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L70306 Buchmacher Totalisateur Wetten Steiermark;Norm
B-VG Art140 Abs7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Rigler, Dr. Schick und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde der
A Gesellschaft mbH in Wien, vertreten durch Dr. Helmut Grubmüller, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Weyrgasse 5, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 27. Juni 1997, Zl. 2 - 5.3 A/2 - 93/44 (protokolliert zu Zl. 99/01/0042, früher Zl. 97/01/0801), betreffend Bewilligung zur gewerbsmäßigen Vermittlung und zum gewerbsmäßigen Abschluß von Wetten aus Anlaß von sportlichen Veranstaltungen, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren hinsichtlich der "Eingabegebühr" und der "Beilagen" wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 27. Juni 1997 wurde der Beschwerdeführerin die Bewilligung zur gewerbsmäßigen Vermittlung und zum gewerbsmäßigen Abschluß von Wetten mit Ausschluß von Wetten, soweit sie Kombinations- oder Akkumulativwetten über den Ausgang mehrerer sportlicher Ereignisse darstellen, gemäß § 1 Abs. 1 des Gesetzes betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens, StGBl. Nr. 388/1919, auf eine Dauer von drei Jahren (d.i. bis 27. Juni 2000) erteilt und gemäß § 1 Abs. 4 leg. cit. u.a. die Bedingung vorgeschrieben (Pkt. 5), daß die Annahme von Akkumulativ- und Kombinationswetten unzulässig sei.
In der gegen den angeführten Bescheid erhobenen Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, legte die Verwaltungsakten vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Aus Anlaß der vorliegenden Bescheidbeschwerde sind beim erkennenden Senat des Verwaltungsgerichtshofes Bedenken im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit der für den angefochtenen Bescheid präjudiziellen Wortfolgen "jederzeit von Bedingungen abhängig machen, sie einschränken oder", "letzteres" und "oder eine vorgeschriebene Bedingung nicht eingehalten wird" in § 1 Abs. 4 des Gesetzes betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens, StGBl. Nr. 388/1919, welches im Sinne der vom Verfassungsgerichtshof zur Überleitung dieses Gesetzes in die Rechtsordnung des BVG durch § 1 des Übergangsgesetzes 1920, BGBl. Nr. 2, im Erkenntnis vom 12. Dezember 1996, G 36/95-9 (betreffend das Bundesland Wien), vertretenen Auffassung u.a. auch im Bundesland Steiermark weiter dem Rechtsbestand angehört, entstanden.
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 5. Dezember 1998, G 94, 95/98-6, G 100/98-6, die erwähnten Wortfolgen sowie die Wortfolge "und den an ihrem Sitze wettenabschließenden Buchmachern" in § 1 Abs. 5 leg. cit. als verfassungswidrig aufgehoben. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. Dezember 1999 in Kraft. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.
§ 1 Abs. 1 bis 4 leg. cit. lauten:
"(1) Die gewerbemäßige Vermittlung und der gewerbemäßige Abschluß von Wetten aus Anlaß sportlicher Veranstaltungen (Rennen, Regatten usw.) ist nur mit Bewilligung der Landesregierung zulässig.
(2) Zur gewerbemäßigen Vermittlung von Wetten der im ersten Absatze bezeichneten Art dürfen nur die im Anschlusse an sportliche Veranstaltungen bestehenden besonderen Unternehmungen (Totalisateur) zugelassen werden.
(3) Die Bewilligung zum gewerbemäßigen Abschlusse der im ersten Absatze angeführten Wetten darf nur Personen erteilt werden, welche die Gewähr voller Vertrauenswürdigkeit bieten. Personen, denen diese Bewilligung erteilt wurde, werden in diesem Gesetze als Buchmacher bezeichnet.
(4) Die Landesregierung kann die Bewilligung (Absatz 1) jederzeit von Bedingungen abhängig machen, sie einschränken oder zurücknehmen, letzteres für den Fall, daß die Voraussetzung der vollen Vertrauenswürdigkeit nicht mehr zutrifft oder eine vorgeschriebene Bedingung nicht eingehalten wird."
