Entscheidungsdatum
05.09.2018Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
AVG §56Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch den Richter Dr. Schmid über die Beschwerde der A. GmbH, vertreten durch RAe, vom 25.1.2018, gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 36, vom 2.1.2018, Zl. ..., mit welchem der Antrag auf Feststellung zurückgewiesen wurde, nach durchgeführter Verhandlung am 30.7.2018 durch Verkündung zu Recht e r k a n n t:
I. Gemäß § 28 Absatz 1 und 2 VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen.
II. Gegen diese Entscheidung ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Der Spruch des angefochtenen Bescheides lautet:
„Der Antrag der A. GmbH vom 25.08.2017 auf Feststellung, dass die Antragstellerin nicht verpflichtet ist, im Hinblick auf § 19 Abs. 2 Wr. Wettengesetz, LGBl. Nr. 26/2016, idgF, in einem gesonderten Raum – oder allenfalls im Freien – vor einer Räumlichkeit, in welcher sich ein Wettterminal befindet, gesonderte Personenkontrollen durchzuführen, sofern sichergestellt ist, dass weder nicht volljährige Personen, noch im Sinne des Wr. Wettengesetzes gesperrte Personen an Wettterminals an Wetten teilnehmen, Wetten abgeben oder vermitteln lassen, wird gemäß § 56 AVG zurückgewiesen.“
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin (kurz BF) frist- und form-gerecht Beschwerde.
Am 30.7.2018 hielt das Verwaltungsgericht eine Verhandlung ab, in der die Parteienvertreter gehört wurden. Das Verhandlungsprotokoll lautet auszugsweise:
„Der BFV gibt über Befragen des Verhandlungsleiters an:
Mit unserem Antrag begehren wir die Feststellung, dass eine bestimmte, von der Behörde aus dem Wiener Wettengesetz abgeleitet Verpflichtung zur Ausweiskontrolle nicht besteht.
Es trifft zu, dass die Behörde bereits beauskunftet hat, dass nach ihrem Rechtsverständnis eine Ausweispflicht besteht.
Wir beantragen nicht die Auslegung einer bestimmten Norm des Wiener Wettengesetzes. Unsere Rechtsansicht, wonach eine solche Ausweispflicht nicht besteht, kann sich auch aus dem Unionsrecht oder eventuell auch daraus ergeben, dass unsere Mandantin ihr Gewerbe aufgrund einer Berechtigung ausübt, die nicht auf dem Wiener Wettengesetz basiert.
Die Vertreterin der Behörde gibt an:
Wir haben den Feststellungsantrag so verstanden, dass eine abstrakte Rechtsfrage geklärt werden soll, weil sich der Antrag nicht auf eine bestimmte Betriebsstätte bezogen hat. Unserer Ansicht nach gilt das Wiener Wettengesetz auch auf Betriebe, deren Genehmigung vor Inkrafttreten dieses Gesetzes erlassen wurde.
Der BFV führt dazu aus:
Unsere Anfrage hat sich natürlich auf alle Betriebsstätten unserer Mandantin bezogen.“
Im Anschluss an die Verhandlung wurde die Entscheidung im Beisein der Parteienvertreter verkündet. Der Vertreter der BF beantragte sogleich und nachfolgend noch ein weiteres Mal die volle Ausfertigung des Erkenntnisses.
Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:
Voranzustellen ist, dass Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ausschließlich die Frage der Zulässigkeit des erwähnten Feststellungsantrages der BF ist.
Die BF vertritt offenbar den Rechtsstandpunkt, dass ihr Feststellungsantrag nicht auf der Grundlage einer ausdrücklichen Regelung im Wiener Wettengesetz zulässig sei (wobei eine solche auch nicht besteht), sondern auf Grund der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zur Zulässigkeit von Feststellungsanträgen im allgemeinen.
Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Feststellungsbescheiden sind die Verwaltungsbehörden berechtigt, aus einem im privaten oder im öffentlichen Interesse begründeten Anlass auch ohne ausdrückliche Ermächtigung Rechtsverhältnisse bescheidförmig festzustellen, sofern dadurch nicht den im einzelnen Fall maßgebenden Rechtsvorschriften widersprochen würde, also die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen (vgl. dazu die bei Hengstschläger/Leeb, AVG, § 56 Rz 73 ff, referierte Judikatur des VwGH sowie aus jüngerer Zeit etwa das Erkenntnis vom 24.9.2015, Ra 2015/07/0119).
