Entscheidungsdatum
19.03.2019Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
VStG §45 Abs1 Z1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch den Richter Dr. Fegerl über die Beschwerde des Herrn DI A. B. vom 26.12.2017 gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat ..., vom 23.11.2017, Zahl ..., wegen Übertretung von
1. § 82 Abs. 8 KFG, 2. § 82 Abs. 8 2. Satz KFG und 3. § 102 Abs. 1 iVm § 36 lit. a KFG, zu Recht e r k a n n t:
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde zu den Spruchpunkten 1. und 2. des Straferkentnisses keine Folge gegeben und werden die ersten beide Spruchpunkte des Straferkenntnisses bestätigt. Der diesbezügliche Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens der belangten Behörde gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG beträgt (insgesamt) € 40,00. Der Beschwerdeführer hat zu den ersten beiden Spruchpunkten gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von insgesamt € 80,00 zu leisten.
II. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde zu Spruchpunkt 3. des Straferkenntnisses Folge gegeben, der dritte Spruchpunkt des Straferkenntnisses aufgehoben und das diesbezügliche Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG eingestellt. Diesbezüglich ist gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG kein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1.1. Die Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat ..., erkannte den Beschwerdeführer (im Folgenden auch kurz: BF) mit Straferkenntnis vom 23.11.2017 schuldig,
1. er habe es zumindest bis zum 14.10.2017 in Wien unterlassen, den Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde in deren örtlichen Wirkungsbereich sich das Fahrzeug mit dem ausländischen Kennzeichen ... befinde, abzuliefern, obwohl dieses vor mehr als einem Monat von einer Person mit Hauptwohnsitz oder Sitz in Österreich in das Bundesgebiet eingebracht worden sei.
2. er habe am 14.10.2017 um 13:42 Uhr in Wien, C.-gasse, Kreuzung D.-gasse das Kraftfahrzeug mit dem ausländischen Kennzeichen ... verwendet, obwohl dies vor mehr als einem Monat von einer Person mit Hauptwohnsitz oder Sitz in Österreich in das Bundesgebiet eingebracht wurde, da der BF seinen Wohnsitz seit 17.09.2013 in Österreich begründe.
3. er habe sich am 14.10.2017 um 13:42 Uhr in Wien, C.-gasse, Kreuzung D.-gasse als Lenker(in) des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen ..., obwohl es ihm zumutbar gewesen wäre, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das betroffene Fahrzeug zum Verkehr zugelassen sei, da die Zulassung, durch Verwendung eines Fahrzeugs mit ausländischem Kennzeichen im Bundesgebiet von mehr als einem Monat durch eine Person mit Hauptwohnsitz oder Sitz in Österreich, erloschen gewesen sei.
Wegen dieser Übertretungen (1. des § 82 Abs. 8 KFG, 2. des § 82 Abs. 8 zweiter Satz KFG und 3. des § 102 Abs. 1 iVm § 36 lit. a KFG) verhängte die belangte Behörde über den BF 3 Geldstrafen von ad 1. € 200,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 1 Tag, 16 Stunden), ad 2. € 200,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 1 Tag, 16 Stunden) und ad 3. € 350,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 2 Tage, 22 Stunden) und schrieb einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens von (insgesamt) € 75,-- vor.
Dagegen richtet sich die vorliegende, rechtzeitig eingebrachte Beschwerde..
1.2. In der am 06.03.2019 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien gab der BF Folgendes an:
„Das gegenständliche Kraftfahrzeug wurde mir im Sommer 2014 von der E.er Firma, die auch Zulassungsbesitzerin ist, zur Verfügung gestellt. Ich bin Hälfteeigentümer und einer der beiden Geschäftsführer der E.er Firma (GmbH) und habe gemeinsam mit einem Kollegen, der in E. wohnt, die Firma gegründet. Ich arbeite wochentags Vollzeit in Österreich als Angestellter, also 38,5 Stunden pro Woche bei flexibler Arbeitszeit bei der F.. Das Fahrzeug ist unter der Woche vorwiegend an meinem Wiener Wohnsitz abgestellt, so ist es offenbar auch dem Meldungsleger aufgefallen. Meinen Arbeitsweg in Österreich zum Hauptbahnhof bestreite ich fast immer mit dem Fahrrad. Das Kraftfahrzeug mit dem tschechischen Kennzeichen verwende ich überwiegend für geschäftliche Fahrten am Wochenende nach E.. Dabei lege ich rund 50 Kilometer pro Strecke in Österreich zurück und mehr als 250 Kilometer in der Tschechischen Republik. Meine tschechische Firma hat keinen Sitz in Österreich und könnte ich daher in Tschechien auch Probleme bekommen, wenn ich mit einem tschechischen Firmenfahrzeug in Tschechien mit einem österreichischen Kennzeichen fahren würde. Ich könnte das in Österreich zugelassene Fahrzeug nicht in der tschechischen Firma steuerlich abschreiben.
