TE Vwgh Erkenntnis 1999/3/24 98/11/0193

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Veröffentlicht am 24.03.1999
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
43/02 Leistungsrecht;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
HGG 1992 §33 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des E in W, vertreten durch Dr. Walter Geißelmann, Rechtsanwalt in Bregenz, Kaspar-Hagen-Straße 2a, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 3. Dezember 1997, Zl. 790.245/1-2.5/97, betreffend Wohnkostenbeihilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 12. September 1997 auf Zuerkennung einer Wohnkostenbeihilfe für eine näher bezeichnete Wohnung nach dem V. Hauptstück des Heeresgebührengesetzes 1992 (HGG 1992) abgewiesen.

In der Begründung des angefochtenen Bescheid führte die belangte Behörde aus, dem Beschwerdeführer sei am 1. Juli 1997 der Einberufungsbefehl zur Leistung des Grundwehrdienstes ab 1. Oktober 1997 zugestellt worden. Die verfahrensgegenständliche Wohnung, die laut Meldebestätigung seit 1. Juli 1997 sein Hauptwohnsitz sei, sei mit dem am 1. Juli 1997 mit seiner Mutter errichteten Mietvertrag ursprünglich auf die Dauer von zwei Jahren gemietet worden. Aufgrund dieses Sachverhaltes sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer den Erwerb der Wohnung vor der Zustellung des Einberufungsbefehles nicht nachgewiesen habe. In seiner Berufung habe er behauptet, die Wohnung am 15. Mai 1997 "gefunden" zu haben. Diese Behauptung stelle keinen Beweis für die Einleitung des Erwerbes der Wohnung dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 33 Abs. 1 und 2 HGG 1992 lautet wie folgt:

"§ 33. (1) Mit der Wohnkostenbeihilfe sind dem Wehrpflichtigen jene Kosten abzugelten, die ihm nachweislich während des Präsenzdienstes entstehen für die erforderliche Beibehaltung jener eigenen Wohnung, in der er nach den Bestimmungen des Meldegesetzes 1991 (MeldeG), BGBl. Nr. 9/1992, gemeldet ist. Dabei gilt folgendes:

1. Ein Anspruch besteht nur für jene Wohnung, in der der Wehrpflichtige bereits zum Zeitpunkt der Zustellung des Einberufungsbefehls oder der allgemeinen Bekanntmachung der Einberufung gewohnt hat.

2. Wurde der Erwerb einer Wohnung nachweislich bereits vor dem Zeitpunkt nach Z 1 eingeleitet, so besteht ein Anspruch auch dann, wenn die Wohnung erst nach diesem Zeitpunkt bezogen wird. Hat der Wehrpflichtige nach dem Zeitpunkt nach Z 1, jedoch vor dem Einberufungstermin eine andere eigene Wohnung bezogen und sich in dieser Wohnung gemeldet, so gebühren, sofern nicht Z 2 anzuwenden ist, an Stelle der Kosten für diese Wohnung die ehemaligen Kosten jener eigenen Wohnung, in der der Wehrpflichtige zu diesem Zeitpunkt gewohnt hat.

(2) Als eigene Wohnung gelten Räumlichkeiten, die eine abgeschlossene Einheit bilden und in denen der Wehrpflichtige einen selbständigen Haushalt führt. Gehören die Räumlichkeiten zu einem Wohnungsverband, so müssen sie eine selbständige Benützbarkeit ohne Beeinträchtigung der anderen im Wohnungsverband liegenden Wohnungen gewährleisten."

Der angefochtene Bescheid stützt sich allein darauf, dass der Beschwerdeführer den Erwerb der Wohnung vor der Zustellung des Einberufungsbefehles nicht nachgewiesen habe. Er enthält aber keine Ausführungen darüber, warum die belangte Behörde der Auffassung ist, der Beschwerdeführer habe zum Zeitpunkt der Zustellung des Einberufungsbefehles nicht in der Wohnung gewohnt (§ 33 Abs. 1 Z. 1 HGG 1992). Nur wenn die belangte Behörde nach einem mängelfreien Ermittlungsverfahren und aufgrund einer schlüssigen Beweiswürdigung zu der Sachverhaltsfeststellung gelangt, dass der Beschwerdeführer zur Zeit der Zustellung des Einberufungsbefehles (noch) nicht in der Wohnung gewohnt habe, kann es gemäß § 33 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. von Bedeutung sein, ob er den Erwerb der Wohnung bereits vor der Zustellung des Einberufungsbefehles eingeleitet hat.

Soweit die belangte Behörde erstmals in der Gegenschrift unter Hinweis auf Widersprüche in den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen (Vorlage von zwei verschiedenen Mietverträgen mit gleichem Datum aber verschiedenem Inhalt) und das Fehlen von Zahlungsnachweisen Zweifel am Bestehen eines Mietverhältnisses und damit am Entstehen von Kosten im Sinne des § 33 Abs. 1 HGG 1992 äußert, ist sie darauf hinzuweisen, dass darauf in diesem Beschwerdeverfahren nicht näher eingegangen werden kann, weil Ausführungen in der Gegenschrift im angefochtenen Bescheid fehlende Erörterungen und Feststellungen nicht zu ersetzen vermögen (siehe dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, auf Seite 607 zitierte hg. Rechtsprechung). Falls die belangte Behörde nach einem mängelfreien Ermittlungsverfahren zur Auffassung gelangen sollte, dass der Nachweis für das Bestehen eines Mietverhältnisses und dadurch entstehende Kosten nicht gelungen ist, wird sie dies entsprechend zu begründen haben. Diesfalls würden sich Überlegungen über den Zeitpunkt der Einleitung des Erwerbes erübrigen.

Was die Ausführungen in der Gegenschrift zur Anerkennung von Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen betrifft, wird auf das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 98/11/0133, hingewiesen. Danach bestehen im Geltungsbereich des HGG 1992 keine Beweisregeln und keine Beweismitteleinschränkungen. Es kann aber im Rahmen der Beweiswürdigung von Bedeutung sein, wenn Verträge zwischen nahen Angehörigen nicht nach außen zum Ausdruck kommen, keinen eindeutigen und klaren Inhalt haben oder einem Fremdvergleich nicht standhalten würden.

Aus den dargelegten Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil der Beschwerdeführer zufolge Bewilligung der Verfahrenshilfe von der Entrichtung der Gebühr gemäß § 24 Abs. 3 VwGG befreit ist.

Wien, am 24. März 1999

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Allgemein Anwendbarkeit zivilrechtlicher Bestimmungen Verträge und Vereinbarungen im öffentlichen Recht VwRallg6/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998110193.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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