und der Bezugsperson ausgehe, zumal es sich um keine freiwillige Trennung gehandelt habe, sondern sie durch den Krieg getrennt worden seien. Zudem bestehe nach wie vor täglicher Kontakt über das Telefon oder das Internet. Die Angaben der Bezugsperson, wonach er ein alter Mann sei, bei dem es jederzeit zu Ende gehen könne, könnten für das Einreiseverfahren gemäß § 35 AsylG überdies keine Bedeutung haben. Sowohl der Verfassungsgerichtshof als auch der Verwaltungsgerichtshof würden betonen, dass im Visaverfahren nach § 35 AsylG die Einhaltung des Art. 8 EMRK zu berücksichtigen und sicherzustellen sei. Die neuerliche Entscheidung des Bundesamtes werde sich sohin damit auseinanderzusetzen habe, ob und inwieweit ein Eingriff in Art. 8 EMRK vorliegen könnte. Die einzelnen Interessen müssten im Lichte des Art. 8 EMRK geprüft und eine etwaige Ablehnung der Erteilung eines Einreisetitels entsprechend begründet werden. Insgesamt sei nicht ersichtlich, ob im gegenständlichen Verfahren eine solche Auseinandersetzung erfolgt sei.
2. Mit Bescheiden des Österreichischen Generalkonsulats Istanbul vom 11.01.2018, Zl. Istanbul-GK/KONS/1862/2016, wurden die Anträge aller neun Beschwerdeführer auf Erteilung von Einreisetiteln gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG abgewiesen. Begründend wurde auf die Stellungnahme des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.12.2017 verwiesen.
3. Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer im Wege ihrer ausgewiesenen Vertreterin am 07.02.2018 fristgerecht Beschwerde. Nach Darstellung des Sachverhalts und Verweis auf die Stellungnahmen vom 31.05.2017 sowie vom 21.12.2017 wurde zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass nicht erkennbar sei, inwiefern sich das Bundesamt mit der zuletzt erstatteten Stellungnahme vom 21.12.2017 auseinandergesetzt habe. Für die Wahrung des Parteiengehörs sei nicht ausreichend, dass eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt werde, sondern habe auch eine Auseinandersetzung mit den in der Stellungnahme dargelegten Argumenten zu erfolgen und sei diese Auseinandersetzung in der Begründung des Bescheides wiederzugeben. Die unterlassene Auseinandersetzung mit der Stellungnahme stelle eine Verletzung des Rechts auf Parteiengehör bzw. einen Begründungsmangel dar. Die Behörde habe sohin willkürlich gehandelt und den Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet.
Ergänzend wurde ausgeführt, dass die Einreiseanträge der minderjährigen Zweit- bis Neuntbeschwerdeführer mit der Begründung abgewiesen worden seien, dass der Erstbeschwerdeführerin, sohin ihrer Mutter, als Zweitfrau der Bezugsperson infolge des ordre public-Grundsatzes, die Einreise nicht zu gewähren sei. Der Verfassungsgerichtshof habe sich in seinem Erkenntnis vom 27.11.2017, E 1001-1005/2017-13, mit einem ähnlich gelagerten Fall auseinandergesetzt und in dieser Entscheidung festgehalten, dass das Bundesverwaltungsgericht Willkür übe, wenn es die Qualifikation der [dort] vier minderjährigen Beschwerdeführer als Familienangehörige eines in Österreich anerkannten Flüchtlings mit der Begründung verneine, dass ihre Mutter nicht mit dem anerkannten Flüchtling verheiratet sei.
Auch das Bundesamt habe sich im gegenständlichen Fall der vom Verfassungsgerichtshof als willkürlich bezeichneten Argumentation bedient und belaste daher den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit. Ferner habe es die Behörde verabsäumt zu prüfen, ob der Erstbeschwerdeführerin im Lichte des Art. 8 EMRK die Einreise zu gewähren wäre. Ungeachtet des eventuellen Nichtvorliegens einer Ehe wäre daher eine Prüfung nach Art. 8 EMRK vorzunehmen gewesen um zu klären, ob der Erstbeschwerdeführerin die Einreise zur Wahrung des Familienlebens zu gestatten sei, (vgl. VfGH vom 06.06.2014, B369/2013-12 sowie vom 23.11.2015, E 1510/2015).