Ich habe schon in anderen europäischen Ländern mit meiner Familie gewohnt und habe immer das tschechische Firmenauto verwendet. Die Firma ist auch aktiv und hat Umsätze. Im IT-Bereich ist man örtlich wenig gebunden. Meine drei Kinder sind 3 ½ bis 7 ½ und ich lebe mit ihnen und meiner tschechischen Ehefrau seit September 2013 in Wien. Nach E. zu geschäftlichen Treffen und Besprechungen fahre ich im Durchschnitt alle 2 Wochen bzw. 2 Mal pro Monat. Die täglichen Einkäufe können wir meist zu Fuß erledigen, weil wir unweit der Wohnadresse einen … haben. Natürlich wird bei größeren Einkäufen fallweise das Auto verwendet. Im Übrigen verweise ich auf mein bisheriges Vorbringen. Ich lege eine Liste der Tankrechnungen aus dem Jahr 2017 vor, die belegen, dass ich vorwiegend in der Tschechischen Republik getankt habe. Ebenso lege ich einige Parkgaragen Belege aus Tschechien vor.“
Der Zeuge (Meldungsleger) RvI G. sagte Folgendes aus:
„Ich habe mich auf die Wahrnehmung von in Wien ... regelmäßig abgestellten Kraftfahrzeugen mit ausländischen Kennzeichen spezialisiert. So habe ich im Dienst auch über Monate das gegenständliche Kraftfahrzeug mit tschechischen Kennzeichen in der H.-gasse abgestellt wahrgenommen. Es war aber nicht immer genau an derselben Örtlichkeit abgestellt, sodass man annehmen hätte können, dass es praktisch gar nicht verwendet wird. Es war aber immer im Selben örtlichen Bereich an verschiedenen Stellen geparkt, egal an welchem Wochentag. Als wir dann das Fahrzeug am 14.10.2017 im Verkehr wahrgenommen haben, haben wir es in der C.-gasse angehalten und ich habe mit dem Lenker gesprochen. Er war gerade mit seiner Familie auf der Fahrt in den Urlaub. Er hat meine Vermutung bestätigt, dass er in der H.-gasse wohnt. Er hat auch bestätigt, dass er das Fahrzeug seit rund 3 Jahren zur Verfügung hat und hier verwendet.
[Auf die Fragen des Vertreters des BF:]
Ich habe das Fahrzeug, egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit, fast täglich auf der Fahrbahn der H.-gasse abgestellt wahrgenommen. Wie oft ich es am Wochenende wahrgenommen habe, kann ich jetzt nicht konkret sagen, weil das vom Dienstplan abhängt. Ich habe es aber jedenfalls auch an Wochenenden immer wieder gesehen. Die Wahrnehmung erfolgte im Regelstreifendienst. Das Fahrzeug wurde zwar auch von anderen Kollegen wahrgenommen, aber die Anzeigen wegen § 82 KFG mache immer ich.“
2.0. Das Verwaltungsgericht hat erwogen:
2.1. § 82 Abs. 8 KFG lautet wie folgt:
„(8) Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, sind bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 ist nur während eines Monats ab der erstmaligen Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Eine vorübergehende Verbringung aus dem Bundesgebiet unterbricht diese Frist nicht. Nach Ablauf eines Monats ab der erstmaligen Einbringung in das Bundesgebiet sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Wenn glaubhaft gemacht wird, dass innerhalb dieses Monats die inländische Zulassung nicht vorgenommen werden konnte, darf das Fahrzeug ein weiteres Monat verwendet werden. Danach sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Die Ablieferung begründet keinen Anspruch auf Entschädigung.“
2.2. Der BF hat seit September 2013 seinen Hauptwohnsitz in Wien, wo er seither mit seiner Familie wohnt und einer Vollzeitbeschäftigung als Angestellter nachgeht. Das von ihm verwendete Kraftfahrzeug mit tschechischem Kennzeichen war auf eine tschechische Firma/Gesellschaft mit Sitz in E. zugelassen, in welcher der BF Geschäftsführer und (50 %) Gesellschafter ist. Das gegenständliche Kraftfahrzeug stand dem BF seit Sommer 2014 für geschäftliche wie private Zwecke zur alleinigen Verfügung.
Das Fahrzeug wurde 2014 vom BF erstmals in das Bundesgebiet eingebracht und war bis zur gegenständlichen Anzeige (14.10.2017) zu rund 90 % der Zeit in Wien (in der H.-gasse, wo der BF mit seiner Familie seit September 2013 seinen Hauptwohnsitz hatte) auf der Fahrbahn (einer Straße mit öffentlichem Verkehr) abgestellt und wurde vom BF bzw. seiner Familie fallweise für größere Einkäufe in Wien verwendet und ansonsten für geschäftlich bedingte Fahrten des BF nach E. (durchschnittlich zwei Mal im Monat) oder für Urlaubsfahrten verwendet.