Der angefochtene Bescheid erteilt die Bewilligung zur gewerbsmäßigen Vermittlung und zum gewerbsmäßigen Abschluß von Wetten aus Anlaß sportlicher Veranstaltungen mit Ausschluß von Wetten, soweit sie Kombinations- oder Akkumulativwetten über den Ausgang mehrerer sportlicher Ereignisse darstellen, und unter Einhaltung von 9 Bedingungen. Grundlage für diese Bewilligung ist das gemäß § 4 Abs. 2 des Übergangsgesetzes vom 1. Oktober 1920, in der Fassung des BGBl. Nr. 368 vom Jahre 1925 u.a. in der Steiermark als Landesgesetz geltende Gesetz betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens, StGBl. Nr. 388/1919, und zwar § 1 Abs. 1 und 4 leg. cit. Von der belangten Behörde wurde im Bescheid § 1 Abs. 4 leg. cit. ausdrücklich angeführt.
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen den Bescheid im Hinblick darauf, daß die im Spruch erfolgte Einschränkung der Bewilligung und die unter Punkt 5) normierte (oben wiedergegebene) Bedingung rechtswidrig seien.
Es ist zunächst klarzustellen, daß es sich bei dieser von der belangten Behörde als "Bedingung" bezeichneten Anordnung nicht um eine solche handelt, sondern nur die Einschränkung der Bewilligung im Spruch des angefochtenen Bescheides mit anderen Worten wiederholt wurde. Daraus ergibt sich, daß aus Anlaß des angefochtenen Bescheides die Wortfolge "sie einschränken" in § 1 Abs. 4 leg. cit. angewendet wurde. Die spruchgemäße Einschränkung der Bewilligung und die bekämpfte "Bedingung" stehen daher mit der Erteilung der Berechtigung in einem untrennbaren Zusammenhang, woraus sich weiters ergibt, daß der Bescheid zur Gänze, also mit den übrigen 8 Bedingungen, und den dazu herangezogenen gesetzlichen Bestimmungen für den Verwaltungsgerichtshof im Rahmen seiner Überprüfung präjudiziell ist.
Soweit die in den Pkten. 1) bis 4) und 6) bis 9) getroffenen "Bedingungen" "echte" Bedingungen in dem Sinne darstellen, daß mit dem dem Hauptinhalt nach (im wesentlichen) begünstigenden Verwaltungsakt belastende Gebote oder Verbote verbunden wurden, stützte sich die belangte Behörde offensichtlich auf die Anordnung in § 1 Abs. 4 leg. cit., daß die Bewilligung von Bedingungen abhängig gemacht werden kann ("von Bedingungen abhängig machen").
Soweit sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid im Einleitungssatz zu den Bedingungen die Vorschreibung weiterer Bedingungen bzw. Auflagen vorbehält und in Pkt. 7) der Bedingungen ausführt, die Forderung auf Erhöhung des Betrages der Bankgarantie nach tatsächlichen Erfordernissen bleibe "der Bewilligungsbehörde unbenommen", beruht dies darauf, daß gemäß § 1 Abs. 4 leg. cit. die Bewilligung "jederzeit" von Bedingungen abhängig gemacht werden darf.
Gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG kommen die vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig aufgehobenen gesetzlichen Bestimmungen im Anlaßfall nicht mehr zur Anwendung. Für die Anordnung im angefochtenen Bescheid, daß die Bewilligung an die Einhaltung der in den Punkten 1) - 9) angeführten "Bedingungen und Auflagen" gebunden wird, fehlt nach Aufhebung der angeführten Gesetzesbestimmungen in § 1 Abs. 4 leg. cit. die gesetzliche Grundlage.
Schon allein im Hinblick darauf, daß die Erteilung der Bewilligung untrennbar mit dem Ausspruch der Bindung an die Einhaltung der "Bedingungen und Auflagen" in den Punkten 1) - 9) verbunden ist, ist der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zur Gänze wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren hinsichtlich Stempelgebühren war im Hinblick darauf abzuweisen, daß diese nur für erforderliche Schriftsätze und Beilagen zustehen (hier die Beschwerde in zweifacher Ausfertigung und der angefochtene Bescheid in einfacher Ausfertigung).
Wien, am 24. März 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999010042.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
09.07.2009