Der Beschwerde wurden folgende verfahrensrelevante Dokumente (in Kopie) beigelegt:
* Auszug aus dem Konventionsreisepass der Bezugsperson, ausgestellt am XXXX .2016 mit der Nr. XXXX ;
* Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .2016, Zl. XXXX , mit welchem der Bezugsperson der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde;
* Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom XXXX .2017 betreffend die Bezugsperson;
* (undatierter) Auszug aus dem Familienregister der Arabischen Republik Syrien (samt deutscher Übersetzung), welchem zu entnehmen ist, dass die Zweit- bis Neuntbeschwerdeführer die leiblichen Kinder der Erstbeschwerdeführerin und der Bezugsperson sind;
* Geburtsurkunde der Erstbeschwerdeführerin (samt deutscher Übersetzung), welcher das Geburtsdatum " XXXX " zu entnehmen ist, ausgestellt am XXXX .2016;
* Geburtsurkunde des Zweitbeschwerdeführers (samt deutscher Übersetzung), welcher das Geburtsdatum " XXXX " zu entnehmen ist, ausgestellt am XXXX .2016;
* Geburtsurkunde des Drittbeschwerdeführers (samt deutscher Übersetzung), welcher das Geburtsdatum " XXXX " zu entnehmen ist, ausgestellt am XXXX .2016;
* Geburtsurkunde der Viertbeschwerdeführerin (samt deutscher Übersetzung), welcher das Geburtsdatum " XXXX " zu entnehmen ist, ausgestellt am XXXX .2016;
* Geburtsurkunde des Fünftbeschwerdeführers (samt deutscher Übersetzung), welcher das Geburtsdatum " XXXX " zu entnehmen ist, ausgestellt am XXXX .2016;
* Geburtsurkunde des Sechstbeschwerdeführers (samt deutscher Übersetzung), welcher das Geburtsdatum " XXXX " zu entnehmen ist, ausgestellt am XXXX .2016;
* Geburtsurkunde des Siebtbeschwerdeführers (samt deutscher Übersetzung), welcher das Geburtsdatum " XXXX " zu entnehmen ist, ausgestellt am XXXX .2016;
* Geburtsurkunde des Achtbeschwerdeführers (samt deutscher Übersetzung), welcher das Geburtsdatum " XXXX " zu entnehmen ist, ausgestellt am XXXX .2016;
* Geburtsurkunde des Neuntbeschwerdeführers (samt deutscher Übersetzung), welcher das Geburtsdatum " XXXX " zu entnehmen ist, ausgestellt am XXXX 2016 und
* Heiratsurkunde (samt deutscher Übersetzung), aus welcher hervorgeht, dass die Erstbeschwerdeführerin und die Bezugsperson am XXXX .1996 die Ehe geschlossen haben, ausgestellt am XXXX 2016 vom syrischen Innenministerium.
4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 22.03.2018, Zl. Istanbul-GK/KONS/1862/2016, wies das Österreichische Generalkonsulat Istanbul die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab. Zur Begründung wurde nach Wiederholung des Verfahrensganges auf die Bindungswirkung der Vertretungsbehörde an die Wahrscheinlichkeitsprognose des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl verwiesen. Ergänzend wurde festgehalten, dass gemäß Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung ("Familienzusammenführungsrichtlinie") ein Mitgliedstaat die Familienzusammenführung mit einem weiteren Ehegatten nicht gestatte, wenn im Fall einer Mehrehe bereits ein Ehegatte gemeinsam mit dem Zusammenführenden im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats lebe. In Abweichung von Abs. 1 lit c leg. cit. könnten die Mitgliedstaaten die Familienzusammenführung minderjähriger Kinder eines weiteren Ehegatten und des Zusammenführenden einschränken. Aus § 44 ABGB gehe ferner hervor, dass eine Ehe nur zwischen zwei Person geschlossen werden könne. Gemäß § 192 StGB sei eine Mehrfachehe in Österreich eine strafbare Handlung. Somit verstoße die Familienzusammenführung mit der Zweitehefrau offensichtlich gegen den Grundsatz des ordre public (§ 6 IPRG) und entbehre jeglicher rechtlichen Grundlage.