Bei diesem aufgrund der Angaben des Zeugen und des BF in Verbindung mit den Akteninhalten als erwiesen festzustellenden Sachverhalt kann kein Zweifel daran bestehen, dass sich der dauernde Standort des Fahrzeuges nach § 82 KFG seit Sommer 2014 in Österreich/Wien befand. Dies ist genauso wenig zweifelhaft wie der Umstand, dass sich der Lebensmittelpunkt und Hauptwohnsitz des BF hier befand. Der BF war bzw. ist in Wien als Angestellter beschäftigt und hatte das Fahrzeug (das im April 2014 in der Tschechischen Republik auf die I. S.R.O. zugelassen wurde, in welcher der BF Geschäftsführer und mit einem Hälfteanteil als Gesellschafter beteiligt ist) nach Österreich eingebracht. Auch das Abstellen eines Kraftfahrzeuges auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr stellt eine Verwendung desselben dar.
Ob der BF das Fahrzeug eher selten für Fahrten in Wien bzw. Österreich verwendet hat und ob er damit überwiegend Fahrten nach E. und zurück (mit dem Großteil der zurückgelegten Strecke in auf tschechischem Staatsgebiet) durchgeführt hat, ist bei der hier gegebenen Konstellation nicht maßgebend. Auch die steuerlichen Aspekte (steuerliche Geltendmachung der Fahrzeugkosten durch die E.er Firma), die der BF angesprochen hat, und der Umstand, wo der Großteil der Aufwendungen für das Fahrzeug (für Reparatur, Service, Reifen, Tanken, Parkgaragenkosten) getätigt wurden, sind im vorliegenden Kontext nicht entscheidend. Der BF mit Hauptwohnsitz in Wien hat das Fahrzeug mit tschechischem Kennzeichen nach Österreich eingebracht und hier verwendet, und zwar auch bzw. gerade dadurch, dass es zum allergrößten Teil der Zeit auf der Straße in Wien abgestellt war und fallweise in Wien oder ca. alle zwei Wochen nach E. gefahren wurde. Die Verwendung des Fahrzeuges ohne inländische Zulassung war nur während eines Monats (unter Umständen ein weiteres Monat) ab der erstmaligen Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Danach wären der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der örtlich zuständigen Behörde abzuliefern gewesen.
Der BF hätte also einerseits das Fahrzeug nicht länger als 1 bzw. 2 Monate nach erstmaliger Einbringung in das Bundesgebiet ohne österreichische Zulassung verwenden dürfen und er hätte andererseits auch der Verpflichtung zur Ablieferung des Zulassungsschein und der Kennzeichentafeln nachkommen müssen.
Somit hat er den jeweiligen Tatbestand der beiden ihm in den ersten zwei Spruchpunkten des Straferkenntnisses angelasteten Übertretungen des § 82 Abs. 8 KFG erfüllt.
Da sich der BF über diese Pflichten informieren hätte müssen, ist auch von einem zumindest fahrlässigen Verschulden auszugehen. Die beiden ersten Spruchpunkte des Straferkenntnisses waren daher zu bestätigen.
Im Hinblick auf den relativ langen Tatzeitraum und den bis zu Euro 5.000 reichenden Strafsatz des § 134 Abs. 1 KFG kam eine Herabsetzung der Geldstrafen nicht in Betracht, zumal die wirtschaftlichen Verhältnisse des BF auch unter Berücksichtigung seiner Sorgepflichten als zumindest durchschnittlich einzuschätzen waren und dem BF der besondere Milderungsgrund der absoluten verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht mehr zu Gute kam und er auch keinerlei Schuleinsicht erkennen ließ. Geringere Geldstrafen erschienen daher ungeeignet, den BF in Hinkunft wirksam von der Begehung gleichartiger Verwaltungsstraftaten abzuhalten.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die zitierten zwingenden gesetzlichen Bestimmungen.
2.3. Der 3. Spruchpunkt des Straferkenntnisses war hingegen aufzuheben, weil dieses allgemeine Delikt des § 36 KFG (Verwendung ohne Zulassung) in bloßer Scheinkonkurrenz zu dem bestätigten Spruchpunkt 2. des Straferkenntnisses steht. Spruchpunkt 2. bildet das speziellere Delikt, das nicht gesondert – ohne auch den Tatbestand der Verwendung ohne österreichische Zulassung zu erfüllen – begangen werden kann.
Der 3. Spruchpunkt stellt also eine unzulässige Doppelbestrafung dar, weshalb dieser Spruchpunkt aufzuheben und das diesbezügliche Verfahren spruchgemäß einzustellen war.
3. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Die gegenständliche zu beurteilenden Rechtsfragen sind aus dem Gesetz klar lösbar.
Schlagworte
Fahrzeug; ausländisches Kennzeichen; inländische Zulassung; Einbringung; Bundesgebiet; Hauptwohnsitz; Deliktskonkurrenz; Scheinkonkurrenz; DoppelbestrafungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.031.002.1677.2018Zuletzt aktualisiert am
06.05.2019