Als subsidiärer Rechtsbehelf scheidet der Feststellungsbescheid nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jedoch jedenfalls dann aus, wenn die für die Feststellung maßgebliche Rechtsfrage im Rahmen eines anderen (Verwaltungs-) Verfahrens (mit einem das rechtliche Interesse abdeckenden Ergebnis) zu entscheiden ist (vgl. VwGH vom 29.9.1993, 92/12/0125; 30.9.1997, 97/05/0190; 5.9.2008, 2005/12/0048) und damit dieser Feststellungsbescheid (als subsidiärer Rechtsbehelf) nicht notwendiges, letztes und einziges Mittel der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung ist (vgl. VwGH vom 23.11.2010, 2010/11/0198, mwN).
Die BF begehrt mit Ihrem Antrag vom 25.8.2017 eine rechtlich verbindliche Rechtsauskunft über das – ihrer Meinung nach – Nichtbestehen einer Verpflichtung zur Ausweiskontrolle nach § 19 Wiener Wettengesetz.
Damit begehrt die BF eine Interpretation einer Gesetzesbestimmung des Wiener Wettengesetzes, nicht aber das Feststellen des Bestehens eines strittigen Rechts oder Rechtsverhältnisses.
Die Behörde kann im Spruch eines Feststellungsbescheides nicht über abstrakte Rechtsfragen "entscheiden", also weder über die Geltung bzw. Anwendbarkeit von Gesetzen oder gesetzlichen Bestimmungen noch über ihre Auslegung. Ein zulässiger Gegenstand eines Feststellungsbescheides liegt insoweit nicht vor (vgl. VwGH 2012/01/0008 vom 19.9.2012 mwN).
Es ist weder Aufgabe einer Verwaltungsbehörde noch eines Verwaltungsgerichts eine abstrakte Rechtsfrage, losgelöst von einem konkreten Sachverhalt, zu klären.
Die Voraussetzungen für die Erlassung eines Feststellungsbescheids liegen gegenständlich nicht vor und erfolgte die Zurückweisung des Antrages daher zu Recht.
Abschließend wird angemerkt, dass die Behörde zu der von BF gestellten Rechtsfrage – unstrittig – ihre Rechtsansicht, nämlich, dass eine solche Verpflichtung zur Ausweiskontrolle besteht, kundgetan hat. Rechtsunsicherheit über die Rechtsmeinung der Behörde besteht daher keine.
Die Beschwerde war daher gemäß § 28 Absatz 1 und 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.
Zur Revisionsentscheidung:
Gemäß § 25a Absatz 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133 Absatz 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Nach Artikel 133 Absatz 4 B-VG ist die (ordentliche) Revision zulässig, wenn eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, insbesondere weil das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts von der Rechtsprechung des VwGH abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH nicht einheitlich beantwortet wird.
Nach der Rechtsprechung des VwGH liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dann vor, wenn die Entscheidung der Sache im Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen, auf zusätzliche Argumente gestützte Rechtsprechung liegt. Das ist dann der Fall, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, die auch für eine Reihe anderer gleichgelagerter Fälle von Bedeutung ist und diese durch die Rechtsprechung des VwGH bisher nicht abschließend geklärt worden ist. Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage des materiellen oder formellen Rechts handeln.
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor, wenn die Rechtsfrage klar aus dem Gesetz lösbar ist (vgl. Köhler, ecolex 2013, 596, mit weiteren Nachweisen; Nedwed, Die Zulässigkeit der Revision an den Verwaltungsgerichtshof, ÖJZ 2014/153 S 1042; vgl. auch VwGH 28.5.2014, Ro 2014/07/0053).
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt auch dann nicht vor, wenn die Klärung dieser Rechtsfrage keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat (vgl. Thienel, aaO, 73f; Nedwed, Die Zulässigkeit der Revision an den Verwaltungsgerichtshof, ÖJZ 2014/153 S 1041; vgl. auch VwGH 1.9.2014, Ro 2014/03/0074).
Da im gegenständlichen Fall die Rechtsprechung eindeutig ist und es sich nur um eine Einzelfallentscheidung handelt, war die ordentliche Revision nicht zuzulassen.
Schlagworte
Feststellungsantrag; Rechtsbehelf, subsidiärer; rechtliches Interesse; Rechtsauskunft; Gesetzesbestimmung; Interpretation; Rechtsverhältnis, bestehendesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.103.040.1884.2018Zuletzt aktualisiert am
06.05.2019