Auch die Verweise der Beschwerdeführer auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes vermögen daran nichts zu ändern, da sich der Verfassungsgerichtshof in den zitierten Fällen mit der Einreise der Erstehefrau und deren minderjähriger Kinder auseinandergesetzt habe. Im gegenständlichen Fall sei bereits dem mj. XXXX , dem Sohn der Bezugsperson und dessen Erstehefrau, eine positive Wahrscheinlichkeitsprognose erteilt worden und stehe dies eindeutig im Einklang mit der zitierten Judikatur. Der Erstbeschwerdeführerin als Zweitehefrau und ihren minderjährigen Kindern sei hingegen kein Einreisetitel zu erteilen.
Hinsichtlich Art. 8 EMRK wurde ausgeführt, dass diese Bestimmung unter Gesetzesvorbehalt stehe und ein Eingriff in dieses Grundrecht im gegenständlichen Fall von Art. 8 Abs. 2 EMRK gedeckt sei. Die Regeln des Einwanderungsrechts würden - wie aus dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.06.2016, W205 2118262-1, sowie aus der Entscheidung des EGMR vom 31.07.2008, 265/07, Darren Omoregie u. a., ersichtlich - eine ausreichende gesetzliche Grundlage im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK für den Eingriff in das Recht auf Privat- und Familienleben darstellen. Auch nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshofes komme der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften aus Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu.
Zur behaupteten Verletzung des Parteiengehörs wurde festgehalten, dass die Stellungnahme der Beschwerdeführer ordnungsgemäß dem Bundesamt zur neuerlichen Beurteilung der Prognoseentscheidung vorgelegt und erst in der Folge bescheidmäßig über die Anträge abgesprochen wurde. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes müsse überdies zu Fragen der Beweiswürdigung und der rechtlichen Beurteilung kein Parteiengehör gewährt werden.
5. Am 27.03.2018 stellten die Beschwerdeführer durch ihre ausgewiesene Vertreterin gemäß § 15 VwGVG einen Vorlageantrag und verwiesen nach Darstellung des Verfahrensgangs vollinhaltlich auf die Beschwerde vom 07.02.2017 sowie auf die Stellungnahmen vom 21.12.2017 und vom 31.05.2017. Ergänzend wurde darauf hingewiesen, dass der Erstehefrau der Bezugsperson kein Einreisetitel gemäß § 35 AsylG gewährt worden sei, da diese nicht einmal einen dementsprechenden Antrag gestellt habe. Lediglich ihrem (inzwischen volljährigen) Sohn sei die Einreise gewährt worden und stehe sohin Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2003/86/EG (Familienzusammenführungsrichtlinie) einer Einreise der Beschwerdeführer nicht entgegen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß § 9 Abs. 3 FPG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen der Vertretungsbehörden.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG durch Beschluss.
2. Zu A)
2.1. Gesetzliche Grundlagen:
2.1.1. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen und die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
2.1.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des FPG lauten:
§ 11 Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
(1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragsteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragsteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung ist auch die Rechtsmittelinstanz anzugeben.
(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.
(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.
(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3 FPG, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.
§ 11a Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
(1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinne des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.
2.1.3. Die maßgeblichen Bestimmungen des BFA-VG lauten:
§ 13 Mitwirkung eines Fremden
(1) Der Fremde hat am Verfahren vor dem Bundesamt, insbesondere an einer erkennungsdienstlichen Behandlung mitzuwirken.
[...]
(4) Gelingt es einem Fremden nicht, ein behauptetes Verwandtschaftsverhältnis, auf das er sich in einem Verfahren vor dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht oder in einem Verfahren gemäß § 35 AsylG 2005 beruft, durch unbedenkliche Urkunden oder sonstige geeignete und gleichwertige Bescheinigungsmittel nachzuweisen, so hat ihm das Bundesamt oder das Bundesverwaltungsgericht auf sein Verlangen und auf seine Kosten die Vornahme einer DNA-Analyse zu ermöglichen. Der Fremde ist über diese Möglichkeit zu belehren. Das mangelnde Verlangen des Fremden auf Vornahme einer DNA-Analyse ist keine Weigerung des Fremden, an der Klärung des Sachverhaltes mitzuwirken. Im weiteren Verfahren darf nur die Information über das Verwandtschaftsverhältnis verarbeitet werden; allenfalls darüber hinaus gehende Daten sind zu löschen. Das Bundesamt oder das Bundesverwaltungsgericht hat dem Fremden die Kosten der DNA-Analyse auf Antrag zu erstatten, wenn das behauptete Verwandtschaftsverhältnis durch das auf der DNA-Analyse beruhende Gutachten festgestellt wurde und sich der Fremde im Bundesgebiet aufhält.
(5) Im Rahmen der Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Vorbringens eines Fremden ist auf die Mitwirkung im Verfahren Bedacht zu nehmen.
[...]
2.1.4. Die maßgeblichen Bestimmungen des AsylG lauten:
§ 75 Abs. 24 Übergangsbestimmungen
[...]§§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. [...]
Die gegenständlichen Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln wurden am 19.07.2016 und damit jedenfalls nach Inkrafttretens des § 35 Asyl idF BGBl. I Nr. 24/2016 am 01.06.2016 eingebracht, weshalb § 35 AsylG in der aktuellen Fassung BGBl. I Nr. 56/2018 anzuwenden ist.
§ 35 Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden (AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 56/2018)
(1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.
(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.
(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.
(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.
(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn
1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),
2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und
3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.
Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.
(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.
2.2. § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat. Im vorliegenden Fall erweist sich die bekämpfte Entscheidung in Bezug auf den ermittelten Sachverhalt aus folgenden Gründen als mangelhaft:
2.2.1. Wie in der Beschwerdevorentscheidung ausgeführt, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die österreichischen Vertretungsbehörden in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG an die Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich der Prognose einer Gewährung des Status eines Asylberechtigten bzw. eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden. Die Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose nach negativer Mitteilung des Bundesamtes durch die Botschaft kommt daher nicht in Betracht. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer asyl- oder subsidiär schutzberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von Asyl bzw. subsidiären Schutz die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Antrages auf internationalen Schutz zuständige Bundesamt die Schutzgewährung für nicht wahrscheinlich erachtet (vgl. VwGH vom 16.12.2014, Zl. 2014/22/0034; vom 17.10.2013, Zl. 2013/21/0152 sowie vom 19.06.2008, Zl. 2007/21/0423).
Allerdings hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 01.03.2016, Ro 2015/18/0002, ausgeführt, dass der in § 35 Abs. 4 AsylG angeordnete Beweismaßstab, nach dem das Bundesamt zu beurteilen hat, ob es eine positive oder negative Mitteilung abgibt, für sich betrachtet rechtsstaatlich nicht bedenklich erscheint. Da das Gesetz vorsieht, dass eine positive Mitteilung des Bundesamtes schon dann zu ergehen hat, wenn die Gewährung von internationalen Schutz bloß wahrscheinlich ist, bedeutet dies im Umkehrschluss, dass eine negative Prognose nur dann erfolgen darf, wenn die Gewährung dieses Schutzes in einem nach Einreise in Österreich zu führenden Asylverfahren nicht einmal wahrscheinlich ist; Gewissheit darüber, dass dem Antragsteller internationaler Schutz in Österreich gewährt werden wird, erfordert die Erteilung einer Einreiseerlaubnis hingegen nicht. Um somit die Einreiseerlaubnis nach Österreich zu erhalten, muss der Antragsteller lediglich die niedrigere Beweisschwelle der Wahrscheinlichkeit einer künftigen Gewährung internationalen Schutzes überspringen. Schon dann steht ihm die Möglichkeit offen, in das Bundesgebiet einzureisen und dort ein Familienverfahren nach § 34 AsylG - mit allen Verfahrensgarantien - zu absolvieren. Dass § 35 Abs. 4 AsylG die Vergabe eines Visums an die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes im künftigen Asylverfahren bindet, erscheint unter diesem Blickwinkel mit dem rechtsstaatlichen Prinzip nicht im Widerspruch zu stehen.
Mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 - wurde in § 9 Abs. 3 FPG jedoch für Fremde (ohne Unterschied) die Möglichkeit geschaffen, gegen ablehnende Entscheidungen der österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben; dies gilt auch für die Ablehnung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG. Das Gesetz sieht nun ein geschlossenes Rechtsschutzsystem vor, in dem das Zusammenwirken zweier Behörden (der unmittelbaren Bundesverwaltung), wie es in § 35 Abs. 4 AsylG angeordnet wird, vor einem gemeinsamen, zuständigen Verwaltungsgericht, nämlich dem Bundesverwaltungsgericht, angefochten und dort überprüft werden kann. Dabei steht es dem Bundesverwaltungsgericht offen, auch die Einschätzung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen, was voraussetzt, dass das Bundesamt seine Mitteilung auch entsprechend begründet und dem Antragsteller Gelegenheit geboten wird, davon Kenntnis zu erlangen und dazu Stellung nehmen zu können. Wird dieses Parteiengehör nicht gewährt, könnte einem bestreitenden Vorbringen des Antragstellers in der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht gegen eine abweisende Entscheidung in Bezug auf den Einreisetitel nach § 35 AsylG das Neuerungsverbot nach § 11a Abs. 2 FPG nicht entgegengehalten werden (vgl. VwGH vom 01.03.2016, Ro 2015/18/0002 sowie VwGH vom 04.08.2016, Ra 2016/21/0083 bis 0086-12).
2.2.2. Im vorliegenden Fall stützte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die negative Wahrscheinlichkeitsprognose vom 03.05.2017 darauf, dass sich nach Prüfung der vorgelegten Urkunden durch den Dokumentenberater massive Zweifel an der Echtheit der Dokumente ergeben hätten und sohin eine Familieneigenschaft der Beschwerdeführer nicht nachgewiesen werden habe können.
Wenn das Bundesamt nunmehr in der Stellungnahme vom 11.12.2017 argumentiert, dass die Ehe zwischen der Erstbeschwerdeführerin und der Bezugsperson gegen den Grundsatz des ordre public verstoße, so geht es offensichtlich implizit davon aus, dass die von den Beschwerdeführern behauptete Familieneigenschaft, im Fall der Erstbeschwerdeführerin die (Zweit)ehe, im Fall der Zweit- bis Neuntbeschwerdeführer die Abstammung, tatsächlich vorliegt. Diese Annahme findet in den Ermittlungsergebnissen jedoch keine Deckung. Ferner lässt die Behörde eine Begründung für das Abgehen von den in der ersten Prognoseentscheidung dargelegten Erwägungen vermissen. Insgesamt ist daher in keiner Weise nachvollziehbar, auf welcher Grundlage die Behörde zu einem von der Stellungnahme vom 03.05.2017 abweichenden Ergebnis kommt.
2.2.2.1. Im gegenständlichen Fall kann weder mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die Erstbeschwerdeführerin die Zweitehefrau der Bezugsperson ist noch steht zweifelsfrei fest, dass die Zweit- bis Neuntbeschwerdeführer deren leibliche Kinder sind. So gab die Erstbeschwerdeführerin in ihrem Befragungsformular an, sie habe unter anderem Österreich als Zielland gewählt, da ihr "Vater" dort lebe, während sie gleichzeitig die Bezugsperson als Ehegatten anführte. Aufgrund des beträchtlichen Altersunterschiedes der Bezugsperson und der Erstbeschwerdeführerin erscheint es sohin zumindest möglich, dass es sich bei der Bezugsperson nicht um ihren Ehegatten, sondern tatsächlich um ihren Vater handelt. Die Argumentation des Generalkonsulats Istanbul, wonach sich aus dem Grundsatz des ordre public in Zusammenschau mit der Richtlinie 2003/86/EG (Familienzusammenführungsrichtlinie) ergebe, dass den Kindern der Zweitehefrau die Einreise zu verwehren sei, geht sohin bereits angesichts der ungeklärten Familienverhältnisse ins Leere, zumal die Erstbeschwerdeführerin nach ihren Angaben im Befragungsformular auch die volljährige Tochter der Bezugsperson sein könnte und sohin ungeklärt wäre, wer die leibliche Mutter der Zweit- bis Neuntbeschwerdeführer ist. Unter diesen Prämissen wäre auch denkbar, dass es sich bei den Zweit- bis Neuntbeschwerdeführern um die Enkelkinder der Bezugsperson handelt. Die Verwandtschaftsverhältnisse sind sohin gänzlich ungeklärt.
Die Zeugeneinvernahme der Bezugsperson vor dem Bundesamt am 27.12.2018 vermag die Bedenken hinsichtlich der Familieneigenschaft nicht zu zerstreuen, da die Kenntnis der Namen und Geburtsdaten der Zweit- bis Neuntbeschwerdeführer zwar ein Indiz für das Bestehen eines Naheverhältnisses darstellt, die Einvernahme jedoch nicht geeignet ist, um das Familienverhältnis zwischen der Bezugsperson und den Beschwerdeführern sowie zwischen den Beschwerdeführern untereinander im konkreten Fall abschließend klären zu können. Ein Abgleich der Angaben der Bezugsperson in der Einvernahme vom 27.09.2017 mit den Angaben im Verfahren über ihren Antrag auf internationalen Schutz ist ebenso wenig erfolgt, sodass auch vor diesem Hintergrund nicht ohne Weiteres von der Richtigkeit der in der Einvernahme erfolgten Darstellung der Familienverhältnisse ausgegangen werden kann.
2.2.2.2. Entgegen der in der Stellungnahme vom 31.05.2017 geäußerten Rechtsansicht ist bezüglich der Familieneigenschaft im Verfahren gemäß § 35 AsylG ein Nachweis im Sinne eines vollen Beweises zu erbringen (vgl. Filzwieser et al., Asyl- und Fremdenrecht, § 35 AsylG, K8).
Gelingt es einem Fremden in einem Verfahren gemäß § 35 AsylG nicht, ein behauptetes Verwandtschaftsverhältnis durch unbedenkliche Urkunden oder sonstige gleichwertige und geeignete Bescheinigungsmittel nachzuweisen, hat ihm das Bundesamt oder das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 13 Abs. 4 BFA-VG auf sein Verlangen und auf seine Kosten die Vornahme einer DNA-Analyse zu ermöglichen.
Betreffend die inhaltlichen Anforderungen, die sich aus § 13 Abs. 4 BFA-VG ergeben, führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22.02.2018, Zl. Ra 2017/18/0131 bis 0133-10, aus, dass durch die Bestimmung des § 13 Abs. 4 BFA-VG nicht vom amtswegigen Ermittlungsgrundsatz abgegangen wird, sondern diese nur zur Anwendung gelangt, wenn es einem Fremden nicht gelingt, ein behauptetes Verwandtschaftsverhältnis durch unbedenkliche Urkunden oder sonstige gleichwertige Bescheinigungsmittel nachzuweisen und hinsichtlich der Ergebnisse des bisherigen Ermittlungsverfahren Zweifel bestehen. Daraus folgt, dass die Behörde dem Fremden bestehende, konkrete Zweifel an dem behaupteten Abstammungsverhältnis mitzuteilen hat. Darüber hinaus hat sie ihm auf sein Verlangen eine DNA-Analyse gemäß § 13 Abs. 4 BFA-VG zu ermöglichen, wobei der Fremde über diese Möglichkeit zu belehren ist. Diese Ermöglichung kann im Lichte der Gesetzesmaterialien nur so verstanden werden, dass sie eine organisatorische Hilfestellung der Behörde bei der Durchführung der DNA-Analyse mitumfasst, jedoch nicht die Übernahme der Kosten. Daher sind einem Fremden im Rahmen dieser organisatorischen Hilfestellung die praktischen Modalitäten - etwa wo er sich zu welchen Zeiten zur DNA-Analyse einzufinden hat und welche Kosten damit verbunden sind - bekannt zu geben. Bevor ein Antrag gemäß § 35 AsylG aufgrund von Zweifeln an einem Verwandtschaftsverhältnis abgewiesen wird , hat jedenfalls gemäß § 13 Abs. 4 BFA-VG eine organisatorische Hilfestellung zur Beibringung des DNA-Nachweises und die entsprechende Belehrung zu erfolgen.
Im vorliegenden Fall, in welchem die Beschwerdeführer in ihrer Stellungnahme vom 31.05.2017 ihre Bereitschaft erklärten, allfällige Zweifel an ihrem Verwandtschaftsverhältnis durch die Vornahme eines DNA - Tests zu zerstreuen und eine entsprechende "Belehrung gemäß § 13 Abs. 4 BFA-VG" beantragten, kann dieses Ersuchen um Belehrung im Lichte der zitierten Judikatur nur so verstanden werden, dass die Beschwerdeführer um eine behördliche organisatorische Hilfestellung im oben wiedergegebenen Sinn und somit um eine Anleitung betreffend die Modalitäten der Durchführung von DNA-Analysen ersuchten.
Die Behörde hat es sohin verabsäumt, die Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 4 BFA-VG zu belehren und hat, ohne DNA-Analysen durchzuführen und deren Ergebnisse abzuwarten, eine Entscheidung getroffen.
2.2.2.3. Hinzu kommt, dass die Bezugsperson und die Erstbeschwerdeführerin - dem Vorbringen zufolge - behauptetermaßen die Eltern des Zweit- bis Neuntbeschwerdeführers sind.
In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass der Verfassungsgerichtshof - wie von den Beschwerdeführern dargelegt - in seiner jüngeren Rechtsprechung wiederholt ausgesprochen hat, dass auch in Visaverfahren nach § 35 AsylG die Einhaltung des Art. 8 EMRK (mitzu-) berücksichtigen und sicherzustellen ist (vgl. VfGH vom 06.06.2014, B 369/2013 und vom 23.11.2015, E 1510-1511/2015-15).
Sollte sich nach Durchführung der DNA-Analysen herausstellen, dass die Zweit- bis Neuntbeschwerdeführer tatsächlich die leiblichen, gemeinsamen Kinder der Erstbeschwerdeführerin und der Bezugsperson sind, wäre demnach hinsichtlich der Zweit- bis Neuntbeschwerdeführer auch Art. 8 EMRK entsprechend zu berücksichtigen.
2.2.3. In einer Gesamtbetrachtung der oben angeführten Punkte kann - trotz Zweifel an der Echtheit bzw. Unbedenklichkeit der vorgelegten Dokumente sowie an der Richtigkeit der Angaben der Bezugsperson in ihrer Zeugeneinvernahme vor dem Bundesamt - nicht ohne Weiteres vom Nichtbestehen bzw. Nichtvorhandensein der Angehörigeneigenschaft der Beschwerdeführer zur Bezugsperson sowie der Beschwerdeführer untereinander ausgegangen werden, zumal die Belehrung über und die Hilfestellung bei der Vornahme einer DNA-Analyse keinen unverhältnismäßigen Aufwand darstellen; im Gegenzug jedoch die DNA-Analysen eine Gewissheit über das Vorliegen- bzw. Nichtvorliegen der Angehörigeneigenschaft bieten. Da die Kosten der DNA-Analyse auch nur dann zu erstatten sind, wenn das behauptete Verwandtschaftsverhältnis durch das auf der DNA-Analyse beruhende Gutachten festgestellt wurde, stellt die Vornahme von DNA-Analysen auch kein unverhältnismäßiges Kostenrisiko dar.
Die Behörde wird daher im fortgesetzten Verfahren eine entsprechende Belehrung gemäß § 13 Abs. 4 BFA-VG durchzuführen und den Beschwerdeführern Gelegenheit zur Vornahme derartiger DNA-Analysen einzuräumen haben. Dabei wird nicht nur das Familienverhältnis zwischen den Zweit- bis Neuntbeschwerdeführern und der Bezugsperson, sondern auch das Familienverhältnis zwischen der Erstbeschwerdeführerin und den Zweit- bis Neuntbeschwerdeführern abzuklären sein. Das Bundesamt ist gegebenenfalls gehalten, die Einhaltung des Art. 8 EMRK zu prüfen. In diesem Zusammenhang wird auch zu beachten sein, welche Angaben von der Bezugsperson im Verfahren über ihren Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Eheschließungen, der Angehörigen sowie des Familienlebens im Herkunftsstaat gemacht wurden. Folglich werden die wesentlichen Bestandteile des entsprechenden Aktes betreffend die Bezugsperson, insbesondere die mit dieser aufgenommenen Niederschriften, beizuschaffen und dem Akt anzuschließen sein.
Es wird auch abzuklären sein, wer - abhängig von den Ergebnissen der DNA-Analyse - aktuell im Fall der minderjährigen Zweit- bis Neuntbeschwerdeführer tatsächlich obsorgeberechtigt ist und ob diese Person der Ausreise der minderjährigen Kinder zustimmt, auch wenn dies unter Umständen die Trennung der Kinder von der Mutter nach sich ziehen würde. Ergänzend wäre im Fall einer solchen Trennung auch zu klären, ob die Bezugsperson sich bereiterklärt, die Pflege und Erziehung der Zweit- bis Neuntbeschwerdeführer alleine zu übernehmen. Ferner wird vor Bescheiderlassung, sofern die Entscheidung dem Standpunkt der Beschwerdeführer nicht vollinhaltlich Rechnung tragen sollte, Gelegenheit zur Abgabe einer abschließenden Stellungnahme zu allen entscheidungsrelevanten Fragen einzuräumen sein, dies unter der Prämisse, dass die vorgehaltenen Bedenken auch für die Beschwerdeführer näher ausgeführt und inhaltlich ausreichend nachvollziehbar begründet werden.
Erst nach Durchführung dieser Erhebungen wird abschließend beurteilt werden können, ob in Bezug auf die Beschwerdeführer die Voraussetzungen auf Erteilung von Einreisetiteln gemäß § 35 Abs. 1 AsylG tatsächlich vorliegen.
2.3. Das Bundesverwaltungsgericht weist noch auf die Spezifika und die verfahrensrechtlichen Einschränkungen (siehe § 11a FPG) des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens hin, weshalb die notwendigen Ermittlungen zur Angehörigeneigenschaft der Beschwerdeführer untereinander sowie zur Bezugsperson in Österreich bzw. (gegebenenfalls) zur Art. 8 EMRK-Relevanz nicht im Interesse der Effizienz, Raschheit und Kostenersparnis durch dieses selbst durchgeführt werden können.
2.4. Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war dieser Beschluss ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu treffen.
3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.
4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, DNA-Daten, Ermittlungspflicht, Kassation,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W235.2192494.1.00Z